Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2004 - VI ZB 33/03

bei uns veröffentlicht am27.01.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 33/03
vom
27. Januar 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat die allgemeine Zivilabteilung den "Antrag" auf Abgabe an das Familiengericht
desselben Amtsgerichts abgelehnt, so ist dieser Beschluß unanfechtbar. Die vom
Beschwerdegericht gleichwohl zugelassene Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
BGH, Beschluß vom 27. Januar 2004 - VI ZB 33/03 - LG Frankfurt/Main
AG Frankfurt/Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen
sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 9. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2003 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 125

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz, weil diese ihn am Umgangsrecht mit seinen Kindern gehindert und ihn dabei verletzt habe. Er hat Klage beim Amtsgericht erhoben. Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2002 stellte er den Antrag auf Verweisung an das Familiengericht. Diesen Antrag wies die allgemeine Zivilabteilung mit Beschluß vom 20. November 2002 zurück, da es sich nicht um eine familienrechtliche Angelegenheit handele. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß als unzulässig verworfen, weil dieser gemäß § 281 ZPO unanfechtbar sei. Die
Unanfechtbarkeit folge zwar nicht unmittelbar aus dieser Vorschrift, weil sich aus ihrem Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck ergebe, daß sie nur den Verweisungsbeschluß meine, der die Unzuständigkeit ausspreche und das zuständige Gericht bezeichne. Die Unanfechtbarkeit ergebe sich aber aus dem allgemeinen Gesichtspunkt, daß es im Falle der Nichtverweisung durch Beschluß an einer rechtsmittelfähigen Entscheidung fehle. Maßnahmen des Gerichts , die der endgültigen Entscheidung vorausgingen und den allgemeinen Verfahrensgang beträfen, seien nämlich nicht selbständig anfechtbar. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Verweisung an das Familiengericht weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist trotz der Zulassung durch das Beschwerdegericht unzulässig. 1. Nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist zwar grundsätzlich gegen einen Beschluß die Rechtsbeschwerde statthaft, falls das Beschwerdegericht sie in dem Beschluß zugelassen hat. Trotz des weit gefaßten Gesetzeswortlauts gilt dies aber nicht für alle derartigen Beschlüsse. Eine Rechtsbeschwerde ist vielmehr unzulässig, wenn das Gesetz eine Anfechtung der Entscheidung ausschließt. In diesem Fall bleibt sie auch bei irriger Rechtsmittelzulassung unanfechtbar. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nämlich nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl. Senatsbeschluß vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - NJW 2003, 211; BGH, Beschlüsse vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - VersR 2003, 482, 483; vom 1. Oktober
2002 - IX ZB 271/02 - NJW 2003, 70; vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - WRP 2003, 895). So verhält es sich hier. 2. Die Unanfechtbarkeit folgt allerdings entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht aus § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Zwar ist ein auf Grund des § 281 ZPO ergangener Beschluß nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum auch dann grundsätzlich unanfechtbar, wenn der Antrag auf Verweisung abgelehnt wird, wobei dies teilweise aus dem Wortlaut des § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO, teilweise aus allgemeinen Grundsätzen abgeleitet wird (vgl. OLG Oldenburg MDR 1992, 518; Baumbach /Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 281 Rdn. 27; MünchKommZPO /Prütting, 2. Aufl., § 281 Rdn. 41; Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 281 Rdn. 11; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 281 Rdn. 22b; Thomas /Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 281 Rdn. 11; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 281 Rdn. 14). § 281 ZPO findet aber nur Anwendung, wenn es um die Klärung der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit zwischen verschiedenen Gerichten geht. Demgegenüber geht es hier um die Frage, ob eine allgemeine Zivilabteilung eines Amtsgerichts ein Verfahren an das Familiengericht desselben Amtsgerichts "verweisen" muß. Hierbei handelt es sich um eine eventuelle Abgabe an einen anderen Spruchkörper innerhalb desselben Gerichts , auf die § 281 ZPO keine Anwendung findet (vgl. BGHZ 71, 264, 266 ff. und BGH, Beschluß vom 14. Juli 1993 - XII ARZ 16/93 - NJW-RR 1993, 1282). 3. Eine Anfechtung der erstinstanzlichen Entscheidung und damit auch des diese Entscheidung bestätigenden zweitinstanzlichen Beschlusses war aber ausgeschlossen, weil eine Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts nicht gemäß § 567 Abs. 1 ZPO statthaft war. Die sofortige Beschwerde
war nämlich weder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) noch handelte es sich um eine Entscheidung, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch im Sinne des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückgewiesen worden ist. Dies folgt daraus, daß die Entscheidung darüber, ob eine Sache an das Familiengericht desselben Gerichts abzugeben ist, von Amts wegen zu treffen ist, selbst wenn mit ihr zugleich ein "Gesuch" der Partei ablehnend beschieden wird. In diesem Fall ist eine Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht statthaft (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 62. Aufl., § 567 Rdn. 4; MünchKommZPO/Aktualisierungsbd./Lipp, 2. Aufl., § 567 Rdn. 10; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 567 Rdn. 14; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rdn. 15 ; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, 15. Aufl., § 147 III 4a je m.w.N.). Da es sich hier lediglich um die eventuelle Abgabe an das Familiengericht innerhalb desselben Gerichts handelt, geht es um die in einem solchen Fall unmittelbar in § 621 ZPO geregelte Geschäftsverteilung zwischen einer Zivilabteilung und dem Familiengericht innerhalb des Amtsgerichts. Die Geschäftsverteilung ist jedoch von dem Spruchkörper bei Eingang einer neuen Sache stets von Amts wegen zu beachten und zu prüfen. Wenn sich der mit der Angelegenheit befaßte Spruchkörper nach der Geschäftsverteilung nicht für zuständig hält, hat er das Verfahren von Amts wegen an den zuständigen Spruchkörper abzugeben, anderenfalls die Sachbearbeitung aufzunehmen. "Anträge" oder besser "Anregungen " der Parteien sind dafür nicht erforderlich und haben auch keine verfahrensgestaltende Funktion. Deshalb ist eine Beschwerde nach § 567 ZPO gegen die von Amts wegen zu treffende Entscheidung des Spruchkörpers nicht statthaft, zumal anderenfalls eine Partei durch einen „Antrag“ die gesamte Amtstätigkeit des Gerichts der Beschwerde zugänglich machen könnte. Dies eröffnete nicht erwünschte Möglichkeiten zur Verfahrensverzögerung und entspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 567
ZPO. Es muß daher bei dem allgemeinen Grundsatz verbleiben, dass Maßnahmen des Gerichts, die der Sachentscheidung vorausgehen, grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar sind. Bei der hier zu entscheidenden Frage hinsichtlich der Zuständigkeit innerhalb des Gerichts entspricht dies im übrigen auch der in den §§ 281 Abs. 2 Satz 2, 513 Abs. 2, 545 Abs. 2, 571 Abs. 2 Satz 2, 576 Abs. 2 ZPO getroffenen Wertung des Gesetzgebers. Nur wenn zwei Spruchkörper innerhalb eines Gerichts - etwa eine allgemeine Prozeßabteilung und ein Familiengericht - sich durch Beschlüsse für unzuständig erklären, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis dafür, diesen „negativen Kompetenzkonflikt“ entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch das im Rechtszuge zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht klären zu lassen. Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor, da die allgemeine Prozeßabteilung ihre Zuständigkeit annimmt. 4. Da die Rechtsbeschwerde nach den vorstehenden Ausführungen nicht statthaft ist, kann der Senat abschließend entscheiden, ohne daß von Amts wegen eine Zurückverweisung an das Beschwerdegericht erforderlich wäre, weil der Einzelrichter über die Beschwerde entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - NJW 2003, 1254; vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02 - MDR 2003, 949; vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - NJW 2003, 3712). Ergänzend weist der Senat noch auf folgendes hin: In dem vom Rechtsbeschwerdeführer herangezogenen Urteil vom 19. Juni 2002 hat der Bundesgerichtshof zwar dem umgangsberechtigten Elternteil einen Schadensersatz zugesprochen , wenn ihm der andere Elternteil den Umgang nicht in der vom Familiengericht vorgesehenen Art und Weise gewährt und ihm daraus Mehraufwendungen entstehen. Er hat in den Entscheidungsgründen aber zugleich die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt, daß es sich um ein Streitverfahren
und nicht um eine Familiensache im Sinne des § 23b GVG handelt (vgl. BGHZ 151, 155, 157 f.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 27/02
vom
8. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wiedereinsetzung bleibt trotz Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Ausgangsgericht
unanfechtbar. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
BGH, Beschluß vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - AG Nürtingen
LG Stuttgart
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Stöhr

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 7. Februar 2002 wird auf Kosten der Klägerin verworfen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 689,74

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Zahlung von Schadensersatz. Sie hat für ihre Forderung beim Amtsgericht N. am 19. September 2001 den Erlaß eines Vollstreckungsbescheides erwirkt, gegen den der Beklagte verspätet Einspruch eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist beantragt hat. Das Amtsgericht N. hat die begehrte Wiedereinsetzung am 28. Dezember 2001 versagt und den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen. Auf die Beschwerde des Beklagten hat das Landgericht St. mit Beschluß vom 7. Februar 2002 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gewährt. Mit der vom Landgericht St. zugelassenen Rechtsbe-
schwerde begehrt die Klägerin die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Beklagten.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist trotz der Zulassung durch das Beschwerdegericht nicht statthaft nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Die Wiedereinsetzung ist gemäß § 238 Abs. 3 ZPO unanfechtbar. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Eine Entscheidung , die vom Gesetz der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei - irriger - Rechtsmittelzulassung unanfechtbar (vgl. BVerfG, DtZ 1993, 85; BGH, Urteil vom 18. März 1992 - VIII ZR 112/91 - ZIP 1992, 579 f. m.w.N.; Zöller /Gummer, ZPO, 23. Aufl. § 574 Rdn. 9; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl. § 543 Rdn. 17 und 19 zur vergleichbaren Problematik für die Zulässigkeit der Revision

).

Der Senat ist an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht nicht gebunden. Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich gegeben ist. Sie wird aber nicht in den Fällen eröffnet, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 3, 244, 246 ff.). Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - zur Veröffentlichung bestimmt ; vom 28. März 1984 - IVb ZB 774/81 - MDR 1984, 922 und vom 13. Juni 1979 - IV ZB 122/78 - FamRZ 1979, 696). Erfolgt etwa bei Urteilen im Sinne des § 542 Abs. 2 ZPO (Arrest und einstweilige Verfügung) eine Revisionszulassung , obwohl diese ausdrücklich ausgeschlossen ist, so ist in der Rechtspre-
chung zur insoweit entsprechenden Vorschrift in § 545 Abs. 2 ZPO a.F. anerkannt , daß eine solche gesetzwidrige Revisionszulassung das Revisionsgericht nicht bindet (BGH, Urteil vom 25. Mai 1970 - II ZR 118/69 - NJW 1970, 1549; BAG NJW 1984, 254 f.; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 546 Rdn. 31). Die Rechtsbeschwerde ist deshalb gemäß § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 43/02
vom
12. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR : ja
Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kann vom Gegner nicht mit der Rechtsbeschwerde
angefochten werden. Das gilt auch dann, wenn das Ausgangsgericht
irrig die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
BGH, Beschluß vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - LG Kassel
AG Kassel
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Schlick, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 19. April 2002 - 1 T 17/02 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe


I.


Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Schadensersatzklage gegen die Antragsgegnerin (Stadt K. ), der er eine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht vorwirft. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen , das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde dem Antragsteller antragsgemäß Prozeßkostenhilfe bewilligt. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragsgegnerin Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist gegen einen Beschluß die Rechtsbeschwerde statthaft, falls das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluß zugelassen hat. Trotz des weit gefaßten Gesetzeswortlauts gilt dies indes nicht für alle derartigen Beschlüsse (anders möglicherweise Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 574 Rn. 3; s. auch Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 127 Rn. 43). Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn das Gesetz eine Anfechtung der Entscheidung ausschließt (vgl. Zöller/Gummer, § 574 Rn. 9). Dann bleibt sie, trotz der grundsätzlichen Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassungsentscheidung , auch bei irriger Rechtsmittelzulassung unanfechtbar (vgl. für die Revision: BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - IVb ZR 5/86 - NJW 1988, 49, 50 f.; Urteil vom 31. März 1993 - XII ZR 265/91 - DtZ 1993, 243 m.w.N.; für die weitere Beschwerde: BGH, Beschluß vom 28. März 1984 - IVb ZB 774/81 - NJW 1984, 2364; ebenso BFH NVwZ 1999, 696).
So verhält es sich hier.
2. Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kann gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Hiernach findet unter bestimmten Voraussetzungen gegen die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt. Für den Gegner ist dagegen die Gewährung von Prozeßkostenhilfe stets unanfechtbar. Das schließt, entgegen der Meinung der Antragsgegnerin, nicht nur die in § 127 Abs. 2
Satz 2 und Abs. 3 ZPO ausdrücklich erwähnte sofortige Beschwerde aus, son- dern jedes sonst statthafte Rechtsmittel, einschließlich der seit dem 1. Januar 2002 an die Stelle der weiteren Beschwerde getretenen Rechtsbeschwerde.
Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Prozeßkostenhilfe ist eine Leistung staatlicher Daseinsfürsorge, vergleichbar der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen (BVerfGE 35, 348, 355; Senatsurteil BGHZ 109, 163, 168). Der Gegner wird in diesem zwischen Gericht und Antragsteller geführten Nebenverfahren zwar zu den sachlichen Voraussetzungen der Bewilligung angehört (§ 118 Abs. 1 ZPO). Er wird aber durch die Gewährung von Prozeßkostenhilfe rechtlich nicht beschwert (Kalthoener/Büttner/ Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl., Rn. 870; Zöller /Philippi, § 127 Rn. 12, 14), mag sie ihn auch tatsächlich durch die Last der nunmehr nötigen Prozeßführung und das Risiko einer beim späteren Obsiegen zumindest unsicheren Kostenerstattung nicht unerheblich belasten. Die fehlende prozessuale Beschwer führt zur Unzulässigkeit aller Rechtsmittel des Gegners ; § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestätigt diesen Gedanken.
Das mit der Einführung der Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof verfolgte Ziel des Reformgesetzgebers, auch in Beschwerdesachen für Fragen grundsätzlicher Art eine Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu ermöglichen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs BTDrucks. 14/4722 S. 116), steht nicht entgegen. Das Prozeßkostenhilfeverfahren geht dem Hauptsacheverfahren voraus; es will den Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern ihn zugänglich machen. Erst das Hauptsacheverfahren mit der regelmäßig gebotenen Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 ZPO) eröffnet dem Unbemittelten (wie dem Gegner) die nötige Unterstützung zur Entwick-
lung und Darstellung eines eigenen Rechtsstandpunkts. Zur Beantwortung schwieriger, noch nicht geklärter Fragen des materiellen Rechts, wie sie im allgemeinen Ziel einer Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof wäre, ist das Verfahren über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe deswegen grundsätzlich nicht bestimmt (vgl. BVerfGE 81, 347, 357; BVerfG NJW 2000, 1936, 1937; s. auch BGH, Beschlüsse vom 9. September 1997 - IX ZB 92/97 - NJW 1998, 82 und vom 26. April 2001 - IX ZB 25/01 - MDR 2001, 1007). An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, daß der Gesetzgeber eine Rechtsbeschwerde im Verfahren über die Prozeßkostenhilfe kostenrechtlich für möglich hält (Nr. 1953 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz). Diese Regelung kann sich nach den vorstehenden Erwägungen nur auf Rechtsmittel des Antragstellers oder der Staatskasse beziehen. Über deren Zulässigkeit im einzelnen ist hier nicht zu befinden.
Sollte es im Streitfall auch nach Durchführung eines etwaigen Berufungsverfahrens noch auf die vom Landgericht für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen ankommen, kann dem Bedürfnis nach Rechtsvereinheitlichung und Rechtsfortbildung dann durch Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO Rechnung getragen werden.
Rinne Schlick Kapsa Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 40/02
vom
8. Mai 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Gegen eine im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gemäß § 91a
ZPO ergangene Entscheidung über die Kosten ist eine Rechtsbeschwerde nicht
statthaft.
BGH, Beschl. v. 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. Mai 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Oktober 2002 wird auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.
Der Beschwerdewert wird auf 6.000

Gründe:


I. Auf Antrag des Antragstellers hat das Landgericht der Antragsgegnerin durch Beschluß vom 4. Januar 2002 im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt ,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken anzukündigen, daß auf alle Einkäufe 20 % Rabatt gegeben werden, wenn dies innerhalb eines Zeitraums erfolgt, bezüglich dessen zuvor angekündigt wurde, daß bei Zahlung mit Kredit- oder EC-Karte 20 % Rabatt gewährt würden,
und/oder einen so angekündigten Verkauf durchzuführen. Nach Widerspruch der Antragsgegnerin haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung das Verfügungsverfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat daraufhin der Antragsgegnerin durch Beschluß die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.
Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren, die Verfahrenskosten dem Antragsteller aufzuerlegen, weiter. Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
1. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht bindet den Bundesgerichtshof nicht. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nur hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl. BGH, Beschl. v. 12.9.2002 - III ZB 43/02, NJW 2002, 3554; Beschl. v. 1.10.2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Beschl. v. 8.10.2002 - VI ZB 27/02, NJW 2003, 211, 212; Beschl. v. 27.2.2003 - I ZB 22/02, WRP 2003, 658, für BGHZ vorgesehen; Beschl. v. 13.3.2003 - IX ZB 134/02, NJW 2003, 1254, 1255, für BGHZ vorgesehen). So liegt der Fall hier.

2. Gegen die Annahme der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen die gemäß § 91a Abs. 2 ZPO ergangene Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Kosten bestehen bereits im Hinblick auf § 99 Abs. 1 ZPO Bedenken (vgl. dagegen - jeweils ohne Begründung - Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdn. 25; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 91a Rdn. 52; vgl. aber auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 91a Rdn. 156). Gemäß dieser Vorschrift, die auch im Verfahren auf Erlaß eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung gilt, ist die Anfechtung der Kostenentscheidung grundsätzlich unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird (zu besonders gelagerten Ausnahmefällen vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 681, 682; MünchKomm.ZPO/Wenzel, ZPOReform , 2002, § 542 Rdn. 18; Thomas/Putzo aaO § 99 Rdn. 6).
Hinsichtlich der Anfechtung einer nach § 91a Abs. 1 ZPO ergangenen Kostenentscheidung wird diese Regelung nur insoweit durchbrochen, als gemäß § 91a Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde stattfindet. Es ist zweifelhaft, ob das Gesetz dadurch uneingeschränkt auch die Rechtsbeschwerde eröffnen will (vgl. dazu auch BAG AP Nr. 9 zu § 92 ArbGG mit Anmerkung Tschischgale ). Die Vorschrift des § 99 Abs. 1 ZPO hat den Zweck zu verhindern, daß das Gericht bei der Überprüfung der Kostenentscheidung erneut die Hauptsache beurteilen muß, obwohl diese nicht angefochten worden ist (vgl. BGHZ 131, 185, 187; Musielak/Wolst aaO § 99 Rdn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann aaO § 99 Rdn. 3). Dies spricht dafür, eine Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO als unstatthaft anzusehen, soweit eine Anfechtung der Kostenentscheidung nach § 99 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen ist.
Da im Verfahren gemäß § 91a ZPO nicht mehr über den Streitgegenstand entschieden wird (vgl. BGHZ 106, 359, 366; BGH, Urt. v. 21.1.1999 - I ZR 135/96, GRUR 1999, 522, 523 = WRP 1999, 544 - Datenbankabgleich), erscheint dieses zudem wenig geeignet, rechtsgrundsätzliche Fragen entscheidungsrelevant zu klären. Die Kostenentscheidung ergeht, wenn der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nur nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht - auch bei einer Entscheidung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren - grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln (vgl. BGHZ 67, 343, 345 f.; BAG, Beschl. v. 11.11.1988, 7 AZR 767/87, zitiert nach juris; BAG, Beschl. v. 27.5.1997 - 9 AZR 325/96, EEK I/1219, 1220; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann aaO § 91a Rdn. 125, 134 m.w.N.; vgl. dazu auch BSGE 8, 179, 181 f.).
Die Frage, ob eine Rechtsbeschwerde im vorliegenden Verfahren schon aufgrund dieser Erwägungen unstatthaft ist, kann jedoch aus den nachstehend genannten Gründen letztlich offenbleiben.
3. Die Rechtsbeschwerde ist hier jedenfalls deshalb unstatthaft, weil die angefochtene Kostenentscheidung in einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ergangen ist. In diesem Verfahren ist der Instanzenzug für die Anfechtung von Entscheidungen in der Hauptsache durch § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzt, ohne daß es darauf ankommt, ob durch Urteil oder Beschluß entschieden worden ist (vgl. BGH WRP 2003, 658 f.). Diese Regelung hat ihren Grund im summarischen Charakter des Eilverfahrens. Der ihr zugrundeliegende Gedanke gilt erst recht, wenn es nur um die Anfechtung einer nach billigem Er-
messen zu treffenden Entscheidung über die Kosten nach § 91a Abs. 1 ZPO geht.
4. Dem Ausschluß der Rechtsbeschwerde steht nicht entgegen, daß im Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ein Gebührentatbestand für Rechtsbeschwerden gegen Beschlüsse in den Fällen des § 91a Abs. 1 ZPO vorgesehen ist (Nr. 1952). Die Anführung eines Gebührentatbestands im Gerichtskostengesetz vermag die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde nicht zu begründen (vgl. BGH WRP 2003, 658, 659).
III. Die Rechtsbeschwerde war daher auf Kosten der Antragsgegnerin als unzulässig zu verwerfen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 17/02
vom
10. April 2003
in dem Prozeßkostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 568 Satz 2 Nr. 2, Satz 3; § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2; § 577 Abs. 4;
Läßt der Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimißt,
die Rechtsbeschwerde zu, so führt die auf die Rechtsbeschwerde von Amts wegen
gebotene Aufhebung der Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an den
Einzelrichter (im Anschluß an BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, zur
Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Beschluß vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02 - OLG Rostock
LG Neubrandenburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof.
Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 7. Zivilsenats (Einzelrichter) des Oberlandesgerichts Rostock vom 10. Mai 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter ) zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der P.-GmbH. Er begehrt für die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegner Prozeßkostenhilfe wegen Restwerklohnforderungen in Höhe von 97.898,30 DM und Zinsen. Das Landgericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei nicht ersichtlich, warum es den Gläubigern nicht zuzumuten sei, die Ver-
fahrenskosten aufzubringen (§ 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht durch Beschluß des Einzelrichters zurückgewiesen. Der Einzelrichter hat mit weiterem Beschluß vom 10. Mai 2002 der Gegenvorstellung des Antragstellers nicht abgeholfen und die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Mit dieser begehrt der Antragsteller weiterhin Prozeßkostenhilfe.

II.

Das Beschwerdegericht (Einzelrichter) hat ausgeführt, das Gericht müsse in die Lage versetzt werden, sich eine Überzeugung bilden zu können, ob die Aufbringung der Kosten des Rechtsstreits den Gläubigern zuzumuten sei, auch wenn eine kleinliche Prüfung der Vermögensverhältnisse nicht angebracht sei und sich ein Gericht auf die Angaben eines Insolvenzverwalters in der Regel verlassen könne. Der Antragsteller habe jedoch auch mit seiner Gegenvorstellung zum Unvermögen der wirtschaftlich Beteiligten nicht ausreichend vorgetragen. Die an den Umfang dieser Darlegung zu stellenden Anforderungen hätten grundsätzliche Bedeutung.

III.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (Einzelrichter). 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter ent-
gegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO an Stelle des Kollegiums entschieden und damit gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen hat. Dies hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt , entschieden und im einzelnen ausgeführt. Dem schließt sich der Senat an. 2. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem mit drei Richtern besetzten Senat übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hat der Senat von Amts wegen zu beachten.

IV.

1. Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluß erlassen hat. Eine Zurückverweisung an den Senat kommt nicht in Betracht. Vielmehr wird der Einzelrichter die Entscheidung über die Gegenvorstellung des Antragstellers gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO erst dann dem Senat zu übertragen haben, wenn er nach erneuter Prüfung der Rechtssache weiterhin grundsätzliche Bedeutung beimißt.
2. Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch. Dressler Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 188/02
vom
11. September 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 348, 348 a, 568, 574
Entscheidet der originäre Einzelrichter und läßt er die Rechtsbeschwerde gegen seine
Beschwerdeentscheidung zu, so führt dies auch dann zur Aufhebung seiner Entscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache von Amts wegen, wenn er die Zulassung
nicht mit grundsätzlicher Bedeutung, sondern allein mit Divergenz oder
Rechtsfortbildung begründet hat (im Anschluß an BGH Beschluß vom 13. März 2003
- IX ZB 134/02 - FamRZ 2003, 669).
BGH, Beschluß vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2003 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dr. Ahlt

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 8. Zivilsenats (Einzelrichter) des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. September 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Beschwerdewert: 2.729

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darum, wer nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Der Kläger hat Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag aufgrund klägerseitiger Kündigung vom 4. Juli 2001 zum 31. Dezember 2002 enden wird. Der Beklagte hat ange-
kündigt, Klageabweisung zu beantragen. In der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2002 erklärte der Beklagte, der Untermieter werde das Mietobjekt zum 31. Dezember 2002 räumen. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht (Einzelrichter) hat dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten hat das Oberlandesgericht (Einzelrichter) die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Es hat die Auffassung vertreten, der Kündigende habe zwar aus Gründen der Rechtssicherheit und Planungssicherheit ein anerkennenswertes Interesse, bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist von dem Mieter zu erfahren, ob das Mietobjekt bis zum Ablauf des Mietvertrages geräumt werde. Jedoch könne einer in Rechtsprechung und Literatur zum Teil vertretenen Auffassung nicht gefolgt werden, derzufolge der Mieter auch bei einem sofortigen Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, wenn er auf Anfrage des Vermieters nach der Wirksamkeit der Kündigung eine Erklärung über seine Räumungsabsicht unterlasse und für den Vermieter somit Anlaß zur Erhebung einer Räumungsklage entstehe. Der Mieter gebe keinen Anlaß zu sofortiger Klageerhebung, weil er zu einer Äußerung vor Fälligwerden des Räumungsanspruchs nicht verpflichtet sei. Er müsse sich auch nicht zur Vermeidung von Kostennachteilen der Kündigungserklärung des Vermieters unterwerfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, die der Einzelrichter beim Oberlandesgericht zugelassen hat.

II.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Einzelrichters und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Die Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, obwohl er bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache das Verfahren gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung hätte übertragen müssen. An eine unter Verstoß gegen § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 S. 2 ZPO gleichwohl gebunden (vgl. BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - NJW 2003, 1254 = WM 2003, 701 = FamRZ 2003, 669). 2. Allerdings hat der Einzelrichter die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur mit dem Hinweis auf seine von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (NZM 2000, 95) abweichende Rechtsauffassung begründet und dabei auf § 574 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO (Fälle der Rechtsfortbildung und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung), nicht dagegen auf § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (Fälle der grundsätzlichen Bedeutung) verwiesen. Auch sehen die einschlägigen Vorschriften der §§ 348 Abs. 3, 348 a Abs. 2 und 568 ZPO eine Vorlage- bzw. Übertragungspflicht des Einzelrichters auf das Kollegialgericht ihrem Wortlaut nach lediglich im Falle besonderer Schwierigkeit rechtlicher oder tatsächlicher Art oder im Falle grundsätzlicher Bedeutung vor, nicht dagegen in Fällen der Divergenz oder der Erforderlichkeit der Rechtsfortbildung (vgl. Zöller /Greger ZPO 23. Aufl. § 348 Rdn. 22 i.V. mit § 568 Rdn. 3). Daraus kann in-
dessen nicht gefolgert werden, daß der Einzelrichter in solchen Fällen von seiner Vorlage- bzw. Übertragungspflicht auf den Kollegialspruchkörper entbunden ist. Die grundsätzliche Bedeutung ist vielmehr im weitesten Sinne zu verstehen, so daß nicht der Einzelrichter, sondern das Kollegium entscheiden muß, wenn zur Fortbildung des Rechts oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts geboten ist (BT-Drucks. 14/4722 S. 99; Musielak/Ball ZPO 3. Aufl. § 568 Rdn. 5; Hannich/Meyer-Seitz ZPO-Reform 2002, § 568 Rdn. 7 i.V. mit § 348 Rdn. 47 vgl. auch Kopp/Schenke VWGO 12. Aufl. § 6 Rdn. 9). Daß im übrigen auch der Einzelrichter dem vorliegenden Fall eine grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat, ergibt sich aus den Gründen seiner Entscheidung , in der er sich mit der in Literatur und Rechtsprechung (zum unterschiedlichen Meinungsstand vgl. OLG Stuttgart NZM 2000, 95 und Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 61. Aufl. § 93 Rdn. 52 jeweils m.Nachw. auch zur Rechtsprechung) kontrovers diskutierten Frage der Erklärungspflicht des Mieters gegenüber dem Vermieter auseinandergesetzt hat. 3. Die angefochtene Entscheidung unterliegt jedoch der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, denen er - wie hier - grundsätzliche Bedeutung beimißt, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters. Dieser Verstoß ist vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen (Beschluß vom 13. März 2003 aaO).
4. Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt

(1) Bei den Amtsgerichten werden Abteilungen für Familiensachen (Familiengerichte) gebildet.

(2) Werden mehrere Abteilungen für Familiensachen gebildet, so sollen alle Familiensachen, die denselben Personenkreis betreffen, derselben Abteilung zugewiesen werden. Wird eine Ehesache rechtshängig, während eine andere Familiensache, die denselben Personenkreis oder ein gemeinschaftliches Kind der Ehegatten betrifft, bei einer anderen Abteilung im ersten Rechtszug anhängig ist, ist diese von Amts wegen an die Abteilung der Ehesache abzugeben. Wird bei einer Abteilung ein Antrag in einem Verfahren nach den §§ 10 bis 12 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162) anhängig, während eine Familiensache, die dasselbe Kind betrifft, bei einer anderen Abteilung im ersten Rechtszug anhängig ist, ist diese von Amts wegen an die erstgenannte Abteilung abzugeben; dies gilt nicht, wenn der Antrag offensichtlich unzulässig ist. Auf übereinstimmenden Antrag beider Elternteile sind die Regelungen des Satzes 3 auch auf andere Familiensachen anzuwenden, an denen diese beteiligt sind.

(3) Die Abteilungen für Familiensachen werden mit Familienrichtern besetzt. Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung Geschäfte des Familienrichters nicht wahrnehmen. Richter in Familiensachen sollen über belegbare Kenntnisse auf den Gebieten des Familienrechts, insbesondere des Kindschaftsrechts, des Familienverfahrensrechts und der für das Verfahren in Familiensachen notwendigen Teile des Kinder-und Jugendhilferechts sowie über belegbare Grundkenntnisse der Psychologie, insbesondere der Entwicklungspsychologie des Kindes, und der Kommunikation mit Kindern verfügen. Einem Richter, dessen Kenntnisse auf diesen Gebieten nicht belegt sind, dürfen die Aufgaben eines Familienrichters nur zugewiesen werden, wenn der Erwerb der Kenntnisse alsbald zu erwarten ist. Von den Anforderungen nach den Sätzen 3 und 4 kann bei Richtern, die nur im Rahmen eines Bereitschaftsdiensts mit der Wahrnehmung familiengerichtlicher Aufgaben befasst sind, abgewichen werden, wenn andernfalls ein ordnungsgemäßer und den betroffenen Richtern zumutbarer Betrieb des Bereitschaftsdiensts nicht gewährleistet wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)