Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2012 - V ZB 215/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger ist Miteigentümer einer Eigentumswohnung. Mit seiner gegen die weitere Miteigentümerin und die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Anfechtungsklage wendet er sich jetzt noch gegen drei auf einer Eigentümerversammlung im Oktober 2009 gefasste Beschlüsse. Sie haben die Erneuerung der Fensterelemente der Wohnung 92 (5/2009 zu a), die Ablehnung des Antrags des Klägers, dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat eine Rüge wegen verspäteter Erstellung der Jahresabrechnung zu erteilen (19/2009), sowie die Versendung von Schriftverkehr zu Gerichtsverfahren (24/2009) zum Gegenstand.
- 2
- In erster Instanz ist die Klage ohne Erfolg geblieben. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers mit der Begründung als unzulässig verworfen, seine Beschwer übersteige 600 € nicht. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger die Anfechtungsklage weiter. Die übrigen Wohnungseigentümer beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
II.
- 3
- Das Berufungsgericht meint, die Kosten für die Erneuerung der Fens- terelemente in der Wohnung 92 betrügen allenfalls 10.000 €; hiervon entfielen 86 € auf den Miteigentumsanteil des Klägers. Die Beschwer aus der Ablehnung des Antrags, dem Verwalter und dem Verwaltungsbeirat eine Rüge zu erteilen, betrage nicht mehr als 300 €, da konkrete Nachteile wegen der verspätet erstellten Jahresabrechnung nicht erkennbar seien. Die Belastung des Klägers durch den Beschluss 24/2009, die daraus folge, dass er die der Verwaltung entstehenden Kosten für die gewünschte Übersendung von Gerichtsunterlagen (mit Ausnahme von Urteilen) per Post statt per E-Mail selbst tragen müsse, werde auf 100 € geschätzt;dabei sei zu berücksichtigen, dass es in der Vergangenheit kein einziges Verfahren gegeben habe, an dem der Kläger nicht ohnehin als klagende Partei beteiligt gewesen sei.
III.
- 4
- 1. Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil es an dem erforderlichen Zulassungsgrund fehlt (§ 574 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 22). Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor.
- 5
- 2. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Weder bestehen Anhaltspunkte dafür, dass das Berufungsgericht durch die Festsetzung der Beschwer den Zugang zu der Berufungsinstanz unzumutbar erschwert hat, noch zeigt die Rechtsbeschwerde auf, dass die Bemessung der Beschwer an einem verallgemeinerungsfähigen Rechtsfehler leidet, von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweicht oder den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
- 6
- a) Die Bemessung der aus dem Beschluss über die Erneuerung der Fensterelemente folgende Beschwer des Klägers mit 86 € erfordert nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
- 7
- aa) Hinsichtlich des von dem Kläger als nicht ausreichend berücksichtigt gerügten Vortrags, der Austausch der Fenster in der Wohnung 92 werde 20.000 € kosten, er müsse auch den Anteil seiner Ehefrau tragen und hafte mit den anderen Eigentümern als Gesamtschuldner, folgt dies bereits aus dessen mangelnder Entscheidungserheblichkeit. Sollte sich die im Beschluss 5/2009 enthaltene Kostenschätzung als fehlerhaft erweisen, weil allein der Austausch der Fenster der Wohnung 92, wie der Kläger behauptet, einen Aufwand von 20.000 € verursacht, führte das nicht zu einer höheren als von dem Beschwerdegericht angenommenen Beschwer, sondern zu der Notwendigkeit einer erneuten Beschlussfassung der Wohnungseigentümer. Die von dem Kläger für richtig erachtete Einbeziehung des Kostenanteils seiner Ehefrau (86 €) hat keine 600 € übersteigende Beschwer zur Folge. Das Beschwerdegericht musste eine solche Beschwer auch nicht deshalb annehmen, weil der Kläger behauptet , für die Verbindlichkeiten aus einem Auftrag über den Einbau neuer Fenster in voller Höhe als Gesamtschuldner zu haften. Der nicht näher erläuterte Vortrag des Klägers, zwischen ihm und den übrigen Wohnungseigentümern bestehe Gesamtschuldnerschaft, ist angesichts der Regelung in § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG nicht nachvollziehbar. Im Übrigen ist nicht dargelegt, dass gegebenenfalls mit einer Inanspruchnahme auf den vollen Betrag ernsthaft zu rechnen ist.
- 8
- bb) Aus den von der Rechtsbeschwerde zitierten Urteilen (BayObLG ZWE 2000, 344; OLG Düsseldorf, WuM 2000, 567; KG WE 1995, 123), aus denen sich ergeben soll, dass andere Gerichte in vergleichbaren Fällen zu einer höheren Beschwer gelangt seien, folgt ebenfalls kein Zulassungsgrund; denn sie betreffen den Fall, dass die beschlossene bauliche Maßnahme zu einer nachteiligen Änderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage führt. Anhaltspunkte dafür, dass die Erneuerung der Fenster in der Wohnung 92 eine solche Änderung zur Folge hat, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
- 9
- b) Ein Zulassungsgrund ist auch hinsichtlich des - nicht zu beanstandenden (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 193/10, WuM 2011, 184 Rn. 9) - Ansatzes des Beschwerdegerichts nicht erkennbar, die aus der Ablehnung des Antrags 19/2009 folgende Beschwer des Klägers nach dessen Interesse an der angestrebten Belehrung des Verwalters zu bemessen.
- 10
- c) Entsprechendes gilt hinsichtlich der aus dem Beschluss 24/2009 folgenden Beschwer des Klägers. Dass das Beschwerdegericht sich bei deren Bemessung gemäß § 3 ZPO an der nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu erwartenden Kostenbelastung des Klägers orientiert, lässt keinen Ermessensfehler erkennen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - V ZB 98/07, Rn. 8, juris).
IV.
- 11
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 49a Abs. 1 GKG. Krüger Stresemann Czub Brückner Weinland
AG Emden, Entscheidung vom 03.03.2011 - 5 C 631/09 -
LG Aurich, Entscheidung vom 10.08.2011 - 4 S 73/11 -
moreResultsText
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)