Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2004 - VII ZB 23/03

bei uns veröffentlicht am14.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 23/03
vom
14. Oktober 2004
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Eine einseitige Erledigungserklärung ist im selbständigen Beweisverfahren nicht
zulässig. In ihr liegt regelmäßig eine Antragsrücknahme.

b) Nach der Antragsrücknahme hat der Antragsteller grundsätzlich die Kosten des
selbständigen Beweisverfahrens in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3
Satz 2 ZPO zu tragen. Dies gilt auch für die Kosten des Streithelfers des Antragsgegners
BGH, Beschluß vom 14. Oktober 2004 - VII ZB 23/03 - KG
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Oktober 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Streithelferin des Antragsgegners wird der Beschluß des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. Juli 2003 dahin abgeändert, daß die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 28. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 8. November 2002 zurückgewiesen wird. Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Beschwerdewert: 3.956,60 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die P. GmbH beantragt. Diese hat u.a. der beschwerdeführenden Streithelferin den Streit verkündet, die dem Beweisverfahren beigetreten ist. Mit Beschluß des Landgerichts vom 17. Mai 2002 ist die beantragte Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet worden. Bevor der Sachverständige die Begutachtung vornahm, teilte die Antragstellerin
mit, ihr Antrag habe sich erledigt, sie habe privat beauftragte Gutachten erstellen lassen. Die Antragstellerin hat beantragt, der P. GmbH sowie der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen. Daraufhin hat die P. GmbH mitgeteilt, es sei ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden. Sie hat sich einer etwaigen Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Diesem Antrag hat sich die Streithelferin unter Hinweis darauf angeschlossen, daß die Abstandnahme der Antragstellerin als Antragsrücknahme ausgelegt werden müsse. Die Antragstellerin hat dem widersprochen. Am 1. September 2002 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen P. GmbH eröffnet und der Antragsgegner als Insolvenzverwalter bestellt worden. Die Antragstellerin hat ihre Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet, der Antragsgegner hat die Forderung bestritten. Das Landgericht hat der Antragstellerin mit Beschluß vom 8. November 2002 die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der P. GmbH und der Streithelferin auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht den Beschluß des Landgerichts aufgehoben und die Anträge der P. GmbH und ihrer Streithelferin als derzeit unbegründet zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Streithelferin hat Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II.

Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die zugunsten der P. GmbH ergangene Kostengrundentscheidung entsprechend § 494 a Abs. 2 ZPO sei schon deshalb aufzuheben, weil ein etwaiger Kostenerstattungsanspruch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der P. GmbH in die Insolvenzmasse gefallen und die P. GmbH insoweit nicht mehr verfahrensbefugt sei. Der Antragsgegner habe mitgeteilt, sich zur Aufnahme des Verfahrens derzeit nicht erklären zu können und von einer Unterbrechung des selbständigen Beweisverfahrens auszugehen. Ein Kostenantrag der P. GmbH sei derzeit nicht zulässig. Darüber hinaus sei für eine analoge Anwendung des § 494 a Abs. 2 ZPO zugunsten der Streithelferin kein Raum, weil eine Klageerhebung nicht in Betracht komme und auch kein entsprechender Antrag vorliege. Zwar sei eine Ausdehnung des § 494 a Abs. 2 ZPO auf andere Sachverhalte nicht ausgeschlossen , hier aber nicht geboten. Für die Antragstellerin lägen dem Fall vergleichbare Hinderungsgründe vor, daß die Mängel durch den Auftragnehmer nach Beweisaufnahme beseitigt wurden. Sie habe mitgeteilt, daß sich aus den Privatgutachten Mängelbeseitigungskosten von ca. 101.000 € ergäben. Eine Klageerhebung sei für sie sinnlos. Darauf hinzuweisen sei auch, daß ein anerkennenswerter Grund zur Abstandnahme vom Hauptsacheprozeß darin liegen könne, daß die Gegenseite vermögenslos und insolvent geworden sei.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. 1. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Dieser Antrag ist zulässig. Sie ist berechtigt, diejenigen Anträge zu stellen, die auch der Antragsgegner stellen könnte, denn sie führt als Streithelferin die Beschwerde des Antragsgegners. Dieser ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Stelle der P. GmbH getreten. Ein entgegenstehender Wille des Antragsgegners ist nicht erkennbar. Die Insolvenzmasse ist durch das Beschwerdeverfahren nicht nachteilig betroffen, weil das Kostenrisiko allein die Beschwerdeführerin trägt. Das Verfahren ist deshalb für die Insolvenzmasse nur günstig. Die Bedenken des Beschwerdegerichts gegen die Zulässigkeit des Kostenantrags im Hinblick auf die Insolvenz der P. GmbH sind schon deshalb unbegründet, weil das Insolvenzverfahren erst eröffnet worden ist, nachdem deren Prozeßbevollmächtigter den Antrag gestellt hatte, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Über diesen Antrag kann entschieden werden, weil das Insolvenzverfahren das selbständige Beweisverfahren nicht unterbricht (BGH, Beschluß vom 11. Dezember 2003 - VII ZB 14/03, BauR 2004, 531 = NZBau 2004, 156 = ZfBR 2004, 268). 2. Im Ergebnis zutreffend ist die Auffassung des Beschwerdegerichts, der Antragsgegner und seine Streithelferin könnten keine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO beantragen. Diese Regelung setzt voraus, daß dem Antragsteller auf Antrag des Antragsgegners nach Beendigung der Beweiserhebung eine Frist zur Klageerhebung gesetzt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beweisaufnahme ist nicht durchgeführt und der Antragstellerin ist keine Frist zur Klageerhebung gesetzt worden.
3. Zu Unrecht prüft das Beschwerdegericht nicht, ob der Antragsgegner und seine Streithelferin Erstattung ihrer im Beweisverfahren entstandenen Kosten nach § 269 Abs. 3 ZPO verlangen können. Das ist, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, der Fall.
a) Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens mit Schriftsatz vom 20. Juli 2002 zurückgenommen. In diesem Schriftsatz hat sie mitgeteilt, ihr Antrag habe sich erledigt. Sie sei infolge der Verzögerung des Beweisverfahrens zur Wahrung ihrer Rechte und zur Schadensminderung gezwungen gewesen, private Sachverständige zu beauftragen. Mit deren Gutachten würden die Mängel belegt. Sie hat beantragt, der Gegenseite die Kosten aufzuerlegen. Mit dieser Erklärung hat sie unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie eine Beweiserhebung durch das Gericht endgültig nicht mehr wünscht. Das kann nicht anders als eine Rücknahme ihres Antrags gesehen werden. Eine einseitige Erledigungserklärung, wie sie der Antragstellerin mit dem Ergebnis vorschwebt, daß einerseits das Verfahren beendet ist, andererseits der Antragsgegner die Kosten des Beweisverfahrens zu tragen hat, ist im selbständigen Beweisverfahren nicht zulässig. Es ist nicht möglich dem Antragsgegner, ohne ein Verfahren in der Hauptsache und ohne Zustimmung zur Erledigungserklärung die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen (BGH, Beschluß vom 12. Februar 2004 - V ZB 57/03, MDR 2004, 715). Eine mit diesem Ziel erklärte Erledigung des Verfahrens ist als Antragsrücknahme aufzufassen , wenn das Verfahren nach dem Willen des Antragstellers endgültig beendet sein soll (KG, BauR 2002, 1735, 1736).
b) Nimmt der Antragsteller seinen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens vor der Beweiserhebung zurück, hat er in entspre-
chender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten zu tragen. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine Kostenentscheidung auf Antrag im selbständigen Beweisverfahren (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 2002, 350; OLG Köln, OLGR 2001, 355; OLG München, BauR 2001, 993; OLG Braunschweig, BauR 2001, 994; ZöllerHerget , ZPO, 24. Aufl., § 91 Rdn. 13; Musielak-Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 269 Rdn. 23; Ingenstau/Korbion-Joussen, VOB, 15. Aufl., Anh. 4 Rdn. 106; KleineMöller /Merl/Oelmaier, Handbuch des privaten Baurechts, 2. Aufl., § 17 Rz. 327). Der Kostenbeschluß umfaßt auch die durch einen Streithelfer des Antragsgegners verursachten Kosten, die gemäß §§ 269 Abs. 3 Satz 2, 101 ZPO vom Antragsteller zu tragen sind (OLG München, BauR 1998, 592; Siegburg, Zur Kostengrundentscheidung im selbständigen Beweisverfahren und Hauptsacheprozeß , Festschrift für Jack Mantscheff zum 70. Geburtstag, S. 405, 407). Für die Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO besteht ein Bedürfnis. Die Regelung des § 494 a Abs. 2 ZPO erfaßt den Fall der Antragsrücknahme vor der Beweiserhebung nicht. Ebenso wie in den Fällen des § 494 a Abs. 2 ZPO hat der Antragsgegner ein schützenswertes Interesse an einer sofortigen Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren (vgl. Notthoff, JurBüro 1998, 61, 62). Der Antragsgegner kann ein Hauptsacheverfahren nicht erzwingen. Es ist in aller Regel auch offen, ob ein solches Verfahren stattfindet. Es ist jedenfalls nach Einführung des § 494 a ZPO sachlich nicht zu rechtfertigen, den Antragsgegner auf einen möglichen materiellen Ausgleichsanspruch zu verweisen , zumal auch dieser sehr zweifelhaft ist und unter Umständen noch gerichtlich durchgesetzt werden müßte. Die gebotene Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO entspricht dem allgemeinen prozeßrechtlichen Grundsatz, daß derjenige die Kosten eines Verfahrens zu tragen hat, der seinen Antrag zurücknimmt (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage bei Zurücknahme eines Antrags auf Gerichts-
standsbestimmung: BGH, Beschluß vom 5. Februar 1987 - I ARZ 703/86, MDR 1987, 735).
c) Vorstehende Erwägungen gelten jedenfalls in den Fällen, in denen die Rücknahme nicht auf einem Ereignis beruht, das das Interesse des Antragstellers an der Beweiserhebung entfallen läßt. Ob in diesen Fällen eine andere Beurteilung gerechtfertigt ist (vgl. dazu OLG Hamburg, MDR 1998, 242), kann dahin stehen. Denn die Antragstellerin hat ein Ereignis in diesem Sinn nicht geltend gemacht. Sie hat die Rücknahme damit begründet, daß sie private Gutachter eingeschaltet hat, weil das Beweisverfahren zu lange dauert. Damit entfiel nicht die Möglichkeit, den gerichtlichen Beweis zu erheben und auch nicht das rechtliche Interesse der Antragstellerin an der Durchführung eines derartigen Verfahrens. Das selbständige Beweisverfahren dient auch dem Zweck der Prozeßbeschleunigung durch Vorwegnahme der Beweisaufnahme in einem gerichtlichen Verfahren, dessen Ergebnisse gemäß § 493 ZPO im Hauptsacheverfahren verwertet werden. Dieser Zweck war nicht entfallen. Die Klärungsbedürftigkeit bestand fort. Die Antragstellerin hat Vertragserfüllungsbürgschaften in Anspruch genommen und ihre vom Antragsgegner bestrittene Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet. Im übrigen hat sie selbst darauf hingewiesen, daß
der Antragsgegner prüft, inwieweit noch Werklohnansprüche bestehen, denen gegenüber die Antragstellerin die Mängel geltend machen würde.
Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2004 - VII ZB 23/03

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2004 - VII ZB 23/03

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2004 - VII ZB 23/03 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 494a Frist zur Klageerhebung


(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. (2) Kommt der Antragstel

Zivilprozessordnung - ZPO | § 493 Benutzung im Prozess


(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich. (2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2004 - VII ZB 23/03 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2004 - VII ZB 23/03 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2004 - V ZB 57/03

bei uns veröffentlicht am 12.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 57/03 vom 12. Februar 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 485 Die einseitige Erklärung des Antragstellers, ein selbständiges Beweisverfahren sei in der Hauptsache erledigt,

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2003 - VII ZB 14/03

bei uns veröffentlicht am 11.12.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 14/03 vom 11. Dezember 2003 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO §§ 240, 485 Das selbständige Beweisverfahren wird nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver
7 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2004 - VII ZB 23/03.

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2009 - VII ZB 3/07

bei uns veröffentlicht am 23.07.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 3/07 vom 23. Juli 2009 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO §§ 494 a Abs. 2, 101 Abs. 1 a) Eine Entscheidung über die durch eine Nebenintervention auf Sei

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2007 - IV ZB 26/06

bei uns veröffentlicht am 09.05.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZB 26/06 vom 9. Mai 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 91a, 485 Erklären Antragsteller und Antragsgegner übereinstimmend, ein gerichtlich angeordnetes, aber nicht mehr zu Ende ge

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2011 - VII ZB 128/09

bei uns veröffentlicht am 23.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 128/09 vom 23. März 2011 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 240, 494a Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei eines sel

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2010 - VIII ZB 14/10

bei uns veröffentlicht am 07.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 14/10 vom 7. Dezember 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2; § 485 Eine im selbständigen Beweisverfahren unzulässige einseitige Erledigungserkläru

Referenzen

(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.

(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 14/03
vom
11. Dezember 2003
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Das selbständige Beweisverfahren wird nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über das Vermögen einer der Parteien unterbrochen.
BGH, Beschluß vom 11. Dezember 2003 - VII ZB 14/03 - Brandenburgisches OLG
LG Neuruppin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Prof. Dr. Thode,
Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 5. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerdeführerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese selbst trägt. Beschwerdewert: 1.774

Gründe:

I.

Die Antragstellerin betreibt gegen die Gemeinschuldnerin ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung von Baumängeln. Die Parteien streiten darüber, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin gemäß § 240 ZPO das selbständige Beweisverfahren unterbrochen hat. Das Landgericht hat zunächst festgestellt, daß das selbständige Beweisverfahren unterbrochen ist. Die Antragstellerin hat die Aufnahme des Verfahrens erklärt. Daraufhin hat das Landgericht "dem Verfahren Fortgang gegeben". Die von der Insolvenzverwalterin gegen diesen Beschluß eingelegte und von
der Streithelferin unterstützte sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. 1. Das Beschwerdegericht führt aus, das Landgericht habe zu Recht das selbständige Beweisverfahren gefördert. Denn dieses sei durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein selbständiges Beweisverfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der Parteien unterbrochen wird. Für eine Unterbrechung sprechen sich aus OLG Hamburg, OLGR 2000, 436; OLG München, BauR 2002, 983; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rdn. 6 (a.A. noch 9. Aufl.); MünchKommZPO /Feiber, 2. Aufl., § 239 Rdn. 7. Eine Unterbrechungswirkung verneinen OLG Hamm, NJW-RR 1997, 723; OLG Frankfurt am Main, BauR 2002, 1886; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 239 Rdn. 8; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., vor § 485 Rdn. 6; Hdb. priv. BauR (Oelmaier/Merl), 2. Aufl., § 17 Rdn. 11.
b) Ein selbständiges Beweisverfahren wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen. aa) Die systematische Stellung des § 240 ZPO im ersten Buch der Zivilprozeßordnung spricht für seine Anwendung auf das in der Regel kontradiktori-
sche selbständige Beweisverfahren. Auch enthalten die §§ 485 ff ZPO keine Bestimmung, daß § 240 ZPO nicht gelten solle. Diese Vorschrift steht aber mit Sinn und Zweck des selbständigen Beweisverfahrens nicht in Einklang und ist daher auf dieses Verfahren nicht anzuwenden. Durch das selbständige Beweisverfahren soll dem Antragsteller zum einen die Möglichkeit einer schnellen Beweissicherung auch ohne Zustimmung des Gegners und unabhängig von einem Streitverfahren gegeben werden, wenn Verlust oder erschwerte Benutzung eines Beweismittels zu besorgen sind, § 485 Abs. 1 ZPO. Zum anderen können durch ein selbständiges Beweisverfahren tatsächliche Vorfragen für die Beurteilung eines Anspruchs geklärt werden, wenn der Antragsteller hieran ein rechtliches Interesse hat, insbesondere wenn dadurch ein Rechtsstreit vermieden werden kann, § 485 Abs. 2 ZPO. Das soll den Weg zu einer erfolgversprechenden Güteverhandlung (vgl. § 492 Abs. 3 ZPO) und zu einer raschen und kostensparenden Einigung der Parteien ohne einen sonst zu erwartenden Rechtsstreit ebnen. Um diese Ziele zu erreichen, ist das selbständige Beweisverfahren möglichst zügig und ohne die mit einer Unterbrechung nach § 240 ZPO verbundene zeitliche Verzögerung durchzuführen. Eine auch nur geringe Verzögerung kann bedeuten, daß ein Beweismittel verloren geht oder bedeutsame tatsächliche Umstände nicht mehr festgestellt werden können. Gerade bei Streitigkeiten im Rahmen eines Bauvertrags kann das dazu führen, daß Mängel der Bauleistung oder der von einem Unternehmer erreichte Bautenstand durch nachfolgende Arbeiten verdeckt werden. Der Insolvenzverwalter ist auf das baldige Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens angewiesen, um eine Grundlage für seine weiteren Entscheidungen und für eventuelle Vergleichsgespräche zu haben und
so gegebenenfalls Ansprüche des Gemeinschuldners rasch zugunsten der Masse realisieren zu können. Daß er am selbständigen Beweisverfahren nicht beteiligt ist, steht dem Führen von Vergleichsgesprächen nicht entgegen. Die von Befürwortern einer Unterbrechung empfohlene eilige Aufnahme bei eiligen Verfahren (MünchKommZPO/Feiber, 2. Aufl., § 239 Rdn. 7) ist nur in Grenzen geeignet, die nachteiligen Folgen einer Verfahrensverzögerung zu mildern. bb) Eine Unterbrechung des selbständigen Beweisverfahrens ist nicht deshalb geboten, weil den Beteiligten eine Überlegungsfrist hinsichtlich ihres weiteren Vorgehens eingeräumt werden müßte. Das selbständige Beweisverfahren hat eine vorweggenommene Beweisaufnahme und nicht die Entscheidung möglicherweise schwieriger Rechtsfragen zum Gegenstand. Der Insolvenzverwalter kann sich binnen kurzem einen ausreichenden Überblick verschaffen. Die andere Partei ist ohnehin mit dem Sach- und Streitstand vertraut.
cc) Daß die ebenfalls eilbedürftigen Verfahren des Arrests und der einstweiligen Verfügung gemäß § 240 ZPO unterbrochen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1962 - VIII ZR 189/60, NJW 1962, 591; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 239 Rdn. 8), führt zu keiner anderen Beurteilung. Die unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt, weil diese Verfahren zu Vollstrekkungstiteln führen können, die das Schuldnervermögen unmittelbar betreffen. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 57/03
vom
12. Februar 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die einseitige Erklärung des Antragstellers, ein selbständiges Beweisverfahren sei in
der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostenentscheidung gegen den Antragsgegner.
BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZB 57/03 - LG Traunstein
AG Mühldorf a. Inn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Februar 2004 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragsgegners wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 23. September 2003 aufgehoben und der Beschluß des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 14. August 2003 abgeändert.
Der Antrag, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert der Rechtsmittelverfahren beträgt 2.116,51

Gründe:


I.


Die Beteiligten sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Beide Grundstücke waren bebaut, das Grundstück der Antragstellerin mit einem Wohnhaus, das Grundstück des Antragsgegners mit einem ehemals betrieblichen Zwecken dienenden Gebäude. Die Antragstellerin hat behauptet, von
dem Gebäude auf dem Grundstück des Antragsgegners dringe Feuchtigkeit in ihr Haus ein. Sie hat zur Feststellung dieser Tatsache und deren Ursache im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das Amtsgericht hat die Einholung des beantragten Gutachtens angeordnet. Das Gutachten wurde den Beteiligten im Januar 2003 zugeleitet. Der Sachverständige hat festgestellt, daß die zur Grenzwand gelegenen Räume im Haus der Antragsstellerin teilweise Feuchtigkeitsbeeinträchtigungen aufweisen, die insbesondere auf den mangelhaften Anschluß der Giebelwand des Betriebsgebäudes an die Giebelwand des Hauses der Antragstellerin zurückzuführen seien. Im Juli 2003 ließ der Antragsgegner das Betriebsgebäude abreißen. Die Antragsstellerin hat daraufhin das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt und beantragt, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsgegner hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die Beschwerde des Antragsgegners ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt er die Zurückweisung des Kostenantrags.

II.


Das Landgericht hält den Antragsgegner für verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es meint, der Abriß des Betriebsgebäudes habe das Interesse der Antragstellerin an dem Verfahren entfallen lassen und seine Fortsetzung unmöglich gemacht. In entsprechender Anwendung von §§ 91 ff. ZPO habe der Antragsgegner daher die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.


Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Ein prozeßrechtlicher Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin besteht nicht.
1. Die einseitige Erklärung der Antragstellerin, das Verfahren sei in der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostengrundentscheidung gegen den Antragsgegner (OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; KG MDR 2002, 422; Lindacher JR 1999, 278, 279; aM OLG Koblenz, BauR 1998, 1045 ff; OLG München NJW-RR 2001, 1580, 1582).
Die Entscheidung über die Kosten eines Rechtsstreits beruht auf dem Grundsatz, daß die Partei die Kosten zu tragen hat, zu deren Nachteil die Entscheidung des Gerichts ergeht (§ 91 Abs. 1 ZPO). Die Belastung des Beklagten mit den Kosten eines Rechtsstreits setzt damit voraus, daß er unterlegen ist. Kommt es zu keiner Entscheidung in der Hauptsache, weil die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kostentragungspflicht (§ 91a Abs. 1 ZPO). Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu, scheidet eine Ermessensentscheidung über die Kosten aus. Die Erledigungserklärung des Klägers bedeutet vielmehr eine Änderung der Klage, aufgrund deren das Gericht durch Urteil darüber zu entscheiden hat, ob der klageweise geltend gemachte Anspruch bestanden hat und wegen des als Erledigung be-
zeichneten Ereignisses nicht mehr durchgesetzt werden kann (BGH, Beschl. v. 26. Juni 1994, I ZB 4/94, NJW 1994, 2364, 2365; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 157/98, NJW 2002, 442; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91a Rdn. 170; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdn. 29; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 36 f., Zöller/Vollkommer, ZPO. 24. Aufl., § 91a Rdn. 34). Nur wenn es sich so verhält, erreicht der Kläger die Belastung des Beklagten mit den Kosten des Rechtsstreits.
Diese Grundsätze sind auf das selbständige Beweisverfahren nicht anwendbar. In diesem Verfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung (Musielak/Huber, aaO, § 490 Rdn. 7; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., vor § 485 Rdn. 8; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 5). Die Anordnung der Beweiserhebung bedeutet weder eine Entscheidung über ein Recht oder einen Anspruch , noch ergeht die Anordnung zum Nachteil des Antragsgegners. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten eines anhängigen oder künftigen Erkenntnisverfahrens zwischen den Parteien, neben dem oder zu dessen Vorbereitung das selbständige Beweisverfahren stattgefunden hat (MünchKomm-ZPO/Schreiber, aaO, § 485 Rdn. 20; Musielak /Huber, aaO, § 490 Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 10; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 7). Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren von der Prozeßordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den Antragsteller (§ 494a Abs. 2 ZPO). Um so weniger geht es an, über die Regelung des § 91a Abs. 1 ZPO hinaus (vgl. zur Kostenentscheidung bei übereinstimmender Erklärung der Erledigung eines selbständigen Beweisverfahrens einerseits OLG Hamm OLGR 1999, 220; OLG München BauR 2000, 139; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91a Rdn. 146; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 65, § 91a Rdn. 3;
Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 8; Thomas/Putzo, aaO, § 494a Rdn. 6; Zöller/Herget, aaO, § 494a Rdn. 5; Notthoff, JurBüro 1998, 61; Lindacher , JR 1999, 278 f; anderereseits OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; OLG Stuttgart BauR 2000, 445; KG MDR 2002, 422; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, aaO, § 91 Rdn. 193) dem Antragsgegner ohne ein Verfahren in der Hauptsache und ohne Zustimmung zur Erledigungserklärung die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.
2. Dies kann auch nicht in entsprechender Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO geschehen. Zweck von § 494a ZPO ist es, die Lücke zu schließen, die verbleibt, wenn der Antragsteller aufgrund eines für ihn ungünstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren auf die Erhebung der Klage in der Hauptsache verzichtet. Das soll nicht dazu führen, daß der Antragsteller der Kostenpflicht entgeht, die sich aus der Abweisung der Klage in der Hauptsache ergäbe (BGH, Beschl. v. 22. Mai 2003, VII ZB 30/02, BRAGOreport 2003, 144). Durch die Fristsetzung gemäß § 494 Abs. 1 ZPO und die Versäumung der Frist durch den Antragssteller wird der Antragsgegner so gestellt, als habe er im Hauptsacheprozeß obsiegt (Bericht des Rechtssausschusses , BT-Drucks. 11/8283, S. 48). Ohne eine einfach herbeizuführende prozessuale Kostengrundentscheidung wäre der Antragsgegner darauf angewiesen , einen materiell rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in einem gesonderten Erkenntnisverfahren gegen den Antragsteller geltend zu machen. Das erscheint vermeidbar und zudem häufig unbillig, weil das materielle Recht keinen Anspruch auf Ersatz von Kosten für die Abwehr eines Anspruchs gewährt , wenn weder vertragliche, noch vorvertragliche Beziehungen zwischen den Beteiligten vorliegen und – wie regelmäßig - auch ein deliktischer Kosten-
ersatzanspruch ausscheidet (BGH, Urt. v. 4. November 1987, IVb ZB 83/86, NJW 1986, 2032, 2034). Dem soll § 494a ZPO entgegenwirken.
Nimmt der Antragsgegner nach der Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des Antragstellers entfallen läßt, den Antragsgegner hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, liegt der Fall schon insofern anders, als § 494a ZPO allein die Belastung des Antragstellers und nicht die Belastung des Antragsgegners mit den Kosten des Verfahrens vorsieht. Das Verhalten des Antragsgegners erlaubt grundsätzlich auch weder einen Schluß auf eine ihn treffende materielle Kostentragungspflicht, noch ist es mit seinem Willen zu dem selbständigen Beweisverfahren gekommen. Dem Antragsteller steht vielmehr die Klage auf Feststellung offen, daß der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war. Obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfaßt. Für eine entsprechende Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO gegen den Antragsgegner besteht daher weder eine Lücke, noch ist die rechtliche Situation mit der von § 494a ZPO geregelten Situation vergleichbar.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.

(2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen Beweisverfahren nicht erschienen, so kann das Ergebnis nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.