Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2010 - VI ZB 58/09

bei uns veröffentlicht am02.02.2010
vorgehend
Landgericht Bochum, 6 O 368/07, 18.02.2009
Oberlandesgericht Hamm, 26 U 65/09, 24.07.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 58/09
vom
2. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis nur unterzeichnen und zurückgeben
, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten
und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist.
BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZB 58/09 - OLG Hamm
LG Bochum
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Februar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den
Richter Pauge und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. Juli 2009 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 221.312,00 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines behaupteten ärztlichen Behandlungsfehlers auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 18. Februar 2009 teilweise stattgegeben. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. März 2009 zugestellt worden. Eine vollstreckbare Urteilsausfertigung ist ihm am 24. März 2009 zugestellt worden. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. April 2009, der am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen ist, hat die Klägerin Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 19. Juni 2009, der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 26. Juni 2009 zugestellt worden ist, hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass die Berufungsfrist bereits am 14. April 2009 abgelaufen und die Berufung deshalb verspätet eingelegt worden sei. Daraufhin hat die Klägerin mit einem am 3. Juli 2009 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung u.a. ausgeführt, im Büro ihres Prozessbevollmächtigten gebe es die Anweisung, dass dann, wenn ein Urteil mit dem unterzeichneten Empfangsbekenntnis in das Sekretariat zurückgelange, die (Berufungs -)Fristen zu berechnen und im Fristenkalender sowie auf dem Urteil zu notieren seien. Hier liege der Fehler darin, dass nach der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses zwar dieses, nicht aber das Urteil selbst zur Akte gelangt sei, was sich trotz höchster Sorgfalt nicht habe vermeiden lassen.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin müsse sich die von ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldete Fristversäumung zurechnen lassen. Dieser habe den gebotenen Sorgfaltsanforderungen nicht genügt, weil er das Empfangsbekenntnis unterzeichnet habe, ohne selbst das Datum der Zustellung auf dem Urteil zu vermerken, eine Wiedervorlagefrist zu bestimmen und die Fristnotierung sicherzustellen. Zudem habe er es pflichtwidrig versäumt , anlässlich der Zustellung der vollstreckbaren Urteilsausfertigung zu prüfen , ob die (Berufungs-)Fristen richtig erfasst und festgehalten waren.
3
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

4
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die hier maßgeblichen Rechtsfragen durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geklärt sind und das Berufungsgericht hiernach im Ergebnis zutreffend entschieden hat.
5
2. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin mit Recht zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Berufungsfrist nicht unverschuldet versäumt. Das Versäumnis beruht auf einem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das sie sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
6
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung nur unterzeichnen und zurückgeben, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschlüsse vom 26. März 1996 - VI ZB 1/96 und VI ZB 2/96 - VersR 1996, 1390 und vom 12. Januar 2010 - VI ZB 64/09 - z.V.b.; BGH, Beschluss vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Bescheinigt der Rechtsanwalt den Empfang eines ohne Handakten vorgelegten Urteils, so erhöht sich damit die Gefahr, dass die Fristnotierung unterbleibt und dies erst nach Fristablauf bemerkt wird. Um dieses Risiko auszuschließen, muss der Anwalt, falls er nicht selbst unverzüglich die notwendigen Eintragungen in der Handakte und im Fristenkalender vornimmt, durch eine besondere Einzelanweisung die erforderlichen Eintragungen veranlassen. Auf allgemeine Anordnungen darf er sich in einem solchen Fall nicht verlassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1992 - XII ZR 268/91 - VersR 1992, 1536; vom 16. September 1993 - VII ZB 20/93 - VersR 1994, 371 und vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - aaO). Weist er seine Bürokraft im Einzelfall mündlich an, die Rechtsmittelfrist einzutragen, müssen ausreichende organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sein, dass diese Anweisung nicht in Vergessenheit gerät (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - VersR 2003, 792, 793 und vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - VersR 2005, 94, 95; BGH, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - BGHR ZPO § 233 [Empfangsbekenntnis 6] und vom 27. September 2007 - IX ZA 14/07 - AnwBl 2008, 71).
7
Durch welche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gewährleistet ist, dass bei Urteilszustellungen nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch Rechtsanwalt H. die Eintragung der Berufungsfrist erfolgt und nicht in Vergessenheit gerät , zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Sie macht auch nicht geltend, dass Rechtsanwalt H. am 13. März 2009 eine Einzelanweisung zur Fristnotierung erteilt habe und die Ausführung einer solchen Anweisung durch allgemeine organisatorische Maßnahmen sichergestellt gewesen sei. Mithin hat Rechtsanwalt H. die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt, als er am 13. März 2009 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne ausreichende Vorkehrungen für die Notierung der Rechtsmittelfrist getroffen zu haben.
8
Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob Rechtsanwalt H. auch im Rahmen der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des erstinstanzlichen Urteils eine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen ist.
9
3. Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.
10
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 18.02.2009 - 6 O 368/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 24.07.2009 - I-26 U 65/09 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2010 - VI ZB 58/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2010 - VI ZB 58/09

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2010 - VI ZB 58/09 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2010 - VI ZB 58/09 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2010 - VI ZB 58/09 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2003 - VI ZB 50/03

bei uns veröffentlicht am 04.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 50/03 vom 4. November 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fb a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß eine mündliche Ei

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2010 - VI ZB 64/09

bei uns veröffentlicht am 12.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 64/09 vom 12. Januar 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 Fc, Fd Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis nur unterzeichnen und zurückgeben , wen

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2002 - VI ZR 419/01

bei uns veröffentlicht am 17.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 419/01 vom 17. September 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO § 212 a a.F., § 233 Fb, Fd Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung unterzeichnet und zurüc

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2002 - VI ZR 399/01

bei uns veröffentlicht am 05.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 399/01 vom 5. November 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung unterzeichnet und zurückgegeb

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2007 - IX ZA 14/07

bei uns veröffentlicht am 27.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZA 14/07 vom 27. September 2007 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Cierniak und Dr. Fischer am 27. September 2007 beschloss
10 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Feb. 2010 - VI ZB 58/09.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2013 - XI ZB 20/12

bei uns veröffentlicht am 09.07.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZB 20/12 vom 9. Juli 2013 in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter Dr. Ellenberger, Maihold, Pamp und die Richterin Dr. M

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Sept. 2019 - IX ZB 13/19

bei uns veröffentlicht am 12.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 13/19 vom 12. September 2019 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fb, Fc, Fd a) Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis für eine Urteilszustellung erst unte

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2011 - VI ZB 4/11

bei uns veröffentlicht am 03.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 4/11 vom 3. Mai 2011 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Mai 2011 durch den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, die Richter Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz besc

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2013 - 4 StR 336/13

bei uns veröffentlicht am 28.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 336/13 vom 28. August 2013 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hier: Nebenklägerin C. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts un

Referenzen

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 64/09
vom
12. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis nur unterzeichnen und zurückgeben
, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten
und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2010 - VI ZB 64/09 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den
Richter Pauge und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. August 2009 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 25.200 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schmerzensgeld in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 15.000 € nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Urteil des Landgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Juni 2009 zugestellt. Das anwaltliche Empfangsbekenntnis gelangte am 26. Juni 2009 an das Landgericht zurück. Am 30. Juli 2009 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom selben Tage Berufung ein und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen. Er hat hierzu vorgetragen, das Urteil des Landgerichts sei am 24. Juni 2009 eingegangen und mit dem Eingangsstempel versehen worden. Die Eintragung der Berufungsfrist sei wegen der Abwesenheit des die Sache bearbeitenden Rechtsanwalts bis Freitag, den 26. Juni 2009, zurückgestellt worden. Am 26. Juni 2009 habe der Sachbearbeiter die Weisung erteilt, die Berufungsfrist einzutragen. Die Bürovorsteherin F., die seit über zwei Jahren in der Kanzlei ohne Beanstandungen tätig sei, habe fälschlicherweise die Frist nicht nach dem Datum des Eingangsstempels (24.6.2009), sondern nach dem Datum der Anfrage beim Sachbearbeiter (26.6.2009) berechnet und ins Fristenbuch eingetragen. Da das Ende der Frist danach am Sonntag, dem 26. Juli 2009, gewesen wäre, habe Frau F. den Ablauf auf den darauf folgenden Montag, den 27. Juli 2009, notiert. Bei Erstellung der Berufungsschrift sei die Verfristung dem Sachbearbeiter erst aufgefallen.
2
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

3
1. Das Berufungsgericht meint, die Klägerin müsse sich die schuldhafte Fristversäumnis ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Weisungen des Anwalts, die gewährleisteten, dass die zur Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen würden, könnten nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten und den eidesstattlichen Versicherungen des Rechtsanwalts und der Rechtsanwaltsfachangestellten nicht festgestellt werden. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragene Verfahrensweise habe das Risiko einer Fristversäumung in sich getragen, da der zusammengehörende einheitliche Vorgang der Fristenberechnung, Fristnotierung und Fristeintragung sofort nach Eingang des Urteils durch die zunächst vorgenommene Vorlage der Akten an den Rechtsanwalt unterbrochen worden sei. Das berge die Gefahr von Fehlern, Versehen oder Irrtümern in sich, vor allem dann, wenn sich die Rückgabe des Schriftstückes vom Anwalt an das Büropersonal verzögere oder die zuständige Angestellte durch Überlastung beeinträchtigt werde.
4
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 20. August 2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 18. September 2009 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist rechtzeitig begründet.

III.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO), weil die hier maßgeblichen Rechtsfragen durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geklärt sind und das Berufungsgericht hiernach im Ergebnis zutreffend entschieden hat.
6
2. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin mit Recht zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Berufungsfrist nicht unverschuldet versäumt. Das Versäumnis beruht auf einem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das sie sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
7
a) Zwar trifft zu, worauf die Rechtsbeschwerde hinweist, dass es auf die allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen in einer Rechtsanwaltskanzlei für die Fristwahrung nicht entscheidend ankommt, wenn der Rechtsanwalt von ih- nen abweicht und stattdessen eine genaue Anweisung für den konkreten Fall erteilt, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - V ZB 191/08 - NJW 2009, 3036; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 369; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823). In einem solchen Fall ist für die Fristversäumnis nicht die Büroorganisation , sondern der Fehler des Mitarbeiters ursächlich, weil ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die einem zuverlässigen Mitarbeiter erteilte Einzelanweisung befolgt wird (Senat, Beschluss vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - NJW-RR 2004, 1361, 1362 und vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - NJW 2004, 688, 689; BGH, Beschlüsse vom 13. September 2006 - XII ZB 103/06 - NJW-RR 2007, 127, 128). Jedoch kann eine konkrete Einzelanweisung den Rechtsanwalt dann nicht von einer unzureichenden Büroorganisation entlasten, wenn diese die bestehende Organisation nicht außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten, die bestimmt sind, der Fristversäumnis entgegenzuwirken , dieses infolge eines Organisationsmangels aber nicht bewirken (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juni 2009 - V ZB 191/08 - aaO, Rn. 9 und vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - aaO). So liegt der Fall hier.
8
b) Die Darstellung in dem Wiedereinsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin belegt, dass die allgemeinen Organisationsregeln in der Kanzlei ihre Bedeutung durch die Einzelanweisung nicht verloren hatten. Darin wird die Fristversäumnis darauf zurückgeführt, dass sich die Bürovorsteherin F. am Datum der Anfrage bei dem die Sache bearbeitenden Rechtsanwalt , ob die Berufungsfrist eingetragen werden solle, orientiert habe, anstatt am Datum des Eingangsstempels. Diese Vorgehensweise lässt außer Acht, dass der Zeitpunkt der Zustellung eines Schriftstücks nicht zuverlässig anhand des Eingangsstempels ermittelt werden kann.
9
aa) Zur Bestimmung des Beginns einer Rechtsmittelfrist ist es erforderlich , das dafür maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - VersR 2003, 1459, 1460 m.w.N.). Im Falle der Zustellung eines Schriftstücks an den Prozessbevollmächtigten der Partei nach § 174 ZPO kommt es für den Fristbeginn darauf an, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat. Dementsprechend musste auch dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin bekannt sein, dass nicht der Eingangsstempel, sondern allein das Datum, unter dem das Empfangsbekenntnis unterzeichnet worden war, für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebend ist (Senat, Beschluss vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969; BGH, Beschluss vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119). Deshalb bedarf es eines besonderen Vermerks in den Handakten, wann die Zustellung des Urteils erfolgt ist. Diesen Vermerk vermag der Eingangsstempel des Anwaltsbüros auf dem zugestellten Urteil nicht zu ersetzen, weil er nur den Eingang des Dokuments in der Kanzlei bestätigt, nicht jedoch die für eine Zustellung gemäß § 174 ZPO erforderliche und für den Fristbeginn maßgebliche Entgegennahme durch den Rechtsanwalt (vgl. Senat, Beschluss vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - aaO). Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, dass das Datum des Eingangsstempels nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat. Wird ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sein, dass der mündliche Hinweis ordnungsgemäß umgesetzt wird. Um zu gewährleisten, dass ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung nur unterzeichnen und zurückgeben , wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senat, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - aaO und vom 26. März 1996 - VI ZB 1/96 und VI ZR 2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; BGH, Beschluss vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.).
10
bb) Diese Sorgfaltsanforderungen erfüllte die in der Kanzlei des Rechtsanwalts der Klägerin geübte Fristenkontrolle nicht. Das Empfangsbekenntnis wurde vielmehr am 24. Juni 2009 unterzeichnet und an das Landgericht zurückgegeben , wo es am 26. Juni 2009 einging, ohne die Notierung der Rechtsmittelfrist , die erst am 26. Juni 2009 erfolgte, sicherzustellen. Ob und ggf. auf welche Weise im Büro des Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Es fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. Senat, Beschluss vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - aaO; BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574). Ein Anlass, in besonderer Weise sicherzustellen, dass die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte , bestand im Übrigen aufgrund der mit der ausdrücklichen Anweisung des Rechtsanwalts vom üblichen Ablauf abweichenden Handhabung.
11
cc) Das Versäumnis des anwaltlichen Vertreters der Klägerin war für die Versäumung der Berufungsfrist auch ursächlich. Wäre das Empfangsbekenntnis an das Landgericht erst nach Anfertigung des Vermerks über das Datum der Unterzeichnung und Festhaltung der Rechtsmittelfrist in den Handakten und im Fristenkalender zurückgesandt worden, ist davon auszugehen, dass die Berufung rechtzeitig eingelegt worden wäre.
12
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 18.06.2009 - 3 O 376/08 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.08.2009 - 1 U 138/09 -

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 419/01
vom
17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 212 a a.F., § 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sind, daß die Anweisung
in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt.
BGH, Beschl. vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2002 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 42.033,54

Gründe:


I.


Der Kläger, der Alleinerbe seiner am 28. Dezember 1995 verstorbenen Ehefrau ist, hatte von den Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz und ein Schmerzensgeld wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung seiner Ehefrau begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist seinem zweitinstanzlichen Prozeßbevoll-
mächtigten am 31. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 21. November 2001 erteilte dieser den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision einzulegen. Der Auftrag ging am 22. November 2001 zusammen mit einer Kopie der (zweiten) Ausfertigung des Berufungsurteils, die einen Eingangsstempel vom 9. November 2001 aufwies, bei der Revisionsanwältin ein. Die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 ging am selben Tage beim Bundesgerichtshof ein. Die Senatsvorsitzende verlängerte antragsgemäß die Frist zur Revisionsbegründung bis zum 8. Mai 2002. Nach Eingang der Revisionsbegründung am 17. April 2002 wies der Berichterstatter mit Verfügung vom 26. Juni 2002, der Revisionsanwältin zugegangen am 27. Juni 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 31. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 begehrt der Kläger unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 und die Revisionsbegründung vom 9. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Die Revisionsanwältin habe aufgrund der eingereichten Unterlagen keinen Anlaß zu Zweifeln an der richtigen Berechnung der Revisionsfrist gehabt. Im Büro des Berufungsanwalts sei dessen für ihn als Angestellte tätige Ehefrau mit der Kontrolle und Überwachung der Frist beauftragt gewesen. Nach Zustellung des Berufungsurteils habe er seine Ehefrau angewiesen , die Revisionsfrist im Terminkalender zu notieren. Versehentlich habe seine Ehefrau weder die Rechtsmittelfrist noch eine Vorfrist eingetragen und auch keinen Vermerk in die Handakte aufgenommen. Die Urteilsausfertigung habe sie im Original an den Kläger weitergeleitet, ohne für die Akte eine Kopie zu fertigen. Als am 9. November 2001 eine zweite Ausfertigung des Berufungsurteils eingegangen sei, habe die Ehefrau des Berufungsanwalts von sich aus die Revisionsfrist für den 10. Dezember 2001 und die Vorfrist auf den 3. Dezember 2001 eingetragen. Der Berufungsanwalt selbst habe diesen
Posteingang nicht weiter beachtet, weil diese (zweite) Urteilsausfertigung ohne Empfangsbekenntnis eingegangen sei. Er habe sich an den im Terminkalender fehlerhaft eingetragenen Fristen orientiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F., vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO i.d.F. von Art. 3 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 - BGBl. I S. 1887). Sie ist erst am 6. Dezember 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 31. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Daran fehlt es hier. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Kläger selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil der mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwältin nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, seine Anweisung, den Fristablauf im
Terminkalender und in der Handakte einzutragen, sei richtig ausgeführt worden. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 31. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben. Ihn trifft ein Organisationsverschulden , weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Ausführung der Anweisung unterblieb. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, daß die Anweisung hier in mündlicher Form erfolgt ist. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter
Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Zwar braucht ein Rechts- anwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (BAGE 78, 184, 186). Das Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO). Dieser bleibt nicht deswegen folgenlos, weil der Berufungsanwalt hier eine Einzelanweisung erteilt hat, deren Befolgung die durch das Organisationsverschulden geschaffene Gefahrenlage noch rechtzeitig beseitigt hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782, 783). Soweit der Bundesgerichtshof an anderer Stelle (vgl. Beschlüsse vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360, 1361 und vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823) ausgeführt hat, auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts komme es nicht an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden seien, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, lagen diesen Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Sein Datum braucht, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinzustimmen , unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F.
unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.).
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich , denn wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/03
vom
4. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen
sein, daß eine mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät
und die Fristeintragung deshalb unterbleibt.

b) Werden die (gegen das Vergessen einer lediglich mündlichen Anweisung) getroffenen
organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgetragen und glaubhaft gemacht
, ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2
ZPO) zu vermuten und der Antrag zurückzuweisen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - LG Saarbrücken
AG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer A des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.565,74

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2003 die Klage abgewiesen. Die Berufungsfrist lief am 30. Mai 2003 ab. Die Berufung des Klägers ist am 17. Juni 2003 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er habe am 13. Mai 2003 seine Prozeßbevollmächtigten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt. Der die Sache bearbeitende Assessor T. habe die Unterlagen zur Neuanlage der Akte, Notierung der Berufungsfrist auf den 30. Mai 2003 und der Berufungsbegründungsfrist auf den 30. Juni 2003 an die Fachangestellte C. verfügt. Bei einer
routinemäßigen Durchsicht der Akte zur Vorbereitung der Berufungsbegründung am 13. Juni 2003 habe T. festgestellt, daß die Berufung nicht eingelegt war und die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Terminbuch nicht eingetragen gewesen seien. Auf Frage habe die Mitarbeiterin C. mitgeteilt, sie habe trotz entsprechender Weisung versäumt, die Fristen einzutragen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Juli 2003 die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Form der Fristenkalender bei seinen Prozeßbevollmächtigten geführt werde, ob hier eine Wiedervorlagefrist verfügt und ob der Zustellungstag in der Handakte vermerkt worden sei. Eine Überprüfung, ob die Fristeneintragung und -überwachung ausreichend organisiert gewesen sei, sei nicht möglich. Von einem fehlenden Verschulden des zweitinstanzlichen Anwalts an der Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Gegen den ihm am 18. Juli 2003 zugestellten Beschluß des Landgerichts hat der Kläger am 12. August 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 18. September 2003 begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Ansicht des Klägers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erforderlich.
1. Eine Divergenz (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – NJW-RR 2003, 1366; BGHZ 151, 221, 225 f.) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – aaO; BGHZ aaO). Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144, 1146, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - aaO) beeinträchtigt. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß nach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten, also offenkundig sein; ferner muß die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen (vgl. BGHZ aaO und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO). Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen klar zutage tretenden Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
a) Dies gilt insbesondere, soweit das Berufungsgericht Angaben zur allgemeinen Organisation und Fristenkontrolle vermißt, obwohl der Kläger eine
Einzelanweisung seines Berufungsanwalts im konkreten Fall zur Fristeintragung vorgetragen hat, die von der Fachangestellten versehentlich nicht berücksichtigt worden sei. Die Rechtsbeschwerde verkennt die für einen solchen Fall in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. aa) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels setzt voraus, daß die Berufungsschrift rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - VersR 2002, 380, 381). Dabei setzt eine wirksame Fristenkontrolle voraus, daß Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, daß sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 2000 - XII ZB 93/00 - VersR 2001, 607, 608). Ferner obliegt dem Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, daß fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Er hat sicherzustellen , daß eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der Schriftsatz abgesandt oder zumindest postfertig gemacht ist (vgl. BGH, Beschluß vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 - VersR 2000, 1564). Daß die Organisation der Fristenkontrolle im Büro seines Prozeßbevollmächtigten diesen Anforderungen genügt hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsfehler ein
Verschulden des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten für nicht ausgeschlossen erachtet und dementsprechend den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95 - VersR 1996, 256, 257 und vom 9. Juni 1994 - I ZB 5/94 - VersR 1995, 72, 73). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, vorliegend komme es auf die allgemeine Organisation der Fristenkontrolle im Büro der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht an, weil die Fachangestellte eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung zur Fristeintragung versehentlich nicht befolgt habe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers hierzu nicht übergangen und nicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Allerdings braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - VersR 1992, 764, 765). Im allgemeinen kann er ferner darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186). In der Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO).

b) Aus demselben Grund ist auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen. Der Rechtsbeschwerde kann nicht darin gefolgt werden, daß auch bei Beachtung der erforderlichen Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten nicht vermieden worden wäre. Sie verkennt, daß es nicht darum geht, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muß vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre durch eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden, beispielsweise in Form der vom Berufungsgericht vermißten Wiedervorlageanweisung, wozu selbstverständlich auch deren Vermerk gehört, oder durch einen deutlich sichtbaren Vermerk auf der Handakte, wenn dessen Bearbeitung durch eine weitere Person sichergestellt worden wäre.
c) Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich einer auf den konkreten Fall bezogenen Einzelanweisung verstoßen hätte. Die hierzu aufgestellten Grundsätze (etwa zum Vertrauen auf die Ausführung durch eine bisher zuverlässige Büroangestellte - vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1998 - VIII ZB 1/98 - NJW-RR 1998, 932) betrafen die Übermittlung eines Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht oder eine eigenmächtige Berechnung der
Rechtsmittelfrist trotz anderweitigem Vermerk auf einem Handzettel (vgl. BGH, Beschluß vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - VersR 2002, 211 f.). Hier dagegen geht es um die unterlassene Ausführung einer lediglich mündlich erteilten Anweisung über die Eintragung einer Rechtsmittelfrist, die schon aufgrund allgemeiner Anweisung hätte sichergestellt werden müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 399/01
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß eine korrekte
Fristeintragung erfolgt.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederich-
sen sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Antrag des Beklagten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten zu 3) gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. September 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 3) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 189.015, 66 DM)

Gründe:

I.


Das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (zukünftig : Beklagter) am 15. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 19. November 2001 erteilte der Beklagte den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, das am 17. Oktober 2001 zugestellt worden sei, Revision einzulegen. Am selben Tage ging die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof ein. Nach Eingang der Revisionsbegründung wies der Berichterstatter mit Ver-
fügung vom 17. Juli 2002, dem Revisionsanwalt zugegangen am 19. Juli 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 2. August 2002 begehrt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Zur Begründung führt er aus: Am 15. Oktober 2001 sei das Berufungsurteil im Büro des Berufungsanwalts eingegangen. Mit der Behandlung des Posteingangs, der Führung des Terminkalenders und der Fristenkontrolle sei zu jener Zeit die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte S. betraut gewesen. Diese habe am selben Tag das Urteil nebst Empfangsbekenntnis dem Berufungsanwalt vorgelegt. Dieser habe das mit dem Datum des 15. Oktober 2001 vorbereitete Empfangsbekenntnis unterschrieben, mit ihr das weitere Vorgehen besprochen und insbesondere darauf hingewiesen, daß die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren sei. Frau S. habe allerdings versehentlich nicht auch das Urteil mit dem Eingangsstempel 15. Oktober 2001 abgestempelt. Sie führe dies darauf zurück, daß sie es dem Berufungsanwalt aufgrund einer ausdrücklichen Weisung sofort vorgelegt habe, ohne - wie sonst üblich - sämtlichen Posteingang komplett abzustempeln. Nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Berufungsanwalt habe sie dieses vom Urteil entfernt und zum Postausgang für das Berufungsgericht gereicht, ohne nochmals zu überprüfen, ob auch das Urteil einen Eingangsstempel enthielt. Frau S. habe die Sache dann am 17. Oktober 2001 bearbeitet und das Urteil mit diesem aktuellen Tagesstempel versehen. Ausgehend von diesem Zustellungsdatum habe sie die Revisionsfrist auf Montag, den 19. November
2001 berechnet und in dem Schreiben an den eingeschalteten Korrespondenzanwalt mitgeteilt. Diese Mitteilung habe der Berufungsanwalt erst unterschrie- ben, nachdem ihm Frau S. auf Nachfrage bestätigt habe, daß der Eingangsstempel des Urteils den 17. Oktober 2001 ausweise und die Frist am Montag, dem 19. November 2001, ende. Am Nachmittag des 17. Oktober 2001 sei ihr der falsche Eingangsstempel aufgefallen. Sie habe das Datum dann aber - vermutlich wegen eines Migräneanfalls - lediglich in der Akte korrigiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F.). Sie ist erst am 19. November 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 15. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Beklagten nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Dies ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Beklagte selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil dem mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwalt nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, sein mündlicher Hinweis an Frau S. beim
Unterschreiben des Empfangsbekenntnisses, die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren, sei richtig ausgeführt worden, und das Datum des Eingangsstempels auf dem Berufungsurteil stimme - gemäß der Antwort bei der Nachfrage am 17. Oktober 2001 - mit dem Datum der Urteilszustellung überein. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 15. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben.
Zwar braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - zur Veröffentlichung bestimmt; BAGE 78, 184, 186). Den Berufungsanwalt des Beklagten trifft ein Organisationsverschulden, weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Umsetzung seines mündlichen Hinweises unterblieb. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden wöchentlich stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Auch fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, aaO). Im übrigen erfolgte hier aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Berufungsanwalts eine vom üblichen Ablauf abweichende Handhabung. Dies gab in besonderer Weise Anlaß sicherzustellen , daß die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, daß dieses Datum nicht mit dem allein
maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F. unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.). Demgemäß liegt ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Berufungsanwalts der Beklagten darin, daß er am 17. Oktober 2001 zwar nach der Übereinstimmung zwischen dem Eingangsstempel auf dem Urteil und der Mitteilung des Ablaufs der Revisionsfrist an den Korrespondenzanwalt fragte, jedoch nicht nachprüfte, ob die Mitteilung mit dem - für die Fristwahrung ausschlaggebenden Empfangsbekenntnis – übereinstimmte.
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich. Wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 14/07
vom
27. September 2007
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Cierniak und Dr. Fischer
am 27. September 2007

beschlossen:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einlegungs- und Begründungsfrist für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Wiedereinsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.

Gründe:


I.


1
Die Berufung des Beklagten/Antragstellers ist durch Urteil des Oberlandesgerichts zurückgewiesen worden. Das Urteil ist seinem Prozessbevollmächtigten am 13. März 2007 zugestellt worden.
2
Mit einem am 23. Mai 2007 bei dem erkennenden Senat eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller beantragt, ihm wegen der Versäumung der Einlegungs - und Begründungsfrist für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen. Zugleich hat er beantragt, ihm für das Verfahren auf Wiedereinsetzung Prozesskostenhilfe zu gewähren.
3
Den Wiedereinsetzungsantrag hat er wie folgt begründet: "Der Beklagtenvertreter … hat aufgrund eines Versehens seines Büros erst am 09.05.2007 festgestellt, dass die Fristen hinsichtlich einer Nichtzulassungsbeschwerde … im EDV-gestützten Fristenkalender nicht aufgenommen und damit nicht ausgedruckt worden sind. Dadurch kam es nicht zu der routinemäßigen Wiedervorlage, obwohl dahingehend seitens des bearbeitenden Rechtsanwalts schriftlich verfügt worden war. Das Urteil wurde daher nicht dem Mandanten zugeleitet, obwohl es eine allgemeine Anweisung gibt, alle Unterlagen an die Mandanten zuzuschicken."
4
Einen ausdrücklichen Antrag auf Zulassung der Revision hat der Antragsteller nicht gestellt. In der Begründung der Antragsschrift heißt es allerdings : "Der Antrag auf Zulassung der Revision ist für den Fall der Wiedereinsetzung auch begründet …"

II.


5
Wiedereinsetzungsantrag Der ist möglicherweise unzulässig. Gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist nachzuholen. Einen Antrag auf Zulassung der Revision hat der Antragsteller jedenfalls nicht ausdrücklich gestellt. Ob die Ausführungen in der Begründung dahin ausgelegt werden können, es habe bereits der Antrag auf Zulassung der Revision gestellt sein sollen, oder nur als Ankündigung für den Fall der Gewährung der Wiedereinsetzung verstanden werden können, ist zweifelhaft. Dies kann jedoch dahinstehen.

III.


6
Jedenfalls ist der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet. Nach den §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO hätte dem Beklagten/Antragsteller nur dann Wiedereinsetzung gewährt werden können, wenn seinen Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung kein Verschulden träfe. Dies ist indessen nicht der Fall.
7
1. Nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers sind im Büro seines Prozessbevollmächtigten mindestens drei Fehler begangen worden:
8
Erstens sind die Fristen für die Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde - ein Monat bzw. zwei Monate nach Zustellung des Berufungsurteils (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 ZPO) - nicht im Fristenkalender eingetragen worden. Zweitens ist die angeblich schriftlich verfügte Wiedervorlage nicht ausgeführt worden, und drittens ist das Urteil entgegen einer angeblich bestehenden allgemeinen Anweisung nicht dem Mandanten zugeleitet worden.
In Ermangelung entsprechenden Vortrags muss davon ausgegangen werden, dass die drei Fehler unabhängig voneinander begangen worden sind. Dass es auch an einer Glaubhaftmachung fehlt, weil die Anlagen dem Wiedereinsetzungsschriftsatz nicht beigefügt waren, ist deshalb nicht entscheidungserheblich.
9
Nach 2. ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft überlassen. Er hat jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden (BGH, Beschl. v. 5. November 2003 - XII ZR 140/02, BGHR ZPO § 233 - Fristberechnung 5 m.w.N.). Dazu fehlt jeder Vortrag.
10
Im Übrigen darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91, BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle 22; v. 30. November 1994 - XII ZB 197/94, BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1; v. 17. September 2002 - VI ZR 419/01, BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 5; v. 5. November 2003 aaO). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers verletzt, als er am 13. März 2007 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben. Sollte er seinerzeit - was aber nicht dargelegt ist - seine Bürokraft mündlich angewiesen haben, die Rechtsmittelfrist einzutragen, müssen ausreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen sein, dass die Anweisung nicht in Vergessenheit gerät (BGH, Beschl. v. 17. September 2002 aaO; v.
5. November 2002 - VI ZR 399/01, BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 6; v. 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688, 689). Dazu ist nichts vorgetragen.
11
angeblich Die schriftlich angeordnete - aber ebenfalls nicht befolgte - Verfügung der Wiedervorlage der Handakte reichte nicht aus. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen so notiert werden müssen, dass sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen deutlich abheben (BGH, Urt. v. 21. Dezember 1988 - VIII ZR 84/88, NJW 1989, 2393, 2394 m.w.N.; v. 29. Juli 2004 - III ZB 27/04, BGH-Report 2005, 44, 45). Hier kann nicht einmal angenommen werden, dass die Wiedervorlage rechtzeitig zur Entdeckung der fehlenden Eintragung im Fristenkalender geführt hätte. Weder hat der Antragsteller vorgetragen, für welchen Zeitpunkt die Wiedervorlage angeordnet, noch dass die Rechtsmittelfrist auf den Handakten notiert worden ist.

12
Besonderheiten Die eines elektronisch unterstützten Fristenkalenders (vgl. dazu etwa BGH, Beschl. v. 23. März 1995 - VII ZB 3/95, BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle 43; v. 10. Oktober 1996 - VII ZB 31/95, BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle 52; v. 12. Oktober 1998 - II ZB 11/98, BGHR ZPO § 233 - Fristenkontrolle 63; v. 12. Dezember 2005 - II ZB 33/04, BGH-Report 2006, 449) haben sich nicht ausgewirkt, weil die Frist gar nicht erst in den Kalender eingegeben worden ist.
Ganter Kayser Gehrlein
Cierniak Fischer
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 05.01.2006 - 3 O 235/05 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 08.03.2007 - 2 U 155/06 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)