Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2018 - V ZB 258/17

published on 17/05/2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2018 - V ZB 258/17
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Amtsgericht Tiergarten, 384 XIV 68/17 B, 23/07/2017
Landgericht Berlin, 84 T 63/17 B, 08/12/2017

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 258/17
vom
17. Mai 2018
in der Abschiebungshaftsache
ECLI:DE:BGH:2018:170518BVZB258.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Mai 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 8. Dezember 2017 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein tunesischer Staatsangehöriger, reiste ohne gültige Papiere nach Deutschland ein und stellte im Oktober 2014 einen Asylantrag, den das zuständige Bundesamt mit Bescheid vom 5. Februar 2016 unter Androhung der Abschiebung als offensichtlich unbegründet ablehnte. Am 19. Juli 2017 ordnete das Amtsgericht gegen den Betroffenen im Wege der einstweili- gen Anordnung die vorläufige Freiheitsentziehung an, „um ihn am 23. Juli 2017, 30. Juli 2017 oder 6. August 2017 festzunehmen“.Die Festnahme erfolgte am 23. Juli 2017.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht am gleichen Tag nach Anhörung des Betroffenen gegen diesen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum Ablauf des 16. August 2017 angeordnet. Die mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4. August 2017 eingelegte und nach Abschiebung des Betroffe- nen am 16. August 2017 mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung weiterverfolgte Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die beteiligte Behörde beantragt.

II.

3
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts waren die Voraussetzungen für die Anordnung der Abschiebungshaft gegeben. Entgegen der Annahme des Betroffenen sei auch davon auszugehen, dass der Bescheid über die Zurückweisung seines Asylantrags vom 5. Februar 2016 ihm ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sei. Es gebe zwar Unstimmigkeiten. Auf der Postzustellungsurkunde sei der Vermerk „Bescheid v. 09.02.16“ angebracht. In einem vorgehefteten Vermerk vom 9. Februar 2016 sei angegeben, dass der Bescheid am 15. Februar 2016 mit Postzustellungsurkunde zur Post gegeben worden sei. Diese Unstimmigkeiten änderten aber nichts daran, dass die Postzustellungsurkunde den Bescheid über die Zurückweisung des Asylantrags vom 5. Februar 2016 betreffe, dieser ordnungsgemäß zugestellt worden und der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig gewesen sei.

III.

4
Diese Erwägungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung stand.
5
1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig. Das Beschwerdegericht hat mit dem angefochtenen Beschluss nicht über den eingangs seiner Entscheidungsgründe erwähnten, im Verfahren der einstweiligen Anordnung ergangenen und nach § 70 Abs. 4 FamFG nicht rechtsbeschwerdefähigen Beschluss des Amtsgerichts vom 19. Juli 2017 entschieden, sondern über die Be- schwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts, durch den Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum Ablauf des 16. August 2017 angeordnet worden ist. Das ist der im Hauptsacheverfahren ergangene Beschluss vom 23. Juli 2017; nur gegen diesen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt.
6
2. Das Rechtsmittel ist aber unbegründet.
7
a) Der Betroffene wendet gegen die auf einem - was von Amts wegen zu prüfen ist - zulässigen Haftantrag beruhende Haftanordnung nur ein, das Beschwerdegericht habe auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zu der Würdigung gelangen dürfen, der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes sei dem Betroffenen am 12. Februar 2016 zugestellt worden und habe seine vollziehbare Pflicht zur Ausreise ausgelöst. Angesichts der Häufung falscher Datumsangaben habe das Beschwerdegericht durch Nachfrage bei dem Bundesamt von Amts wegen klären müssen, auf welcher Grundlage das Amt von einer wirksamen Zustellung seines Bescheids vom 5. Februar 2016 ausgegangen sei. Mit Mutmaßungen habe das Gericht sich nicht begnügen dürfen.
8
b) Diese Rüge ist schon nicht zulässig erhoben, weil die Tatsachen nicht, wie aber nach § 71 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b FamFG geboten, bezeichnet werden , die den Sachaufklärungsfehler des Gerichts ergeben. Sie ist auch unbegründet.
9
aa) Die von dem Betroffenen für notwendig gehaltene ergänzende Aufklärung , ob und wann der Bescheid vom 5. Februar 2016 zugestellt worden ist, wäre nur geboten gewesen, wenn sich diese Frage nicht anhand der von dem Beschwerdegericht herangezogenen Ausländerakte hätte klären lassen. Der Betroffene gibt dazu nur an, die Begründung der Entscheidung des Beschwerdegerichts ergebe eine Häufung falscher Datumsangaben. Das besagt aber für die Frage, ob die für die Entscheidung maßgebliche Feststellung des Be- schwerdegerichts, der Bescheid vom 5. Februar 2016 sei am 12. Februar 2016 zugestellt worden, durch den Inhalt der Ausländerakte belegt wird oder ergänzender Aufklärung bedarf, nichts und genügt den Anforderungen des § 71 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b FamFG nicht.
10
bb) Die gebotene Befassung des Betroffenen mit den von dem Beschwerdegericht verwerteten Teilen der Ausländerakten hätte zudem ergeben, dass die angegriffene Feststellung nach dem Akteninhalt bewiesen ist und der gerügte Verfahrensfehler nicht vorliegt.
11
(1) Die Ausländerakte enthält eine Postzustellungsurkunde, nach deren Inhalt dem Betroffenen am 12. Februar 2016 ein Bescheid des Bundesamts vom 9. Februar 2016 zugestellt worden ist. Auf die Zustellung eines Bescheids nach dem Asylgesetz durch Postzustellungsurkunde gemäß § 3 Abs. 1 VwZG ist nach Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift unter anderem § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO entsprechend anwendbar, wonach die Postzustellungsurkunde den Beweiswert einer öffentlichen Urkunde gemäß § 418 ZPO hat, auch wenn sie nicht von einer öffentlichen Stelle, sondern zum Beispiel von einem Postunternehmen ausgestellt worden ist (vgl. BFH, BFH/NV 2016, 922, 923). Die Beweiskraft einer Postzustellungsurkunde reicht zwar nur so weit, wie gewährleistet ist, dass die zur Beurkundung berufene Person die Tatsachen selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zutreffend festgestellt hat (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392). Sie erbringt aber auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vollen Beweis für den äußeren Zustellungsvorgang (BayObLG, NZM 2000, 245, 246). Deshalb ist durch die Urkunde bewiesen, dass dem Betroffenen am 12. Februar 2016 ein Bescheid des Bundesamts vom 9. Februar 2016 zugestellt worden ist. Der nach § 3 Abs. 1 u. Abs. 2 Satz 1 VwZG i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 2 u. § 418 Abs. 2 ZPO mögliche Gegenbeweis ist nicht geführt.
12
(2) Mit dem Nachweis der Zustellung des Bescheids vom 9. Februar 2016 ist auch die Zustellung des Bescheids vom 5. Februar 2016 über die Zurückweisung des Asylantrags am 12. Februar 2016 bewiesen. Die Begründung, die das Beschwerdegericht für diese Feststellung gegeben hat, beruht zwar auf einem Irrtum, ändert aber an deren Richtigkeit nichts.
13
(a) Das Beschwerdegericht erklärt den Umstand, dass das Schriftstück, dessen Zustellung die Postzustellungsurkunde belegt, auf der Urkunde nicht mit „Bescheid v. 05.02.16“, sondern mit „Bescheid v. 09.02.16“ bezeichnet ist,mit einem Schreibfehler des Bundesamts. Es hat dabei aber übersehen, dass das Bundesamt den Ablehnungsbescheid vom 5. Februar 2016, wie sich aus der verwerteten Stelle der Ausländerakte ergibt, dem Betroffenen nicht unmittelbar, sondern - unter dem gleichen Aktenzeichen - mit einem Begleitbescheid vom 9. Februar 2016 zugestellt hat, der auf der Postzustellungsurkunde deshalb auch zutreffend als Gegenstand der Zustellung angegeben wird. Grund für dieses Vorgehen ist die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet. Denn in einem solchen Fall ist dem Asylbewerber nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AsylG mit der Zustellung der Entscheidung eine Kopie des Inhalts der Asylakte zu übermitteln, weil die Klagefrist ebenso wie die Frist zur Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO in diesem Fall gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG nur eine Woche beträgt.
14
(b) Der Absendevermerk vom 9. Februar 2016 bezieht sich deshalb nicht auf den vorgehefteten Ablehnungsbescheid, sondern auf den Bescheid vom 9. Februar 2016, dem dieser Ablehnungsbescheid neben anderen Unterlagen als Anlage beigefügt ist. Dieser Vermerk enthält allerdings einen Schreibfehler: Der Bescheid vom 9. Februar 2016 kann nicht, wie es dort heißt, am 15. Februar 2016 und damit nach der mit der Postzustellungsurkunde bewiesenen Zustel- lung zur Post gegeben worden sein. Dieser Fehler ist offensichtlich und gibt keinen Anlass, an der Richtigkeit der anhand des Aktenzeichens eindeutig dem Ablehnungs- und dem Begleitbescheid zuzuordnenden Postzustellungsurkunde zu zweifeln. Es bestand deshalb auch kein Anlass zu weiterer Aufklärung von Amts wegen. Vielmehr muss der Betroffene die Unrichtigkeit der Urkunde beweisen. Das ist nicht geschehen.
15
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele
Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tiergarten, Entscheidung vom 23.07.2017 - 384 XIV 68/17 B -
LG Berlin, Entscheidung vom 08.12.2017 - 84 T 63/17 B -
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Annotations

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.

(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,
2.
die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde,
3.
im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat,
4.
im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde,
5.
im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde,
6.
die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,
7.
den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit der Zustellung,
8.
Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde.

(3) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle in Urschrift oder als elektronisches Dokument unverzüglich zurückzuleiten.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.