Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2006 - VI ZB 13/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Das Amtsgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 17. Juni 2004 als Gesamtschuldner zur Zahlung an den Rechtsvorgänger der Klägerin verurteilt. Gegen dieses Urteil legten die Beklagten Berufung ein. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 2. August 2004 beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 15. Februar 2005 gleichfalls beantragt, die Berufung der Be- klagten zurückzuweisen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. Juni 2005 ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sowohl für diese wie auch für den Prozessbevollmächtigten der Streithelferin aufgetreten. Er hat für die Klägerin auf die Anträge in seinem Schriftsatz vom 2. August 2004 Bezug genommen und darüber hinaus für die Streithelferin die Zurückweisung der Berufung beantragt. Nach Rücknahme der Berufung hat das Landgericht den Beklagten als Gesamtschuldnern mit Beschluss vom 10. Juni 2005 die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention auferlegt.
- 2
- Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8. September 2005 die Kosten der Klägerin gegen die Beklagten unter Einschluss einer Terminsgebühr für die Berufungsverhandlung gemäß § 13 RVG, VV-RVG 3202 festgesetzt. Dem Antrag der Streitgehilfin auf Festsetzung ihrer Kosten hat es mit Beschluss vom 14. November 2005 entsprochen, jedoch die beantragte Terminsgebühr von 294 € nebst Zinsen abgesetzt, weil keine Teilnahme am Termin erfolgt sei.
- 3
- Gegen den am 6. Dezember 2005 zugestellten Beschluss hat die Streithelferin am 9. Dezember 2005 "Erinnerung" erhoben. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Streithelferin am 26. Februar 2006 zugestellt worden. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vom 22. März 2006 verfolgt die Streithelferin ihre Schlussanträge aus der Beschwerdeinstanz weiter.
II.
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- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, nach der amtlichen Vorbemerkung Teil 3 Abs. 3 VVRVG entstehe die Terminsgebühr u.a. für die Vertretung in einem Verhandlungstermin. Der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin habe jedoch nicht am Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht teilgenommen. Dass er den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Terminswahrnehmung beauftragt, dieser den Termin auch für die Streithelferin wahrgenommen und für sie Anträge gestellt habe, könne nicht zur Entstehung einer Terminsgebühr führen. Die Vertretung mehrerer Parteien in der Berufungsverhandlung könne allenfalls zu einer erhöhten Verfahrensgebühr für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin führen.
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- 2. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 6
- a) Die Rechtsbeschwerde ist nach Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 567 Abs. 2, 575 ZPO) eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
- 8
- c) Der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin hat sich im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Berufungsgericht am 10. Juni 2005 durch den Rechtsanwalt der Klägerin vertreten lassen. Mit dem Auftreten eines Terminsvertreters für den Prozessbevollmächtigten (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 - I ZR 122/98 - NJW 2001, 753, 754 unter II. 2. b) bb)) der Streithelferin in der mündlichen Verhandlung ist für diesen die Terminsgebühr nach VV-RVG 3202 i.V.m. Vorb. 3 (3) VV-RVG entstanden, als ob er selbst aufgetreten wäre. Eine höchstpersönliche Wahrnehmung des Termins durch den Prozessbevollmächtigten der Streithelferin ist nicht Voraussetzung für den Anfall der Gebühr. Die Rechtsbeschwerde weist zu Recht auf § 5 RVG hin, der eine Vergütung auch für den Fall vorsieht, dass der Rechtsanwalt eine Tätigkeit nicht persönlich erbringt, sondern sich durch einen anderen Anwalt vertreten lässt.
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- d) Anderes gilt lediglich, wenn der Termin durch einen (unterbevollmächtigten ) Anwalt in Einzeltätigkeit gemäß VV-RVG Abschnitt 4 wahrgenommen wird, dem die Partei oder mit deren Einverständnis der Prozessbevollmächtigte nur für die mündliche Verhandlung die Vertretung oder die Ausführung der Parteirechte übertragen hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2000 - I ZR 122/98 - aaO 753, 754 unter II. 2. b) aa)). Dann steht die Terminsgebühr diesem zu und nicht dem beauftragenden Rechtsanwalt (vgl. VV 3402; Mayer/Kroiß/Klees, RVG, 2. Auflage, § 5 Rdn. 25; Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, VV 3401 Anm. II 2.2; missverständlich Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, "Unterbevollmächtigter" Ziff. 3); zusätzlich erhält der (unterbevollmächtigte) Anwalt eine hälftige Verfahrensgebühr (VV-RVG 3401) und rechnet selbst ab. Die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, dass eine zulässige Unterbevollmächtigung mit dieser Gebührenfolge (Beauftragung des Terminsvertreters im Interesse der Partei) vorgelegen hat, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt.
- 10
- 3. Nach allem hat die angefochtene Entscheidung keinen Bestand und ist aufzuheben, soweit sie zum Nachteil der Streithelferin ergangen ist. Das Be- schwerdegericht wird nunmehr die erforderliche Überprüfung der Terminsgebühr vorzunehmen haben. Müller Greiner Wellner Diederichsen Pauge
AG Zwickau, Entscheidung vom 14.11.2005 - 17 C 3230/03 -
LG Zwickau, Entscheidung vom 14.02.2006 - 8 T 498/05 -
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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 5 Vergütung für Tätigkeiten von Vertretern des Rechtsanwalts
Die Vergütung für eine Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, wird nach diesem Gesetz bemessen, wenn der Rechtsanwalt durch einen Rechtsanwalt, den allgemeinen Vertreter, einen Assessor bei einem Rechtsanwalt oder einen zur Ausbildung zugewiesenen Referendar vertreten wird.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
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2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 5 Vergütung für Tätigkeiten von Vertretern des Rechtsanwalts
Die Vergütung für eine Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, wird nach diesem Gesetz bemessen, wenn der Rechtsanwalt durch einen Rechtsanwalt, den allgemeinen Vertreter, einen Assessor bei einem Rechtsanwalt oder einen zur Ausbildung zugewiesenen Referendar vertreten wird.