Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2009 - V ZB 46/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteils der Schuldnerin an dem im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstück.
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- In einem ersten Versteigerungstermin wurde der Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Im Termin vom 19. Mai 2008 blieb der Beteiligte zu 2 mit einem unter der Hälfte des Grundstückswerts liegenden Gebot Meistbietender. Mit Beschluss vom 29. Mai 2008 erteilte ihm das Vollstreckungsgericht den Zuschlag.
- 3
- Die Zuschlagsbeschwerde der Schuldnerin, mit der sie unter anderem geltend macht, die Wertgrenze des § 85a ZVG habe im zweiten Termin fortgegolten, weil das im ersten Termin abgegebene Gebot rechtsmissbräuchlich gewesen sei, hat das Landgericht - Einzelrichterin - zurückgewiesen.
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- Mit der von der Einzelrichterin zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Schuldnerin weiterhin die Versagung des Zuschlags. Ferner beantragt sie, die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen.
II.
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- Der Aussetzungsantrag hat Erfolg.
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- Gemäß § 575 Abs. 5 i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO kann das Rechtsbeschwerdegericht die Vollziehung eines mit der Beschwerde erfolglos angefochtenen Beschlusses aussetzen, wenn dem Rechtsbeschwerdeführer durch die Vollziehung größere Nachteile drohen, als den anderen Beteiligten im Falle der Aussetzung, die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die Rechtbeschwerde zulässig erscheint (BGH, Beschl. v. 21. März 2002, IX ZB 48/02, NJW 2002, 1658 f.; Beschl. v. 6. August 2003, VIII ZB 77/03, WuM 2003, 509 f.; Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 247/03, ZfIR 2004, 445). So verhält es sich hier.
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- Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird voraussichtlich schon deshalb aufzuheben sein, weil die Einzelrichterin einerseits keinen Anlass gesehen hat, die Sache gemäß § 568 Satz 2 ZPO der Kammer zu übertragen, andererseits aber die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 11. September 2003, XII ZB 188/02, NJW 2003, 3712). Der Beschluss begegnet aber auch in der Sache erheblichen Bedenken. Die Annahme des Beschwerdegerichts, eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Gebotsabgabe im ersten Versteigerungstermin sei unbeachtlich, weil der Zuschlagsversagungsbeschluss von der Schuldnerin nicht angefochten worden sei, widerspricht nämlich der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 172, 218, 236).
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- Bereits aus diesem Grund erscheinen die der Schuldnerin bei einer Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss, insbesondere bei einer Zwangsräumung, drohenden Nachteile deutlich schwerwiegender, als die Nachteile, die für den Ersteher mit der einstweiligen Aussetzung der Vollstreckung verbunden sind. Krüger Klein Schmidt-Räntsch Stresemann Roth
AG Darmstadt, Entscheidung vom 29.05.2008 - 61 K 155/05 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 05.03.2009 - 23 T 132/08 -
Annotations
(1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.
(2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.
(3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.
(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.
(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.
Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn
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die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder - 2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.