Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2017 - VII ZB 48/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick und die Richterinnen Graßnack, Sacher, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Gemäß § 575 Abs. 5 i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO kann das Rechtsbeschwerdegericht die Vollziehung eines mit der Beschwerde erfolglos angefochtenen Beschlusses aussetzen, wenn dem Rechtsbeschwerdeführer durch die Vollziehung größere Nachteile drohen als den anderen Beteiligten im Falle der Aussetzung, die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die Rechtsbeschwerde zulässig erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2017 - V ZB 150/16 Rn. 2). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
- 2
- Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde stellt sich nicht als offenkundig unbegründet dar; die Rechtslage ist vielmehr zweifelhaft. Der Schuldner wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Auffassung des Beschwerdegerichts , für den Nachweis, dass er hinsichtlich der Zug-um-Zug-Verurtei- lung im Urteil des Landgerichts M. vom 6. Februar 2012 befriedigt sei, genüge die Feststellung in dem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Landgerichts M. vom 22. Februar 2016. Die Frage, ob ein nicht rechtskräftiges Feststellungsurteil als öffentliche Urkunde im Sinne des § 756 Abs. 1 ZPO anzusehen ist, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden worden und wird auch in Rechtsprechung und Schrifttum nicht im Sinne der vom Beschwerdegericht vertretenen Auffassung beantwortet (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 322 Rn. 34; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 23. Aufl., § 417 Rn. 3; MünchKommZPO/Heßler, 5. Aufl., § 756 Rn. 45; OLG München, JurBüro 2017, 266, 267 f., juris Rn. 25 ff.; LG Augsburg, JurBüro 1994, 307 f., juris Rn. 17).
- 3
- Durch die Vollziehung des angefochtenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses würde der Schuldner einen größeren Nachteil erleiden als die Gläubigerin im Falle der Aussetzung, wenn sich der angefochtene Beschluss als fehlerhaft erweisen sollte. Die Gläubigerin ist durch den Pfändungsbeschluss hinreichend gesichert. Durch die Aussetzung der Vollziehung wird der Rang der Pfändung nicht berührt, weil die Vollstreckungsmaßnahme gemäß § 775 Nr. 2, § 776 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO bestehen bleibt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 776 Rn. 1). Dem Schuldner würde jedoch, wenn in den Anspruch auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an dem in seinem und dem Eigentum seiner Ehefrau, der Drittschuldnerin, stehenden Haus vollstreckt würde, ein erheblicher Vermögensnachteil entstehen, wenn sich die Pfändung nachträglich als rechtswidrig erweist. Die Abwägung der Interessen des Schuldners und der Gläubigerin führt daher dazu, dass das Interesse des Schuldners an einer Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses das Vollzugsinteresse der Gläubigerin überwiegt.
Borris Brenneisen
Vorinstanzen:
AG Bergisch Gladbach, Entscheidung vom 18.04.2017 - 38 M 1367/16 -
LG Köln, Entscheidung vom 06.07.2017 - 34 T 116/17 -
Annotations
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.
(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.
(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.