Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Apr. 2013 - V ZB 77/12

bei uns veröffentlicht am18.04.2013
vorgehend
Landgericht Münster, 5 T 33/10, 23.09.2010
Oberlandesgericht Hamm, 15 W 605/10, 28.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 77/12
vom
18. April 2013
in der Notarkostensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KostO § 44 Abs. 2, § 39 Abs. 2
Wird in einem zwischen einem Elternteil und einem seiner Kinder geschlossenen
Grundstückübertragungsvertrag ein Pflichtteilsverzicht der Geschwister mitbeurkundet
, handelt es sich um verschiedene Gegenstände im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO,
so dass der Verzicht neben dem Übertragungsvertrag gesondert zu bewerten ist.
Ein mit der Zahlung einer Abfindung verbundener Pflichtteilsverzicht stellt einen Austauschvertrag
im Sinne des § 39 Abs. 2 KostO zwischen dem Elternteil und den weichenden
Geschwistern dar. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Geschwister
den Abfindungsbetrag direkt vom Übernehmer des Grundstücks erhalten sollen.
BGH, Beschluss vom 18. April 2013 - V ZB 77/12 - OLG Hamm
LG Münster
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. April 2013 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Kostengläubigers wird der Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. März 2012 aufgehoben.
Die Beschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 23. September 2010 wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 249,90 €.

Gründe:


I.

1
Der Kostengläubiger (fortan: Notar) beurkundete am 30. November 2007 einen als „Übergabe- und Abfindungsvertrag“ überschriebenen Vertrag. An dem Vertrag waren der Kostenschuldner (fortan: Übernehmer), seine Mutter (fortan: Übergeberin) und seine beiden Geschwister beteiligt. In dem Vertrag übertrug die Übergeberin dem Übernehmer ein Hausgrundstück im Wert von 260.000 €, während der Übernehmer ihr ein Wohnungsrecht hieran einräumte. Zugleich verpflichtete er sich, den Geschwistern einen Abfindungsbetrag von je 40.000 € zu zahlen. Diese wiederum verzichteten bezüglich des übertragenen Grundstücks und hinsichtlich aller ihnen von ihren Eltern bisher gemachten Zuwendungen auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Für die Beurkundung erhob der Notar gegenüber dem Übernehmer gemäß §§ 141, 32, 36 Abs. 2 KostO eine Gebühr von 1.407,22 € nach einem Geschäftswert von 340.000 €, der sich aus einem Wert von 260.000 € für den „Übertragungsvertrag“ und einem Wert von 80.000 € für den „Abfindungsvertrag“ zusammensetz- te.
2
Der Präsident des Landgerichts beanstandete die Bewertung des Erbverzichts und wies den Notar an, die Kostenrechnung dem Landgericht zur Entscheidung vorzulegen. Dieses hat die „Beschwerde“ zurückgewiesen. Auf das - weisungsgemäß erhobene - Rechtsmittel des Notars hat das Oberlandesgericht die Kostenrechnung dahingehend abgeändert, dass es einen Gesamtge- schäftswert von 266.000 € zugrunde gelegt und demgemäß die Gebühr auf 1.157,32 € reduziert hat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des No- tars.

II.


3
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haben die Beteiligten den Übergabevertrag und den mit einer Abfindungszahlung verbundenen Pflichtteilsverzicht durch eine Austauschbeziehung im Sinne des § 39 Abs. 2 KostO verknüpft und dadurch ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO, nämlich einen Austauschvertrag gestaltet. Maßgeblich für dessen Bewertung sei der Wert des übertragenen Grundstücks. Gesondert zu bewerten sei lediglich der über den Austauschvertrag hinausgehende Pflichtteilsverzicht der Ge- schwister, soweit er sich auf die „von den Eltern bisher gemachten Zuwendungen“ beziehe. Hierfür sei ein Wert von 6.000 € anzusetzen.

III.


4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 156 Abs. 4 Satz 1 KostO i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil sie von dem Beschwerdegericht zugelassen worden ist. Sie ist nach §§ 71 f. FamFG und § 156 Abs. 3 Satz 2 KostO auch sonst zulässig. Diese Vorschriften sind nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG auf den vorliegenden Altfall anwendbar. Die angegriffenen Kostenrechnungen sind zwar vor dem Inkrafttreten der Änderung des § 156 KostO erteilt. Maßgeblich ist aber, dass der Antrag auf gerichtliche Nachprüfung erst danach gestellt worden ist (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2010 – V ZB 52/11, NJW-RR 2012, 209).
5
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Zu Recht hat der Notar die Gebühr aus den zusammengerechneten Werten des Übergabevertrages und des Pflichtteilsverzichts berechnet. Den Wert des Pflichtteilsverzichts hat er zu- treffend mit 80.000 € angesetzt.
6
1. Zu Unrecht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Beurkundung des - gegenständlich beschränkten - Pflichtteilsverzichts der weichenden Geschwister gemäß § 44 Abs. 1 KostO gegenüber dem Übergabevertrag keine besondere Vergütung auslöst. Der Übergabevertrag und der Pflichtteilsverzicht haben nicht denselben Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO.
7
a) Denselben Gegenstand betreffen alle zur Begründung, Feststellung, Anerkennung, Übertragung, Aufhebung, Erfüllung oder Sicherung eines Rechtsverhältnisses niedergelegten Erklärungen der Partner des Rechtsverhältnisses samt allen Erfüllungs- und Sicherungsgeschäften auch dritter Perso- nen oder zu Gunsten dritter Personen. Ob mehrere gleichzeitig beurkundete Rechtsverhältnisse denselben oder einen verschiedenen Gegenstand haben, hängt daher von dem Bestehen eines inneren Zusammenhangs zwischenden Rechtsverhältnissen ab. Je mehr das mitbeurkundete weitere Rechtsverhältnis von dem Hauptgeschäft abhängt, desto eher ist Gegenstandsgleichheit anzunehmen. Auch wenn die Vertragspartner zur Erreichung des von ihnen erstrebten wirtschaftlichen Zieles mehrere Rechtsverhältnisse in der Weise verbunden haben, dass ein einheitliches Rechtsverhältnis eigener Art entsteht, besteht ein enger innerer Zusammenhang und damit Gegenstandsgleichheit (Senat, Beschluss vom 21. November 2002 – V ZB 29/02, BGHZ 153, 22, 28).
8
b) Zwischen dem Übergabevertrag und dem Pflichtteilsverzicht besteht kein innerer Zusammenhang in dem vorstehend beschriebenen Sinn (nahezu einhellige Meinung, vgl. LG Kassel, JurBüro 2009, 323, 324; Assenmacher/ Mathias/Göttlich/Mümmler, KostO, 16. Aufl., „Übergabevertrag“; Korintenberg/ Bengel/Tiedtke, KostO, 18. Aufl., § 44 Rn. 121, 241; Rohs/Wedewer, KostO [Stand August 2012], § 39 Rn. 11, § 44 Rn. 7z; Notarkasse München, Streifzug durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rn. 2009; Filzek, KostO, 4. Aufl., § 44 Rn. 16; Waldner, KostO, 7. Aufl., Rn. 138; Tiedtke, ZNotP 2006, 245, 250; ders. in ZNotP 2005, 240; Mümmler, JurBüro 1988, 1640; Ackermann, Rpfleger 1966, 241, 244; offengelassen BayObLG, MittBayNot 1998, 372, 373; a. A. für den Fall, dass der Verzicht ausdrücklich als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung ausgestaltet ist, OLG Frankfurt, JurBüro 1998, 430). Das von den Beteiligten angestrebte zentrale Rechtsverhältnis, von dem aus zu beurteilen ist, in welcher Beziehung zu ihm die in der notariellen Urkunde niedergelegten Erklärungen stehen, ist der Übergabevertrag. Zu diesem Vertrag stellt der Pflichtteilsverzicht der weichenden Geschwister kein Erfüllungs- oder Sicherungsgeschäft dar. Er dient allein dem Schutz des Übernehmers vor späteren Pflichtteilsergänzungsansprüchen seiner Geschwister und der Vermeidung späterer Erbstreitigkeiten, nicht aber der Sicherung oder Erfüllung des Übergabevertrages. Der Umstand, dass der Übergabevertrag möglicherweise nicht ohne den Pflichtteilsverzicht geschlossen worden wäre, rechtfertigt es nicht, die jeweils selbständigen Rechtsverhältnisse kostenrechtlich als eine Einheit zu behandeln (BayOblG, JurBüro 1988, 891, 892; Mümmler, JurBüro 1988, 1640). Der Übergabevertrag und der Pflichtteilsverzicht bilden auch nicht ein Rechtsverhältnis eigener Art. Ein solches Rechtsverhältnis entsteht nicht schon dadurch, dass die getroffenen Vereinbarungen das gemeinsame Ziel haben, die wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten zu einem Ausgleich zu bringen.
9
2. Da der Pflichtteilsverzicht der weichenden Geschwister im Verhältnis zu dem Übergabevertrag gegenstandsverschieden ist, erhöht sich der Geschäftswert für die 20/10-Gebühr des § 36 Abs. 2 KostO um den Wert des Pflichtteilsverzichts (§ 44 Abs. 2a KostO). Dessen Wert ist in der Kostenbe- rechnung zutreffend mit 80.000 € angesetzt worden.
10
Der mit der Zahlung einer Abfindung verbundene Pflichtteilsverzicht stellt einen Austauschvertrag im Sinne des § 39 Abs. 2 KostO zwischen der Übergeberin und den weichenden Geschwistern dar. Diese haben gegenüber der Übergeberin auf den Pflichtteil verzichtet und werden dafür von dieser mit ei- nem Betrag von 80.000 € abgefunden. Der Annahme einer Austauschleistung der Übergeberin steht nicht entgegen, dass die Geschwister den Abfindungsbetrag direkt vom Übernehmer erhalten sollen. Indem der Übernehmer, der sich hierzu gegenüber der Übergeberin vertraglich verpflichtet hat, die Auszahlung unmittelbar an die Geschwister vornehmen sollte, wurde lediglich vermieden, dass das Geld den Umweg über die Übergeberin nimmt. Diese „abgekürzte“ Zahlung ändert aber nichts daran, dass es sich um eine Leistung der Übergeberin im Hinblick auf den Pflichtteilsverzicht der weichenden Geschwister handelt (vgl. BayOblG, MittBayNot 1998, 372, 373; Notarkasse München, Streifzug durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rn. 2011; Rohs/Wedewer, KostO [Stand August 2012], § 39 Rn. 14). Der Umstand, dass die Abfindungszahlung zugleich auch eine Austauschleistung des Übernehmers an die Übergeberin ist, steht deren Berücksichtigung als Austauschleistung im Verhältnis zwischen der Übergeberin und den Geschwistern nicht entgegen. Denn bei dem Übergabevertrag und dem Pflichtteilsverzichtsvertrag handelt es sich um selbständige, mit unterschiedlichen Leistungspflichten verbundene Rechtsverhältnisse, deren Wert unabhängig von dem des jeweils anderen Rechtsverhältnisses zu bestimmen ist (vgl. Rohs/Wedewer, KostO [Stand August 2012], § 39 Rn. 14 Fn. 28). Der Wert des Pflichtteilsverzichtsvertrages bemisst sich daher gemäß § 39 Abs. 2 KostO nach dem Abfindungsbetrag von 80.000 €, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Wert des Verzichts höher als die Abfindung ist.
11
Anders als der Präsident des Landgerichts meint, ist der Abfindungsbetrag auch nicht von dem Wert des Pflichtteilsverzichts abzuziehen. Der Wert des Verzichts wird nicht dadurch gemindert, dass er an eine Abfindungszahlung geknüpft wird. In Abzug zu bringen sind lediglich solche Vermögenswerte, die dem Verzichtenden bereits vor dem Vertragsschluss unter Anrechnung auf seinen Pflichtteilsanspruch (§ 2315 BGB) zugewendet worden waren, da insoweit kein Pflichtteilsrecht mehr besteht (Filzek, KostO, 4. Aufl., § 30 KostO, Rn. 4 „Wert eines Pflichtteilsverzichts“; Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 18. Aufl., § 39 Rn. 30a; Notarkasse, München, Streifzug durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rn. 618). Um eine solche Fallgestaltung geht es hier jedoch nicht.

IV.


12
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, § 131 Abs. 3 KostO i.V.m. § 156 Abs. 6 Satz 2 KostO. Kosten werden nicht erstattet.
Stresemann Roth Brückner
Weinland Kazele

Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 23.09.2010 - 5 T 33/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 28.03.2012 - I-15 W 605/10 -

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 156 Hinwirken auf Einvernehmen


(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2315 Anrechnung von Zuwendungen auf den Pflichtteil


(1) Der Pflichtteilsberechtigte hat sich auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen, was ihm von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet worden ist, dass es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. (2) Der

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2002 - V ZB 29/02

bei uns veröffentlicht am 21.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 29/02 vom 21. November 2002 in der Notarkostensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja KostO §§ 44 Abs. 1 und 2, 156 Abs. 6 S. 2 a) Die gleichzeitige Anmeldung der Abberufung und der Neubestellung von.

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht kann anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen. Es kann ferner anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach Satz 2 teilnehmen. Die Anordnungen nach den Sätzen 3 und 4 sind nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.

(2) Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Kann in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, eine einvernehmliche Regelung im Termin nach § 155 Abs. 2 nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Wird die Teilnahme an einer Beratung, an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder einer sonstigen Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet, soll das Gericht in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen. Das Gericht soll das Kind vor dem Erlass einer einstweiligen Anordnung persönlich anhören.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 29/02
vom
21. November 2002
in der Notarkostensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
KostO §§ 44 Abs. 1 und 2, 156 Abs. 6 S. 2

a) Die gleichzeitige Anmeldung der Abberufung und der Neubestellung von Geschäftsführern
einer GmbH zur Eintragung in das Handelsregister hat verschiedene
Gegenstände im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO.

b) Hat der Notar auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde gegen die Entscheidung
des Landgerichts über Einwendungen gegen die Kostenberechnung
weitere Beschwerde erhoben, kann die hierauf ergehende gerichtliche Entscheidung
nur dann auf eine Erhöhung der Kostenberechnung lauten, wenn der Notar
bereits Erstbeschwerde mit dem Ziel der Erhöhung auf Weisung der Dienstbehörde
eingelegt hatte.
BGH, Beschl. v. 21. November 2002 - V ZB 29/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. November 2002 durch
die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde des Kostengläubigers wird der Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Februar 2002 aufgehoben.
Die Weisungsbeschwerde des Kostengläubigers wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 26

Gründe:

I.

Der Kostengläubiger wurde von der Kostenschuldnerin, einer GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM, beauftragt, das Ausscheiden des Geschäftsführers N. O. sowie die Bestellung der neuen Geschäftsführer O. M. und Y. S. zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Er entwarf eine entsprechende Anmeldungserklärung, beglaubigte die Unterschrift des anmeldenden Geschäftsführers und nahm die Anmeldung vor. Für diese Tätigkeit erhob er gemäß §§ 38 Abs. 2 Nr. 7, 26, 44 Abs. 2
KostO eine Gebühr in Höhe von 130 DM nach einem Geschäftswert von 100.000 DM.
Der Präsident des Landgerichts beanstandete den doppelten Ansatz des Einzelwerts von 50.000 DM bei der Berechnung des Geschäftswerts und wies den Kostengläubiger an, seine Kostenrechnung im Wege der Beschwerde durch das Landgericht überprüfen zu lassen.
Mit Beschluß vom 28. Februar 2002 hat das Landgericht die Kostenrechnung dahingehend abgeändert, daß es einen Geschäftswert von 50.000 DM zugrunde gelegt und demgemäß eine Gebühr von 80 DM angesetzt hat; nach seiner Ansicht betrifft die gleichzeitige Anmeldung der Abberufung des bisherigen Geschäftsführers und der Bestellung neuer Geschäftsführer denselben Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Kostengläubigers. Er vertritt die Auffassung, daß jede Änderung in der Person des Geschäftsführers als eintragungspflichtige Tatsache kostenrechtlich einen selbständigen Gegenstand darstelle, was bei mehreren Änderungen zu einer Wertaddition nach § 44 Abs. 2 KostO führe. Der für die Anwendung des § 44 Abs. 1 KostO erforderliche rechtliche Zusammenhang fehle im Fall der Abberufung und der Neubestellung von Geschäftsführern. Auch sei § 27 Abs. 3 Satz 3 KostO als Ausnahmeregelung nicht übertragbar.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf möchte die weitere Beschwerde zurückweisen. Hieran sieht es sich durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. September 1962 (DNotZ 1963, 500), des Oberlandes-
gerichts Frankfurt vom 15. Juni 1966 (DNotZ 1967, 332), des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Dezember 1970 (JurBüro 1971, 349) und des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 12. September 2000 (FGPrax 2000, 252) gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist statthaft (§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
1. Das vorlegende Gericht hält an seiner bereits im Beschluß vom 26. Mai 1988 (JurBüro 1988, 1371) geäußerten Ansicht fest, daß es sich bei der gleichzeitigen Anmeldung des Ausscheidens eines Geschäftsführers und der Bestellung eines neuen Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister um denselben Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 KostO handele. Vom Standpunkt der Gesellschaft aus gesehen sei Gegenstand beider Anmeldungen die organschaftliche Vertretung der GmbH gegenüber Dritten. Lediglich in der Person des Vertreters sei ein Wechsel eingetreten. Zwischen beiden Anmeldungen bestehe zwar kein zwingender, wohl aber ein innerer und tatsächlicher Zusammenhang, weil die Neubestellung regelmäßig im Hinblick auf das Ausscheiden des bisherigen Geschäftsführers erfolge. Für diese Auffassung spreche auch der Rechtsgedanke des § 27 Abs. 3 Satz 3 KostO, wonach mehrere Wahlen oder Wahlen zusammen mit Entlastungsbeschlüssen als ein Beschluß gelten.
Demgegenüber haben die genannten anderen Oberlandesgerichte in ihren auf weitere Beschwerden ergangenen Entscheidungen die Auffassung vertreten , daß die gleichzeitige Anmeldung der Abberufung und der Neubestellung von Geschäftsführern zur Eintragung in das Handelsregister jeweils voneinander unabhängige Rechtsverhältnisse betreffe, die nicht so eng zusammenhingen , daß sie kostenrechtlich als gegenstandsgleich behandelt werden könnten. Es werde nicht die abstrakte Geschäftsführung, sondern die konkrete Person und die bei ihr eingetretene Änderung angemeldet, was bei mehreren Personen auch zu mehreren selbständigen Verfahrensgegenständen führe.
Das vorlegende Oberlandesgericht und die genannten anderen Oberlandesgerichte sind mithin unterschiedlicher Auffassung in der Frage, ob die gleichzeitige Anmeldung des Ausscheidens und der Bestellung eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister denselben Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO haben. Dies trägt die Vorlage.
2. Der Statthaftigkeit steht auch nicht entgegen, daß das Vorlageverfahren bei der Notarkostenbeschwerde erst durch Art. 33 Nr. 3 des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozeßreformgesetz – ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) eingeführt worden ist und die Auffassung des vorlegenden Gerichts von Entscheidungen abweicht , die vor dem 1. Januar 2002 ergangen sind. Das Fehlen einer besonderen Übergangsvorschrift und der Sinn und Zweck der Neuregelung zeigen, daß auch die Abweichung von einer "alten“ Entscheidung zur Divergenzvorlage berechtigt und verpflichtet. Die vom Gesetzgeber durch die Einführung der Divergenzvorlage angestrebte Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Notarkostensachen (vgl. BT-Drs. 14/6036 S. 127) kann nur dann erreicht werden, wenn sämt-
liche noch ungeklärten Streitfragen einer Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht zugeführt werden.

III.


Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 156 Abs. 2, 4 KostO). Sie hat auch Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nämlich auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO), weil nicht § 44 Abs. 1 KostO, sondern § 44 Abs. 2 KostO anwendbar ist.
1. Die Frage, ob es sich bei der gleichzeitigen Anmeldung der Abberu- fung und der Bestellung von Geschäftsführern einer GmbH zur Eintragung in das Handelsregister um denselben Gegenstand im Sinne von § 44 Abs. 1 KostO oder um verschiedene Gegenstände (§ 44 Abs. 2 KostO) handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

a) Ebenso wie vom Landgericht und vom vorlegenden Oberlandesgericht wird in der Rechtsprechung anderer Gerichte und in der Literatur die Auffassung vertreten, daß die gleichzeitige Anmeldung denselben Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO betrifft, weshalb der Wert des § 26 Abs. 4 KostO nur einmal zugrunde zu legen ist (OLG Celle, JurBüro 1966, 692; OLG Stuttgart , Die Justiz 1979, 383 mit zust. Anm. von Lappe, Kostenrechtsprechung, 4. Aufl., § 44 KostO Nr. 33; OLG Köln, JurBüro 1987, 87 f mit zust. Anm. von Lappe, aaO , § 44 KostO Nr. 71; LG Kleve, DB 1988, 1007; LG Hannover, JurBüro 1993, 432; Rohs, Rpfleger 1963, 41, 43; Tschischgale, JurBüro 1963, 745; Lappe/Stöber, Kosten in Handelssachen, S. 93; Lappe, Justizkostenrecht,
2. Aufl., S. 110; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl., § 44 KostO Rdn. 10; vgl. auch Hornig, JVBl. 1957, 115, 118; Rohs, Rpfleger 1959, 44). Vom Standpunkt des Unternehmens aus gesehen handele es sich um das einheitliche Rechtsverhältnis der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft, in der durch Ausscheiden und Neubestellung von Geschäftsführern lediglich ein Wechsel in der Person des Vertreters, also nur eine Veränderung in der organschaftlichen Vertretung, erfolge. Das gleiche Ergebnis ergebe sich auch aus der Heranziehung oder entsprechenden Anwendung des § 27 Abs. 3 Satz 3 KostO, wonach mehrere Wahlen oder Wahlen zusammen mit Entlastungsbeschlüssen als ein Beschluß gelten. Da unter Wahlen auch die Abberufung von Geschäftsführern und deren Bestellung zu verstehen sei, lege diese Bestimmung den Schluß nahe, daß für die Anmeldung des Ergebnisses einer Wahl zur Eintragung in das Handelsregister nichts anderes gelten könne als für die Beurkundung der Wahlen selbst, weil der gleiche innere Zusammenhang bestehe. Außerdem erreiche die Gebühr eine unangemessene Höhe, wenn man den sich aus § 26 Abs. 4 KostO ergebenden Wert stets mit der Anzahl der vertretungsberechtigten Personen multipliziere, obwohl die Beurkundung keine nennenswerte Mehrarbeit für den Notar bedeute; sie könne den Wert für die erste Anmeldung sogar übertreffen, obwohl der Gesetzgeber für spätere Anmeldungen eine Kostenverringerung beabsichtigt habe, und außer Verhältnis zum Wert für mehrere gleichzeitige Eintragungen stehen.

b) Mehrheitlich wird dagegen die Auffassung vertreten, daß bei der gleichzeitigen Anmeldung der Abberufung, der Bestellung oder des Ausscheidens von Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern oder Prokuristen der Wert des § 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO für jede Person anzusetzen und die Einzelwerte nach § 44 Abs. 2 a KostO zu addieren sind (OLG Karlsruhe, DNotZ 1963, 500;
OLG Frankfurt, DNotZ 1967, 332; OLG Hamm, JurBüro 1971, 349 mit zust. Anm. von Lappe, Kostenrechtsprechung, 4. Aufl., § 44 KostO Nr. 36; KG, MittRhNotK 2000, 260 mit zust. Anm. Wagner, NZG 2000, 992, u. Tiedtke, ZNotP 2000, 287; OLG Zweibrücken, FGPrax 2000, 252; LG Kassel, JurBüro 2001, 151; LG Hannover, JurBüro 2002, 91 mit zust. Anm. Bund; Bühling, KostO, 5. Aufl., § 26 KostO Anm. 7 und Göttlich/Mümmler/Assenmacher/ Mathias, KostO, 14. Aufl. "Anmeldung“ Ziff. 2.2, „Geschäftsführer“ Ziff. 2, "Mehrere Erklärungen“ Ziff. 3.3.2; Weingärtner/Schöttler, Dienstordnung für Notarinnen und Notare, 8. Aufl., 2. Teil II. Rdn. 5; Reimann-Bengel in Korintenberg /Lappe/u.a., KostO, 15. Aufl., § 26 Rdn. 57 u. § 44 Rdn. 163; Hartmann /Albers, Kostengesetze, 31. Aufl., § 44 KostO Rdn. 31; Haferland, Praxis des Kostenrechts, 3. Aufl., Rdn. 472; Gustavus, Handelsregisteranmeldungen, 5. Aufl., A 96; Wenz, Rpfleger 1959, 42; ders., JurBüro 1963, 198; Ackermann DNotZ 1965, 537, 539 ff; ders., Rpfleger 1966, 241, 246; Goost, MittRhNotK 1968, 451, 473; Mümmler, JurBüro 1975, 1435, 1444 ff; Klein, MittRhNotK 1989, 62; Tiedtke, MittBayNot 1997, 14 (18)). Die Anmeldung über die Abberufung oder Bestellung von Geschäftsführern verlautbare die ihnen entzogene oder übertragene Vertretungsbefugnis und damit die Haftung des Unternehmens Dritten gegenüber. Die in der Anmeldung enthaltenen Erklärungen beträfen daher das Rechtsverhältnis jeder einzelnen vertretungsberechtigten Person zum vertretenen Unternehmen. Diese jeweils voneinander unabhängigen Rechtsverhältnisse bildeten als eintragungspflichtige Tatsachen (§ 15 HGB) jeweils selbständige Anmeldungsgegenstände, die nicht so eng miteinander zusammenhingen, als daß sie kostenrechtlich als ein Gegenstand behandelt werden könnten. Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 KostO sei zudem eng auszulegen , weil sie als Ausnahme von dem allgemeinen kostenrechtlichen Grundsatz
trotz Vorliegens verschiedener Gegenstände ein einheitliches Rechtsverhältnis fingiere.

c) Nach einer vereinzelt gebliebenen Auffassung liegen bei der Anmeldung der Abberufung einzelner Geschäftsführer jeweils selbständige Gegenstände vor, während eine gesonderte Bewertung der gleichzeitigen Anmeldung eines neuen Geschäftsführers entfallen könne, weil sie eine notwendige Ergänzung darstelle (Waldner, Kostenordnung für Anfänger, 6. Aufl., Rdn. 252).
2. Der Senat hält die vorstehend unter 1. b) dargestellte Auffassung für zutreffend. Danach haben die gleichzeitige Anmeldung der Abberufung und der Neubestellung von Geschäftsführern einer GmbH zur Eintragung in das Handelsregister verschiedene Gegenstände im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO.

a) Die Begriffe "derselbe Gegenstand" - "verschiedene Gegenstände" in § 44 Abs. 1 und 2 KostO stammen aus der früheren Gesetzgebung. Nach der alten preußischen Praxis nahm man denselben Gegenstand an, wenn mehrere Erklärungen dasselbe Wirtschaftsgut betrafen; Gegenstand und Wirtschaftsgut wurden mithin gleichgesetzt (Korintenberg/Lappe u.a., aaO, § 44 Rdn. 15). Die Kostenordnung 1935 übernahm in § 38 die übliche Ausdrucksweise von demselben und dem verschiedenen Gegenstand ohne nähere Erläuterungen. Es wurden lediglich vier Beispiele als Hinweise für die Anwendung des ersten Absatzes angeführt. Auch bei der Neufassung der Kostenordnung im Jahr 1957 blieb es bei der Terminologie; der Gesetzgeber verzichtete auf eine Definition des Begriffs "Gegenstand", weil die Rechtsprechung eine Klärung herbeigeführt habe, wonach "Gegenstand" im Sinne des neuen § 44 KostO (früher: § 38 KostO) das Rechtsverhältnis und nicht die Sache oder Leistung sei (amtl. Be-
gründung in Art. II Nr. 25 des Kostenrechtsänderungsgesetzes vom 26. Juli 1957, BT-Drucks. 2/25545, S. 183). Allerdings blieben in § 44 Abs. 1 drei Beispiele von jeweils zwei verschiedenen Rechtsverhältnissen erhalten, nämlich Kauf und Auflassung, Schulderklärung und zur Hypothekenbestellung erforderliche Erklärungen sowie Schuldversprechen und Bürgschaft. Ihnen ist gemeinsam , daß sich ein Hauptgeschäft heraushebt, zu dem die beigefügten Erklärungen in einem inneren Zusammenhang stehen. Beim ersten Beispiel dient die weitere Erklärung zur Erfüllung (Durchführung), bei den anderen beiden zur Sicherung der Haupterklärung. Hieraus läßt sich der allgemeine Grundsatz entnehmen, daß selbständige Rechtsgeschäfte, die zur Erfüllung, zur sonstigen Durchführung oder zur Sicherung eines anderen selbständigen Rechtsgeschäfts gleichzeitig abgegeben werden, gegenstandsgleich sein sollen; wegen des nahen Zusammenhangs mit dem Hauptgeschäft werden sie kostenrechtlich aus Billigkeitsgründen begünstigt (Kniebes, MittRhNotK 1975, 193, 223).

b) Danach betreffen alle zur Begründung, Feststellung, Anerkennung, Übertragung, Aufhebung, Erfüllung oder Sicherung eines Rechtsverhältnisses niedergelegten Erklärungen der Partner des Rechtsverhältnisses samt allen Erfüllungs- und Sicherungsgeschäften auch dritter Personen oder zu Gunsten dritter Personen denselben Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO (vgl. OLG Oldenburg, DNotZ 1953, 317, 318 f; BayOblG, Rpfleger 1961, 324, 325; OLG Frankfurt, DNotZ 1964, 244; OLG Hamm, JurBüro 1971, 351; OLG Köln, JurBüro 1997, 206; Ackermann, Rpfleger 1966, 241; Hartmann/Albers, aaO, § 44 KostO Rdn. 4; Korintenberg/Lappe u.a., aaO, § 44 KostO Rdn. 16 m.w.N.; Göttlich/Mümmler u.a., aaO, "Mehrere Erklärungen“ Ziff. 3.2.1 m.w.N.). Im Mittelpunkt jeder Prüfung, ob mehrere gleichzeitig beurkundete Rechtsverhältnisse denselben Gegenstand haben, steht deswegen die Frage ihres inneren Zu-
sammenhangs. Je mehr das mitbeurkundete weitere Rechtsverhältnis von dem Hauptgeschäft abhängt, desto eher ist Gegenstandsgleichheit anzunehmen (OLG Köln aaO m.w.N.). Auch wenn die Vertragspartner zur Erreichung des von ihnen erstrebten wirtschaftlichen Zieles mehrere Rechtsverhältnisse in der Weise verbunden haben, daß ein einheitliches Rechtsverhältnis eigener Art entsteht, besteht ein enger innerer Zusammenhang und damit Gegenstandsgleichheit (KG, JurBüro 1991, 564 mit zust. Anm. Mümmler, JurBüro 1991, 568).

c) Zwischen der gleichzeitigen Anmeldung der Abberufung und der Neubestellung von GmbH-Geschäftsführern zur Eintragung in das Handelsregister besteht kein innerer Zusammenhang in dem vorstehend beschriebenen Sinn.
aa) Der Anstellungsvertrag zwischen der Gesellschaft und dem neuen Geschäftsführer ist zwar eine wirtschaftliche Folge der Auflösung des Anstellungsvertrags mit dem bisherigen Geschäftsführer. Das Rechtsverhältnis des neuen Geschäftsführers zur Gesellschaft wird aber durch das Ausscheiden des bisherigen Geschäftsführers weder begründet, festgestellt, anerkannt, übertragen , aufgehoben, erfüllt oder gesichert. Dem kann nicht § 6 Abs. 1 GmbHG entgegengehalten werden, wonach die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer haben muß. Denn nicht einmal die Abberufung des einzigen Geschäftsführers erfordert zwingend die Bestellung eines neuen Vertretungsorgans. Die Gesellschaft kann die Abberufung des alten Geschäftsführers beschließen , ohne zum Zweck der Anmeldung einen neuen zu bestellen. § 6 Abs. 1 GmbHG steht im Abschnitt über die Errichtung der Gesellschaft und beschreibt nur, daß für eine Anmeldung zur Ersteintragung im Hinblick auf §§ 7, 8 und 82 GmbHG ein Geschäftsführer erforderlich ist (KG, MittBayNot 2000, 339;
vgl. auch BGHZ 80, 212, 215). Die Bestellung eines neuen Geschäftsführers ist auch nicht im Hinblick auf § 78 GmbHG zur Anmeldung der Abberufung des einzigen Geschäftsführers notwendig, weil der abberufene Geschäftsführer diese Anmeldung selbst vornehmen kann (Commichau, MittBayNot 1996, 17 f; vgl. auch OLG Frankfurt, WM 1983, 1025). Die Anmeldungen der Abberufung und der Neubestellung können zudem auch zeitlich nacheinander oder getrennt von verschiedenen Notaren beurkundet werden. Denn die Eintragung der Veränderungen bei den Geschäftsführern in das Handelsregister hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Die Anmeldung der Abberufung des bisherigen Geschäftsführers ist daher nicht notwendig mit der Anmeldung der Bestellung eines neuen Geschäftsführers verknüpft.
bb) Zur Begründung eines inneren Zusammenhangs im Sinne von § 44 Abs. 1 KostO kann - entgegen der vorstehend unter 1. a) dargestellten Auffassung - auch nicht darauf abgestellt werden, daß sich, vom Standpunkt des Unternehmens aus gesehen, die Anmeldungen immer auf die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft beziehen, bei der lediglich in der Person des Vertreters ein Wechsel erfolgt. Diese Auffassung steht im Widerspruch zum Wortlaut des § 39 Abs. 1 GmbHG, wonach jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist. Die Anmeldepflicht bezieht sich somit nicht auf das abstrakte Vertretungsorgan, sondern auf die konkreten Personen der Geschäftsführer und die bei ihnen eingetretenen Änderungen. Nur sie können als eintragungspflichtige Tatsachen im Sinne von § 15 Abs. 1 HGB angesehen werden (KG, MittBayNot 2000, 339; OLG Zweibrücken , FGPrax 2000, 253; Klein, MittRhNotK 1989, 63; Reimann-Bengel in
Korintenberg/Lappe u.a., aaO, § 26 Rdn. 57). Deswegen ist auch die unter 1. c) dargestellte Auffassung nicht haltbar.
cc) § 27 Abs. 3 Satz 3 KostO kann nicht als Auslegungshilfe für § 44 Abs. 1 und 2 KostO herangezogen werden. Die Vorschrift bestimmt als Ausnahme von dem kostenrechtlichen Grundsatz, daß bei der gleichzeitigen Beurkundung mehrer Beschlüsse § 44 KostO entsprechend gilt (§ 27 Abs. 3 Satz 1 KostO), daß mehrere Wahlen oder Wahlen zusammen mit Beschlüssen über die Entlastung der Verwaltungsträger als ein Beschluß gelten. Unter Wahlen werden auch die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern einer GmbH verstanden (OLG Frankfurt, DNotZ 1971, 609 ff; OLG Celle, JurBüro 1966, 691; OLG Stuttgart, Justiz 1977, 312 f mit zust. Anm. Mümmler, JurBüro 1977, 1128; Rohs/Wedewer, aaO, § 27 Rdn. 39a); daraus wird gefolgert, daß, wenn der bedeutsamere Akt der Wahlen schon als ein Gegenstand angesehen wird, dies erst recht für die Verlautbarung von Beschlüssen in Form der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister gelten müsse (OLG Stuttgart, Justiz 1979, 383 f; OLG Köln, JurBüro 1987, 88, 90; LG Hannover, JurBüro 1993, 432; Tschischgale, aaO, 1963. 745). Das ist jedoch nicht richtig. Denn in der Anmeldung wird nicht nur das Ergebnis der Beschlußfassung wiedergegeben wie in den Fällen des § 27 Abs. 3 Satz 3 KostO. Gemäß § 39 Abs. 3 GmbHG muß die Anmeldung nämlich auch die Versicherung des oder der neuen Geschäftsführer enthalten, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 GmbHG entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind; ferner müssen der oder die neuen Geschäftsführer nach § 39 Abs. 4 GmbHG ihre Namensunterschriften zwecks Hinterlegung beim Handelsregister zeichnen , was üblicherweise in der Handelsregisteranmeldung erfolgt.

dd) Gegen die Auffassung, die Anwendung des § 44 Abs. 2 KostO auf die Anmeldung der Abberufung und Neubestellung von Geschäftsführern zur Eintragung in das Handelsregister führe wegen der Multiplikation des nach § 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO zu ermittelnden Geschäftswerts mit der Anzahl der ausscheidenden und eintretenden Geschäftsführer zu einer unangemessen hohen Gebühr, die sogar den Wert für die erste Anmeldung übertreffe und außer Verhältnis zu dem Wert für mehrere gleichzeitige Eintragungen eines Unternehmens stehen könne, obwohl die Beurkundung keine nennenswerte Mehrarbeit für den Notar bedeute (Rohs, Rpfleger 1959, 44; ders., Rpfleger 1963, 42; Rohs/Wedewer, aaO, § 44 Rdn. 10), spricht § 39 Abs. 4 KostO i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 7 KostO. Danach ist der Geschäftswert in jedem Fall auf 1 Mill. DM (ab 1. Januar 2002: 500.000
3. Für die hier streitige Kostenrechnung gilt somit folgendes:
Es liegen drei verschiedene Gegenstände vor, weil die Abberufung eines Geschäftsführers und die Bestellung zweier neuer Geschäftsführer angemeldet wurden. Sie sind, ausgehend vom Stammkapital der Kostenschuldnerin von 50.000 DM, gemäß § 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (§ 161 S. 1 KostO) zunächst mit jeweils 50.000 DM zu bewerten und sodann gemäß § 44 Abs. 2 a KostO zum Gesamtgeschäftswert von 150.000 DM zu addieren. Nach diesem Wert ist eine halbe Gebühr zu erheben (§ 38 Abs. 2 Nr. 7 KostO), also 175 DM. Das sind 45 DM mehr als der Kostengläubiger - ohne Mehrwertsteuer - berechnet hat. Die Herabsetzung durch das Beschwerdegericht auf 80 DM erfolgte deswegen zu Unrecht.
Ein höherer als der mit der Kostenrechung geltend gemachte Betrag kann dem Kostengläubiger nicht zugesprochen werden. § 156 Abs. 6 Satz 2 KostO, wonach die Entscheidung auch auf eine Erhöhung der Kostenberechnung lauten kann, gilt nur für den Fall, daß der Notar bereits Erstbeschwerde mit dem Ziel der Erhöhung auf Weisung der Dienstbehörde eingelegt hat (Korintenberg /Lappe u.a., aaO, § 156 Rdn. 85). Hier ist die Weisungsbeschwerde jedoch mit dem Ziel einer Herabsetzung der Kostenrechnung des Kostengläubigers eingelegt und die weitere Beschwerde aus eigenem Recht des Notars erhoben worden.

IV.


Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht (§§ 131 Abs. 1 S. 2, 156 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 S. 3 KostO).
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO.
Tropf Klein Lemke
Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Pflichtteilsberechtigte hat sich auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen, was ihm von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet worden ist, dass es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll.

(2) Der Wert der Zuwendung wird bei der Bestimmung des Pflichtteils dem Nachlass hinzugerechnet. Der Wert bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher die Zuwendung erfolgt ist.

(3) Ist der Pflichtteilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so findet die Vorschrift des § 2051 Abs. 1 entsprechende Anwendung.