Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2012 - V ZR 250/11

bei uns veröffentlicht am19.07.2012
vorgehend
Landgericht Osnabrück, 3 O 2317/09, 06.05.2011
Oberlandesgericht Oldenburg, 6 U 123/11, 14.10.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 250/11
vom
19. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den
Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 14. Oktober 2011 aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
Die Klägerin kaufte von den Beklagten zu 1 und 2 ein Hausgrundstück unter Ausschluss der Gewährleistung. Zuvor hatte sie mit dem Beklagten zu 3, dem von den Verkäufern mit dem Verkauf des Objekts beauftragten Makler, das Haus besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war der Keller teilweise frisch gestrichen. Nach Übergabe stellte die Klägerin Feuchtigkeitsschäden im Keller und in der Garage fest. Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass der als Feuchtigkeitsschutz dienende Innenwand -Sperrputz teilweise nicht mehr intakt und daher die Kellerwände feucht seien. Zudem bestätigte er das Vorliegen von Feuchtigkeitsschäden in der Garage. Die Klägerin, die sich arglistig getäuscht sieht, verlangt von den Beklagten u.a. Zahlung der voraussichtlichen Instandsetzungskosten sowie Erstattung der Maklercourtage. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ohne erneute Beweisaufnahme im Wege eines Grund- und Teilurteils festgestellt, dass die Zahlungsklage im Hinblick auf den feuchten Keller dem Grunde nach gerechtfertigt sei, die Beklagten insoweit für Folgeschäden einzustehen hätten und dass die Ansprüche gegen den Beklagten zu 3 auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhten. Hinsichtlich der Mängel an der Garage hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagten begehren mit der Beschwerde die Zulassung der Revision, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

II.


2
Nach Ansicht des Berufungsgerichts lassen die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen in Zusammenschau mit der Aussage des Sachverständigen nur den Schluss auf bereits bestehende Feuchtigkeitsschäden des Kellers im Verkaufszeitpunkt zu. Hierüber habe der Beklagte zu 3 die Klägerin in betrügerischer Weise arglistig getäuscht. Ihm sei aufgrund vorangegangener Besichtigungen bekannt gewesen, dass vor dem Überstreichen der Kellerwände der Putz abgeblättert sei und der Keller modrig gerochen habe. Trotzdem habe er den Keller als "staubtrocken" bezeichnet. Der Beklagte zu 3 hafte daher gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten für dessen Verhalten gemäß § 278 BGB und § 831 BGB einzustehen.

III.


3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses hat, wie die Beklagten zu Recht rügen, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Berufungsgericht durfte ohne erneute Vernehmung der Zeugen das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht anders würdigen als das Landgericht.
4
1. Grundsätzlich steht es allerdings im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Das Berufungsgericht ist zur nochmaligen Vernehmung jedoch verpflichtet, wenn es die protokollierten Zeugenaussagen anders verstehen oder würdigen will als die Vorinstanz. Eine erneute Vernehmung kann in diesem Fall allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (st. Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704, mwN). Unterlässt das Berufungsgericht die gebotene nochmalige Vernehmung eines Zeugen, so verletzt dies das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei.
5
2. Zwar hat das Berufungsgericht die Aussagen der Zeugen B. , W. und F. nicht anders verstanden als das Landgericht. Ebenso wie dieses würdigt es deren Aussagen dahingehend, dass die von ihnen geschilderte Wahrnehmung eines modrigen Kellergeruchs, von Farbabplatzungen an den Kellerwänden und Schimmelspuren auf einem gerahmten Bild für das Vorhandensein von Feuchtigkeitsschäden bereits bei Kaufvertragsabschluss sprächen. Auch den Angaben des Sachverständigen Fl. hat das Berufungsgericht keine andere Bedeutung beigelegt als das Landgericht.
6
Die Beschwerde rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen P. und J. H. unberücksichtigt gelassen hat. Deren Aussage, sie hätten das Objekt genauer in Augenschein genommen und einen modrigen Geruch des Kellers nicht wahrgenommen , war maßgeblich für die Überzeugung des Landgerichts, dass den Beklagten eine Kenntnis von den Feuchtigkeitsschäden nicht nachgewiesen werde könne. Die fehlende Berücksichtigung der Angaben dieser Zeugen im Berufungsurteil lässt darauf schließen, dass das Berufungsgericht ihre Aussagen offensichtlich für unbeachtlich gehalten hat, indem es - abweichend von der Würdigung des Landgerichts - unterstellt hat, dass die Zeugen H. den Keller nicht genau angesehen haben. Damit hätte es die Bekundungen der Zeugen in anderer Weise gewürdigt als das Landgericht, das die Angabe des Zeugen J. H. , er habe das Objekt genauer in Augenschein genommen , nicht in Zweifel gezogen hat. Zu diesem von der Würdigung des Landgerichts abweichenden Ergebnis durfte das Berufungsgericht nicht kommen, ohne zuvor erneut die Zeugen vernommen zu haben.
7
3. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung der Frage der arglistigen Täuschung gelangt wäre, wenn es die Zeugen P. und J. H. erneut vernommen und ihre Aussagen in die Beweiswürdigung einbezogen hätte.

IV.


8
1. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, alle erstinstanzlich vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen und bei Entscheidungsreife Urteilsgründe darzulegen, die sich an konkreten Anspruchsgrundlagen und ihren gesetzlichen Voraussetzungen ausrichten. So wird beispielsweise zu berücksichtigen sein, dass eine Zurechnung nach § 278 BGB bei einer deliktsrechtlichen Inanspruchnahme nicht in Betracht kommt und dass § 831 BGB keine Zurechnungsnorm, sondern eine Norm ist, die eine Haftung für eigenes Verschulden regelt.
9
2. Auch im Falle des Obsiegens der Klägerin mit dem Antrag auf Zahlung der Instandsetzungskosten für den feuchten Keller hat sie keinen Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der Maklercourtage. Denn es fehlte inso- weit bereits an einem Schaden der Klägerin, da sie mit der Zuerkennung der begehrten Instandsetzungskosten so gestellt würde, als habe sie ein mangelfreies Haus erworben.
Krüger Stresemann Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 06.05.2011 - 3 O 2317/09 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 14.10.2011 - 6 U 123/11 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 831 Haftung für den Verrichtungsgehilfen


(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 398 Wiederholte und nachträgliche Vernehmung


(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen. (2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Proze

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. März 2012 - XII ZR 18/11

bei uns veröffentlicht am 21.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 18/11 vom 21. März 2012 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 398 Abs. 1 Das Berufungsgericht ist zur erneuten Vernehmung eines Zeugen verpflichtet

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 18/11
vom
21. März 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Berufungsgericht ist zur erneuten Vernehmung eines Zeugen verpflichtet, wenn
es dessen Aussage anders verstehen will als die Vorinstanz.
BGH, Beschluss vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. März 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dose,
Dr. Klinkhammer und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2011 zugelassen. Auf die Revision der Klägerin wird das vorgenannte Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 139.096 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1, einer GbR, und deren Gesellschaftern , den Beklagten zu 2 und zu 3, Zahlung eines Vorschusses für Reparaturen an Gebäuden, die sie an die Beklagte zu 1 vermietet hat.
2
Nach § 7 des Mietvertrages sollte die laufende Instandhaltung einschließlich aller Reparaturen, auch an Dach und Fach, der Beklagten zu 1 obliegen. Die Klägerin behauptet, § 7 des Mietvertrages habe nach dem Willen der Vertragsparteien auch den bei Vertragsschluss bereits bestehenden Reparaturbedarf umfasst, der in dem zuvor erstellten Gutachten des Sachverständi- gen N. festgestellt worden sei. Zum Beweis für diese Behauptung hat sich die Klägerin auf das Zeugnis des S. berufen.
3
Das Landgericht hat nach Vernehmung u.a. des Zeugen S. der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage ohne erneute Beweisaufnahme abgewiesen. Die Klägerin begehrt mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision. Sie verfolgt ihren Klagantrag in vollem Umfang weiter.

II.

4
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Die zugelassene Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht (§ 544 Abs. 7 ZPO).
5
Das Berufungsgericht hat, wie die Klägerin zu Recht rügt, deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt, dass es den Zeugen S. nicht erneut gehört hat, obwohl es dessen Aussage anders als das Landgericht gewürdigt hat.
6
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Das gilt insbesondere für die erneute Vernehmung von Zeugen, die grundsätzlich gemäß § 398 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Berufungsgerichts steht. Das Berufungsgericht ist deshalb verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will (BGH Beschlüsse vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10 - MDR 2011, 1133 Rn. 7; vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09 - NJW 2011, 1364 Rn. 5 f.; vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 - NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f.; BGH Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00 - NJW-RR 2002, 1500). Unterlässt es dies, so verletzt es das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei.
7
Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben , wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen (d.h. seine Glaubwürdigkeit) noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit (d.h. die Glaubhaftigkeit) seiner Aussage betreffen (BGH Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 - NJW-RR 2009, 1291 - Rn. 5 mwN).
8
b) Das Berufungsgericht war danach zur erneuten Vernehmung des Zeugen S. verpflichtet.
9
Das Landgericht ist davon ausgegangen, der Zeuge S. habe ausdrücklich bestätigt, dass die Vereinbarung in § 7 des Mietvertrages nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien auch die Behebung der Schäden, die in dem Gutachten N. genannt seien, umfassen sollte. Demgegenüber meint das Berufungsgericht , diese Feststellung werde durch die protokollierte Aussage des Zeugen S. nicht getragen. Dessen Aussage spiegele lediglich seine persönliche Einschätzung wider. Sie enthalte keine Tatsachen, aus denen sich ergebe, dass auch die vertragsschließenden Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine entsprechende übereinstimmende Vorstellung von § 7 des Mietvertrages gehabt hätten. Insbesondere fehlten nähere Angaben zum Umfang der beklagtenseits übernommenen Reparaturen.
10
Damit würdigt das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen S. abweichend vom Landgericht und darüber hinaus auch nur lückenhaft.
11
Die Schilderung der Vertragsverhandlungen durch den Zeugen hat sich auf das Beweisthema, nämlich darauf, ob die in § 7 des Mietvertrages enthaltene Reparaturklausel auch den in dem Gutachten N. festgestellten Reparaturbedarf erfassen sollte, bezogen. Hierzu hat der Zeuge S. bekundet, die Parteien seien sich darüber einig gewesen, dass die Reparaturen von der Beklagten zu 1 vorgenommen werden würden und im Gegenzug ein vorübergehender Nachlass vom zunächst angedachten Mietpreis gewährt werde.
12
Da das Berufungsgericht dieser Aussage abweichend von den Feststellungen des Landgerichts nur eine persönliche Einschätzung des Zeugen entnommen hat, war es verpflichtet, den Zeugen S. selbst zu vernehmen.
13
c) Die Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach Vernehmung des Zeugen S. zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre.
Hahne Vézina Dose Klinkhammer Günter
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.07.2010 - 9 O 327/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.02.2011 - I-10 U 91/10 -

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.