Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2007 - V ZB 98/07

published on 13/12/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2007 - V ZB 98/07
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Amtsgericht Kiel, 106 C 114/07, 14/06/2007
Landgericht Kiel, 1 S 95/07, 09/08/2007

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 98/07
vom
13. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 13. Dezember 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Lemke, Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 9. August 2007 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt bis zu 600 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien sind Nachbarn. Sie streiten darüber, ob die Beklagten die an der rückwärtigen Grenze ihres Grundstücks belegene Zufahrt eines mit Garagen bebauten Grundstücks betreten dürfen, das den Klägern und anderen Miteigentümern gehört.
2
Das Amtsgericht hat die Klage auf Unterlassung abgewiesen und dabei den Streitwert, der Wertangabe der Kläger folgend, auf 1.500 € festgesetzt. Das Berufungsgericht hat nach Anhörung der Kläger den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 600 € festgesetzt und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Rechtsbeschwerde, mit der sie unter Aufhebung des Beschlusses ihren Sachantrag weiter verfolgen wollen.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, die Berufung sei gem. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteige. Dieser Wert sei gem. § 3 ZPO nach dem Interesse der Kläger an der Unterlassung zu bestimmen. Da es sich um ein Garagengrundstück handele, das von zahlreichen Anliegern betreten und befahren werde, beeinträchtige eine Nutzung durch das Betreten der Zufahrt durch die Beklagten die Kläger denkbar wenig und wirke sich auch nicht wertmindernd auf ihr Grundstück aus.

III.

4
Das Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen.
5
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO nur dann zulässig, wenn ein Zulassungsgrund vorliegt (BGHZ 155, 21, 22). Daran fehlt es jedoch.
6
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Wert der Beschwer des Klägers, wenn dessen Klage auf Unterlassung einer Eigentumsstörung abgewiesen worden ist, sich gem. § 6 ZPO nach dem Wert der Sache oder gem. § 3 ZPO nach dessen Interesse an der Unterlassung der Beeinträchtigung bestimmt, ist durch die Rechtsprechung im Sinne der letztgenannten Alternative geklärt (Senat, Urt. v. 24. April 1998, V ZR 225/97, NJW 1998, 2368).
7
2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) geboten. Das Beschwerdegericht hat - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - den verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) nicht verletzt, der es verbietet, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG NJW 1991, 3140).
8
a) Das Beschwerdegericht durfte nach der gebotenen Anhörung der Kläger den Wert des Beschwerdegegenstands abweichend von der Streitwertfestsetzung durch das erstinstanzliche Gericht auf bis zu 600 € und damit unterhalb der in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bestimmten Berufungssumme festsetzen (vgl. Senat, Beschl. v. 9. Juli 2004, V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219). Die gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorgenommene Festsetzung kann in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Beschwerdegericht die Grenzen des Ermessens überschritten oder bei der Ausübung seines Ermessens von einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Senat, Beschl. v. 9. Juli 2004, V ZB 6/04, aaO, 220).
9
b) Gemessen daran ist eine rechtsfehlerhaft zu niedrige Wertfestsetzung, die den Zugang zur Berufungsinstanz in einer aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise erschwerte, nicht zu erkennen. Die Rüge, dass das Berufungsgericht in der knappen Beschlussbegründung nicht diejenigen Umstände genannt habe, die - wie die dauernde Benutzung der Zufahrt über eine Pforte - für eine höhere Festsetzung des Werts der Beschwer der Kläger sprächen, rechtfertigen nicht den von der Rechtsbeschwerde daraus gezogenen Schluss, dass das Berufungsgericht damit wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen und somit von seinem Ermessen keinen gesetzmäßigen Gebrauch gemacht habe. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass das Berufungsgericht die aus seiner Sicht für die geringe Bewertung des Interesses an der Unterlassung der Störung entscheidenden Gesichtspunkte in seinem Beschluss benannt hat, nämlich dass die Zufahrt zu den Garagen von zahlreichen Anliegern und Besuchern betreten und befahren werde, das Gewicht einer Mitbenutzung durch das Betreten seitens der Beklagten denkbar gering und eine Minderung des Werts des Grundstücks der Kläger deswegen nicht feststellbar sei.
10
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde beruht der angefochtene Beschluss auch nicht auf einer sachwidrigen, nicht mehr nachvollziehbaren Ermessensausübung. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Auswirkungen einer nicht gestatteten Mitbenutzung als weniger störend empfunden werden, wenn sich diese im Rahmen bestimmungsgemäßer und zudem vielfach ausgeübter Nutzung hält, ist nicht grundsätzlich falsch. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Mitbenutzung der Zufahrt nach den in dem angefochtenen Beschluss in Bezug genommenen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils von untergeordneter Bedeutung (Abholen der Mülltonnen; gelegentliches Betreten mit Fahrrädern) ist.

III.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Richterin am BGH Dr. Stresemann Czub ist infolge Urlaubs verhindert zu unterschreiben. Krüger
Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 14.06.2007 - 106 C 114/07 -
LG Kiel, Entscheidung vom 09.08.2007 - 1 S 95/07 -
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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Annotations

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)