Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2007 - V ZB 8/07

bei uns veröffentlicht am05.07.2007
vorgehend
Amtsgericht Chemnitz, 28 K 491/05, 27.04.2006
Landgericht Chemnitz, 3 T 517/06, 13.12.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 8/07
vom
5. Juli 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück zwangsversteigert, ist der
Erbbauberechtigte nicht berechtigt, den Beschluss über die Festsetzung des
Grundstückswertes anzufechten.
BGH, Beschl. v. 5. Juli 2007 - V ZB 8/07 - LG Chemnitz
AGChemnitz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Juli 2007 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 13. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.500 €.

Gründe:

I.

1
Auf Antrag der Beteiligten zu 1 wurde die Zwangsversteigerung des im Rubrum bezeichneten Grundstücks angeordnet. Das Grundstück ist mit einem Erbbaurecht belastet. Erbbauberechtigte sind die Beteiligten zu 3 und 4.
2
Das Vollstreckungsgericht hat den Verkehrswert des Grundstücks nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Beschluss vom 27. April 2006 auf 39.100 € festgesetzt. Hierbei handelt es sich um den von dem Sachverständigen ermittelten Bodenwert, den das Grundstück ohne die Belastung mit einem Erbbaurecht in erschlossenem Zustand hätte.
3
Mit der sofortigen Beschwerde haben die Beteiligten zu 3 und 4 eingewandt , dass sich die Verkehrswertfestsetzung - weil die Erschließungsleistungen von ihnen erbracht worden seien - nach dem Wert des Grundstücks in unerschlossenem Zustand richten müsse.
4
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten ihren Antrag auf Neufestsetzung des Verkehrswerts weiter. Die Beteiligte zu 1 beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts fehlt den Beteiligten zu 3 und 4 die Beschwerdeberechtigung. Zwar seien sie als dinglich Berechtigte nach § 9 ZVG Beteiligte des Zwangsversteigerungsverfahrens. Für eine Anfechtung der Verkehrswertfestsetzung fehle ihnen jedoch das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Rechtsposition als Erbbauberechtigte könne durch eine möglicherweise fehlerhafte Festsetzung des Grundstückswerts nicht berührt werden, da das Erbbaurecht aufgrund seiner ersten Rangstelle bei einer Versteigerung des Grundstücks in jedem Fall bestehen bleibe. In ihrer Eigenschaft als potentielle Bieter oder Ersteher des Grundstücks seien die Beteiligten zu 3 und 4 ebenfalls nicht berechtigt, die Verkehrswertfestsetzung anzufechten.
6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

III.

7
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 mangels Beschwerdeberechtigung zu Recht als unzulässig verworfen.
8
1. a) Grundsätzlich sind zwar alle Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens (§ 9 ZVG) berechtigt, die Verkehrswertfestsetzung mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG anzufechten. Eine Ausnahme gilt jedoch , wenn feststeht, dass die Rechtsstellung des Beteiligten durch die Wertfestsetzung nicht berührt sein kann; in diesem Fall fehlt das - für die Zulässigkeit eines jeden Rechtsmittels erforderliche - Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Anm. 9.2. a.E.; Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs - und Zwangsverwaltungspraxis, 7. Aufl., 23 Nr. 4; vgl. auch BGH, Beschl. v. 27. Februar 2004, IXa ZB 185/03, WM 2004, 1040, 1041).
9
Das Beschwerdegericht nimmt zutreffend an, dass eine solche Ausnahme im Fall eines Erbbauberechtigten bei der Versteigerung des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks gegeben ist (ebenso Stöber, aaO). Der Erbbauberechtigte hat kein Recht auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös. Die Festsetzung des Verkehrswerts kann - anders als die Beteiligten zu 3 und 4 offenbar befürchten - auch den Bestand des Erbbaurechts nicht gefährden. Dies folgt bereits daraus , dass die Gegenstände, auf die sich die Zwangsversteigerung erstreckt, gesetzlich geregelt sind (vgl. §§ 90, 55, 20 Abs. 2 ZVG iVm § 1120 BGB, § 21 ZVG), also nicht davon abhängen, ob und inwieweit sie bei der Verkehrswertfestsetzung berücksichtigt werden. Die von den Beteiligten zu 3 und 4 beanstandete Bewertung des Grundstücks in erschlossenem Zustand lässt ihre möglichen Rechte aus einer Übernahme von Erschließungskosten (vgl. dazu Staudinger/Rapp, BGB [2002] § 2 ErbbVO Rdn. 17; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 2 ErbbVO Rdn. 3) daher unberührt.
10
Hinzukommt, dass ein Erbbaurecht durch ein das Grundstück betreffendes Zwangsversteigerungsverfahren auch deshalb nicht gefährdet ist, weil es nur zur ausschließlich ersten Rangstelle bestellt werden kann (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO ) und selbst dann bestehen bleibt, wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt worden ist (§ 25 ErbbauVO). Noch weniger ist deshalb eine zur Vorbereitung der Zwangsversteigerung des Grundstücks erfolgende Wertfestsetzung geeignet, die Rechtsstellung des Erbbauberechtigten zu beeinträchtigen.
11
b) Die von den Beteiligten zu 3 und 4 angeführte Möglichkeit, das Grundstück auf der Grundlage der Verkehrswertfestsetzung freihändig oder in Ausübung ihres Vorkaufsrechts mit Zustimmung der die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigerbank zu erwerben, vermag ein Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls nicht zu begründen. Das Interesse eines Verfahrensbeteiligten, sich außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens auf die Wertfestsetzung des Vollstreckungsgerichts berufen zu können, genügt hierfür nicht. Ebenso wenig ist die Befürchtung der Beteiligten zu 3 und 4 erheblich, der Grundstückseigentümer könne die gerichtliche Wertfestsetzung zum Anlass nehmen, den Erbbauzins nach § 9a ErbbauVO zu erhöhen. Das Rechtsschutzbedürfnis muss vielmehr einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Zwangsversteigerungsverfahren aufweisen, also auf Nachteilen beruhen, die der Verfahrensbeteiligte infolge der Zwangsversteigerung in Bezug auf das Recht erleiden könnte, welches seine Stellung als Verfahrensbeteiligter im Sinne des § 9 ZVG begründet.
12
2. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, das Beschwerdegericht habe den Anspruch der Beteiligten zu 3 und 4 auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, weil es vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht dar- auf hingewiesen habe, dass ihre Beschwerdeberechtigung zweifelhaft sei. Zum einen ist Art. 103 Abs. 1 GG in einem solchen Fall erst dann verletzt, wenn das Gericht, was hier nicht angenommen werden kann, ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144 f.; BVerfG, NJW 2003, 2524). Zum anderen kann auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Rechtsbeschwerde ausgeschlossen werden, dass das Beschwerdegericht zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage gelangt wäre, wenn die Beteiligten zu 3 und 4 Gelegenheit erhalten hätten, seiner - zutreffenden - Rechtsauffassung entgegenzutreten.

IV.

13
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die durch das Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Gebühren (Nr. 2243 KV-GKG) haben die Rechtsbeschwerdeführer nach § 26 Abs. 3 GKG zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nach § 97 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht, da sich die Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens im WertfestsetzungsBeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB 125/05, WM 2007, 947; Beschl. v. 18. Mai 2006, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730).
14
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 3 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 27.04.2006 - 28 K 491/05 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 13.12.2006 - 3 T 517/06 -

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(1) Die Kosten des Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahrens sowie des Verfahrens der Zwangsliquidation einer Bahneinheit schuldet vorbehaltlich des Absatzes 2, wer das Verfahren beantragt hat, soweit die Kosten nicht dem Erlös entnommen

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(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.

(2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluß der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.

(3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.

(4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.

(5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluß über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.

In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:

1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;
2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:

1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;
2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.

(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.

(2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluß der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.

(3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.

(4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.

(5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluß über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.

(1) Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks, sofern nicht im Beschwerdewege der Beschluß rechtskräftig aufgehoben wird.

(2) Mit dem Grundstück erwirbt er zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat.

(1) Die Versteigerung des Grundstücks erstreckt sich auf alle Gegenstände, deren Beschlagnahme noch wirksam ist.

(2) Auf Zubehörstücke, die sich im Besitz des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers befinden, erstreckt sich die Versteigerung auch dann, wenn sie einem Dritten gehören, es sei denn, daß dieser sein Recht nach Maßgabe des § 37 Nr. 5 geltend gemacht hat.

(1) Der Beschluß, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet wird, gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks.

(2) Die Beschlagnahme umfaßt auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt.

Die Hypothek erstreckt sich auf die von dem Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, soweit sie nicht mit der Trennung nach den §§ 954 bis 957 in das Eigentum eines anderen als des Eigentümers oder des Eigenbesitzers des Grundstücks gelangt sind, sowie auf das Zubehör des Grundstücks mit Ausnahme der Zubehörstücke, welche nicht in das Eigentum des Eigentümers des Grundstücks gelangt sind.

(1) Die Beschlagnahme umfaßt land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse des Grundstücks sowie die Forderung aus einer Versicherung solcher Erzeugnisse nur, soweit die Erzeugnisse noch mit dem Boden verbunden oder soweit sie Zubehör des Grundstücks sind.

(2) Die Beschlagnahme umfaßt nicht die Miet- und Pachtforderungen sowie die Ansprüche aus einem mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenen Recht auf wiederkehrende Leistungen.

(3) Das Recht eines Pächters auf den Fruchtgenuß wird von der Beschlagnahme nicht berührt.

In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner:

1.
diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist;
2.
diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Kosten des Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahrens sowie des Verfahrens der Zwangsliquidation einer Bahneinheit schuldet vorbehaltlich des Absatzes 2, wer das Verfahren beantragt hat, soweit die Kosten nicht dem Erlös entnommen werden können.

(2) Die Kosten für die Erteilung des Zuschlags schuldet nur der Ersteher; § 29 Nummer 3 bleibt unberührt. Im Fall der Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot oder der Erklärung, für einen Dritten geboten zu haben (§ 81 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung), haften der Ersteher und der Meistbietende als Gesamtschuldner.

(3) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens schuldet der Beschwerdeführer.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 125/05
vom
25. Januar 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wird die Zwangsversteigerung eines Grundstücks aus einem Recht betrieben, das
einer vor der Beschlagnahme eingetragenen Auflassungsvormerkung im Rang
vorgeht, hat eine nach der Beschlagnahme erfolgte Umschreibung des Eigentums
auf den Vormerkungsberechtigten keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens.
Die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO sind auf Beschwerden im Zwangsversteigerungsverfahren
anwendbar, wenn es sich um ein kontradiktorisches Verfahren
handelt. In diesem Fall ist über die Kosten eines Beschwerdeverfahrens nach
§ 91a Abs. 1 ZPO zu entscheiden, wenn die Beteiligten das Verfahren im Hinblick
auf die Rücknahme des Zwangsversteigerungsantrags in der Hauptsache für erledigt
erklären.
BGH, Beschl. v. 25. Januar 2007 - V ZB 125/05 - LG Hagen
AGHagen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Januar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren haben der Schuldner und die Beteiligte zu 3 zu tragen.
Der Wert der Verfahren beträgt 1.500 €.

Gründe:

I.

1
Auf Antrag der Gläubigerin wurden Mitte 2004 zwei Zwangssicherungshypotheken am hälftigen Miteigentumsanteil des Schuldners an dem im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentum eingetragen. Diesen Miteigentumsanteil ließ der Schuldner am 10. Dezember 2004 an die Beteiligte zu 3 auf. Zur Sicherung ihres Eigentumserwerbs wurde am 14. Dezember 2004 eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen.
2
Mit Beschluss vom 10. Januar 2005, dem Schuldner zugestellt am 12. Januar 2005, ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteils des Schuldners wegen dinglicher Ansprüche aus den Zwangssicherungshypotheken an. Am 8. Februar 2005 wurde das Eigentum an dem Anteil auf die Beteiligte zu 3 umgeschrieben. Im Hinblick hierauf beantragten der Schuldner und die Beteiligte zu 3 unter Hinweis auf § 28 Abs. 1 ZVG, das Zwangsversteige- rungsverfahren aufzuheben bzw. unter Bestimmung einer Frist für die Gläubigerin einstweilen einzustellen. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners und der Beteiligten zu 3 ist erfolglos geblieben.
3
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde haben beide ihren Aufhebungs - bzw. Einstellungsantrag zunächst weiterverfolgt. Nachdem die Gläubigerin den Zwangsversteigerungsantrag zurückgenommen hat, haben der Schuldner und die Beteiligte zu 3 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt , der Gläubigerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Gläubigerin hat sich zu der Erledigungserklärung nicht geäußert.

II.

4
1. Aufgrund der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3 ist über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gemäß § 91a ZPO zu entscheiden.
5
a) Die vorausgegangene Rücknahme des Zwangsversteigerungsantrags durch die Gläubigerin steht dem nicht entgegen, denn sie führt nicht dazu, dass der Gläubigerin entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO alle Kosten des Verfahrens aufzuerlegen wären. Die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens fallen, soweit sie notwendig waren, nach der spezielleren Vorschrift des § 788 ZPO stets dem Schuldner zur Last. Das gilt - da sich die Notwendigkeit nach dem Standpunkt des Gläubigers zum Zeitpunkt der Antragstellung bestimmt (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Juli 2003, IXa ZB 146/03, NJW-RR 2003, 1581) - auch im Fall der Antragsrücknahme durch den Gläubiger (ebenso Stöber, ZVG, 18. Aufl., Einl. 39.4; Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Zwangsversteigerung- und Zwangsverwaltungspraxis, 7. Aufl., Muster 49 Anm. 5; LG Oldenburg ZIP 1983, 224, 225 sowie allgemein Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 788 Rdn. 1 u. 22; MünchKomm-ZPO/K. Schmidt, 2. Aufl., § 788 Rdn. 7; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 788 Rdn. 20).
6
b) Über die Kosten besonderer Rechtsbehelfe im Zwangsversteigerungsverfahren ist demgegenüber grundsätzlich nicht gemäß § 788 ZPO, sondern nach den insoweit spezielleren Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden (ebenso Stöber, ZVG, 18. Aufl., Einl. 39.10; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 99 Rdn. 9; Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., Vorbem zu § 95 Rdn. 8 a.E.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 91a Rdn. 7; OLG Karlsruhe Rpfleger 1995, 472, 473; OLG Bremen JurBüro 1985, 776; OLG Hamm Rpfleger 1976, 146, 148; für das Vollstreckungsverfahren allgemein: BGH, Beschl. v. 29. September 1988, I ARZ 589/88, NJW-RR 1989, 125; OLG Hamburg JurBüro 1995, 547; Zöller /Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 788 Rdn. 12; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 788 Rdn. 20; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 788 Rdn. 6).
7
Eine Einschränkung ergibt sich allerdings daraus, dass die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO ein kontradiktorisches Verfahren voraussetzen (vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., Vor § 91 Rdn. 2 sowie Stein/Jonas/Münzberg, aaO). Daran kann es im Zwangsversteigerungsverfahren fehlen, wenn nicht das Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger im Vordergrund steht, wie bei einem Streit um die Anordnung, Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens regelmäßig anzunehmen ist, sondern Entscheidungen angefochten werden, die auch andere Verfahrensbeteiligte betreffen oder bei denen Gläubiger und Schuldner nicht zwangsläufig widerstreitende Interessen verfolgen. Hiervon geht der Senat für den Regelfall bei der Verkehrswertbeschwerde (Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730; ebenso Stöber , ZVG, 18. Aufl., § 74a Anm. 9.5.; LG München II Rpfleger 1984, 108) und bei der Zuschlagsbeschwerde (Senat, Beschl. v. 20. Juli 2006, V ZB 168/05, Rpfleger 2006, 665; Beschl. v. 26. Oktober 2006, V ZB 188/05, WM 2007, 82, 86; ebenso Stöber, aaO, § 99 Anm. 2.5.; OLG Oldenburg JurBüro 1989, 1176, 1177) aus.
8
Vorliegend bleibt es indessen bei der Anwendbarkeit der §§ 91 ff. ZPO, da sich die Beteiligten als Gläubiger einerseits sowie als Schuldner und dessen Einzelrechtsnachfolger andererseits über die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens streiten, mithin in einem kontradiktorischen Verhältnis zueinander stehen. Da die genannten Vorschriften, wie dargelegt, nicht für das Vollstreckungsverfahren selbst, sondern nur für die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde gelten, beschränkt sich die Wirkung der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3 auf diese Rechtsmittelverfahren (vgl. zu dieser Möglichkeit: Senat, Beschl. v. 11. Januar 2001, V ZB 40/99, NJWRR 2001, 1007, 1008; BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, XI ZR 219/97, WM 1998, 1747, 1748). Nachdem die auf die Zustimmungsfiktion des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO hingewiesene Gläubigerin der Erledigungserklärung des Schuldners und der Beteiligten zu 3 nicht widersprochen hat, ist somit über die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
9
2. Das führt zur Auferlegung der Kosten auf den Schuldner und die Beteiligte zu 3, da ihre Rechtsbeschwerde keinen Erfolg gehabt hätte und es damit bei der Zurückweisung ihrer sofortigen Beschwerde durch das Beschwerdegericht geblieben wäre.
10
Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der auf der Auflassungsvormerkung beruhende Eigentumserwerb der Beteiligten zu 3 einer Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht entgegen stand, da dieses aus einem dem vorgemerkten Eigentumsverschaffungsanspruch vorgehenden Recht betrieben worden ist.
11
a) Allerdings ließ sich dieses Ergebnis entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht auf den Rechtsgedanken des § 867 Abs. 3 ZPO stützen. Zwar ermöglicht die Vorschrift dem Gläubiger, die Zwangsvollstreckung unmittelbar aus der Zwangshypothek, also ohne einen besonderen dinglichen Duldungstitel , zu betreiben. Voraussetzung ist aber, dass es sich bei dem Schuldner um den Grundstückseigentümer handelt. Nach einem Eigentumswechsel ist ein gegen den neuen Eigentümer gerichteter Titel erforderlich. Das folgt aus der Vorschrift des § 17 Abs. 1 ZVG, wonach die Zwangsversteigerung nur angeordnet werden darf, wenn der Schuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen ist. Dabei kann dahinstehen, ob gegen den neuen Eigentümer ein Duldungstitel erwirkt werden muss (so die Begründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften, BT/Drucks. 12/8314, S. 38, und die ganz hM, vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 867 Rdn. 49; MünchKomm-ZPO/Eickmann, 2. Aufl., § 867 Rdn. 57; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 867 Rdn. 20; Musielak/Becker, ZPO, 5. Aufl., § 867 Rdn. 11; Saenger /Kindl, ZPO, § 867 Rdn. 24) oder ob der in § 867 Abs. 3 ZPO genannte Titel wie ein Duldungstitel behandelt und gemäß § 727 ZPO auf den neuen Eigentümer umgeschrieben werden kann (so Dümig, Rpfleger 2004, 3, 10; Alff, Rpfleger 2001, 385, 394). Nach einem Eigentümerwechsel ist es dem Gläubiger jedenfalls nicht mehr möglich, ohne weitere Maßnahmen aus der Zwangshypothek zu vollstrecken.
12
b) Das Beschwerdegericht hat aber zutreffend angenommen, dass der Eigentumswechsel an dem beschlagnahmten Miteigentumsanteil die Fortsetzung des Verfahrens deshalb nicht hinderte, weil die Voraussetzungen des § 26 ZVG gegeben waren. Die Vorschrift bestimmt, dass eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf das Verfahren keinen Einfluss hat, wenn die Zwangsversteigerung wegen eines Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet worden ist. Diese Voraussetzungen lagen hier vor, weil die Gläubigerin aus einer auf dem Miteigentumsanteil lastenden Zwangshypothek vollstreckte und die Veräußerung des Miteigentumsanteils - gemeint ist der dingliche Rechtsübergang (vgl. Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 12. Aufl., § 26 Rdn. 2; Steiner /Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 26 Rdn. 6) - zeitlich nach der Beschlagnahme erfolgt war.
13
aa) Dem steht nicht entgegen, dass vor der Beschlagnahme eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 3 in das Grundbuch eingetragen worden war. Die Auflassungsvormerkung führt zwar in vielerlei, nicht aber in jeder Hinsicht dazu, dass der Rechtserwerb des Vormerkungsberechtigten auf den Zeitpunkt ihrer Eintragung zurückbezogen wird (vgl. Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 883 Rdn. 31; Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 883 Rdn. 63). Sie hat zur Folge, dass - auch im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgte (§ 883 Abs. 2 Satz 2 BGB) - Verfügungen, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen werden, insoweit unwirksam sind, als sie den gesicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würden (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diese Wirkung hat hier zwar zu einem auch gegenüber der Gläubigerin wirksamen Eigentumserwerb der Beklagten zu 3 geführt, nicht aber dazu, dass die Fortsetzung des - auch in Ansehung der Auflassungsvormerkung zulässigerweise begonnenen (vgl. Senat, BGHZ 46, 124, 127; BGH Urt. v. 11. Juli 1996, IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147, 3148) - Zwangsversteigerungsverfahrens unzulässig war.
14
(1) Die mit der Anordnung der Zwangsversteigerung verbundene Beschlagnahme des Miteigentumsanteils des Schuldners (§ 20 Abs. 1 ZVG) hatte die Wirkung eines relativen Veräußerungsverbots zugunsten der betreibenden Gläubigerin (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. §§ 135, 136 BGB) und war deshalb geeignet, die durch die Auflassungsvormerkung gesicherte, aber erst nach der Beschlagnahme vollendete Übertragung des Miteigentumsanteils an die Beteiligte zu 3 zu vereiteln (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 1988, IX ZR 103/87, WM 1988, 1388, 1389). Hiervor war die Beteiligte zu 3 durch die vor der Beschlagnahme eingetragene Auflassungsvormerkung geschützt. Dabei ist unerheblich, dass die mit der Beschlagnahme einhergehende Beschränkung der Verfügungsmacht des Schuldners vom Wortlaut des § 883 Abs. 2 BGB nicht erfasst ist, weil es sich bei ihr nicht um eine Verfügung im Rechtssinne handelt. Nachträglich gegen den Schuldner verhängte Verfügungsbeschränkungen werden Verfügungen über das Grundstück nämlich gleichgestellt und sind deshalb, soweit sie der Verwirklichung des gesicherten Anspruchs entgegenstehen, im Verhältnis zu dem Vormerkungsberechtigten in entsprechender Anwendung von § 883 Abs. 2 BGB unwirksam (Senat, Urt. v. 27. Mai 1966, V ZR 200/63, JZ 1966, 526; MünchKomm-BGB/Wacke, 4. Aufl., § 883 Rdn. 41; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883 Rdn. 203; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 888 Rdn. 6).
15
(2) Vor der Fortsetzung des eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahrens schützte die Auflassungsvormerkung dagegen nicht. Mit dem Erwerb des Eigentums an dem beschlagnahmten Miteigentumsanteil durch die Beteiligte zu 3 war der Sicherungszweck der Vormerkung erreicht. Dass dieses Eigentum mit einer Zwangshypothek belastet war, beruhte darauf, dass die Hypothek der Auflassungsvormerkung im Rang vorging. Ein besserrangiges Recht muss der Vormerkungsberechtigte stets gegen sich gelten lassen. Deshalb gewährt die Vormerkung auch keinen Schutz vor der Durchsetzung eines solchen Rechts im Wege der Zwangsvollstreckung. Hiermit muss der Vormerkungsberechtigte von vornherein rechnen, weil der Grundbesitz schon bei Eintragung der Vormerkung belastet war. Die Vormerkung schützt den Berechtigten nur davor, dass der Erwerb des (belasteten) Eigentums vereitelt oder beeinträchtigt wird, nicht aber davor, dass der Gläubiger eines vorrangigen Rechts dieses im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgt (so zutreffend Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 28 Anm. 4.8.c; Assmann, Die Vormerkung , 1998, S. 232).
16
(3) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht aus der Vorschrift des § 883 Abs. 3 BGB. Sie bezieht sich nur auf rangfähige dingliche Rechte, mit denen ein Grundstück belastet ist (vgl. § 879 BGB), nicht aber auf das Eigentum selbst. Als das umfassende Vollrecht ist dieses nicht rangfähig (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 567; MünchKomm-BGB/Wacke, 4. Aufl., § 883 Rdn. 57; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 11. Aufl., § 883 Rdn. 47; Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883 Rdn. 254). § 883 Abs. 3 BGB findet auf eine Vormerkung zur Sicherung eines Eigentumsverschaffungsanspruchs deshalb keine Anwendung (ebenso BayObLG aaO; unzutreffend daher OLG Hamm Rpfleger 1984, 426; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 28 Rdn. 9; Drischler, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 28 Anm. 7).
17
bb) Wird ein nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung aus einem der Vormerkung vorgehenden dinglichen Recht angeordnetes Zwangsversteigerungsverfahren durchgeführt, beschränkt sich die Wirkung der Vormerkung nach § 883 Abs. 2 BGB somit darauf, dass die durch die Beschlagnahme eingetretene relative Verfügungsbeschränkung des Schuldners einen Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten vor Erteilung des Zuschlags nicht hindert. Da die Geltendmachung des vorrangigen dinglichen Rechts demgegenüber nicht vormerkungswidrig ist, hat die Vormerkung insoweit keine Wirkung; insbesondere findet eine Rückbeziehung des Rechtserwerbs auf den Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung nicht statt. Das Verfahren ist deshalb gemäß § 26 ZVG fortzusetzen (ebenso: Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 28 Anm. 4.8.c; Eickmann, Zwangsvollstreckungsrecht , 2. Aufl., S. 103; Steiner/Eickmann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 28 Rdn. 16; Hock/Mayer, Immobiliarvollstreckung, 2. Aufl., Rdn. 143; Assmann, Die Vormerkung, 1998, S. 231 f.; Jursnik, MittBayNot 1999, 433, 436; Weirich, DNotZ 1989, 143; Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 26 Rdn. 2; Fischer/Schaefer, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Reich und in Preußen, 2. Aufl., § 26 Anm. 4; a.A. [Anwendung von § 28 ZVG]: OLG Hamm aaO; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl. § 883 Rdn. 38; Böttcher, aaO, § 28 Rdn. 9; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., S. 216; Hintzen, Handbuch der Immobiliarvollstreckung, 3. Aufl., C Rdn. 141 a.E.; Drischler, aaO, § 28 Anm. 1b; Lippross, Vollstreckungsrecht, 9. Aufl., Rdn. 572).
18
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf die Rechtsstellung der Erwerber sachgerecht, welche trotz der Beschlagnahme im Verhältnis zu dem betreibenden Gläubiger ebenfalls wirksam Eigentum erwerben, nämlich auf der Grundlage von § 878 BGB oder von § 892 BGB. Für diesen Fall steht außer Frage , dass § 26 ZVG Anwendung findet und das Zwangsversteigerungsverfahren deshalb ohne weiteres, also ohne Umschreibung und ohne erneute Zustellung des Titels, gegen den alten Schuldner fortzusetzen ist (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 28 Steiner/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 26 Rdn. 2 f.; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 26 Rdn. 1; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 12. Aufl., § 26 Rdn. 1; Jursnik, MittBayNot 1999, 433, 435). Maßgeblich hierfür ist die Überlegung , dass das dingliche Recht, aus dem die Vollstreckung betrieben wird, diesen Erwerbern gegenüber Bestand hat und sie deshalb mit einer Vollstreckung durch den Gläubiger rechnen müssen (vgl. Steiner/Teufel, aaO; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt /Muth, aaO). Einen Grund, den infolge der Wirkungen des § 883 Abs. 2 BGB Erwerbenden besser zu stellen, obwohl er das dem Zwangsversteigerungsverfahren zugrunde liegende dingliche Recht gleichermaßen gegen sich gelten lassen muss, besteht nicht (so zutreffend Assmann, Die Vormerkung, 1998, S. 232). Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Hagen, Entscheidung vom 23.05.2005 - 31 K 187/04 -
LG Hagen, Entscheidung vom 08.07.2005 - 3 T 345/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 142/05
vom
18. Mai 2006
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Besteht bei einem Grundstück ein ernstzunehmender Altlastenverdacht, muss das
Vollstreckungsgericht bei der Verkehrswertermittlung den Verdachtsmomenten
nachgehen und alle zumutbaren Erkenntnisquellen über die Bodenbeschaffenheit
nutzen. Kosten für ein Bodengutachten sind jedenfalls dann aufzuwenden, wenn
sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Auswirkungen stehen, die das Gutachten
auch angesichts der Aussagekraft vorhandener
Unterlagen auf den festzusetzenden Verkehrswert haben kann.
BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - V ZB 142/05 - LG Lüneburg
AG Winsen/Luhe
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Mai 2006 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 8. August 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligte zu 4 betreibt die Zwangsvollstreckung in mehrere ehemals als Gewerbefläche genutzte Grundstücke. Auf dem etwa 73.000 qm großen Gelände sollen sich eine Geflügelmastanstalt, Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten sowie eine durch Brand zerstörte Kunststofffabrik befunden haben. Im Hinblick auf diese Nutzungen ist das Gelände im Altstandortkataster des zuständigen Landkreises verzeichnet. Ob die Grundstücke tatsächlich kontaminiert sind, ist unbekannt, da Bodenuntersuchungen bislang nicht stattgefunden haben.
2
Die erste Verkehrswertfestsetzung des Amtsgerichts wurde in der Beschwerdeinstanz unter anderem deshalb aufgehoben, weil das zugrunde liegende Sachverständigengutachten nicht erkennen ließ, wie sich die Möglichkeit einer Bodenverunreinigung auf den Wert der Grundstücke auswirkt. Das Beschwerdegericht hielt es allerdings nicht für erforderlich, ein Bodenprobengutachten einzuholen , sondern für ausreichend, die mögliche Kontaminierung bei der Wertberechnung zu berücksichtigen. Der Sachverständige minderte darauf hin den von ihm ermittelten Bodenwert aufgrund eines „vagen Altlastenverdachts“ um fünf Prozent.
3
Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht den Verkehrswert für das ehemalige Gewerbegelände auf insgesamt 1.735.436,40 € festgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 2 erreichen, dass der Verkehrswert der Grundstücke unter Berücksichtigung eines einzuholenden Altlastengutachtens neu festgesetzt wird.

II.

4
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
5
1. Das Beschwerdegericht meint, die bloße Möglichkeit einer Bodenverunreinigung reiche nicht aus, um im Rahmen der Verkehrswertfestsetzung Bodenproben zu veranlassen. Konkrete Anhaltpunkte, dass die zu versteigernden Grundstücke tatsächlich kontaminiert seien, lägen nicht vor. Im Altstandortkataster würden sie nur als Flächen geführt, auf denen möglicherweise mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden sei. Auch in der von dem Beteiligten zu 2 eingereichten Stellungnahme der H. GmbH werde die Wahrscheinlichkeit einer Verunreinigung nicht bewertet, sondern lediglich der Verdacht geäußert, dass das Gelände mit LCKW sowie mit Öl- und Kraftstoffrückständen belastet sei. Bei dieser Sachlage trage die von dem Sachverständi- gen vorgenommene Minderung des Bodenwerts um fünf Prozent der möglichen Bodenverunreinigung ausreichend Rechnung.
6
2. Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2 zulässig ist (§ 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG); denn der Schuldner kann die Verkehrswertfestsetzung unabhängig davon anfechten, ob er eine Herauf- oder eine Herabsetzung des Grundstückswerts erstrebt (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Februar 2004, IXa ZB 185/03, WM 2004, 1040).
8
b) Nicht gefolgt werden kann aber der Auffassung des Beschwerdegerichts , die mögliche Kontaminierung der zu versteigernden Grundstücke sei bei der Festsetzung ihres Verkehrswerts in ausreichender Weise berücksichtigt worden.
9
aa) (1) Die Wertermittlung und -festsetzung gemäß § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG soll einer Verschleuderung des beschlagnahmten Grundstücks entgegenwirken (vgl. §§ 74a, 85a Abs. 1 ZVG) und den Bietinteressenten eine Orientierungshilfe für ihre Entscheidung geben (vgl. BGH, Urt. v. 6. Februar 2003, III ZR 44/02, WM 2003, 2053; Urt. v. 9. März 2006, III ZR 143/05, WM 2006, 867, 868); sie muss daher auf eine sachgerechte Bewertung des Grundstücks ausgerichtet sein (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Februar 2004, IXa ZB 185/03, WM 2004, 1040, 1041). Das Vollstreckungsgericht ist deshalb verpflichtet, alle den Grundstückswert beeinflussenden Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art sorgfältig zu ermitteln und bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Anm. 7.5.).
10
Wie sich der - allgemein anerkannte Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken enthaltenden (vgl. Senat, Urt. v. 12. Januar 2001, V ZR 420/99, WM 2001, 997) - Wertermittlungsverordnung 1988 (Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken vom 6. Dezember 1988 - WertV - BGBl. I S. 2209) entnehmen lässt, gehört zu den wertbeeinflussenden Eigenschaften eines Grundstücks die Beschaffenheit des Bodens und dessen Belastung mit Ablagerungen (vgl. § 5 Abs. 5 Satz 1 iVm § 3 Abs. 2 WertV). Bestehen ernstzunehmende Anhaltspunkte, dass der Boden eines beschlagnahmten Grundstücks verunreinigt sein könnte, ist das Gericht deshalb grundsätzlich gehalten, mit sachverständiger Hilfe zu ermitteln, ob eine Kontaminierung vorliegt und wie schwerwiegend diese gegebenenfalls ist (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 66 Anm. 6.2.c). Es muss Verdachtsmomenten nachgehen und alle zumutbaren Erkenntnisquellen über eine etwaige Verunreinigung nutzen (vgl. zur entsprechenden Pflicht eines Sachverständigen: Kleiber/Simon, Marktwertermittlung, 6. Aufl., § 5 WertV Rdn. 152; Sprengnetter, Grundstücksbewertung , Stand August 2002, S. 9/5/5/1).
11
(2) Konkrete Anhaltspunkte für eine Bodenverunreinigung ergeben sich hier aus der auf einem Altlastenverdacht beruhenden Eintragung der beschlagnahmten Grundstücke in das Altstandortkataster des zuständigen Landkreises. Dem steht, anders als das Beschwerdegericht meint, nicht entgegen, dass die Grundstücke dort nur als Fläche geführt werden, auf der möglicherweise mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist. Die frühere Nutzung des Grundstücks kann nämlich bereits einen ernstzunehmenden Altlastenverdacht begründen. Bei bestimmten Nutzungen, darunter die hier in Frage kommende Herstellung von Kunststoffen, ist einem Grundstück der Altlastenverdacht gewissermaßen auf die „Stirn geschrieben“ (Kleiber/Simon, Marktwertermittlung, 6. Aufl., § 5 WertV Rdn. 152 u. 155). Auch Kfz-Reparaturwerkstätten, die sich ebenfalls auf den beschlagnahmten Grundstücken befunden haben sollen, gelten insoweit als Risikonutzungen (Joeris/J.Simon in: Simon/Kleiner/Joeris/Simon, Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten, 8. Aufl., Rdn. 3.78).
12
bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts entspricht es nicht sachgerechter Verkehrswertermittlung, dass das Amtsgericht den Altlastenverdacht durch einen pauschalen Abschlag vom Bodenwert berücksichtigt hat.
13
Da dem Altlastenverdacht in keiner Weise nachgegangen worden ist, es also an jeglichen Befundtatsachen hinsichtlich der tatsächlichen Bodenbeschaffenheit der zu bewertenden Grundstücke fehlt, kann es sich hierbei nur um einen Abschlag handeln, der dem - im Hinblick auf die mögliche Bodenbelastung bestehenden - Erwerbsrisiko Rechnung tragen soll. Ein solcher, rein spekulativer „Risikoabschlag“ widerspricht aber dem für die Verkehrswertermittlung geltenden Gebot, das Vorhandensein oder die Abwesenheit wertbeeinflussender Eigenschaften des zu begutachtenden Gegenstands zuverlässig festzustellen (vgl. Kleiber, WiVerw 1990, 200, 201 f. sowie Zimmermann in LambertLang /Tropf/Frenz, Handbuch der Grundstückspraxis, 2. Aufl., Teil 17 Rdn. 72 f.); er kommt daher allenfalls in Betracht, wenn weitere Erkenntnisse über die Beschaffenheit des Gegenstands nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand erlangt werden können.
14
Hinzukommt, dass die Höhe des Abschlags in dem der Verkehrswertfestsetzung zugrunde liegenden Gutachten nicht begründet worden ist, so dass auch nicht nachvollzogen werden kann, vor welchem Hintergrund sich der Sachverständige - der im übrigen Bodenuntersuchungen durch Fachfirmen empfohlen hatte - für einen Abschlag von fünf Prozent des Bodenwerts entschieden hat.
15
cc) Auf weitere Ermittlungen zu der Bodenbeschaffenheit durfte auch nicht im Hinblick darauf verzichtet werden, dass Bodengutachten zeitaufwendig und teuer sind.
16
(1) Die Zwangsversteigerung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum des Schuldners dar. Der Eingriff ist durch das Interesse des Gläubigers an der Befriedigung seiner Forderung zwar gerechtfertigt, erfordert aber - weil der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG berührt ist - eine Verfahrensgestaltung, die den Belangen des Schuldners ausreichend Rechnung trägt (vgl. BVerfGE 46, 325, 333 ff.; 49, 220, 225; BGH, Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 27/04, WM 2005, 136, 138). Hierzu zählen insbesondere Vorkehrungen, die eine - auch im Interesse der Gläubiger liegende - angemessene Verwertung des beschlagnahmten Grundstücks fördern und seiner Verschleuderung entgegenwirken (so zutreffend Budde, Rpfleger 1991, 189, 190; vgl. auch Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 66 Anm. 6.2.c).
17
Da eine richtige und vollständige Wertfestsetzung maßgeblich dazu beiträgt , dass die Versteigerung zu einem angemessenen Verwertungserlös führt, müssen die dafür notwendigen - gemäß § 109 Abs. 1 ZVG zu Lasten des Versteigerungserlöses gehenden - Kosten aufgebracht werden, wenn sie nicht unverhältnismäßig sind (vgl. Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., Anm. C 2.1.2, S. 384). Kosten für Spezialgutachten sind jedenfalls dann aufzuwenden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Auswirkungen stehen, die das Ergebnis des Gutachtens - auch angesichts der Aussagekraft vorhandener Unterlagen - auf den festzusetzenden Verkehrswert des Grundstücks haben kann. Dabei werden Kosten umso eher als angemessen anzusehen sein, je stärker der Verkehrswert des Grundstücks von der Eigenschaft beeinflusst wird, deren Ermittlung das Gutachten zu dienen bestimmt ist. In demselben Maß wächst nämlich die Gefahr einer Verschleuderung des Grundstücks. Der Verdacht, dass ein Grundstück stark wertmindernde Eigenschaften besitzt, führt in aller Regel dazu, dass Bietinteressenten, sofern sie überhaupt noch an einem Erwerb interessiert sind, nur geringe Gebote abgeben; diese werden umso geringer sein, je größer das mit dem Verdacht verbundene Risiko ist (vgl. Dorn, Rpfleger 1988, 298, 301). Das begründet bei Grundstücken, bei denen der Verdacht unbegründet, aber nicht ausgeräumt worden ist, die Gefahr, dass sie weit unter ihrem tatsächlichen Verkehrswert versteigert, mithin verschleudert werden.
18
(2) Nach diesen Grundsätzen sind die Kosten für ein orientierendes Bodenprobegutachten , die nach den Angaben des Sachverständigen 10.000 bis 15.000 € betragen, im vorliegenden Fall nicht unverhältnismäßig. Der Sachverständige hat den Wert der zu versteigernden Grundstücke - ohne Berücksichtigung des Altlastenverdachts - auf über 1,8 Mio. € geschätzt. Dem steht das Risiko gegenüber, dass der tatsächliche Wert des Grundstücks wegen der Kontaminierung des Bodens gegen Null geht. Von einem solchen Risiko ist auszugehen, weil die Kosten für die Sanierung eines belasteten Grundstücks den - ohne Altlasten gegebenen - Verkehrswert ohne weiteres übersteigen können (vgl. Dieterich in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2004, § 194 Rdn. 106; Freise in Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand Dezember 2005, § 5 WertV Rdn. 77) und Anhaltspunkte, die hier zu der Annahme berechtigen, dass etwa erforderliche Sanierungskosten hinter dem Verkehrswert des Grundstücks zurückbleiben werden, nicht ersichtlich sind.
19
Dass der zuständige Landkreis derzeit keinen Anlass sieht, dem Altlastenverdacht nachzugehen, mindert das angenommene Risiko nicht. Zum einen muss ein Erwerber damit rechnen, dass sich der Erkenntnisstand über das Vorliegen schädlicher Bodenbelastungen ändert und er dann als Eigentümer zu Sanierungsmaßnahmen herangezogen wird (vgl. § 4 Abs. 3 BBodSchG). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die - als Bauerwartungsland eingestuften - Grundstücke nur bebaut werden können, nachdem etwaige Bodenverunreinigungen beseitigt worden sind. Das ergibt sich aus der Auskunft des zuständigen Landkreises vom 7. Juni 2005, wonach die Erteilung einer Baugenehmigung davon abhängt, dass der bestehende Altlastenverdacht entweder ausgeräumt oder das Grundstück saniert wird. Wer das Grundstück in der Erwartung seiner künftigen Bebaubarkeit erwirbt, muss deshalb davon ausgehen, dass dies - sollte der Altlastenverdacht begründet sein - nur nach einer Bodensanierung, deren Kosten derzeit unkalkulierbar sind, möglich ist.

III.

20
Der angefochtene Beschluss ist somit aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO), damit dieses die in seinem Ermessen stehende Entscheidung treffen kann, ob es die notwendigen Ermittlungen zur Bodenbeschaffenheit der beschlagnahmten Grundstücke selbst durchführt oder ob es die Sache an das Amtsgericht zurückverweist und diesem die erforderliche Anordnung überträgt (§ 572 Abs. 3 ZPO).
21
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Zur Ermittlung der Bodenbeschaffenheit bietet sich zunächst die Einholung eines orientierenden Bodengutachtens an, wie es der Sachverständige auf Seite 3 seiner ersten Stellungnahme vom 12. November 2003 vorgeschlagen hat. Sollte sich anschließend die Notwendigkeit weiterer Bodenuntersuchungen ergeben, wird unter Berücksichtigung der durch das erste Gutachten gewonnenen Erkenntnisse zu prüfen sein, ob die Kosten einer weiteren Untersuchung noch verhältnismäßig sind, also in einem angemessenen Verhältnis zu den Auswirkungen stehen, die das Ergebnis des weiteren Gutachtens auf die Verkehrswertfestsetzung haben kann. In diesem Fall ist die Aufklärung der Bodenbeschaffenheit fortzusetzen; andernfalls ist der Verkehrswert der Grundstücke auf der Grundlage der durch das erste Bodengutachten gewonnenen Erkenntnisse und unter Berücksichtigung der verbleibenden Ungewissheit über die Bodenbeschaffenheit zu schätzen.

IV.

22
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten fallen weder für die sofortige Beschwerde noch für die Rechtsbeschwerde an (vgl. Nr. 2240 bis 2243 KV-GKG). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeführers kommt nicht in Betracht, da sich die Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens im Wertfestsetzungs-Beschwerdeverfahren nicht als Parteien gegenüberstehen (vgl. Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 74a Anm. 9.6 u. Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 9. Aufl., Anm. C 2.4.3, S. 407 unter Hinweis auf die Möglichkeit, sich wegen der Kosten gemäß § 10 Abs. 2 ZVG aus dem Grundstück zu befriedigen). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Winsen (Luhe), Entscheidung vom 08.12.2004 - 10 K 2/01 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 08.08.2005 - 4 T 1/05 -

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.