vorgehend
Amtsgericht Wolfenbüttel, 23 K 101/09, 31.08.2009
Landgericht Braunschweig, 4 T 93/15, 17.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 115/15
vom
26. August 2015
in der Zwangsversteigerungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2015 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch,
den Richter Dr. Czub, die Richterin Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Die Vollziehung des in dem Zwangsversteigerungsverfahren des Amtsgerichts Wolfenbüttel - 23 K 101/09 - erlassenen Zuschlagbeschluss vom 23. Januar 2015 wird bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ausgesetzt.

Gründe:

1
Der Aussetzungsantrag des Schuldners hat Erfolg.
2
Gemäß § 575 Abs. 5 i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO kann das Rechtsbeschwerdegericht die Vollziehung eines mit der Beschwerde erfolglos angefochtenen Beschlusses aussetzen, wenn dem Rechtsbeschwerdeführer durch die Vollziehung größere Nachteile drohen, als den anderen Beteiligten im Falle der Aussetzung, die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist, und die Rechtsbeschwerde zulässig erscheint (Senat, Beschluss vom 3. April 2009 - V ZB 46/09, juris, mwN).
3
So verhält es sich hier. Im Hinblick auf die von dem Beschwerdegericht festgestellte psychische Erkrankung des Schuldners und die daraus folgende akute Suizidgefahr bei einem Verlust des Eigentums an dem versteigerten Grundstück im Rahmen einer Zuschlagserteilung ist ein Erfolg der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde nicht ausgeschlossen. Zudem sind angesichts dieser Gefahr und der naheliegenden Möglichkeit, dass sie sich bei einer Zwangsräu- mung realisiert, die dem Schuldner bei einer Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss drohenden Nachteile schwerwiegender als die Nachteile, die für die Ersteher mit der Aussetzung der Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss bis zum Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens verbunden sind.
Stresemann Schmidt-Räntsch Czub Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Wolfenbüttel, Entscheidung vom 31.08.2009 - 23 K 101/09 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 17.07.2015 - 4 T 93/15 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 570 Aufschiebende Wirkung; einstweilige Anordnungen


(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. (2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidu

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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2009 - V ZB 46/09

bei uns veröffentlicht am 03.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 46/09 vom 3. April 2009 in dem Zwangsversteigerungsverfahren Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Schmidt-Ränt

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(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.

(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 46/09
vom
3. April 2009
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. April 2009 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Roth

beschlossen:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 29. Mai 2008 - 61 K 155/05 - wird bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde der Schuldner ausgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteils der Schuldnerin an dem im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstück.
2
In einem ersten Versteigerungstermin wurde der Zuschlag nach § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Im Termin vom 19. Mai 2008 blieb der Beteiligte zu 2 mit einem unter der Hälfte des Grundstückswerts liegenden Gebot Meistbietender. Mit Beschluss vom 29. Mai 2008 erteilte ihm das Vollstreckungsgericht den Zuschlag.
3
Die Zuschlagsbeschwerde der Schuldnerin, mit der sie unter anderem geltend macht, die Wertgrenze des § 85a ZVG habe im zweiten Termin fortgegolten, weil das im ersten Termin abgegebene Gebot rechtsmissbräuchlich gewesen sei, hat das Landgericht - Einzelrichterin - zurückgewiesen.
4
Mit der von der Einzelrichterin zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Schuldnerin weiterhin die Versagung des Zuschlags. Ferner beantragt sie, die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen.

II.

5
Der Aussetzungsantrag hat Erfolg.
6
Gemäß § 575 Abs. 5 i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO kann das Rechtsbeschwerdegericht die Vollziehung eines mit der Beschwerde erfolglos angefochtenen Beschlusses aussetzen, wenn dem Rechtsbeschwerdeführer durch die Vollziehung größere Nachteile drohen, als den anderen Beteiligten im Falle der Aussetzung, die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die Rechtbeschwerde zulässig erscheint (BGH, Beschl. v. 21. März 2002, IX ZB 48/02, NJW 2002, 1658 f.; Beschl. v. 6. August 2003, VIII ZB 77/03, WuM 2003, 509 f.; Beschl. v. 10. Oktober 2003, IXa ZB 247/03, ZfIR 2004, 445). So verhält es sich hier.
7
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird voraussichtlich schon deshalb aufzuheben sein, weil die Einzelrichterin einerseits keinen Anlass gesehen hat, die Sache gemäß § 568 Satz 2 ZPO der Kammer zu übertragen, andererseits aber die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 11. September 2003, XII ZB 188/02, NJW 2003, 3712). Der Beschluss begegnet aber auch in der Sache erheblichen Bedenken. Die Annahme des Beschwerdegerichts, eine möglicherweise rechtsmissbräuchliche Gebotsabgabe im ersten Versteigerungstermin sei unbeachtlich, weil der Zuschlagsversagungsbeschluss von der Schuldnerin nicht angefochten worden sei, widerspricht nämlich der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 172, 218, 236).
8
Bereits aus diesem Grund erscheinen die der Schuldnerin bei einer Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss, insbesondere bei einer Zwangsräumung, drohenden Nachteile deutlich schwerwiegender, als die Nachteile, die für den Ersteher mit der einstweiligen Aussetzung der Vollstreckung verbunden sind. Krüger Klein Schmidt-Räntsch Stresemann Roth
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 29.05.2008 - 61 K 155/05 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 05.03.2009 - 23 T 132/08 -