Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2018 - VII ZB 17/18

bei uns veröffentlicht am05.12.2018
vorgehend
Amtsgericht Brilon, 5 M 952/17, 19.01.2018
Landgericht Arnsberg, 5 T 48/18, 15.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 17/18
vom
5. Dezember 2018
in der Zwangsvollstreckungssache
ECLI:DE:BGH:2018:051218BVIIZB17.18.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Dezember 2018 durch den Vorsitzenden Richter Pamp, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit sowie die Richterinnen Graßnack und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

1
Am 17. Oktober 2017 beantragte das von der Gläubigerin beauftragte Inkassounternehmen den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen Forderungen und Kosten in Höhe von insgesamt 366,75 €, mit dem angebliche Forderungen des Schuldners gegen ein Kreditinstitut gepfändet werden sollten.
2
Bei der Antragstellung verwendete das Inkassounternehmen das amtliche Formular. Die zu pfändenden Forderungen wurden zum Teil auf Seite 5 des Formulars (Anspruch D) aufgeführt, wobei hinsichtlich sämtlicher Forderungen auf eine gesondert beigefügte Anlage verwiesen wurde. Das Vollstreckungsgericht forderte die Gläubigerin auf, den amtlichen Vordruck für sämtliche zu pfändenden Forderungen zu verwenden oder in der eingereichten Anlage diejenigen Forderungen zu streichen, die bereits im amtlichen Vordruck aufgeführt waren.
3
Dieser Aufforderung kam die Gläubigerin nicht nach. Das Inkassounternehmen teilte mit Schreiben vom 18. Januar 2018 mit, es bleibe dem Gericht unbenommen, die doppelt aufgeführten Forderungen in der Anlage selbst zu streichen.
4
Das Amtsgericht hat den Antrag der Gläubigerin auf Erlass des Pfändungs - und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Landgericht zurückgewiesen.
5
Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Gläubigerin beantragt, den angefochtenen Beschluss des Landgerichts aufzuheben und unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts, ihrem Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses stattzugeben.
6
Nach Eingang der Rechtsbeschwerde hat die Gläubigerin mit dem Schuldner einen Vergleich geschlossen und das Vollstreckungsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Schuldner hat sich der Erledigung angeschlossen und die Vergleichssumme beglichen.

II.

7
Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten war gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
8
Billigem Ermessen entspricht es, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben. Es ist offen, wie das Verfahren hinsichtlich des Antrags der Gläubigerin auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ohne die Erledigung geendet hätte. Es ist - zumal im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht in der Regel davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeut- samen Rechtsfragen zu klären (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juni 2014 - VII ZB 54/13 Rn. 5; Beschluss vom 19. Juli 2011 - IX ZB 216/10 Rn. 6; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08 Rn. 5, NJW-RR 2009, 422). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die vom Landgericht als Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeführte Rechtsfrage zu entscheiden , ob die Gläubigerin die zu pfändenden Forderungen teilweise in die Forderungsaufstellung des amtlichen Vordrucks eintragen und hinsichtlich aller zu pfändenden Forderungen (auch der bereits im Formular aufgeführten Forderungen ) auf eine in einer Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verweisen kann.
Pamp Halfmeier Jurgeleit Graßnack Brenneisen
Vorinstanzen:
AG Brilon, Entscheidung vom 19.01.2018 - 5 M 952/17 -
LG Arnsberg, Entscheidung vom 15.03.2018 - I-5 T 48/18 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

5
Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten insgesamt gegeneinander aufzuheben. Es ist nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung , bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 15. September 2009 - IX ZB 36/08, ZVI 2010, 22 Rn. 3; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422 Rn. 5 m.w.N.). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die Rechtsfrage zu entscheiden, ob die dem Schuldner geleisteten Auslandszulagen gemäß § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar sind. Diese Frage ist höchstrichterlich nicht geklärt. Bei summarischer Prüfung ist der Verfahrensausgang offen. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.
6
a) Billigem Ermessen entspricht es, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben, soweit die Erinnerung des Schuldners den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18. Mai 2009 betrifft. Denn es ist insoweit offen, wie das Verfahren ohne die Erledigung geendet hätte. Es ist - zumal im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht in der Regel davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008, aaO mwN). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst , die vom Landgericht als Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeführte Rechtsfrage zu entscheiden, ob die Vorschrift des § 88 InsO auf Fälle der Anzeige der Masseunzulängichkeit (§ 210 InsO) entsprechend an- wendbar ist (befürwortend HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl., § 210 Rn. 4; BKInsO /Breutigam, § 210 Rn. 3; ablehnend etwa MünchKomm-InsO/Hefermehl, 2. Aufl., § 210 Rn. 13; Uhlenbruck/Berscheid, InsO, 13. Aufl., § 210 Rn. 6; Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 12 Rn. 126). Der Umstand, dass die Gläubigerin durch den Verzicht auf die Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Erledigung des Verfahrens veranlasst hat, rechtfertigt es nicht, ihr mit der Begründung, sie habe sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben, allein die Kosten aufzuerlegen, weil zu den Gründen dieses Verhaltens nichts vorgetragen ist (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Februar 2004 - VI ZR 110/03, MDR 2004, 698; Zöller /Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91a Rn. 25 mwN). Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.
5
Es ist - zumal im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts geht. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2004 - VIII ZR 327/03, WuM 2004, 725; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2006 - II ZR 163/03, AG 2006, 666). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum streitige - vom Landgericht als Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeführte - Rechtsfrage zu entscheiden, ob ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf den Antrag auf Bewilligung oder Verlängerung einer Räumungsfrist nach § 794a ZPO zulässig ist (dafür: LG Aachen, WuM 1996, 568; Musielak/ Lackmann, aaO, § 794a Rdnr. 2; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., Anhang 1 zu §§ 574 bis 574c BGB, § 721 ZPO Rdnr. 77; dagegen: LG Berlin, GE 1991, 403; Zöller/Stöber, aaO, § 794a Rdnr. 7, MünchKommZPO/ Wolfsteiner, 3. Aufl., § 794a Rdnr. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 794a Rdnr. 1). Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben. Ball Wiechers Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles