Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2016 - X ZR 109/12

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:120116BXZR109.12.0
bei uns veröffentlicht am12.01.2016
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 4a O 6/09, 18.01.2011
Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 U 16/11, 09.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 109/12
vom
12. Januar 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für eine gesonderte, vom Streitwert der Hauptsache abweichende Festsetzung
des Werts der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten eines Streithelfers
der Hauptpartei im Rechtsmittelverfahren ist auch dann kein Raum,
wenn der Streithelfer im betreffenden Rechtszug keine Anträge gestellt hat.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - X ZR 109/12 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
ECLI:DE:BGH:2016:120116BXZR109.12.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Hoffmann, die Richterin Schuster, den Richter Dr. Deichfuß sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, jeweils den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Streithelfer für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren festzusetzen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

1
I. Der Antrag des Klägers, die Verfahrenswerte für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch im Verhältnis der Klägerin zu den verschiedenen Streithelfern der Beklagten getrennt festzusetzen, ist als Antrag auf gesonderte Wertfestsetzung gemäß § 33 Abs. 1 RVG auszulegen.
2
II. Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3
1. Dem Antrag steht das Fälligkeitserfordernis gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG nicht entgegen.
4
Gemäß § 33 Abs. 1 RVG hat das angerufene Gericht nur über den Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren zu entscheiden, die für eine Tätigkeit in dem bei diesem Gericht anhängigen Rechtszug entstanden sind (vgl. Hartmann , Kostengesetze, 45. Aufl., § 33 RVG Rn. 15). In Rede steht deshalb nur der Gegenstandswert für während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entstandene Anwaltsgebühren.
5
Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien haben die Streithelfer von der Klägerin die Erstattung unter anderem solcher Anwaltsgebühren geltend gemacht, die für eine Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entstanden sind, auch wenn die Streithelfer sich in diesem Rechtszug nicht zur Akte gemeldet haben. Für die Frage der Zulässigkeit eines Antrags auf gesonderte Festsetzung eines Gegenstandswerts gemäß § 33 Abs. 1 RVG ist nicht zu entscheiden, ob die geltend gemachten Anwaltsgebühren zu Recht gefordert werden. Mit der Antragsvoraussetzung gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG soll lediglich die Fälligkeit und damit in der Regel das Ende des Rechtszugs abgewartet werden, damit das Gericht auf der Grundlage des sich aus dem Rechtszug ergebenden Sach- und Streitstands entscheiden kann; die Fälligkeitsvoraussetzung bezweckt nicht, eine Entscheidung über die Begründetheit der geltend gemachten Anwaltsgebühren zu treffen. Es reicht deshalb aus, dass die Anwaltsgebühren für den Fall ihrer Begründetheit fällig geworden und geltend gemacht worden sind. Dies ist der Fall, nachdem das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beendet worden ist (§ 8 Abs. 1 RVG).
6
2. Im Streitfall richten sich jedoch auch die den Streithelfern entstandenen Anwaltsgebühren nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert (§ 32 Abs. 1 RVG). Der Streitwert einer durchgeführten Nebenintervention stimmt mit dem Streitwert der Hauptsache überein, wenn der Nebenintervenient am Prozess im gleichen Umfang beteiligt ist wie die Partei, der er beigetreten ist. Seine Angriffs- und Verteidigungsmittel betreffen den Erfolg dieser Partei und zwar in voller Höhe des von ihr oder gegen sie geltend gemachten Klageanspruchs. Für den Wert der Hauptsache ist es ohne Bedeutung, ob der Nebenintervenient selbst Anträge gestellt hat, weshalb auch der Wert seiner Beteiligung nicht vom Stellen eines solchen Antrags abhängt.
7
Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn allein ein Nebenintervenient selbständig ein Rechtsmittel eingelegt hat, kann im Streitfall offen bleiben; die Nichtzulassungsbeschwerde wurde von der Klägerin eingelegt. In einem solchen Fall macht es für die Art der Prozessführung des Nebenintervenienten keinen Unterschied, ob sein wirtschaftliches Interesse dem der Hauptpartei gleichkommt oder ob es geringer oder gar höher ist. Solche Aspekte betreffen das Innenverhältnis zwischen ihm und der unterstützten Partei; sie sind für den Rechtsstreit weder relevant noch in diesem aufzuklären (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 1959 - V ZR 204/57, BGHZ 31, 144; vom 11. Dezember 2012 - II ZR 233/09, JurBüro 2013, 477).
Meier-Beck Hoffmann Schuster
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.01.2011 - 4a O 6/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.08.2012 - I-2 U 16/11 -

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Referenzen - Gesetze

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 32 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 8 Fälligkeit, Hemmung der Verjährung


(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet

Referenzen

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.

(2) Die Verjährung der Vergütung für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren wird gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Ruht das Verfahren, endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit. Die Hemmung beginnt erneut, wenn das Verfahren weiter betrieben wird.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.