Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2002 - X ZR 178/01

bei uns veröffentlicht am05.11.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 178/01
vom
5. November 2002
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die Richterin
Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
am 5. November 2002

beschlossen:
Das Gesuch der Beklagten, den gerichtlichen Sachverständigen Prof. F. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen , wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 38 18 973 (Streitpatents ), das ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Umhüllen von Stückgut, insbesondere Stückgutstapeln, mit einer Stretchfolienhaube betrifft. Auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin hat das Bundespatentgericht das Streitpatent für nichtig erklärt.
Im Berufungsverfahren hat der Senat Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und Prof. F. , , zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Mit Schriftsatz vom 22. August 2002 hat die Beklagte unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Parallelprozeß
X ZR 136/99 beantragt, den gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Die Klägerin wurde zu dem Ablehnungsgesuch gehört. Sie hält es für verspätet und im übrigen für unbegründet.
II. Das Ablehnungsgesuch der Beklagten ist nicht begründet.
1. Es kann dahinstehen, ob der Befangenheitsantrag bereits deshalb abzulehnen ist, weil er nicht gemäß § 406 Abs. 2 ZPO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des gerichtlichen Sachverständigen gestellt worden ist und die Beklagte nicht glaubhaft gemacht hat, daß sie ohne ihr Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen.
2. Der Antrag der Beklagten auf Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen scheitert jedenfalls daran, daß ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit nicht vorliegt.
Nach § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen (Sen.Urt. v. 15.5.1975 - X ZR 52/73, GRUR 1975, 507 - Schulterpolster; Sen.Beschl. v.
13.1.1987 - X ZB 29/86, GRUR 1987, 350 - Werkzeughalterung; Sen.Beschl. v. 25.2.1997 - X ZR 137/94; Sen.Beschl. v. 4.12.2001 - X ZR 199/00, GRUR 2002, 69 - Sachverständigenablehnung). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Sachverständige in näherer Beziehung zu einer der Parteien steht (vgl. Sen.Beschl. v. 11.7.1995 - X ZR 99/93). Dagegen wurde es als die Ablehnung nicht rechtfertigend angesehen, wenn der Sachverständige vor längerer Zeit für einen am Verfahren nicht beteiligten Konkurrenten auf gleichem Gebiet tätig war (Sen.Beschl. v. 11.7.1995 - X ZR 99/93).
Hiernach ausreichende Gründe hat die Beklagte nicht vorgetragen.

a) Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, der gerichtliche Sachverständige sei nicht ausreichend sachkundig, wie sich aus dem in der Sache X ZR 136/99 vorgelegten Gutachten vom Oktober 2001 ergebe; er habe als Leiter des Arbeitsbereichs Konstruktionstechnik 1 der Technischen Universität ... und ausweislich den Angaben seiner persönlichen Homepage zu der dem Streitpatent zugrundeliegenden Technologie der Stretchfolienverpackung keine Berührungspunkte.
Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit.

b) Ebensowenig kann sich die Beklagte darauf berufen, der Sachverständige sei entgegen seiner dem Senat am 19. Januar 2000 vor seiner Bestellung erteilten Auskunft als Beirat in drei Unternehmen im ... Raum tätig gewesen bzw. tätig, und zwar bis 1988 bei der H. GmbH, seit 1989 bei der Firmengruppe F. /H. und seit 1993 bei der S. GmbH, ; die H. befasse sich u.a. mit der Herstellung von Folienein-
schlagautomaten für Palettenladungen und ihre Tochter, die Fö. H. , biete Folienumhüllungen zum Stretchen sowie Folienhaubenschrumpfgeräte an.
Die Beklagte hat nicht dargelegt, ob und wie weit die Tätigkeit des Sachverständigen als Beirat bei der H. GmbH und der S. GmbH geeignet sein könnte, dessen Unparteilichkeit bei der Erstattung des Gutachtens in der vorliegenden Sache überhaupt in Frage zu stellen. Sie hat nicht einmal behauptet , daß diese Unternehmen Wettbewerber der Beklagten sind.
Zu seiner Tätigkeit als Beirat bei H. hat der gerichtliche Sachverständige glaubhaft ausgeführt, er habe auf die Anfrage des Senats mit Schreiben vom 19. Januar 2000 wahrheitsgemäß dargelegt, er habe keine unmittelbaren Beziehungen zu einer Partei oder ihren Vertretern, die Zweifel an seiner Unbefangenheit als Gutachter begründen könnten. Er habe darauf hingewiesen , daß er als Beirat für ein Unternehmen arbeite, das in der Vergangenheit Systeme der Fördertechnik hergestellt und vertrieben habe. Produkte des Unternehmens seien Palettieranlagen und Faßabfüllungsanlagen gewesen. Bei der Lieferung von Systemen seien auch Verpackungsmaschinen angeboten und geliefert worden, die nicht selbst hergestellt, sondern als Fertigprodukte zugekauft worden seien. Die H. habe den Geschäftszweig Fördertechnik 1996 im Rahmen einer Bereinigung der Angebotspalette des Unternehmens und der Konzentration auf das Kerngeschäft der Schiffsausrüstung abgegeben. Er, der Sachverständige, sei seit vielen Jahren nicht mehr mit dem Geschäft der F.H. befaßt gewesen. Ende 2000 sei er aus dem Beirat der H. ausgeschieden.
Damit hat der Sachverständige zwar bestätigt, als Beirat ein Unternehmen beraten zu haben, das sich auch mit Produkten aus dem dem Streitpatent zugrundeliegenden technischen Bereich der Stretchfolienverpackung befaßte.
Er hat aber deutlich gemacht, daß sich das von ihm beratene Unternehmen bereits 1996 von diesem Geschäftsbereich trennte, er zumindest seit dieser Zeit nicht mehr in diesem Rahmen beratend tätig war und daß er selbst seit Ende 2000 aus dem Beirat des Unternehmens ausgeschieden ist und damit zum Zeitpunkt der Erstellung des in der Sache X ZR 136/99 vorgelegten Gutachtens nicht mehr als Beirat bei H. tätig war. Eine beratende Tätigkeit für einen nicht am Verfahren Beteiligten, der seine Geschäftstätigkeit auf gleichem Gebiet fünf Jahre vor Erstattung des Gutachtens aufgegeben hat, kann bei der gebotenen parteiobjektiven Betrachtungsweise nicht als ausreichend angesehen werden, Mißtrauen gegen die Objektivität des Sachverständigen zu erregen. Die Besorgnis der Befangenheit kann bei der hier gegebenen Sachlage bei objektiver und vernünftiger Betrachtung um so weniger für begründet angesehen werden, als Hochschullehrer an Technischen Universitäten üblicherweise erst aufgrund einer erfolgreichen einschlägigen Tätigkeit in der Industrie berufen werden und sie auch in der Folgezeit auf einen fachspezifischen Gedankenaustausch in Beiräten entsprechender Unternehmen angewiesen sind.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 406 Ablehnung eines Sachverständigen


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Der A

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2004 - X ZR 199/00

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 21. Juli 2015 - 7 W 39/15

bei uns veröffentlicht am 21.07.2015

Tenor 1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 09. April 2015 - 7 O 78/14 - wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerderechtszugs. 3. Der Streitwert des Be

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(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 199/00 Verkündet am:
30. März 2004
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 5. September 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war eingetragene Inhaberin des am 24. August 1990 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 24. August 1989 angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 417 928 (Streitpatents ), das während des Rechtsstreits auf die M. , Inc. in S. R. umgeschrieben worden ist. Das Streitpatent betrifft "endovascular support device and method" (Einrichtung und Verfahren zur endovaskulären Abstüt-

zung) und umfaßt neun Patentansprüche. Die im Berufungsverfahren allein im Streit stehenden Patentansprüche 1 bis 8 lauten in der Verfahrenssprache Englisch :
"1. An endovascular support device suitable for implantation within a coronary or other vessel within the human body comprising a unitary member (10) configured to provide a plurality of upper and lower peaks (12, 14), the unitary member being capable of being compressed onto the outer surface of a catheter for delivery to an affected area of a vessel and then expanded by inflation of the catheter to maintain the affected area of a vessel at a diameter larger than if the support device were not implanted , characterised in that the unitary member is of wire-like material and has no joints. 2. The device of claim 1 wherein the wire-like material is surgical stainless steel. 3. The device of claim 2 wherein the stainless steel is plated with platinum. 4. The device of claim 1, 2, or 3 wherein the number of peaks is between 3 and 10. 5. The device of claim 4, wherein the number of peaks is four. 6. The device according to any one of the preceding claims wherein said number comprises a plurality of N substantially straight segments (16) of wire-like material, each segment having first and second ends wherein the first end of the first segment is connected to the first end of a second segment, the second end of the second segment is connected to the second end of the third segment, the first rend of the third segment is connected to the first end of the fourth segment, and so on until the second end of the Nth segment is connected to the second end of the first segment, with no segment overlapping any other segment and the plurality of segments being capable of being compressed to a catheter for delivery to an affected area of a

vessel and then forcibly expanded to maintain the affected area of a vessel at a diameter larger than if the support device were not implanted. 7. The device of claim 6, wherein the value of N is between six and twenty. 8. The device of claim 6 or 7, wherein the plurality of segments of wire-like material are formed as a single unit and then bent to form the plurality of segments." In der deutschen Fassung der europäischen Patentschrift lauten diese Patentansprüche:
"1. Endovaskuläre Abstützvorrichtung, die für eine Implantation in ein Koronar- oder anderes Blutgefäß im menschlichen Körper geeignet ist, aus einem einheitlichen Bauteil (10) besteht, das so ausgelegt ist, daß es mehrere obere und untere Spitzen (12, 14) aufweist, wobei das einheitliche Bauteil auf der äußeren Oberfläche eines Katheters zusammengedrückt werden kann, um zu einem betroffenen Bereich eines Blutgefäßes befördert zu werden, und dann durch Aufpumpen des Katheters aufgeweitet werden kann, um den betroffenen Bereich eines Blutgefäßes auf einem Durchmesser zu halten, der größer ist, als wenn die Abstützvorrichtung nicht implantiert worden wäre, dadurch gekennzeichnet, daß das einheitliche Bauteil aus drahtähnlichem Material besteht und keine Fugen aufweist. 2. Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei das drahtähnliche Material ein chirurgischer rostfreier Stahl ist. 3. Vorrichtung nach Anspruch 2, wobei der rostfreie Stahl mit Platin beschichtet ist. 4. Vorrichtung nach Anspruch 1, 2 oder 3, wobei die Anzahl der Spitzen zwischen 3 und 10 liegt.

5. Vorrichtung nach Anspruch 4, wobei die Anzahl der Spitzen vier beträgt. 6. Vorrichtung nach irgendeinem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Bauteil mehrere, nämlich N, im wesentlichen gerade Segmente (16) aus drahtähnlichem Material aufweist, jedes Segment erste und zweite Enden besitzt, wobei das erste Ende des ersten Segments mit dem ersten Ende eines zweiten Segments verbunden ist, das zweite Ende des zweiten Segments mit dem zweiten Ende des dritten Segments verbunden ist, das erste Ende des dritten Segments mit dem ersten Ende des vierten Segments verbunden ist, und so weiter, bis das zweite Ende des Nten Segments mit dem zweiten Ende des ersten Segments verbunden ist, wobei sich kein Segment mit irgendeinem anderen Segment überschneidet und die mehreren Segmente auf einem Katheter zusammengedrückt werden können, um zu einem betroffenen Bereich eines Blutgefäßes befördert und dann gewaltsam aufgeweitet zu werden, um den betroffenen Bereich eines Blutgefäßes auf einem Durchmesser zu halten, der größer ist, als wenn die Abstützvorrichtung nicht implantiert worden wäre. 7. Vorrichtung nach Anspruch 6, wobei der Wert N zwischen sechs und zwanzig liegt. 8. Vorrichtung nach Anspruch 6 oder 7, wobei die mehreren Segmente aus drahtähnlichem Material als einzelne Einheit geformt und dann gebogen sind, um die mehreren Segmente zu bilden." Die Klägerinnen haben mit ihren vor dem Bundespatentgericht verbundenen Klagen geltend gemacht, daß das Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die US-Patentschriften 4 733 665, 4 214 587, 4 800 882 sowie die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 177 330 und der Aufsatz von Josef Rösch u.a., Experimental Intrahepatic Portacaval Anastomosis: Use of Expandable Gianturco Stents, Radiology 1987, 481 - 485, bildeten, nicht patentfähig sei. Die Klägerin zu 2 hat zu-

dem unzulässige Erweiterung und mangelnde Ausführbarkeit geltend gemacht. Die Klägerinnen haben beantragt, das Streitpatent im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 7 (Klägerin zu 1) bzw. 1 bis 8 (Klägerin zu 2) mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat in erster Linie beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise hat sie sich mit einem eingeschränkten Patentanspruch 1 verteidigt, an den die Worte "the peaks (12, 14) being rounded with a diameter of curvature greater than the diameter of the wire-like material" angefügt werden sollen.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 8 für nichtig erklärt.
Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent in seiner erteilten Fassung, hilfsweise in seiner vor dem Bundespatentgericht hilfsweise verteidigten Fassung. Sie macht außerdem einen eigenständigen erfinderischen Gehalt des Gegenstands des Patentanspruchs 6 geltend. Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen und verteidigen das angefochtene Urteil.
Im Auftrag des Senats hat der Sachverständige für Medizintechnik Dipl.-Ing. Dr. med. H. H. , W. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat eine schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. med. C. H. , , Abteilung Kardiologie, in B. N. , vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg; der Wechsel der Rechtsinhaberschaft am Streitpatent während des laufenden Verfahrens ist auf den Verfahrensgang ohne Einfluß (§ 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 265 ZPO; BGHZ 117, 144, 146 - Tauchcomputer). Das Bundespatentgericht hat zu Recht das Streitpatent in dem Umfang, in dem es angegriffen ist, für nichtig erklärt. Daß die Klägerin zu 1 Patentanspruch 8 des Streitpatents nicht angegriffen hat, steht wegen der Gestaltungswirkung der Nichtigerklärung (vgl. Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl. 1993, § 84 PatG Rdn. 5; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, § 84 PatG Rdn. 41) dem Nichtigkeitsausspruch auch hinsichtlich dieses Patentanspruchs insgesamt - und nicht nur im Verhältnis zur Klägerin zu 2 - nicht entgegen.
I. 1. Das Streitpatent betrifft, soweit es mit den Nichtigkeitsklagen angegriffen ist, eine medizinische Vorrichtung zur Behandlung der Verengung koronarer oder peripherer menschlicher Gefäße. Die Beschreibung des Streitpatents schildert eine Anzahl von Behandlungsmethoden für koronare Herzerkrankungen als bekannt, darunter die perkutane transluminale Koronarangioplastie , bei der das Lumen der betroffenen Koronararterie durch radiale hydraulische Expansion erweitert werde. In einigen Fällen restenosiere das Gefäß chronisch oder erleide einen akuten Verschluß (Beschr. Sp. 1 Z. 14 - Sp. 2 Z. 19). Zur Verminderung der Restenosegefahr seien verschiedene Vorrichtungen zum mechanischen Offenhalten des geschädigten Gefäßes vorgeschlagen worden. Derartige allgemein als Stents bezeichnete Vorrichtungen würden typischerweise in das Gefäß eingeführt, über die Läsion hinweg positioniert und dann expandiert (Beschr. Sp. 2 Z. 20 - 31). Das Streitpatent beschreibt sodann

einen Stent mit einem Rohr aus Edelstahlgeflecht, das während des Einsetzens längs einer Einführvorrichtung in gestreckter Form positioniert werde. Nach der Positionierung über der Läsion werde der Stent expandiert, wobei sich die Länge des Rohrs kontrahiere. Ein derartiger Stent könne ein selbstexpandierendes Edelstahldrahtgeflecht, aber auch ein durch Ballondilatation expandierbarer Metallzylinder sein; derartige Vorrichtungen seien aus den US-Patentschriften 4 733 665 und 4 776 337 bekannt ("Palmaz-Stent"). Auch sei eine wärmeexpandierbare Vorrichtung vorgeschlagen worden. Bei dem Palmaz-Stent habe der Edelstahlzylinder eine Anzahl von Schlitzen in seinem Umfang, was bei Expandieren zur Ausbildung eines Gitters führe. Der Zylinder werde mittels eines Ballonkatheters in den geschädigten Bereich verbracht und dann durch Inflatieren des Ballons auf die geeignete Größe expandiert (Beschr. Sp. 2 Z. 32 - Sp. 3 Z. 11). Eine andere Form von Stents offenbare die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 177 330. Diese bestehe aus einem zu einer geschlossenen Zickzackkonfiguration geformten Draht, der eine endlose Reihe von durch Biegungen verbundenen geraden Abschnitten aufweise, wobei er federnd in eine kleinere erste Gestalt zusammendrückbar sei, in der die geraden Abschnitte zur Einführung in einen Durchgang nebeneinander und nahe benachbart zueinander angeordnet seien, wobei der Stent federnd in eine zweite Gestalt expandierbar sei, in der die geraden Abschnitte gegen die Wand des Durchgangs drückten und ihn offen hielten (Beschr. Sp. 3 Z. 12 - 25). Die Beschreibung stellt weiter dar, daß bei all diesen Stents erhebliche Schwierigkeiten aufgetreten seien, die zu einem niedrigen Akzeptanzgrad geführt hätten.
2. Durch das Streitpatent soll, wie dessen Beschreibung - unter Weglassung eines Lösungselements (selektive Bemeßbarkeit gemäß der durch die Läsion diktierten anatomischen Konfiguration) - angibt, ein leicht und zuverläs-

sig implantierbarer Stent zur Verfügung gestellt werden, der das Thromboserisiko minimiert.
3. Hierzu schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents eine für die Implantation in ein Koronar- oder anderes Blutgefäß im menschlichen Körper geeignete endovaskuläre Abstützvorrichtung vor, die
(1)
aus einem einheitlichen Bauteil besteht, das (1.1) mehrere obere und untere Spitzen aufweist, (1.2.) zur Beförderung zu einem betroffenen Teil eines Blutgefäßes auf der äußeren Oberfläche eines Katheters zusammengedrückt und (1.3) durch Aufpumpen des Katheters aufgeweitet werden kann, (1.3.1) um den betroffenen Teil des Blutgefäßes auf einem Durchmesser zu halten, der größer ist, als wenn die Abstützvorrichtung nicht implantiert worden wäre,
(2)
aus drahtähnlichem Material besteht und
(3)
keine Verbindungen ("joints") aufweist.
Dabei besteht Einigkeit zwischen den Parteien darüber und auch der gerichtliche Sachverständige hat bestätigt, daß die Übersetzung des maßgeblichen englischen Begriffs "joints" mit "Fugen" in der - nach Art. 70 EPÜ für das Verfahren nicht maßgeblichen - deutschen Fassung des Patentanspruchs 1 irreführend ist. Der gerichtliche Sachverständige hat insoweit die Übersetzung "ist nahtlos" vorgeschlagen. Dem vermag der Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht beizutreten. Danach hat sich ergeben, daß sich der auch in dem nicht angegriffenen Patentanspruch 9 des Streitpatents ver-

wendete Begriff "joints" in Patentanspruch 1 zum einen nicht notwendig und jedenfalls nicht allein auf die Fugen- oder Nahtlosigkeit des nach Patentanspruch 9 gebildeten toroidförmigen Körpers bezieht, für die in Patentanspruch 6 des Streitpatents der allgemeinere Begriff "is connected" (ist verbunden) verwendet wird, sondern die insbesondere aus den Figuren 1, 6a und 6b der Zeichnungen ersichtliche Ausgestaltung dahin betrifft, daß der unter Schutz gestellte Gegenstand überhaupt keine festen (körperlichen) Verbindungen etwa an (im Streitpatent nicht beschriebenen) Kreuzungsstellen oder sonstige Verbindungsteile aufweist. Figur 1 zeigt dies wie folgt:

Auf der anderen Seite sind - wie es schon das allgemeine Verständnis des Begriffs "joints" im Sinn von Verbindung, Nahtstelle, Fuge oder Gelenk nahelegt - die in Patentanspruch 6 angesprochenen Fälle des bloßen SichÜberschneidens von Segmenten der Vorrichtung ohne körperliche Verbindung, für die das Streitpatent den Bergiff "overlapping" verwendet, nicht von dem Begriff "joints" erfaßt. Auch der gerichtliche Sachverständige hat bestätigt, daß für solche Überschneidungen der Begriff "crossing parts" gebräuchlich war.

II. 1. Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinausgeht , weil er jedenfalls im Sinn der Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ für den Fachmann , als den der Senat in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen einen anwendungsorientierten Techniker mit Kenntnissen auf dem Gebiet biomedizinischer Werkstoffe, der sich die notwendigen medizinischen Kenntnisse durch Zusammenarbeit mit einem auf dem einschlägigen Gebiet tätigen Arzt erschließt, ansieht, durch den Stand der Technik nahegelegt war. Dies füllt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ aus. Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob dieser Gegenstand neu war.
2. a) Aus der im Jahr 1986 veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 0 177 330 (Gianturco I) war ein selbstaufweitender endovaskulärer Stent aus Stahldraht bekannt, der aus Stahldraht besteht, der in einer geschlossenen Zickzack-Gestalt geformt ist, wobei die geraden Abschnitte durch spitzwinklige Biegestellen miteinander verbunden sind. Dies zeigt Figur 1 der Entgegenhaltung :

Der Stent ist federelastisch und kann in eine erste Gestalt zusammengedrückt werden, die Figur 4 der Entgegenhaltung zeigt. In dieser Gestalt wird der Stent in eine rohrförmige Patrone eingesetzt, die wiederum in den Adapter einer Hülse eingesetzt wird. Der Stent wird sodann durch die Hülse vorgeschoben und dehnt sich an Ort und Stelle durch das Zurückziehen der Hülse aus und drückt gegen die Gefäßwand (Beschreibung Seite 8 mittlerer Absatz). Die Stents hielten im Tierversuch die Gefäße, in denen sie implantiert waren, im dilatierten Zustand offen. Die Entgegenhaltung beschreibt als klinische Anwendungen des Stents die Bekämpfung des Vena-cava-superior-Syndroms, die Aufrechterhaltung der Gefäßdurchgängigkeit nach perkutaner Ballondilatation und die Korrektur einer Gefäßstenose (Seite 11 vorletzter Absatz). Den aufgeweiteten Zustand des Gefäßes zeigt z.B. Figur 6. Weder die Beschreibung noch die Zeichnungen der Entgegenhaltung enthalten einen Hinweis auf Verbindungen ("joints") im vorstehend erläuterten Sinn; der Fachmann kann der Darstellung deshalb entnehmen, daß solche Verbindungen fehlen. Anders als nach dem Streitpatent findet sich in der Entgegenhaltung kein Hinweis auf eine

Aufweitung durch Aufpumpen im Sinn einer Ballondilatation, vielmehr handelt es sich ersichtlich um selbstexpandierendes Material. Damit beschreibt diese Veröffentlichung eine Vorrichtung, die die Merkmale (1), (1.1), (1.2), (1.3.1) und (3) des Streitpatents aufweist und sich von Merkmal (2) nur durch die Verwendung von Draht und nicht von drahtähnlichem Material unterscheidet. Nicht verwirklicht ist demgegenüber das die Art und Weise der Aufweitung betreffende Merkmal (1.3).

b) Der nur wenige Monate nach der Veröffentlichung dieser europäischen Patentanmeldung erschienene Aufsatz von Rösch u.a. beschreibt die experimentelle Verwendung von solchen selbstaufweitenden Gianturco-Stents des Herstellers C. Inc., B. (Indiana), der Anmelderin der europäischen Patentanmeldung, in Gefäßen der Leber von Schweinen. Dabei wurden mehrere bereits freigesetzte und selbstexpandierte Stents weiter mit einem Angioplastieballon aufgeweitet. Die Diskussion der Versuchsergebnisse stellt die gute Eignung des Gianturco-Stents heraus und verweist auf die Bedeutung einer (zusätzlichen) Ballonaufweitung des Stents nach dessen Positionierung für das Erreichen einer guten Durchgängigkeit in bestimmten näher beschriebenen Fällen; die intrinsische Expansionsspannung des Stents habe nicht hinreichend Kraft besessen, ihm im Lebertrakt ein ausreichendes Lumen zu öffnen. Damit ist die Verwendung eines selbstaufweitenden Gianturco-Stents in einer Weise beschrieben, wie dies Merkmal (1.3) des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vorsieht. Eine Einschränkung der Lehre dieses Patentanspruchs dahin, daß nicht mit selbstexpandierenden Stents gearbeitet werden solle, ist dem Streitpatent nicht zu entnehmen. Eine Zusammenschau der europäischen Patentanmeldung 0 177 330 und der Veröffentlichung von Rösch u.a. offenbart daher den Gegenstand des Streitpatents in vollständiger Weise. Zu einer solchen Zu-

sammenschau hatte der Fachmann auch allen Anlaß, weil der Aufsatz von Rösch u.a. die Verwendung eines Stents nach der europäischen Patentanmeldung beschreibt. Dieses Ergebnis deckt sich mit der den Senat überzeugenden und von der beklagten Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht ernsthaft angegriffenen Äußerung des gerichtlichen Sachve rständigen, daß zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents keine Vorbehalte gegen eine zusammenschauende Betrachtung der verschiedenen Entwicklungen auf dem Gebiet der Stents bestanden und daß es insoweit mehrere Übersichtsveröffentlichungen gab. Auch der Aufsatz von Rösch u.a. diskutiert die Verwendung von ballonaufweitbaren Stents (Palmaz; vgl. die US-Patentschrift 4 733 665) und von selbstexpandierenden Stents (Gianturco) gemeinsam. Demnach können Vorbehalte der Fachwelt, beide Arten von Stents nebeneinander zu beurteilen, ausgeschlossen werden. Es kommt hinzu, daß nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Stents zur Aufrechterhaltung von Körperöffnungen wie der blutführenden Gefäße im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents Gegenstand intensiver Forschungen waren, mit denen auch bis dahin nicht befriedigenden Ergebnissen entgegengewirkt werden sollte. Im Rahmen dieser Forschungen hatten die beteiligten Fachleute umfassend den bisher erzielten Ergebnissen bei allen Alternativen der Aufrechterhaltung der Größe des Lumens durch Implantate Aufmerksamkeit geschenkt. Der bereits angeführte Aufsatz von Rösch u.a. bestätigt diese Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen. Der Fachmann hatte deshalb Anlaß, die Lehren beider Entgegenhaltungen zu kombinieren, und gelangte auf diese Weise jedenfalls in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

III. Einen eigenständigen erfinderischen Gehalt der Patentansprüche 2 bis 5 des Streitpatents hat die Patentinhaberin nicht geltend gemacht. Für einen solchen haben sich in der mündlichen Verhandlung auch keine Anhaltspunkte ergeben.
IV. Patentanspruch 6 des Streitpatents entspricht dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel. Die Ausgestaltung der Vorrichtung entspricht der in der europäischen Patentanmeldung (Fig. 1), wobei dort die Zahl der Segmente N nach Patentanspruch 6 des Streitpatents 10 beträgt. Wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, kommt es auch bei dem in Figur 1 der europäischen Patentanmeldung dargestellten Stent nicht zur Ausbildung von Verbindungen ("joints"), wie sie das Streitpatent ausschließt, wohl aber zu Überschneidungen im Sinn von Patentanspruch 6 des Streitpatents. Damit weist Patentanspruch 6 gegenüber der Zusammenschau der europäischen Patentanmeldung und des Aufsatzes von Rösch u.a. jedenfalls keinen erfinderischen Überschuß aus.
V. Für die Patentansprüche 7 und 8 des Streitpatents, die dessen Patentanspruch 6 weiter ausbilden, ist ein selbständiger erfinderischer Gehalt ebenfalls weder geltend gemacht noch erkennbar.
VI. Die hilfsweise verteidigte Fassung des Patentanspruchs fügt diesem die weitere Merkmalsgruppe hinzu
(4)
daß die Spitzen gerundet sind (4.1) mit einem Krümmungsdurchmesser, der größer ist als der Durchmesser des drahtähnlichen Materials.

Es kann dahinstehen, ob die Aufnahme dieses lediglich in den Zeichnungen offenbarten Merkmals zur Verteidigung des Streitpatents zulässig ist (vgl. zum Streitstand Busse, aaO, § 34 PatG Rdn. 248 m.w.N.; Schulte, PatG, 6. Aufl. 2001, § 34 Rdn. 281 ff.; Benkard/Schäfers, aaO, § 35 Rdn. 30; vgl. schon zur früheren Rechtslage nach § 26 PatG 1968 Sen.Beschl. v. 17.11.1987 - X ZB 15/87, GRUR 1988, 197 - Runderneuern). Jedoch besagt die zusätzlich eingefügte Merkmalsgruppe im Ergebnis, wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung eingehend und überzeugend erläutert hat, nicht mehr als daß der Winkel zwischen den durch die Drahtschenkel an den Spitzen gebildeten Winkeln größer als 0° sein soll. Dabei handelt es sich nicht um mehr als eine Trivialität, die erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann. (vgl. Sen.Urt. v. 24.9.2003 - X ZR 7/00, GRUR 2004, 47 - blasenfreie Gummibahn I, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 136/99 Verkündet am:
1. April 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Patentnichtigkeitsverfahren
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 1. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 23. Februar 1999 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten europäischen Patents 0 344 815 (Streitpatents), das beim Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer 589 00 904 geführt wird und "Verfahren und Vorrichtung zum Umhüllen von Stückgut, insbesondere Stückgutstapeln, mit
einer Stretchfolienhaube" betrifft. Das Streitpatent ist am 5. Juni 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Voranmeldung P 38 18 973.9-27 vom 3. Juni 1988 angemeldet und am 4. März 1992 veröffentlicht worden.
Im Einspruchsbeschwerdeverfahren wurde das Streitpatent beschränkt aufrechterhalten. Gemäß der am 15. Oktober 1997 veröffentlichten "neuen europäischen Patentschrift" EP 0 344 815 B2 umfaßt es 20 Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet: "Verfahren zum vollständigen Umhüllen von Stückgut (2) mittels Stretchfolien, insbesondere von gestapelten Stückgutteilen, wie bspw. und insbesondere mittels einer Palettiervorrichtung gebildeter Stückgutstapel (2), die aus mehreren übereinander angeordneten Stückgutlagen bestehen, wobei ein schlauchförmiger Folienabschnitt (3'), dessen Umfang kleiner ist als der Umfang des zu umhüllenden Stückgutes (2), von einem (Schlauch-)Folienvorrat (3) abgezogen und an seinem freien Ende durch Aufspreizen geöffnet wird; die Seitenwände des Schlauchfolienabschnittes (3') durch Reffen in im wesentlichen konzentrisch zur vertikalen Mittelachse des zu umhüllenden Stückgutes verlaufende Falten gelegt werden; der Schlauchfolienabschnitt (3') an seinem dem Faltenvorrat zugekehrten Ende abgeschweißt und die so gebildete Folienhaube (3'') vom Folienvorrat (3) abgetrennt wird; die Folienhaube (3'') in horizontaler Querrichtung quergestretcht wird; und die quergestretchte Folienhaube (3'') unter das Folienmaterial glättender, über das Stückgut ziehender Längsspannung über das zu umhüllende Stückgut gezogen wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Folienhaube (3'') vor dem Überziehen wenigstens im Bereich der Haubenseitenwände zusätzlich in vertikaler Längsrichtung um mindestens 5 % ihrer vertikaler Ausgangslänge im quergestretchten Zustand längsgestretcht wird."
Die Patentansprüche 2 bis 11 sind auf den Verfahrensanspruch 1 zurückbezogen. Wegen ihres Wortlauts wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Patentanspruch 12 lautet:
"Vorrichtung (1) zum Umhüllen von Stückgut (2) mittels Stretchfolie (3'), insbesondere von gestapelten Stückgutteilen, wie bspw. und insbesondere mittels einer Palettiervorrichtung gebildeter Stückgutstapel , die aus mehreren übereinander angeordneten Stückgutlagen bestehen mit einer (Schlauch-)Folien-Abzugseinrichtung (5), mittels welcher schlauchförmige Stretchfolie (3) abschnittsweise von einem (Schlauch-)Folienvorrat abzuziehen ist, einer der Abzugseinrichtung (5) nachgeordneten Aufspreizeinrichtung (6), mittels welcher die schlauchförmige Stretchfolie an ihrem freien Endabschnitt aufzuspreizen ist; einer der Aufspreizeinrichtung (6) nachgeordneten Reffeinrichtung (9) zum Reffen des Folienabschnittes über eine vertikale Strecke, die kleiner ist als die Länge des Folienabschnittes; einer Schweißeinrichtung (10) zum Abschweißen eines von dem Folienvorrat abgezogenen Schlauchfolienabschnittes (3') an dessen dem Folienvorrat zugekehrten Endabschnitt ; einer Schneideeinrichtung (12), mittels welcher jeweils eine beim Abschweißen gebildete Folienhaube (3'') von dem Folienvorrat abzutrennen ist, einer Quer-Stretcheinrichtung (13; 14), mittels welcher der Folienabschnitt in horizontaler Querrichtung zu stretchen ist; und einer (Haubenüberzieh-)Hubeinrichtung, mittels welcher die quer gestretchte Haube (3'') über das zu umhüllende Stückgut (2) zu ziehen ist, zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 - 11 gekennzeichnet durch eine Längsstretcheinrichtung (14, 24), mittels welcher der Folienabschnitt /die Folienhaube (3'') in vertikaler Längsrichtung (25) um mindestens 5 %, vorzugsweise 10 - 15 % längszustretchen ist." Die Ansprüche 13 bis 20 sind auf Anspruch 12 rückbezogen. Wegen ihres Wortlauts wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents stelle im Hinblick auf die deutschen Offenlegungsschriften 27 06 955,
31 01 310, 30 03 052 und 37 07 877 sowie die US-Patentschrift 4 050 219 kei- ne patentfähige Erfindung dar oder könne nicht nachgearbeitet werden. Zudem sei er offenkundig vorbenutzt.
Die Klägerin hat beantragt,
das europäische Patent 0 344 815 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 bis 5, 7 bis 11, soweit nicht auf Anspruch 6 rückbezogen, und 12 bis 20 für nichtig zu erklären.
Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Klägerin erstrebt mit ihrer Berufung die Abänderung dieses Urteils und die Nichtigerklärung des Streitpatents. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das Streitpatent hilfsweise mit vier Anträgen gemäß Schriftsatz vom 3. März 2003.
Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Prof. Dr.-Ing. D. G. F., eingeholt, das der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
Die Beklagte hat ein schriftliches Gutachten von Prof. Dr. D. A., vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


I. 1. Gegenstand des Streitpatents ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zum vollständigen Umhüllen von Stückgut mit einer Stretchfolienhaube.
Solche Verpackungsverfahren und Maschinen haben die Aufgabe, auf einer Palette gestapeltes Stückgut durch eine Folie zu umhüllen, die sich nach dem Umwickeln oder Überziehen fest an das Stückgut anlegt und dieses einschließlich der Palette zu einer in sich dauerhaft formstabilen Ladeeinheit macht. Dabei wird gefordert, daß das feste Anliegen der Folie an dem Stückgutstapel ohne Beaufschlagung mit Wärme erreicht und die Folie mit einer solchen Spannung in horizontaler und in vertikaler Richtung versehen wird, daß sich die Stückgutteile beim Wirken von Massenkräften nicht verschieben, und zwar auch nicht bei nachträglicher Volumenverringerung des Stückguts. Durch diese Maßnahmen der Ladeeinheitensicherung wird eine Ladeeinheit geschaffen , die den vielfältigen Beanspruchungen während des Transports, beim Umschlagen und beim Lagern ausreichend standhalten kann.
2. Die Streitpatentschrift schildert einleitend, daß man wegen der bekannten Nachteile der Verpackung von Stückgut mit Schrumpffolie dazu übergegangen sei, Stretchfolien zu benutzen. Dabei werde das Material vor dem Umhüllen des Stapels gestretcht. Nach der Umhüllung ziehe es sich wieder zusammen und lege sich - wie gewünscht - an das Stückgut fest an. Bei ausreichend großem "Stretchen" des Folienmaterials würden nach dem Zusam-
menziehen große Kräfte erzeugt, die bei gestapeltem Stückgut für eine ausreichende Stapelfestigkeit sorgten.
Im Stand der Technik seien Verfahren und Vorrichtungen bekannt gewesen , bei denen der Stückgutstapel durch Wickelstretchen von Verpackungsfolie umhüllt werde. Als nachteilig werde beim Wickelstretchen angesehen, daß das Handling umständlich und zeitaufwendig sei und daß der Folienverbrauch, der insbesondere durch Überlappen benachbarter Lagen entstehe, aus Kostengründen als unbefriedigend empfunden werde. Beim Wickeln mit bahnförmiger Stretchfolie in nur einer Richtung (horizontal) werde keine befriedigende Stapelfestigkeit erreicht, da keine erheblichen Normalkräfte zwischen einander benachbarten Stückgutlagen erzeugt würden, die ein Verschieben sicher verhindern könnten. Bei diagonaler Umwicklung entstünden innere Vertikalkräfte, die aber nicht ausreichten, die erforderlichen Reibkräfte zu erzeugen. Vertikales Wickeln ermögliche zwar die Erzeugung der erforderlichen Kräfte, um ein Verschieben der Teile gegeneinander zu verhindern. Das dann erforderliche Abdecken der Seitenflächen mit Blattfolien sei aber aufwendig und schwierig. Das in der europäischen Offenlegungsschrift 0 081 328 vorgeschlagene HandWickelstretchen mit einer zweidimensional gestretchten Folie (d.h. Dehnen der Folie in zwei senkrecht zueinander stehenden Richtungen) sei nicht praktikabel. Wickelstretchen führe häufig nicht zu einer hinreichend witterungsbeständigen Verpackung, da an den Folienrändern Feuchtigkeit in die Verpackungseinheit eindringen könne. Die Sicht auf das verpackte Gut sei nur unvollkommen , wenn es beim Umwickeln zu kaum vermeidbarer Knitterbildung komme (Sp. 2 Z. 9 bis Sp. 3 Z. 6).
Der Beschreibung der Streitpatentschrift zufolge sind deshalb Überlegungen dahin angestellt worden, das zu verpackende Stückgut - wie bei den Schrumpffolien-Verpackungsverfahren bekannt - mit einer Folienhaube aus Stretchfolie zu überziehen. Als nachteilig wird hierbei angesehen, daß diese Verfahren mit großem Aufwand und Platzbedarf verbunden seien. Von Hand müsse - so wird weiter ausgeführt - zunächst eine Stretchfolienhaube in eine Reffvorrichtung eingeführt werden, um einen Reffvorgang (ein ziehharmonikaartiges Zusammenlegen der Haubenseitenabschnitte) zu bewerkstelligen; sodann müsse der Reffrahmen samt Folienhaube zu einem zweiten Stell- bzw. Arbeitsplatz überführt werden, damit die gereffte und vorgestretchte Folienhaube über einen Stückgutstapel gezogen werden könne. Zudem sei bei diesem Verfahren lediglich eine geringe Arbeitsleistung zu erzielen (Sp. 3 Z. 7 bis 32).
Zur Vermeidung dieser Nachteile schlügen die deutschen Offenlegungsschriften 27 06 955, 31 01 310 und 30 03 052 Vorrichtungen vor, die sich auch zum Umhüllen von Stückgut(stapeln) mit einer Stretchfolienhaube eigneten. Daran wird bemängelt, durch das planmäßige Stretchen der Folienhaube in horizontaler Querrichtung werde eine (scheinbar) befriedigende (da glatte) Verpackungseinheit erzielt, die den Anforderungen an die Stapelfestigkeit und an die Dichtigkeit der Umhüllung zunächst genüge. Insbesondere bei Stückgutstapeln , die aus nicht vollständig mit Schüttgut gefüllten Säcken bestünden, komme es aber bei wiederholtem Umschlag mit verhältnismäßig stoßartigem Aufsetzen des Stapels zu einer verzögerten Nachentlüftung. Diese führe bei eindimensional gestretchtem Folienmaterial zwangsläufig zumindest in Vertikalrichtung zu einer Erschlaffung und sogar zur Faltenbildung. Zwar werde beim Überziehen der Folienhaube über den Stückgutstapel eine gewisse Verti-
kaldehnung erzielt. Diese sei aber unerheblich und ungenügend, um eine hinreichende Stapelfestigkeit zu schaffen (Sp. 3 Z. 33 bis Sp. 4 Z. 28).
3. Demgegenüber verfolgt die Erfindung das Ziel, die bekannten Verfahren und Vorrichtungen unter Vermeidung der genannten Nachteile so zu verbessern , daß unter Einsatz von Stretchfolienhauben Verpackungseinheiten geschaffen werden können, die auch bei "Problemstückgütern" und wiederholtem Umschlag ihre Formbeständigkeit nicht verlieren (Sp. 4 Z. 29 bis 40).
4. Nach Patentanspruch 1 wird das technische Problem verfahrensmäßig durch folgende Merkmale gelöst:
1. Verfahren zum vollständigen Umhüllen von Stückgut (2) mittels Stretchfolien, 1.1 von gestapelten Stückgutteilen, 1.2 die mittels einer Palettiervorrichtung gebildet werden und 1.3 die aus mehreren übereinander angeordneten Stückgutlagen bestehen;
in folgenden Schritten:
2. Verwendung eines schlauchförmigen Folienabschnitts (3') zur Bildung einer Folienhaube, 2.1 wobei der Umfang des Folienabschnitts kleiner ist als der Umfang des zu umhüllenden Stückguts (2),
2.2 der Folienabschnitt (3) von einem (Schlauch-)Folienvorrat abgezogen und 2.3 der Folienabschnitt (3) an seinem dem Folienvorrat zuge- kehrten Ende abgeschweißt und abgetrennt wird;
3. der Folienabschnitt wird an seinem freien Ende durch Aufspreizen geöffnet;
4. die Seitenwände des Schlauchfolienabschnittes (3') werden durch Reffen in Falten gelegt, 4.1 die im wesentlichen konzentrisch zur vertikalen Mittelachse des zu umhüllenden Stuckguts verlaufen;
5. die Folienhaube (3'') wird in horizontaler Querrichtung quergestretcht ;
6. die Folienhaube (3'') wird in vertikaler Längsrichtung längsgestretcht 6.1 vor dem Überziehen über den Gutstapel 6.2 zusätzlich zur Querstretchung 6.3 wenigstens im Bereich der Haubenseitenwände 6.4 um mindestens 5 % ihrer Ausgangslänge im quergestretchten Zustand;
7. die quergestretchte Folienhaube (3’’) wird unter das Folien- material glättender, über das Stückgut ziehender Längsspannung über das zu umhüllende Stückgut gezogen.
5. a) Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ist der hier einschlägige Durchschnittsfachmann ein Diplom-Ingenieur mit einer Fachhochschul - oder Universitätsausbildung im Maschinenbau, der über Praxiserfahrungen im Bereich der Stückgut-Fördertechnik mit Schwerpunkt auf dem Gebiet von Maschinen zur Handhabung von festen, pulverförmigen und flüssigen Gütern verfügt und der bei Bedarf einen Werkstoffachmann zu Rate zieht, wenn es um spezifische Eigenschaften von Folien geht. Dieser Fachmann entnimmt dem Streitpatent ein im Stand der Technik bekanntes Verfahren und eine entsprechend ausgestaltete Vorrichtung zum vollständigen Umhüllen von Stückgut mit einer Stretchfolienhaube. Das in Patentanspruch 1 beschriebene erfindungsgemäße Verfahren unterscheidet sich dem Wortlaut nach von dem Vorbekannten dadurch, daß die Folienhaube "vor dem Überziehen über den Gutstapel zusätzlich zur Querstretchung wenigstens im Bereich der Haubenseitenwände" in vertikaler Längsrichtung "um mindestens 5 % ihrer Ausgangslänge im quergestretchtem Zustand" längsgestretcht wird (Merkmalsgruppe 6).

b) Dem Wortlaut des Anspruchssatzes und der Beschreibung in der Streitpatentschrift (insbesondere Sp. 8 Z. 6 bis 8) entnimmt der Fachmann, daß im Unterschied zum Stand der Technik zusätzlich zu der bekannten Querstretchung der Folienhaube erfindungsgemäß ein definierter Längsstretch des Folienmaterials vorgeschlagen wird, um auch bei problematischen Stückgutstapeln ein gegenseitiges Verschieben einander benachbarter Stückgutlagen zu ver-
hindern (Sp. 8 Z. 27 bis 30). Durch zweidimensionales Stretchen der Folien- haube sollen ausreichend große Kräfte in horizontaler und in vertikaler Richtung erzielt werden, um eine formstabile Ladeeinheit auch bei Problemgütern zu schaffen.
Dem einschlägigen Fachmann war aus dem Stand der Technik bekannt, daß sich das Folienmaterial bei der Verwendung von Schrumpfhauben nicht nur in horizontaler, sondern auch in vertikaler Richtung zusammenzieht und dadurch eine formstabile Ladeeinheit erzielt wird. Ferner wußte er, daß bei dem bekannten Haubenstretchverfahren die Ladungssicherung vornehmlich durch Stretchen der Haube in horizontaler Richtung erzeugt wurde und daß es beim Überziehen der Haube über das Stückgut zwangsläufig zu einer gewissen vertikalen Dehnung des Folienmaterials kommt. Hiervon ausgehend versteht der Fachmann das Merkmal 6 des Patentanspruchs 1 dahin, daß die elastischen Eigenschaften der Folienwerkstoffe in zwei (Stretch-)Richtungen ausgenutzt werden sollen und hierfür eine Bemessungsregel in Form der Angabe von Wertebereichen formuliert wird: Zu dem horizontalen Stretchen (bevorzugt um 15 bis 20 %, Sp. 4 Z. 56) soll das zusätzliche definierte vertikale Stretchen der Folienhaube um mindestens 5 % (vorzugsweise etwa 10 bis 15 %, Sp. 4 Z. 59 und Sp. 5 Z. 1) ihrer Ausgangslänge in quergestretchtem Zustand hinzutreten. Lehre des Patentanspruchs 1 ist damit die Anweisung, die Formbeständigkeit auch bei Problemstückgütern selbst bei wiederholtem Umschlag und längerer Lagerzeit nachhaltig (Sp. 5 Z. 1) durch Stretchen der Folienhaube in zwei im rechten Winkel zueinander stehenden Richtungen zu sichern.
Bei Studium des Anspruchssatzes des Verfahrensanspruchs 1 des Streitpatents erkennt der Fachmann, daß die Anordnung in Merkmal 6, die Folienhaube "vor dem Überziehen über den Gutstapel" vertikal zu stretchen, in sich nicht schlüssig ist und deshalb weiterer Aufklärung bedarf. Zwar wird er den einzelnen Verfahrensschritten entnehmen, daß es unter Würdigung der mit dem Verfahren gefundenen Lösung des technischen Problems prinzipiell denkbar ist, das Längsstretchen der Folienhaube entsprechend dem strengen Wortlaut des Merkmals 6.1 vollständig "vor dem Überziehen" durchzuführen; denn es kommt, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, bei dem das Verfahren betreffenden Teil des Streitpatents letzten Endes allein darauf an, in der umhüllenden Stretchfolie einen hinreichenden Spannungszustand in den beiden genannten Richtungen zu erzeugen, der auch dann noch in ausreichender Größe erhalten bleibt, wenn die Folie sich allseitig an das Stückgut bzw. am einem Stückgutstapel angelegt hat.
Der Fachmann wird aber auf Grund der Beschreibung des Ausführungsbeispiels und durch die Zeichnungen Figur 5 bis Figur 7 zu der Erkenntnis gelangen , daß die Aussage "vor dem Überziehen" nicht wörtlich, sondern in dem Sinn von "vor dem vollständigen Überziehen" bzw. "während des Überziehens" zu verstehen ist, wobei der Überziehvorgang, wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, anfängt, wenn die Folienhaube in senkrechter Richtung die Oberkante des Gutstapels zu überfahren beginnt, dem dann der weitere Verfahrensschritt des Einhüllens, des Anlegens der Folienhaube an die Seitenwände des Gutstapels mit (zeitlicher) Verzögerung folgt. Nach der Beschreibung wird zunächst die Folienhaube hergestellt (Sp. 5 Z. 18 bis 36, Figuren 1 bis 4). Sodann wird die Folie gerefft und
horizontal mittels der Reffeinrichtung gestretcht (Figur 5), wobei der das Reffen bewirkende Teil der Vorrichtung ausgeschwenkt wird (Sp. 5 Z. 36 bis 40; Sp. 7 Z. 2 bis 11). Figur 6 wird dahin beschrieben, daß die (horizontal) gestretchte Folienhaube über einen darunter befindlichen Stückgutstapel gezogen wird, "wobei zugleich ein vertikales Stretchen der Seitenwände der Folienhaube erfolgt" (Sp. 5 Z. 39 bis 44). Der Fachmann erfährt aus der weiteren Beschreibung , daß ein vertikales Stretchen der Folien auch beim Abziehen vom Schlauchvorrat erfolgen kann, also vor dem Querstretchen (Sp. 7 Z. 16 bis 19), daß dies allerdings als unzweckmäßig angesehen wird. Vorteilhaft soll hingegen ein Längsstretch um mindestens 5 % nach dem Horizontalstretchen der Folie beim Überziehen der Folienhaube über den Gutstapel sein, weil sich die Folie beim Querstretchen ohne vorausgehenden Längsstretch einfacher handhaben lasse (Sp. 7 Z. 16 bis 23). Das zusätzliche vertikale Stretchen der bereits gerefften und in Horizontalrichtung quergestretchten Folienhaube (3'') erfolgt beim Überziehen der Folienhaube über den Stückgutstapel. Dabei wird die Folie über die einen Widerstand bildenden (Längs-)Stretchbügel (24) gezogen und beim Absenken der Reffeinheit (16) in vertikaler Längsrichtung (gemäß Pfeil 25 der Figur 5) gestretcht. Da die Haube mit ihrem (oben liegenden ) Boden fest am Stückgutstapel zu halten ist und auch insoweit ein entsprechendes Widerlager bildet, ist es auch ohne weiteres möglich, den gewünschten , zweckmäßigen Längsstretch durch Reibrollen, Reibwalzen oder dergleichen aufzubringen, die auf die an einem Widerlager anliegende Haube einwirken (Sp. 8 Z. 40 bis 43). Hierdurch erfolgt ein definiertes Längsstretchen um ca. 12 % der bereits quergestretchten Folie (Sp. 7 Z. 24 bis 31).
Dieses Verständnis sieht der Fachmann durch Unteranspruch 5 bestätigt , der auf Patentanspruch 1 zurückbezogen ist. Danach kann das Längsstretchen der Folienhaube wenigstens teilweise beim Überziehen der Folienhaube über das zu umhüllende Stückgut erfolgen.

c) Der vertikale Längsstretch soll nach den Merkmalen 6.3 und 6.4 wenigstens im Bereich der Haubenseitenwände um mindestens 5 % ihrer Ausgangslänge im quergestretchten Zustand aufgebracht werden. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen entnimmt der Fachmann daraus, daß die vertikale Dehnung der Folie um wenigstens 5 % im gesamten Bereich der Haubenseiten während des Überziehvorgangs, d.h. vor dem vollständigen Anliegen der Folie am Stückgut eingebracht werden soll. Diese Wertangabe verstehe der Fachmann als Anweisung dahin, bei einer bekannten , für das jeweilige Stückgut geeigneten Folie über die übliche vertikale Dehnung hinaus, eine erhebliche weitere Stretchung von mindestens 5 % der infolge der Querstretchung entstandenen Ausgangslänge aufzubringen, um eine Kraft zu erhalten, die ausreiche, um formstabile Ladeeinheiten auch bei Problemstückgut zu erhalten.
II. Der Gegenstand des so verstandenen Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist für den Fachmann auch so deutlich und vollständig offenbart, daß er ihn ausführen kann.
Eine Möglichkeit, wie die Folienhaube vor dem Überziehen in vertikaler Längsrichtung gestretcht werden kann, erwähnt die Streitpatentschrift beispielsweise in dem nicht angegriffenen Anspruch 6 und in Spalte 7 Zeilen 16
bis 19. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen entnimmt der Fachmann aus der Beschreibung und den Zeichnungen der Streitpatentschrift hinreichende Anhaltspunkte dafür, wie er den vertikalen Stretch der Folienhaube bewerkstelligen kann. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, daß die Beschreibung zwar keine konkrete Anweisung dahin entfalte, mit welchen Maßnahmen ein Längsstretch von mindestens 5 % vor dem Anlegen der Folie auf dem Stückgut erreicht werden könne. Auf diese Frage gehe die Streitpatentschrift ebensowenig wie auf die Frage ein, wie der gewünschte, zweckmäßige Längsstretch durch die in der Beschreibung genannten Reibrollen, Reibwalzen oder dergleichen (Sp. 8 Z. 40 bis 44) in die Folie einzubringen ist. Solche Angaben benötige der Fachmann aber zur Ausführung nicht zwingend. Er sei aufgrund seines Fachwissens ohne weiteres in der Lage, Möglichkeiten für eine vorrichtungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1 des Streitpatents zur Verfügung zu stellen.
III. Es kann nicht festgestellt werden, daß Nichtigkeitsgründe nach § 22 Abs. 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG und Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG , Art. 138 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit Art. 54 und 56 EPÜ vorliegen.
1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu. Keine der Entgegenhaltungen zeigt ein Verfahren zum Umhüllen von Stückgut mit einer Stretchfolienhaube mit sämtlichen Merkmalen seines Gegenstandes.
2. Der Senat ist nicht davon überzeugt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in naheliegender Weise ohne erfinderisches Bemühen aus dem Stand der Technik aufzufinden war.


a) Die Anweisung, in eine Folienhaube zusätzlich zu einem Horizontalstretch einen Stretch in vertikaler Richtung einzuprägen, um die Ladung auf einer Palette unverrutschbar zu sichern, war dem Fachmann allerdings auf Grund seines Fachwissens geläufig. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen gehörte zu den Grundkenntnissen der technischen Mechanik die Erkenntnis, daß Verschiebekräfte in horizontaler Richtung durch ausreichend große Reibkräfte kompensiert werden müssen und diese Reibkräfte durch Normalkräfte auf die relativ zueinander beweglichen Flächen erzeugt werden müssen. Ebenso gehörte zu diesen Grundkenntnissen , daß die Reibkräfte erzeugenden Normalkräfte durch Spannungen in Längsrichtung der Folienhaube zu erzeugen sind und daß sie anfänglich, d.h. beim Überziehen der Haube über den Gutstapel größer als in diesem Zustand notwendig sein müssen, damit bei einer späteren Volumenverringerung des Stapelguts oder auch nur bei einer Stapelhöheverringerung auch bei dem dadurch verursachtem Nachlassen der Spannung ausreichend große Kräfte in vertikaler Richtung verbleiben.

b) Einen Hinweis darauf, dies gezielt bei der Verwendung von Folienhauben im Stretchverfahren neben dem Horizontalstretchen der Haube durch eine in ihrem Umfang bestimmte Längsstretchung vorzunehmen, erhielt der Fachmann jedoch nicht aus der US-Patentschrift 4,050,219 (Higgins).
Diese Druckschrift befaßt sich mit einer Haubenverpackungsmaschine zum automatischen Anbringen einer Haube über einem Frachtstück, insbesondere mit einer Haube aus elastischer Folie über einer beladenen Palette mit
veränderlichen Abmessungen. Dabei legt die Schrift, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, ihren Schwerpunkt auf die Beschreibung der maschinen- und steuerungstechnischen Aspekte und weniger auf die verfahrenstechnischen Fragen und die zu erzielenden vorteilhaften Ergebnisse.
Bei dieser Vorrichtung wird von einem (Schlauch-)Folienvorrat (38) ein schlauchförmiger Folienabschnitt abgezogen und durch Vakuumköpfe geöffnet. Vier Finger werden in den Schlauch eingeführt. Mit diesen wird die Wand des Schlauchmaterials zwischen den Sammelwalzen und den Fingern positioniert. Die Sammelwalzen drehen sich so lange, bis sie eine ausreichende Menge an Schlauchmaterial auf die Finger geleitet haben, worauf ein Schneid- und Verschweiß -Mechanismus in Gang gesetzt wird, um die Herstellung der Haube abzuschließen. Die richtige Menge an Schlauchmaterial, die auf die Finger aufzubringen ist, wird von dem Sensor bestimmt, der die Maße der beladenen Palette mißt. Nachdem die Haube hergestellt und auf den Fingern gesammelt worden ist, wird über eine Bewegung der Finger die Haube so gedehnt, daß sie über das Frachtstück gezogen werden kann. Anschließend wird eine vertikale Bewegung des Frachtstücks und der Finger zueinander ausgeführt, so daß die Haube auf dem Frachtstück aufgebracht wird. Beim Überziehen über das Frachtstück wird die Haube allerdings auch in vertikaler Richtung gestretcht (Übersetzung S. 1 Abs. 3 bis S. 2 Abs. 1). Das geschieht infolge des Widerstandes der Motoren (76) der Andruckrollen bzw. -zylinderstangen (30), welche die Folie beim Abziehvorgang gegen die Finger (28) drücken und so einen Zug auf die Haube (24) ausüben. Eine gezielte Stretchung im Sinne der Lehre des Streitpatents ist damit nicht verbunden.

Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, daß sich sowohl die Beschreibung als auch die Zeichnungen auf eine Vorrichtung zur Verwendung von Schrumpffolienhauben beziehen. Aus den Figuren 12, 13, 15 und 16, welche die Verfahrensschritte des Sammelns und Überziehens der Haube über das Frachtgut betreffen, ist zu entnehmen, daß das um die Finger gesammelte und gereffte Folienmaterial nicht unter Querspannung steht und daß auch vor und beim Überziehen der Haube über den Frachtgutstapel kein horizontaler Stretch eingebracht wird. Da die Sammelwalzen beim Überziehen der Haube "umgekehrt leer laufen", wird ein gewisser Widerstand erzeugt, wodurch eine "vertikale Stretchkraft" auf die Haube (24) ausgeübt wird (Übersetzung S. 14 Abs. 3). Der Fachmann, dem das Schrumpffolienverfahren bekannt ist und der daher weiß, daß die Folie bei Wärmebeaufschlagung in horizontaler wie auch vertikaler Richtung schrumpft, wird - so der gerichtliche Sachverständige - diese "vertikale Stretchkraft" nicht primär mit der Sicherung der Ladeeinheit in Verbindung bringen. Vielmehr wird er aus der Anordnung schließen, daß die vertikale Dehnung bei der Verwendung von Schrumpfhauben allein dazu dient, Kraft aufzubringen, um ein glattes Anliegen der Folie an dem Stapelgut zu bewirken.
Die Druckschrift erwähnt einleitend, die beschriebene Haubenverpakkungsmaschine könne nicht nur für Wärmeschrumpf-Verpackungsverfahren, sondern auch für Stretchverfahren eingesetzt werden, wobei die Haube sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung gestretcht werden könne (Übersetzung S. 2 Abs. 2). Geht der Fachmann dem Gedanken nach, die Maschine für Verpackungen mit Stretchfolienhauben zu verwenden, so wird er die Ma-
schine entsprechend den Erfordernissen von Stretchmaterial umgestalten müssen. Er sieht sich aber durch die US-Patentschrift 4,050,219 allein gelassen mit der Frage, wie er den Umbau bewerkstelligen muß, um mit dem Stretchverfahren eine formstabile Ladeeinheit zu schaffen. Die Druckschrift enthält zwar den Hinweis, die vorgeschlagene Maschine auch für Stretchverfahren anzuwenden, gibt dem Fachmann aber keine Hilfen an die Hand, auf welche Weise die gereffte Folienhaube in horizontaler und vertikaler Richtung gestretcht werden könnte.

c) Über den Einsatz einer Haubenverpackungsmaschine im Stretchverfahren belehrt hingegen der Prospekt des US-amerikanischen Unternehmens C. in H., M., der an die US-Patentschrift 4,050,219 anknüpft. Der Fachmann erfährt, daß beim Stretch-Haubenverpackungsverfahren durch horizontale Stretch-Kräfte Frachtgutstapel zusammengehalten und durch vertikale StretchKräfte die Fracht auf der Palette gesichert werden kann. Es wird beschrieben, daß zu Beginn des Umhüllungsvorgangs das Schlauchmaterial mit Vakuumköpfe geöffnet wird. Vier Finger greifen sodann in den Schlauch hinein. Die passende Länge an Schlauchmaterial wird auf den Fingern gesammelt und das obere Ende der Haube vollständig oder teilweise verschlossen. Die Haube wird auf die Oberseite des Frachtstücks abgesenkt. Die Finger werden in zwei Richtungen ausgefahren, um die Haube entsprechend den Umrissen des Frachtstücks zu dehnen. Wenn die Haube auf der Oberseite des Frachtstücks aufgebracht wird, kommt das verschlossene Ende mit der Fracht in Kontakt. Das Polymaterial wird beim Überziehen von den Fingern abgezogen, "so daß vertikaler Stretch erzeugt wird".
Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen entnimmt der Fachmann dieser Schrift, daß der vertikale Stretch der Sicherung des Gutstapels dient und daß er erhebliche Kraft in vertikaler Richtung aufbringen muß, um eine solche Sicherung gewährleisten zu können. Angaben zum Maß des aufgewendeten Zugs fehlen hingegen. Mangels solcher Angaben wird der Fachmann geneigt sein, einen möglichst hohen Stretch aufzubringen, soweit das Verpackungsgut und die Folie dies erlauben. Damit offenbart der Prospekt lediglich die Lehre, überhaupt mittels Stretch des Materials eine vertikale Kraft aufzubringen, mit der die Fracht auf der Palette gesichert werden soll. Nicht angesprochen wird das Problem des Streitpatents, auch bei Problemgütern, die beim Umschlagen ihre Gestalt verändern, eine formstabile Ladeeinheit dadurch zu gewährleisten, daß zusätzlich und in Abhängigkeit zu einem Stretch in horizontaler Richtung ein definierter Längsstretch von mindestens 5 % des Ausgangsmaßes eingesetzt wird.

d) Eine weitergehende Offenbarung enthält auch nicht der zu den Akten gereichte Video-Film über das "T. ..."-Verpackungssystem. Nach dem VideoText werden die Kanten der fertigen Stretchhaube an der Maschine befestigt. Ein Rahmen stretcht die Haube so weit, daß sie über das Frachtgut paßt. Sodann hebt der Rahmen die gestretchte Haube über die Palette. Der gerichtliche Sachverständige hat zur Funktionsweise der Maschine glaubhaft ausgeführt, die Folienhaube müsse beim Überziehen über den Stapel in allen Richtungen gespannt werden, um eine gleichmäßige Spannung an allen Seiten und der Oberseite der Palettenladung auszuüben. Um die Ladung auf der Palette festzuhalten , müsse eine signifikante Spannung in vertikaler Richtung aufgebracht werden. Das Einprägen einer Längsdehnung in die Haubenseitenwände erfol-
ge zwangsläufig, wenn die Folie unter der Wirkung von Reibkräften von dem Vorratsrahmen abgezogen werde. Die Folienhaube werde damit zwar gezielt in vertikaler Richtung gestretcht, ein definierter Längsstretch werde aber nicht vorgeschlagen. Als Vorteil schildert der Video-Text, man könne die Stretchund Shrink-Folie aufschneiden, um einzelne Kartons zu entnehmen; man könne sie mit den Spitzen eines Gabelstaplers durchdringen. Die Folie reiße nicht weiter auf und halte das Packgut weiterhin sicher auf der Palette.
Das T. ...-Verpackungssystem gibt dem Fachmann damit keinen Hinweis , wie bei Problemgütern verfahren werden könnte. Soweit eine allseitige 15 %ige Spannung der Folie zur Sicherung des Frachtgutes auf der Palette angesprochen wird, erkennt der Fachmann, daß diese Spannung möglicherweise Folge von aufgebrachten Stretch-Maßnahmen ist. Daraus ergibt sich für ihn aber kein Hinweis dahin, eine solche vertikal gerichtete Kraft aufzubringen, um auch bei Problemgütern eine sichere Ladeeinheit zu gewährleisten.

e) Auch aus der Zusammenschau der genannten Druckschriften folgt für den Fachmann kein Hinweis in Richtung auf die Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents, bei einem Folienhauben-Stretchverfahren neben der bekannten Horizontalstretchung eine definierte, in ihrem Umfang durch den nach dem Querstretchen entstandenen Zustand bestimmte vertikale Stretchung der Folie von mindestens 5 % ihrer Ausgangslänge in quergestretchtem Zustand vorzusehen. Die weiter in das Verfahren eingeführten Druckschriften liegen weiter ab.
3. Neben dem Patentanspruch 1 des Streitpatents haben auch die auf ihn zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 und 7 bis 11 Bestand.
4. Dies gilt auch für den auf eine Vorrichtung gerichteten Patentanspruch 12, weil nicht festgestellt werden kann, daß er nicht neu und erfinderisch ist (Art. 54, 56 EPÜ). Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sind bei der Vorrichtung nach der Lehre des Patentanspruchs 12 zwar die meisten Merkmale der in der US-Patentschrift 4,050,219 beschriebenen Haubenverpackungsmaschine verwirklicht. Abweichend von diesem Stand der Technik sind bei der Vorrichtung nach dem Streitpatent Mittel zum Längsstretchen und Querstretchen der Haube (14, 24, Figur
1) vorgesehen, wobei beide Stretchvorgänge von denselben Mitteln ausgeführt werden. Die Stretchvorrichtung besteht aus den Reffbacken (13) und dem Reffrahmen (14) (Figuren 1 und 3). Der (Längs-)Stretchbügel (24) (Figuren 1 und 6) ist ein integraler Bestandteil des Reffrahmens. Der Längsstretch wird dadurch erzeugt, daß die Folienhaube (3) beim Überziehen des Stückgutstapels (2) über die einen Widerstand bildenden (Längs-)Stretchbügel (24) gezogen wird (Sp. 7 Z. 25 bis 28). Aus den Figuren der Streitpatentschrift geht - abgeleitet aus der Bewegungsmöglichkeit der Reffeinheit (16) - hervor, daß die Folie nur an vier Ecken von der Reffeinheit 16 aufgenommen oder erfaßt wird.
Eine Anordnung von Fingern bzw. Elementen, auf denen die gereffte Folie gehalten wird und die auseinandergefahren werden können, damit die Haube über den Gutstapel gezogen werden kann, zeigt die US-Patentschrift 4,050,219. Die Finger (28), dargestellt in den Figuren 1, 2, 4, 10, 12, 13, 15
und 16, dienen allerdings nicht zum Stretchen der Folie in vertikaler Richtung. Nach den glaubhaften Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sind sie infolge ihrer konkreten Ausgestaltung hierzu nicht geeignet. Der Längsstretch wird dadurch erzeugt, daß die Folie in der aus Figur 15 ersichtlichen Weise über die leerlaufenden Sammelwalzen (30) und die querverlaufenden Oberkanten der Finger (28) abgezogen wird. Finger, die so angeordnet sind, daß sie die Haube an den Ecken halten, zeigt die C.-Maschine auf der Abbildung Seite 3 des Prospekts. Einzelheiten ihrer Gestaltung sind aber weder aus der Abbildung ersichtlich, noch wird ihre Funktion in dem Text des C.Prospekts angesprochen. Winkelförmige Eckelemente, über welche die Folie abgezogen wird, offenbaren Abbildungen der Maschine im "T. ..."-Prospekt. Ob beide Maschinen allerdings geeignet sind, neben dem Querstretch einen definierten Längsstretch von mindestens 5 % der Ausgangslänge zu erzeugen, konnte nicht festgestellt werden. Zwar kann aufgrund der Gestaltung der Maschinen nicht ausgeschlossen werden, daß beim Überziehen der Haube über das Stapelgut ein Längsstretch erzeugt wird. Daß dabei gezielt ein Längsstretch von mindestens 5 % der Ausgangslänge entsprechend der Lehre des Streitpatents tatsächlich erreicht wird, konnte der gerichtliche Sachverständige nicht angeben.
5. Mit dem Vorrichtungsanspruch 12 haben auch die Unteransprüche 13 bis 20 Bestand.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 ZPO.

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Mühlens Meier-Beck