Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Sept. 2010 - V ZB 160/09

bei uns veröffentlicht am30.09.2010
vorgehend
Amtsgericht Stuttgart, 2 K 162/06, 25.06.2008
Landgericht Stuttgart, 10 T 330/08, 04.09.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 160/09
vom
30. September 2010
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein bereits erteilter Zuschlag ist zu versagen, wenn die Terminsbestimmung
derart fehlerhafte Angaben über das Versteigerungsobjekt enthält,
dass von einer Irreführung der Bieterkreise auszugehen ist.
BGH, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 160/09 - LG Stuttgart
AG Stuttgart
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. September 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 4. September 2009 wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens für die Gerichtskosten beträgt 87.500 €.

Gründe:

I.

1
Das Vollstreckungsgericht hat die Zwangsversteigerung des aus dem Rubrum ersichtlichen Grundbesitzes der Schuldner angeordnet. Bei dem Versteigerungsobjekt handelt es sich um die im Wohnungsgrundbuch mit Nr. 1 bezeichnete Eigentumswohnung, die an die Eigentumswohnung Nr. 2 der Beteiligten zu 7 und 8 angrenzt. Die tatsächliche Größe der Wohnungen stimmt nicht mit der der grundbuchrechtlichen Lage überein. Nach der baulichen Situation weisen beide Wohnungen eine Wohnfläche von jeweils ca. 90 qm auf. Auf der Grundlage der Eintragung im Grundbuch in Verbindung mit den in Bezug genommenen Plänen und Urkunden ergibt sich, dass die der Wohnung Nr. 1 zugewiesene Wohnfläche lediglich 48,2 qm beträgt. Auf diese Diskrepanz haben die Beteiligten zu 7 und 8 bereits vor dem ersten Versteigerungstermin hingewiesen und geltend gemacht, sie würden die nur faktisch der Wohnung Nr. 1 zugeschlagene, ihnen aber rechtlich zustehende Fläche von einem Ersteher herausverlangen. In dem vor dem ersten Termin zur Verkehrswertfestsetzung eingeholten Sachverständigengutachten ist die Größe der Wohnung Nr. 1 mit ca. 91 qm angegeben worden, allerdings mit der Einschränkung, die tatsächlichen Gegebenheiten entsprächen nicht den der Teilungserklärung beigefügten Grundrissen.
2
In der Terminsbestimmung zu dem auf den 25. Juni 2008 anberaumten dritten Versteigerungstermin, in dem dem Beteiligten zu 6 als Meistbietendem der Zuschlag erteilt worden ist, hatte das Vollstreckungsgericht das Versteigerungsobjekt unter Angabe der Grundbuchdaten und dem Zusatz "ohne Gewähr" wie folgt bezeichnet: "4-Zi.whg mit Küche, WC, Bad u. Terrasse, 91,36 qm, nebst Kellerr. u. SNR u.a. an Pkw-Stellplatz im Doppelparker Bj. 1999."
3
Auf die Beschwerde des Meistbietenden und der Beteiligten zu 7 und 8 hat das Landgericht den Zuschlag versagt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die beteiligte Gläubigerin zu 1 eine Wiederherstellung des Zuschlagsbeschlusses erreichen. Der Meistbietende beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

4
Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, ein nach § 100 Abs. 3 i.V.m. § 83 Nr. 7 ZVG von Amts wegen zu berücksichtigender Verstoß gegen § 43 Abs. 1 ZVG liege vor, wenn die Terminsbestimmung hinsichtlich der Grundstücks- oder Wohnungsbezeichnung eine Falschangabe enthalte, die zu erheblichen Missverständnissen in Bezug auf den Versteigerungsgegenstand führen könne. Dies gelte auch dann, wenn es nicht um zwingend erforderliche Angaben nach § 37 ZVG gehe. Würden über zwingende Vorgaben hinaus Angaben gemacht, müssten diese richtig sein. Daran fehle es hier, weil auf die erhebliche Diskrepanz zwischen der grundbuchrechtlichen Situation und der baulichen Situation in der Terminsbestimmung nicht deutlich hingewiesen worden sei.

III.

5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat den erteilten Zuschlag zu Recht aufgehoben (§ 83 Nr. 7 i.V.m. § 43 Abs. 1 ZVG).
6
1. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist ein Versteigerungstermin aufzuheben und neu zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht rechtzeitig bekannt gemacht ist. Durch eine nicht den zwingenden Vorgaben des § 37 ZVG genügende Bekanntmachung wird die Frist nicht gewahrt. Ein bereits erteilter Zuschlag ist nach § 83 Nr. 7, § 100 ZVG zu versagen (vgl. nur Hintzen in Dassler /Schiffhauer u.a., ZVG, 13. Aufl., § 37 Rn. 3; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 37 Rn. 1). Dasselbe gilt, wenn zu den Sollangaben nach § 38 ZVG Angaben gemacht werden, die derart fehlerhaft sind, dass von einer Irreführung der Bieterkreise auszugehen ist (vgl. auch Senat, Beschluss vom 19. Juni 2008 - V ZB 129/07, NJW-RR 2008, 1741, 1742; Hintzen, aaO, § 43 Rn. 12).
7
a) Der Senat hat bereits entschieden, dass es sich bei der Sollvorschrift des § 38 ZVG nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung die Terminsbestimmung nur dann in Frage stellt, wenn durch die unrichtige Mitteilung zugleich zwingende Angaben des § 37 ZVG missverständlich oder unklar werden (Beschluss vom 19. Juni 2008 - V ZB 129/07, aaO). Die Veröf- fentlichung der Terminsbestimmung hat unter anderem die Funktion, im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Bietinteressenten soll eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand gegeben werden, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen (Senat, aaO). Angaben in der Terminsbestimmung bieten für Ersteher auch dann eine maßgebliche Orientierungshilfe , wenn diese nicht zu den Pflichtangaben nach § 37 ZVG gehören. Bedenkt man, dass der Erwerber in der Regel keine Möglichkeit hat, sich über den tatsächlichen Zustand des Objekts vor der Versteigerung Gewissheit zu verschaffen, der Versteigerungsgegenstand gewährleistungsfrei zugeschlagen wird (§ 56 Satz 3 ZVG) und das Gebot nicht der Anfechtung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft (§ 119 Abs. 2 BGB) unterliegt (Senat, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - V ZB 44/07, NJW-RR 2008, 222, 223), kommt den Angaben in der Terminsbestimmung eine hervorgehobene Bedeutung auch dann zu, wenn diese "nur" den von § 38 ZVG vorgegebenen Sollinhalt betreffen. Die durch diese Angaben gegebene Orientierungshilfe darf nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden, dass irreführende, unzutreffende oder nach Aktenlage zumindest erheblichen Zweifeln unterliegende Angaben über das Versteigerungsobjekt gemacht werden, die für die Entschließung eines verständigen Bietinteressenten von wesentlicher Bedeutung sind. Dass hierunter neben erheblichen quantitativen Abweichungen (vgl. dazu auch Senat, Beschuss vom 19. Juni 2008 - V ZB 129/07, aaO; OLG Karlsruhe, Rpfleger 1993, 256, 257; Hintzen, aaO, § 37 Rn. 8 und § 38 Rn. 4) auch Abweichungen fallen, die dem Versteigerungsobjekt qualitativ ein anderes Gepräge geben, liegt auf der Hand. Auch solche Abweichungen führen daher dazu, dass der Zuschlag zu versagen ist. Aus der Senatsentscheidung vom 18. Oktober 2007 (V ZB 44/07, NJW-RR 2008, 222, 223) folgt nichts anderes. Der Aspekt der Terminsbestimmung hat in dem damaligen Rechtsbeschwerdeverfahren keine Rolle gespielt.
8
b) Auf dieser Grundlage hat das Beschwerdegericht den Zuschlag zu Recht versagt. Die Beschreibung als 91,36 qm große 4-Zimmer-Wohnung ist schon deshalb evident unrichtig, weil eine nur 48,2 qm große Wohnung im Rechtsverkehr unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als 4-Zimmer-Wohnung angesehen wird. Eine nur rund 50 qm große Wohnung spricht ganz andere Bieterkreise an als eine Wohnung mit einer Fläche von gut 90 qm. Auch aus der Sicht eines verständigen Erstehers kommt diesem Umstand bietentscheidende Bedeutung zu. Bei dem Erwerb von Wohnungseigentum stehen bei der Willensentschließung die Angaben zur Größe der Wohn- oder Nutzfläche im Vordergrund und nicht der nur als Bruchteil ausgewiesene Miteigentumsanteil an dem Grundstück (OLG Karlsruhe, Rpfleger 1993, 256, 257; vgl. auch Stöber, aaO, § 37 Rn. 2.8). Die Wohn- bzw. Nutzfläche bildet ein maßgebliches Kriterium für den Verkehrswert der Wohnung und damit für die Möglichkeit der Finanzierung sowie für die Prognose über die zukünftige Wertentwicklung und die Höhe des zukünftig erzielbaren Mietertrages (BGH, Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, 129). Nichts anderes gilt für die Beschreibung des Versteigerungsobjekts als 4-Zimmer-Wohnung. Jedenfalls bei irreführenden Informationen über solche zentralen Beschaffenheitsmerkmale ist Bietinteressenten nicht damit geholfen, dass der Miteigentumsanteil zutreffend angegeben wird.
9
Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb angezeigt, weil das Berufungsgericht die Beschreibung des Versteigerungsobjekts durch den Zusatz "ohne Gewähr" relativiert hat. Bedenkt man, dass das Vollstreckungsgericht die Wohnfläche mit einer Genauigkeit von zwei Dezimalstellen hinter dem Komma angegeben hat, ist der Zusatz aus der Sicht verständiger Bietinteressenten lediglich dahin zu verstehen, dass zwar mit Abweichungen insbesondere von der - Exaktheit suggerierenden - Wohnflächenangabe gerechnet werden muss (zur Frage der Wesentlichkeit von Verkehrswertabweichungen vgl. Senat, Beschluss vom 19. Juni 2008 - V ZB 129/07, NJW-RR 2008, 1741, 1742), nicht aber, dass auch solche Diskrepanzen in Betracht zu ziehen sind, die dem Versteigerungsobjekt die Eigenschaft als 4-Zimmer-Wohnung nehmen und damit ein völlig anders Gepräge geben.
10
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Dass die Gläubigerin die Gerichtskosten des von ihr erfolglos betriebenen Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen hat, folgt aus dem Gesetz. Ein Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten scheidet aus, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde und einem sich daran anschließenden Rechtsbeschwerdeverfahrens in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen. Das steht einer Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO entgegen (vgl. dazu insbesondere Senat, Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, BGHZ 170, 378, 381 mwN). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Roth
Vorinstanzen:
AG Stuttgart, Entscheidung vom 25.06.2008 - 2 K 162/06 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 04.09.2009 - 10 T 330/08 -

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Der Zuschlag ist zu versagen: 1. wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;2. wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzela

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Die Terminsbestimmung muß enthalten: 1. die Bezeichnung des Grundstücks;2. Zeit und Ort des Versteigerungstermins;3. die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt;4. die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintra

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(1) Der Versteigerungstermin ist aufzuheben und von neuem zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekanntgemacht ist. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so reicht es aus, daß die Bekanntmachung der Terminsbe

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(1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, s

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(1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, so soll auch diese Tatsache in der Terminsbestimmung angegeben werden.

(2) Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Der Versteigerungstermin ist aufzuheben und von neuem zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekanntgemacht ist. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so reicht es aus, daß die Bekanntmachung der Terminsbestimmung zwei Wochen vor dem Termin bewirkt ist.

(2) Das gleiche gilt, wenn nicht vier Wochen vor dem Termin dem Schuldner ein Beschluß, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann, und allen Beteiligten, die schon zur Zeit der Anberaumung des Termins dem Gericht bekannt waren, die Terminsbestimmung zugestellt ist, es sei denn, daß derjenige, in Ansehung dessen die Frist nicht eingehalten ist, das Verfahren genehmigt.

Die Terminsbestimmung muß enthalten:

1.
die Bezeichnung des Grundstücks;
2.
Zeit und Ort des Versteigerungstermins;
3.
die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt;
4.
die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden;
5.
die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Der Versteigerungstermin ist aufzuheben und von neuem zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekanntgemacht ist. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so reicht es aus, daß die Bekanntmachung der Terminsbestimmung zwei Wochen vor dem Termin bewirkt ist.

(2) Das gleiche gilt, wenn nicht vier Wochen vor dem Termin dem Schuldner ein Beschluß, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann, und allen Beteiligten, die schon zur Zeit der Anberaumung des Termins dem Gericht bekannt waren, die Terminsbestimmung zugestellt ist, es sei denn, daß derjenige, in Ansehung dessen die Frist nicht eingehalten ist, das Verfahren genehmigt.

Die Terminsbestimmung muß enthalten:

1.
die Bezeichnung des Grundstücks;
2.
Zeit und Ort des Versteigerungstermins;
3.
die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt;
4.
die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden;
5.
die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist.

(2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden.

(3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen.

(1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, so soll auch diese Tatsache in der Terminsbestimmung angegeben werden.

(2) Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 129/07
vom
19. Juni 2008
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ändert das Vollstreckungsgericht den mitgeteilten Verkehrswert, so muss der geänderte
Wert rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin bekannt gemacht werden (§ 43
ZVG); davon darf lediglich abgesehen werden, wenn der neue Wert nur unwesentlich
von dem bekannt gemachten abweicht.
BGH, Beschl. v. 19. Juni 2008 - V ZB 129/07 - LG Lüneburg
AGWinsen/Luhe
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 4. Oktober 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 46.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Vollstreckungsgericht hat die Zwangsversteigerung der im Rubrum bezeichneten Grundstücke angeordnet. Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2007 hat die Schuldnerin im Hinblick auf den schlechten Gesundheitszustand ihres Vaters , dem ein Altenteil an dem Grundbesitz bestellt worden war, einen Antrag nach § 765a ZPO gestellt. Nachdem einer der Gläubiger dem Antrag zugestimmt hatte, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren vorläufig eingestellt, soweit es von diesem Gläubiger betrieben worden ist. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht zurückgewiesen.
2
Den Verkehrswert für den Grundbesitz hatte das Vollstreckungsgericht zunächst auf 438.000 € festgesetzt. Die dagegen von der Schuldnerin eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Am 16. Januar 2007 hat das Vollstreckungsgericht Versteigerungstermin auf den 20. April 2007 bestimmt.
Bei der Bekanntgabe im Niedersächsischen Staatsanzeiger vom 12. Februar 2007 ist auch der festgesetzte Verkehrswert mitgeteilt worden.
3
Mit Beschluss vom 12. April 2007 hat das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert auf 460.000 € heraufgesetzt. Den darauf von der Schuldnerin erhobenen Einwänden – der anberaumte Termin müsse schon wegen Nichtwahrung der 6-Wochenfrist des § 43 Abs. 1 ZVG aufgehoben werden; davon abgesehen bedürfe es zunächst einer Entscheidung über die gegen die abändernde Verkehrswertfestsetzung eingelegte Beschwerde – ist das Vollstreckungsgericht nicht gefolgt. Vielmehr hat es den Versteigerungstermin durchgeführt, in dem der Beteiligte zu 2 Meistbietender geblieben ist. Den Zuschlag hat es allerdings erst in dem Verkündungstermin vom 29. Juni 2007 erteilt, nachdem das Landgericht die gegen die Verkehrswertfestsetzung eingelegte sofortige Beschwerde (formell) rechtskräftig zurückgewiesen hatte.
4
Die gegen die Zuschlagserteilung eingelegte Beschwerde, mit der die Schuldnerin auch eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters geltend gemacht hat, ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihre Anträge weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, die den Verkehrswert abändernde Entscheidung habe der Durchführung des Versteigerungstermins nicht entgegen gestanden. Die Frist des § 43 Abs. 1 ZVG sei nicht erneut in Lauf gesetzt worden. Nach § 38 Abs. 1 ZVG stehe es dem Vollstreckungsgericht frei, auf die Angabe des Verkehrswerts bei der Bekanntmachung des Versteigerungstermins zu verzichten. Im Übrigen genüge es, wenn der die Wert- festsetzung abändernde Beschluss vor der Zuschlagserteilung rechtskräftig geworden sei.
6
Die von der Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde behauptete lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters führe ebenfalls nicht zur Aufhebung des Zuschlags. Ein Gesetzesverstoß im Sinne von § 83 Nr. 6 ZVG i.V.m. § 765a ZPO liege nicht vor. Da aus § 100 ZVG folge, dass die Zuschlagsbeschwerde nur auf Rechtsfehler gestützt werden könne, die dem Vollstreckungsgericht vor der Zuschlagserteilung unterlaufen seien, scheide die erstmalige Stellung eines Antrags gemäß § 765a ZPO nach Erteilung des Zuschlags aus. Zwar habe die Schuldnerin bereits zuvor einen solchen Antrag gestellt. Da dieser jedoch rechtskräftig zurückgewiesen worden sei, müsse das Beschwerdevorbringen zu § 765a ZPO wie eine erstmalige Antragstellung im Beschwerderechtszug behandelt werden.

III.

7
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
8
1. Allerdings greifen die von der Schuldnerin gegen die Durchführung des Versteigerungstermins im Zusammenhang der heraufgesetzten Verkehrswertfestsetzung erhobenen Einwände im Ergebnis nicht durch.
9
a) Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist ein Versteigerungstermin aufzuheben und neu zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekannt gemacht ist. Welchen Inhalt die Terminsbestimmung zwin- gend enthalten muss, regelt § 37 ZVG. In § 38 Abs. 1 ZVG ist bestimmt, welche Angaben die Terminsbestimmung darüber hinaus enthalten soll. Dazu gehört auch der Verkehrswert. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht es dem Vollstreckungsgericht nicht frei, auf dessen Angabe zu verzichten. Dass es sich bei der genannten Norm um eine Sollvorschrift handelt, bedeutet nichts anderes, als dass deren Vorgaben im Regelfall erfüllt sein müssen. Dem Gesetz ist auch keine Einschränkung dahin zu entnehmen, dass es sich bei der Norm um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung zwar zu Amtshaftungsansprüchen führen kann, eine erneute Terminsbestimmung aber nur dann erforderlich macht, wenn durch die unrichtige Mitteilung zugleich zwingende Angaben des § 37 ZVG missverständlich oder unklar werden (so aber Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 38 Rdn. 1.3 und Storz, Zwangsversteigerungsverfahren , 10. Aufl., S. 426). Dann aber ist ein Verstoß gegen § 38 Abs. 1 ZVG auch stets bei der Frage einer erneuten Terminsbestimmung (§ 43 ZVG) zu beachten (so wohl auch Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/ Engels/Rellermeyer, 13. Aufl., § 43 Rdn. 12).
10
b) Den Vorgaben des § 38 Abs. 1 ZVG genügte die hier in Rede stehende Terminsbestimmung zwar im Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung. Sie ist jedoch infolge der Abänderung des festgesetzten Verkehrswerts nachträglich unrichtig geworden. Die Frage, ob dieser Umstand eine erneute Bekanntgabe erforderlich macht, ist mit Rücksicht auf die mit der Bekanntmachung des Verkehrswerts verfolgten gesetzgeberischen Anliegen zu bejahen; eine Ausnahme lässt die Sollvorschrift des § 38 Abs. 1 ZVG in solchen Konstellationen nur zu, wenn der neue Wert lediglich unwesentlich von dem bekannt gemachten abweicht.
11
aa) Die Veröffentlichung der Terminsbestimmung hat die Funktion, im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum anzusprechen und diejenigen, deren Rechte von der Versteigerung berührt werden, zur Wahrung ihrer Rechte zu veranlassen (Stöber, aaO, § 39 Rdn. 1.1). Dabei bildet die mit der Terminsanberaumung verbundene Mitteilung des Verkehrswerts zum einen die Grundlage für die Berechnung der Sicherheitsleistung nach § 68 Abs. 1 ZVG, die durch nachfolgende Änderungen des Werts allerdings nicht mehr verändert wird (vgl. Hintzen in Dassler/Schiffhauer/ Hintzen/Engels/Rellermeyer, aaO, § 68 Rdn. 3; Stöber, aaO, § 68 Rdn. 2.1). Zum anderen soll – was aus systematischer Sicht auch § 38 Abs. 2 ZVG nahe legt – Bietinteressenten eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand gegeben werden, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, V ZB 142/05, NJW-RR 2006, 1389, 1390; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846; jeweils m.w.N.). Letzteres setzt die Mitteilung des aktuell festgesetzten Werts voraus. Dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass der Verkehrswert nur näherungsweise und keineswegs exakt im Sinne mathematischer Genauigkeit ermittelt werden kann. Sowohl die Wahl der Wertermittlungsmethode als auch die Ermittlung selbst unterliegen notwendig wertenden Einschätzungen, die nicht geeignet sind, Erwerbsinteressenten die Gewissheit zu vermitteln, das Objekt werde bei einer Veräußerung genau den ermittelten Wert erzielen. Verständige Bietinteressenten werden daher die daraus resultierende „Schwankungsbreite“ von vornherein einkalkulieren und nicht blindlings auf den mitgeteilten Wert vertrauen. Vor diesem Hintergrund kann der mitgeteilte Verkehrswert seine Funktion als Orientierungshilfe aber auch dann noch erfüllen, wenn der mit der Terminsbestimmung bekannt gemachte Wert zwar verändert wird, die Abweichung aber nicht wesentlich ist. Dass von einer wesentlichen Änderung in der Regel nicht gesprochen werden kann, wenn diese – wie hier – weniger als 10 % beträgt (vgl. auch Stöber, aaO, § 74a Rdn. 7.20), liegt auf der Hand, weil bei Änderun- gen innerhalb dieser Marge andere Bieterkreise allenfalls bei Vorliegen ganz besonderer Umstände angesprochen werden. Solche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich.
12
bb) Soweit dem Verkehrswert Bedeutung im Rahmen der §§ 74a, 85a Abs. 1 ZVG zukommt, nötigen solche Abweichungen ebenfalls nicht zu einer erneuten Terminsbestimmung. Vielmehr genügt es, dem insoweit im Vordergrund stehenden Zweck, einer Verschleuderung des beschlagnahmten Grundstücks entgegenzuwirken (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, aaO), bei der weiteren Verfahrensgestaltung Rechnung zu tragen. Bei dieser ist zu berücksichtigen , dass das Verkehrswertfestsetzungsverfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist und dass das Vollstreckungsgericht bereits vor Eintritt der formellen Rechtskraft an eine abändernde Wertfestsetzung gebunden ist (vgl. Senat, Beschl. v. 11. Oktober 2007, V ZB 178/06, WM 2008, 33, 34). Daraus folgt, dass den Beteiligten zwar Gelegenheit gegeben werden muss, die geänderte Festsetzung in dem hierfür nach § 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG vorgesehenen Verfahren vor Erteilung des Zuschlags zur Überprüfung zu stellen (vgl. Senatsbeschl. v. 11. Oktober 2007, aaO). Das steht der Durchführung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins auf der Grundlage des abgeänderten Verkehrswerts jedoch nicht entgegen. Insoweit genügt es, wenn die Entscheidung über den Zuschlag erst nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Abänderungsbeschlusses getroffen wird (OLG Hamm Rpfleger 2000, 120 f. m.w.N.). Auf diese Weise wird nicht nur der Eigenständigkeit des Verfahrens nach § 74a Abs. 5 ZVG Rechnung getragen, sondern auch verhindert, dass die Einlegung erfolgloser Rechtsmittel gegen eine abändernde Verkehrswertfestsetzung zur Aufhebung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins führt und dadurch das Verfahren unnötig in die Länge gezogen wird. http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE095904301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE317122005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE003700314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
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2. Eine Verletzung des § 85a ZVG liegt nicht vor. Zwar verweist die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf, dass das Meistgebot nicht 50 % des auf 460.000 € festgesetzten Verkehrswerts erreicht hat. Dabei wird jedoch offenbar übersehen, dass dies hier deshalb unschädlich ist, weil dem Ersteher Rechte an dem Grundstück zustanden, die durch den Zuschlag erloschen sind und mit denen er bei der Verteilung in einer Höhe ausfallen wird, die 50 % des Verkehrswerts übersteigt (§ 85a Abs. 3 ZVG). Auf die diesbezüglichen Erwägungen des Vollstreckungsgerichts in dem Zuschlagsbeschluss vom 29. Juni 2007 wird Bezug genommen.
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3. Dagegen macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, dass der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht mit der gegebenen Begründung versagt werden kann.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (std. Rspr., vgl. etwa Senat, BGHZ 163, 66, 73; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668; Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586, 587) ist selbst dann, wenn mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen. Geht die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung einhergehenden Eigentumsverlust aus, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung, darf der Zuschlag nicht versagt werden. Ist indessen nicht auszuschließen, dass die Lebensgefahr schon deshalb besteht, weil der Schuldner den Eigentumsverlust befürchtet, ist stets eine Abwägung der in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen Interessen des Betroffenen (Lebensschutz , Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (Eigentumsschutz, Art. 14; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG) gebo- ten. Diese Vorgaben verkennt das Beschwerdegericht zwar nicht, meint aber zu Unrecht, es sei durch § 100 ZVG daran gehindert, die von der Schuldnerin im Beschwerderechtszug behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters und die daraus resultierende Lebensgefahr zu berücksichtigen.
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b) Allerdings trifft es zu, dass die Zuschlagsbeschwerde nach der Vorschrift des § 100 ZVG nicht auf neue Tatsachen gestützt werden kann (Senat, BGHZ 44, 138, 143 f.; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.). Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass diese Regelung wegen des hohen Rangs, der dem Grundrecht auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 GG zukommt, verfassungskonform dahin einzuschränken ist, dass eine ernsthafte Lebensgefahr gleichwohl im Verfahren der sofortigen Beschwerde als Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist und dass der Gesichtpunkt der Rechtssicherheit und die Grundrechte des Gläubigers und des Erstehers aus Art. 14 GG eine Nichtberücksichtigung nicht legitimieren können (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO). Daran hält der Senat fest. Soweit das Beschwerdegericht darauf verweist, dass die Zuschlagsbeschwerde bei Versäumung der Rechtsmittelfrist ohne weitere Prüfung als unzulässig verworfen werden müsste, ist dies zwar richtig; in solchen Fällen bleibt nur die Möglichkeit, über § 765a ZPO die vorläufige Einstellung der Räumungsvollstreckung zu erreichen. Das entbindet die Vollstreckungsgerichte indessen nicht von ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung, im Rahmen einer zulässigen Beschwerde das Verfahren so zu gestalten, dass den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten Genüge getan werden kann (vgl. BVerfGE 52, 214, 219 ff.; BVerfG NJW 1991, 3207; 1994, 1719 f.; 1998, 295, 296; NJW-RR 2001, 1523; NZM 2005, 657, 658; Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO, NJW 2006, 505, 507). Das gilt umso mehr, als § 100 ZVG zwar die in Betracht kommenden Zuschlagsversagungsgründe beschränkt , zugleich aber deutlich macht, dass Gläubiger und Ersteher nicht da- von ausgehen können, der erteilte Zuschlag werde unter allen Umständen Bestand haben (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO).
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4. Nach allem ist die Beschwerdeentscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sie ist nicht zur Endentscheidung reif im Sinne von § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO, weil das Beschwerdegericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen hat, auf deren Grundlage dem Senat eine Prüfung des § 765a ZPO möglich wäre.
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5. Das Beschwerdegericht wird darauf hingewiesen, dass sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen. Das steht einer Anwendung der §§ 91 ff. ZPO grundsätzlich entgegen (vgl. dazu insbesondere Senat, BGHZ 170, 378, 381; ferner Beschl. v. 18. Mai 2005, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730). Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Winsen (Luhe), Entscheidung vom 29.06.2007 - 10 K 105/04 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 04.10.2007 - 4 T 125/07 -

(1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, so soll auch diese Tatsache in der Terminsbestimmung angegeben werden.

(2) Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen.

Die Terminsbestimmung muß enthalten:

1.
die Bezeichnung des Grundstücks;
2.
Zeit und Ort des Versteigerungstermins;
3.
die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt;
4.
die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden;
5.
die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 129/07
vom
19. Juni 2008
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ändert das Vollstreckungsgericht den mitgeteilten Verkehrswert, so muss der geänderte
Wert rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin bekannt gemacht werden (§ 43
ZVG); davon darf lediglich abgesehen werden, wenn der neue Wert nur unwesentlich
von dem bekannt gemachten abweicht.
BGH, Beschl. v. 19. Juni 2008 - V ZB 129/07 - LG Lüneburg
AGWinsen/Luhe
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 4. Oktober 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 46.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Vollstreckungsgericht hat die Zwangsversteigerung der im Rubrum bezeichneten Grundstücke angeordnet. Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2007 hat die Schuldnerin im Hinblick auf den schlechten Gesundheitszustand ihres Vaters , dem ein Altenteil an dem Grundbesitz bestellt worden war, einen Antrag nach § 765a ZPO gestellt. Nachdem einer der Gläubiger dem Antrag zugestimmt hatte, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren vorläufig eingestellt, soweit es von diesem Gläubiger betrieben worden ist. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht zurückgewiesen.
2
Den Verkehrswert für den Grundbesitz hatte das Vollstreckungsgericht zunächst auf 438.000 € festgesetzt. Die dagegen von der Schuldnerin eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Am 16. Januar 2007 hat das Vollstreckungsgericht Versteigerungstermin auf den 20. April 2007 bestimmt.
Bei der Bekanntgabe im Niedersächsischen Staatsanzeiger vom 12. Februar 2007 ist auch der festgesetzte Verkehrswert mitgeteilt worden.
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Mit Beschluss vom 12. April 2007 hat das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert auf 460.000 € heraufgesetzt. Den darauf von der Schuldnerin erhobenen Einwänden – der anberaumte Termin müsse schon wegen Nichtwahrung der 6-Wochenfrist des § 43 Abs. 1 ZVG aufgehoben werden; davon abgesehen bedürfe es zunächst einer Entscheidung über die gegen die abändernde Verkehrswertfestsetzung eingelegte Beschwerde – ist das Vollstreckungsgericht nicht gefolgt. Vielmehr hat es den Versteigerungstermin durchgeführt, in dem der Beteiligte zu 2 Meistbietender geblieben ist. Den Zuschlag hat es allerdings erst in dem Verkündungstermin vom 29. Juni 2007 erteilt, nachdem das Landgericht die gegen die Verkehrswertfestsetzung eingelegte sofortige Beschwerde (formell) rechtskräftig zurückgewiesen hatte.
4
Die gegen die Zuschlagserteilung eingelegte Beschwerde, mit der die Schuldnerin auch eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters geltend gemacht hat, ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihre Anträge weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, die den Verkehrswert abändernde Entscheidung habe der Durchführung des Versteigerungstermins nicht entgegen gestanden. Die Frist des § 43 Abs. 1 ZVG sei nicht erneut in Lauf gesetzt worden. Nach § 38 Abs. 1 ZVG stehe es dem Vollstreckungsgericht frei, auf die Angabe des Verkehrswerts bei der Bekanntmachung des Versteigerungstermins zu verzichten. Im Übrigen genüge es, wenn der die Wert- festsetzung abändernde Beschluss vor der Zuschlagserteilung rechtskräftig geworden sei.
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Die von der Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde behauptete lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters führe ebenfalls nicht zur Aufhebung des Zuschlags. Ein Gesetzesverstoß im Sinne von § 83 Nr. 6 ZVG i.V.m. § 765a ZPO liege nicht vor. Da aus § 100 ZVG folge, dass die Zuschlagsbeschwerde nur auf Rechtsfehler gestützt werden könne, die dem Vollstreckungsgericht vor der Zuschlagserteilung unterlaufen seien, scheide die erstmalige Stellung eines Antrags gemäß § 765a ZPO nach Erteilung des Zuschlags aus. Zwar habe die Schuldnerin bereits zuvor einen solchen Antrag gestellt. Da dieser jedoch rechtskräftig zurückgewiesen worden sei, müsse das Beschwerdevorbringen zu § 765a ZPO wie eine erstmalige Antragstellung im Beschwerderechtszug behandelt werden.

III.

7
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
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1. Allerdings greifen die von der Schuldnerin gegen die Durchführung des Versteigerungstermins im Zusammenhang der heraufgesetzten Verkehrswertfestsetzung erhobenen Einwände im Ergebnis nicht durch.
9
a) Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist ein Versteigerungstermin aufzuheben und neu zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekannt gemacht ist. Welchen Inhalt die Terminsbestimmung zwin- gend enthalten muss, regelt § 37 ZVG. In § 38 Abs. 1 ZVG ist bestimmt, welche Angaben die Terminsbestimmung darüber hinaus enthalten soll. Dazu gehört auch der Verkehrswert. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht es dem Vollstreckungsgericht nicht frei, auf dessen Angabe zu verzichten. Dass es sich bei der genannten Norm um eine Sollvorschrift handelt, bedeutet nichts anderes, als dass deren Vorgaben im Regelfall erfüllt sein müssen. Dem Gesetz ist auch keine Einschränkung dahin zu entnehmen, dass es sich bei der Norm um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung zwar zu Amtshaftungsansprüchen führen kann, eine erneute Terminsbestimmung aber nur dann erforderlich macht, wenn durch die unrichtige Mitteilung zugleich zwingende Angaben des § 37 ZVG missverständlich oder unklar werden (so aber Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 38 Rdn. 1.3 und Storz, Zwangsversteigerungsverfahren , 10. Aufl., S. 426). Dann aber ist ein Verstoß gegen § 38 Abs. 1 ZVG auch stets bei der Frage einer erneuten Terminsbestimmung (§ 43 ZVG) zu beachten (so wohl auch Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/ Engels/Rellermeyer, 13. Aufl., § 43 Rdn. 12).
10
b) Den Vorgaben des § 38 Abs. 1 ZVG genügte die hier in Rede stehende Terminsbestimmung zwar im Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung. Sie ist jedoch infolge der Abänderung des festgesetzten Verkehrswerts nachträglich unrichtig geworden. Die Frage, ob dieser Umstand eine erneute Bekanntgabe erforderlich macht, ist mit Rücksicht auf die mit der Bekanntmachung des Verkehrswerts verfolgten gesetzgeberischen Anliegen zu bejahen; eine Ausnahme lässt die Sollvorschrift des § 38 Abs. 1 ZVG in solchen Konstellationen nur zu, wenn der neue Wert lediglich unwesentlich von dem bekannt gemachten abweicht.
11
aa) Die Veröffentlichung der Terminsbestimmung hat die Funktion, im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum anzusprechen und diejenigen, deren Rechte von der Versteigerung berührt werden, zur Wahrung ihrer Rechte zu veranlassen (Stöber, aaO, § 39 Rdn. 1.1). Dabei bildet die mit der Terminsanberaumung verbundene Mitteilung des Verkehrswerts zum einen die Grundlage für die Berechnung der Sicherheitsleistung nach § 68 Abs. 1 ZVG, die durch nachfolgende Änderungen des Werts allerdings nicht mehr verändert wird (vgl. Hintzen in Dassler/Schiffhauer/ Hintzen/Engels/Rellermeyer, aaO, § 68 Rdn. 3; Stöber, aaO, § 68 Rdn. 2.1). Zum anderen soll – was aus systematischer Sicht auch § 38 Abs. 2 ZVG nahe legt – Bietinteressenten eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand gegeben werden, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, V ZB 142/05, NJW-RR 2006, 1389, 1390; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846; jeweils m.w.N.). Letzteres setzt die Mitteilung des aktuell festgesetzten Werts voraus. Dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass der Verkehrswert nur näherungsweise und keineswegs exakt im Sinne mathematischer Genauigkeit ermittelt werden kann. Sowohl die Wahl der Wertermittlungsmethode als auch die Ermittlung selbst unterliegen notwendig wertenden Einschätzungen, die nicht geeignet sind, Erwerbsinteressenten die Gewissheit zu vermitteln, das Objekt werde bei einer Veräußerung genau den ermittelten Wert erzielen. Verständige Bietinteressenten werden daher die daraus resultierende „Schwankungsbreite“ von vornherein einkalkulieren und nicht blindlings auf den mitgeteilten Wert vertrauen. Vor diesem Hintergrund kann der mitgeteilte Verkehrswert seine Funktion als Orientierungshilfe aber auch dann noch erfüllen, wenn der mit der Terminsbestimmung bekannt gemachte Wert zwar verändert wird, die Abweichung aber nicht wesentlich ist. Dass von einer wesentlichen Änderung in der Regel nicht gesprochen werden kann, wenn diese – wie hier – weniger als 10 % beträgt (vgl. auch Stöber, aaO, § 74a Rdn. 7.20), liegt auf der Hand, weil bei Änderun- gen innerhalb dieser Marge andere Bieterkreise allenfalls bei Vorliegen ganz besonderer Umstände angesprochen werden. Solche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich.
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bb) Soweit dem Verkehrswert Bedeutung im Rahmen der §§ 74a, 85a Abs. 1 ZVG zukommt, nötigen solche Abweichungen ebenfalls nicht zu einer erneuten Terminsbestimmung. Vielmehr genügt es, dem insoweit im Vordergrund stehenden Zweck, einer Verschleuderung des beschlagnahmten Grundstücks entgegenzuwirken (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, aaO), bei der weiteren Verfahrensgestaltung Rechnung zu tragen. Bei dieser ist zu berücksichtigen , dass das Verkehrswertfestsetzungsverfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist und dass das Vollstreckungsgericht bereits vor Eintritt der formellen Rechtskraft an eine abändernde Wertfestsetzung gebunden ist (vgl. Senat, Beschl. v. 11. Oktober 2007, V ZB 178/06, WM 2008, 33, 34). Daraus folgt, dass den Beteiligten zwar Gelegenheit gegeben werden muss, die geänderte Festsetzung in dem hierfür nach § 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG vorgesehenen Verfahren vor Erteilung des Zuschlags zur Überprüfung zu stellen (vgl. Senatsbeschl. v. 11. Oktober 2007, aaO). Das steht der Durchführung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins auf der Grundlage des abgeänderten Verkehrswerts jedoch nicht entgegen. Insoweit genügt es, wenn die Entscheidung über den Zuschlag erst nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Abänderungsbeschlusses getroffen wird (OLG Hamm Rpfleger 2000, 120 f. m.w.N.). Auf diese Weise wird nicht nur der Eigenständigkeit des Verfahrens nach § 74a Abs. 5 ZVG Rechnung getragen, sondern auch verhindert, dass die Einlegung erfolgloser Rechtsmittel gegen eine abändernde Verkehrswertfestsetzung zur Aufhebung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins führt und dadurch das Verfahren unnötig in die Länge gezogen wird. http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE095904301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE317122005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE003700314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
13
2. Eine Verletzung des § 85a ZVG liegt nicht vor. Zwar verweist die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf, dass das Meistgebot nicht 50 % des auf 460.000 € festgesetzten Verkehrswerts erreicht hat. Dabei wird jedoch offenbar übersehen, dass dies hier deshalb unschädlich ist, weil dem Ersteher Rechte an dem Grundstück zustanden, die durch den Zuschlag erloschen sind und mit denen er bei der Verteilung in einer Höhe ausfallen wird, die 50 % des Verkehrswerts übersteigt (§ 85a Abs. 3 ZVG). Auf die diesbezüglichen Erwägungen des Vollstreckungsgerichts in dem Zuschlagsbeschluss vom 29. Juni 2007 wird Bezug genommen.
14
3. Dagegen macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, dass der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht mit der gegebenen Begründung versagt werden kann.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (std. Rspr., vgl. etwa Senat, BGHZ 163, 66, 73; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668; Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586, 587) ist selbst dann, wenn mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen. Geht die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung einhergehenden Eigentumsverlust aus, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung, darf der Zuschlag nicht versagt werden. Ist indessen nicht auszuschließen, dass die Lebensgefahr schon deshalb besteht, weil der Schuldner den Eigentumsverlust befürchtet, ist stets eine Abwägung der in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen Interessen des Betroffenen (Lebensschutz , Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (Eigentumsschutz, Art. 14; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG) gebo- ten. Diese Vorgaben verkennt das Beschwerdegericht zwar nicht, meint aber zu Unrecht, es sei durch § 100 ZVG daran gehindert, die von der Schuldnerin im Beschwerderechtszug behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters und die daraus resultierende Lebensgefahr zu berücksichtigen.
16
b) Allerdings trifft es zu, dass die Zuschlagsbeschwerde nach der Vorschrift des § 100 ZVG nicht auf neue Tatsachen gestützt werden kann (Senat, BGHZ 44, 138, 143 f.; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.). Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass diese Regelung wegen des hohen Rangs, der dem Grundrecht auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 GG zukommt, verfassungskonform dahin einzuschränken ist, dass eine ernsthafte Lebensgefahr gleichwohl im Verfahren der sofortigen Beschwerde als Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist und dass der Gesichtpunkt der Rechtssicherheit und die Grundrechte des Gläubigers und des Erstehers aus Art. 14 GG eine Nichtberücksichtigung nicht legitimieren können (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO). Daran hält der Senat fest. Soweit das Beschwerdegericht darauf verweist, dass die Zuschlagsbeschwerde bei Versäumung der Rechtsmittelfrist ohne weitere Prüfung als unzulässig verworfen werden müsste, ist dies zwar richtig; in solchen Fällen bleibt nur die Möglichkeit, über § 765a ZPO die vorläufige Einstellung der Räumungsvollstreckung zu erreichen. Das entbindet die Vollstreckungsgerichte indessen nicht von ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung, im Rahmen einer zulässigen Beschwerde das Verfahren so zu gestalten, dass den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten Genüge getan werden kann (vgl. BVerfGE 52, 214, 219 ff.; BVerfG NJW 1991, 3207; 1994, 1719 f.; 1998, 295, 296; NJW-RR 2001, 1523; NZM 2005, 657, 658; Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO, NJW 2006, 505, 507). Das gilt umso mehr, als § 100 ZVG zwar die in Betracht kommenden Zuschlagsversagungsgründe beschränkt , zugleich aber deutlich macht, dass Gläubiger und Ersteher nicht da- von ausgehen können, der erteilte Zuschlag werde unter allen Umständen Bestand haben (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO).
17
4. Nach allem ist die Beschwerdeentscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sie ist nicht zur Endentscheidung reif im Sinne von § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO, weil das Beschwerdegericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen hat, auf deren Grundlage dem Senat eine Prüfung des § 765a ZPO möglich wäre.
18
5. Das Beschwerdegericht wird darauf hingewiesen, dass sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen. Das steht einer Anwendung der §§ 91 ff. ZPO grundsätzlich entgegen (vgl. dazu insbesondere Senat, BGHZ 170, 378, 381; ferner Beschl. v. 18. Mai 2005, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730). Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Winsen (Luhe), Entscheidung vom 29.06.2007 - 10 K 105/04 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 04.10.2007 - 4 T 125/07 -

Die Terminsbestimmung muß enthalten:

1.
die Bezeichnung des Grundstücks;
2.
Zeit und Ort des Versteigerungstermins;
3.
die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt;
4.
die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden;
5.
die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde.

Die Gefahr des zufälligen Unterganges geht in Ansehung des Grundstücks mit dem Zuschlag, in Ansehung der übrigen Gegenstände mit dem Schluß der Versteigerung auf den Ersteher über. Von dem Zuschlag an gebühren dem Ersteher die Nutzungen und trägt er die Lasten. Ein Anspruch auf Gewährleistung findet nicht statt.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 44/07
vom
18. Oktober 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Haftungsausschluss nach § 56 Satz 3 ZVG hat zur Folge, dass der Ersteher den
Zuschlag auch nicht wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach
§ 119 Abs. 2 BGB anfechten kann, sofern das Fehlen der Eigenschaft einen Sachmangel
begründet.
BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - V ZB 44/07 - LG Kassel
AG Kassel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Oktober 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 21. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für die Berechnung der Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 131.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes der Beteiligten zu 2.
2
Das Vollstreckungsgericht hat den Verkehrswert des Objekts entsprechend einem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten auf 122.000 € festgesetzt. In dem Gutachten ist die nutzbare Wohnfläche des Gebäudes mit 1.420 qm angegeben. In den von dem Vollstreckungsgericht veranlassten öffentlichen Bekanntmachungen des Versteigerungstermins heißt es dazu: "Wfl./Nutzfl. 1.420 m2."
3
In dem Versteigerungstermin blieben die Beteiligten zu 3 Meistbietende mit einem Gebot von 131.000 €. Der Zuschlag wurde ihnen sofort erteilt. Dage- gen richtet sich ihre Beschwerde, mit welcher sie ihr Meistgebot wegen Irrtums angefochten haben. In einer eidesstattlichen Versicherung haben sie erklärt, dass das Gebäude nur eine Wohnfläche von 710 qm habe.
4
Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der von ihm zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 3 den Antrag auf Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses weiter.

II.

5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Vollstreckungsgericht den Zuschlag zu Recht erteilt; die Beteiligten zu 3 seien in dem ordnungsgemäß anberaumten und durchgeführten Versteigerungstermin Meistbietende geblieben. Die in dem Beschwerdeverfahren erklärte Anfechtung des Gebots könne nicht berücksichtigt werden, weil sich das Beschwerdegericht auf die Prüfung derjenigen Tatsachen beschränken müsse, welche das Vollstreckungsgericht bei der Zuschlagserteilung habe berücksichtigen können. Selbst wenn man die nachträgliche Anfechtung des Gebots für zulässig hielte, führte das nicht zur Nichtigkeit des von den Beteiligten zu 3 abgegebenen Gebots. Fraglich sei bereits, ob die Abgabe eines Gebots den allgemeinen Regelungen über die Anfechtbarkeit von Willenserklärungen unterworfen sei. Diese Frage bedürfe jedoch keiner Beantwortung. Die Irrtumsanfechtung sei jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der Größe der Wohn- und Nutzfläche um eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Gebäudes handele, für deren Nichtvorliegen ein Veräußerer gegebenenfalls Gewähr leisten müsse; bei der Zwangsversteigerung sei ein Gewährleistungsanspruch jedoch ausgeschlossen.
6
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

III.

7
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO); sie ist jedoch unbegründet.
8
1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass das Vollstreckungsgericht den Zuschlag nicht unter Verletzung der §§ 81, 83 bis 85 a ZVG (vgl. § 100 ZVG) erteilt hat. Insbesondere ist das von den Beteiligten zu 3 abgegebene Meistgebot nicht durch Anfechtung rückwirkend unwirksam geworden.
9
a) Zwar kann nach überwiegender Auffassung bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken der Bieter, dem der Zuschlag erteilt worden ist, sein Gebot wegen Irrtums anfechten (BGH, Urt. v. 17. April 1984, VI ZR 191/82, NJW 1984, 1950; Reinhard/Müller/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 71 Rdn. 1; Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 71 Rdn. 3; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Anm. 3.1; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., S. 251; Schiffhauer, Rpfleger 1972, 341; a.A. Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 71 Rdn. 44 m.w.N.). Aber hier ist das Anfechtungsrecht der Beteiligten zu 3 nach § 56 Satz 3 ZVG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Ansprüche des Erstehers wegen Sachmängeln ausgeschlossen. Die Regelungen über die kaufvertragliche Mängelhaftung sind demnach bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken unanwendbar. Dieser gesetzliche Gewährleistungsausschluss darf nicht durch eine Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB) unterlaufen werden (Reinhard/Müller/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, aaO, § 56 Rdn. 11 und § 71 Rdn. 3; Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, aaO, § 71 Rdn. 97; Stöber, aaO; Schiffhauer, aaO; zum generellen Vorrang der kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche vor der Irrtumsanfechtung siehe Senat, BGHZ 60, 319, 320; MünchKomm-BGB/Kramer, 5. Aufl., § 119 Rdn. 33 m.w.N.; Soergel/ Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 119 Rdn. 78 m.w.N.).
10
b) Die Beteiligten zu 3 stützen ihre Anfechtungserklärung auf den von ihnen festgestellten Umstand, dass die Wohnfläche des Gebäudes lediglich halb so groß ist wie die in dem Verkehrswertgutachten und in den Terminsbekanntmachungen angegebene Fläche. Damit berufen sie sich auf einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Versteigerungsobjekts. Besteht die Flächenabweichung, liegt darin ein Sachmangel, der bei einem rechtsgeschäftlichen Erwerb Ansprüche des Käufers begründet (Senat, Urt. v. 30. November 1990, V ZR 91/89, NJW 1991, 912). Da solche Ansprüche bei einem Erwerb in der Zwangsversteigerung nicht bestehen (§ 56 Satz 3 ZVG), scheidet eine Irrtumsanfechtung in diesem Fall aus.
11
2. Ohne Erfolg rügen die Beteiligten zu 3, das Beschwerdegericht habe verkannt, dass sie nach den Grundsätzen vom Fehlen der Geschäftsgrundlage von ihrem Gebot zurücktreten dürften (§ 313 Abs. 3 BGB). Dieses Rücktrittsrecht steht ihnen nicht zu. Denn § 313 BGB gilt ausschließlich für Verträge. Im Zwangsversteigerungsverfahren vollzieht sich der Eigentumserwerb jedoch nicht aufgrund eines Kaufvertrags, sondern aufgrund des Zuschlags als staatlichem Hoheitsakt (BGHZ 112, 59).
12
3. Andere Gründe, auf welche die Beschwerde gegen die Zuschlagserteilung gestützt werden kann (vgl. § 100 ZVG), legen die Beteiligten zu 3 nicht dar und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

13
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde und einem sich hieran anschließenden Rechtsbeschwerdeverfahren in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen. Das steht einer Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO entgegen (Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB 125/05, WM 2007, 947; Beschl. v. 15. März 2007, V ZB 95/06, WM 2007, 1284, 1285).
14
Der Gegenstandswert ist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen. Er entspricht damit dem Meistgebot der Beteiligten zu 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Krüger Klein Stresemann Roth Czub
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 06.02.2007 - 640 K 274/05 -
LG Kassel, Entscheidung vom 21.03.2007 - 3 T 87/07 -

(1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, so soll auch diese Tatsache in der Terminsbestimmung angegeben werden.

(2) Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 129/07
vom
19. Juni 2008
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ändert das Vollstreckungsgericht den mitgeteilten Verkehrswert, so muss der geänderte
Wert rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin bekannt gemacht werden (§ 43
ZVG); davon darf lediglich abgesehen werden, wenn der neue Wert nur unwesentlich
von dem bekannt gemachten abweicht.
BGH, Beschl. v. 19. Juni 2008 - V ZB 129/07 - LG Lüneburg
AGWinsen/Luhe
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 4. Oktober 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 46.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Vollstreckungsgericht hat die Zwangsversteigerung der im Rubrum bezeichneten Grundstücke angeordnet. Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2007 hat die Schuldnerin im Hinblick auf den schlechten Gesundheitszustand ihres Vaters , dem ein Altenteil an dem Grundbesitz bestellt worden war, einen Antrag nach § 765a ZPO gestellt. Nachdem einer der Gläubiger dem Antrag zugestimmt hatte, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren vorläufig eingestellt, soweit es von diesem Gläubiger betrieben worden ist. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht zurückgewiesen.
2
Den Verkehrswert für den Grundbesitz hatte das Vollstreckungsgericht zunächst auf 438.000 € festgesetzt. Die dagegen von der Schuldnerin eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Am 16. Januar 2007 hat das Vollstreckungsgericht Versteigerungstermin auf den 20. April 2007 bestimmt.
Bei der Bekanntgabe im Niedersächsischen Staatsanzeiger vom 12. Februar 2007 ist auch der festgesetzte Verkehrswert mitgeteilt worden.
3
Mit Beschluss vom 12. April 2007 hat das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert auf 460.000 € heraufgesetzt. Den darauf von der Schuldnerin erhobenen Einwänden – der anberaumte Termin müsse schon wegen Nichtwahrung der 6-Wochenfrist des § 43 Abs. 1 ZVG aufgehoben werden; davon abgesehen bedürfe es zunächst einer Entscheidung über die gegen die abändernde Verkehrswertfestsetzung eingelegte Beschwerde – ist das Vollstreckungsgericht nicht gefolgt. Vielmehr hat es den Versteigerungstermin durchgeführt, in dem der Beteiligte zu 2 Meistbietender geblieben ist. Den Zuschlag hat es allerdings erst in dem Verkündungstermin vom 29. Juni 2007 erteilt, nachdem das Landgericht die gegen die Verkehrswertfestsetzung eingelegte sofortige Beschwerde (formell) rechtskräftig zurückgewiesen hatte.
4
Die gegen die Zuschlagserteilung eingelegte Beschwerde, mit der die Schuldnerin auch eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters geltend gemacht hat, ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihre Anträge weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, die den Verkehrswert abändernde Entscheidung habe der Durchführung des Versteigerungstermins nicht entgegen gestanden. Die Frist des § 43 Abs. 1 ZVG sei nicht erneut in Lauf gesetzt worden. Nach § 38 Abs. 1 ZVG stehe es dem Vollstreckungsgericht frei, auf die Angabe des Verkehrswerts bei der Bekanntmachung des Versteigerungstermins zu verzichten. Im Übrigen genüge es, wenn der die Wert- festsetzung abändernde Beschluss vor der Zuschlagserteilung rechtskräftig geworden sei.
6
Die von der Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde behauptete lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters führe ebenfalls nicht zur Aufhebung des Zuschlags. Ein Gesetzesverstoß im Sinne von § 83 Nr. 6 ZVG i.V.m. § 765a ZPO liege nicht vor. Da aus § 100 ZVG folge, dass die Zuschlagsbeschwerde nur auf Rechtsfehler gestützt werden könne, die dem Vollstreckungsgericht vor der Zuschlagserteilung unterlaufen seien, scheide die erstmalige Stellung eines Antrags gemäß § 765a ZPO nach Erteilung des Zuschlags aus. Zwar habe die Schuldnerin bereits zuvor einen solchen Antrag gestellt. Da dieser jedoch rechtskräftig zurückgewiesen worden sei, müsse das Beschwerdevorbringen zu § 765a ZPO wie eine erstmalige Antragstellung im Beschwerderechtszug behandelt werden.

III.

7
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
8
1. Allerdings greifen die von der Schuldnerin gegen die Durchführung des Versteigerungstermins im Zusammenhang der heraufgesetzten Verkehrswertfestsetzung erhobenen Einwände im Ergebnis nicht durch.
9
a) Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist ein Versteigerungstermin aufzuheben und neu zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekannt gemacht ist. Welchen Inhalt die Terminsbestimmung zwin- gend enthalten muss, regelt § 37 ZVG. In § 38 Abs. 1 ZVG ist bestimmt, welche Angaben die Terminsbestimmung darüber hinaus enthalten soll. Dazu gehört auch der Verkehrswert. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht es dem Vollstreckungsgericht nicht frei, auf dessen Angabe zu verzichten. Dass es sich bei der genannten Norm um eine Sollvorschrift handelt, bedeutet nichts anderes, als dass deren Vorgaben im Regelfall erfüllt sein müssen. Dem Gesetz ist auch keine Einschränkung dahin zu entnehmen, dass es sich bei der Norm um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung zwar zu Amtshaftungsansprüchen führen kann, eine erneute Terminsbestimmung aber nur dann erforderlich macht, wenn durch die unrichtige Mitteilung zugleich zwingende Angaben des § 37 ZVG missverständlich oder unklar werden (so aber Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 38 Rdn. 1.3 und Storz, Zwangsversteigerungsverfahren , 10. Aufl., S. 426). Dann aber ist ein Verstoß gegen § 38 Abs. 1 ZVG auch stets bei der Frage einer erneuten Terminsbestimmung (§ 43 ZVG) zu beachten (so wohl auch Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/ Engels/Rellermeyer, 13. Aufl., § 43 Rdn. 12).
10
b) Den Vorgaben des § 38 Abs. 1 ZVG genügte die hier in Rede stehende Terminsbestimmung zwar im Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung. Sie ist jedoch infolge der Abänderung des festgesetzten Verkehrswerts nachträglich unrichtig geworden. Die Frage, ob dieser Umstand eine erneute Bekanntgabe erforderlich macht, ist mit Rücksicht auf die mit der Bekanntmachung des Verkehrswerts verfolgten gesetzgeberischen Anliegen zu bejahen; eine Ausnahme lässt die Sollvorschrift des § 38 Abs. 1 ZVG in solchen Konstellationen nur zu, wenn der neue Wert lediglich unwesentlich von dem bekannt gemachten abweicht.
11
aa) Die Veröffentlichung der Terminsbestimmung hat die Funktion, im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum anzusprechen und diejenigen, deren Rechte von der Versteigerung berührt werden, zur Wahrung ihrer Rechte zu veranlassen (Stöber, aaO, § 39 Rdn. 1.1). Dabei bildet die mit der Terminsanberaumung verbundene Mitteilung des Verkehrswerts zum einen die Grundlage für die Berechnung der Sicherheitsleistung nach § 68 Abs. 1 ZVG, die durch nachfolgende Änderungen des Werts allerdings nicht mehr verändert wird (vgl. Hintzen in Dassler/Schiffhauer/ Hintzen/Engels/Rellermeyer, aaO, § 68 Rdn. 3; Stöber, aaO, § 68 Rdn. 2.1). Zum anderen soll – was aus systematischer Sicht auch § 38 Abs. 2 ZVG nahe legt – Bietinteressenten eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand gegeben werden, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, V ZB 142/05, NJW-RR 2006, 1389, 1390; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846; jeweils m.w.N.). Letzteres setzt die Mitteilung des aktuell festgesetzten Werts voraus. Dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass der Verkehrswert nur näherungsweise und keineswegs exakt im Sinne mathematischer Genauigkeit ermittelt werden kann. Sowohl die Wahl der Wertermittlungsmethode als auch die Ermittlung selbst unterliegen notwendig wertenden Einschätzungen, die nicht geeignet sind, Erwerbsinteressenten die Gewissheit zu vermitteln, das Objekt werde bei einer Veräußerung genau den ermittelten Wert erzielen. Verständige Bietinteressenten werden daher die daraus resultierende „Schwankungsbreite“ von vornherein einkalkulieren und nicht blindlings auf den mitgeteilten Wert vertrauen. Vor diesem Hintergrund kann der mitgeteilte Verkehrswert seine Funktion als Orientierungshilfe aber auch dann noch erfüllen, wenn der mit der Terminsbestimmung bekannt gemachte Wert zwar verändert wird, die Abweichung aber nicht wesentlich ist. Dass von einer wesentlichen Änderung in der Regel nicht gesprochen werden kann, wenn diese – wie hier – weniger als 10 % beträgt (vgl. auch Stöber, aaO, § 74a Rdn. 7.20), liegt auf der Hand, weil bei Änderun- gen innerhalb dieser Marge andere Bieterkreise allenfalls bei Vorliegen ganz besonderer Umstände angesprochen werden. Solche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich.
12
bb) Soweit dem Verkehrswert Bedeutung im Rahmen der §§ 74a, 85a Abs. 1 ZVG zukommt, nötigen solche Abweichungen ebenfalls nicht zu einer erneuten Terminsbestimmung. Vielmehr genügt es, dem insoweit im Vordergrund stehenden Zweck, einer Verschleuderung des beschlagnahmten Grundstücks entgegenzuwirken (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, aaO), bei der weiteren Verfahrensgestaltung Rechnung zu tragen. Bei dieser ist zu berücksichtigen , dass das Verkehrswertfestsetzungsverfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist und dass das Vollstreckungsgericht bereits vor Eintritt der formellen Rechtskraft an eine abändernde Wertfestsetzung gebunden ist (vgl. Senat, Beschl. v. 11. Oktober 2007, V ZB 178/06, WM 2008, 33, 34). Daraus folgt, dass den Beteiligten zwar Gelegenheit gegeben werden muss, die geänderte Festsetzung in dem hierfür nach § 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG vorgesehenen Verfahren vor Erteilung des Zuschlags zur Überprüfung zu stellen (vgl. Senatsbeschl. v. 11. Oktober 2007, aaO). Das steht der Durchführung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins auf der Grundlage des abgeänderten Verkehrswerts jedoch nicht entgegen. Insoweit genügt es, wenn die Entscheidung über den Zuschlag erst nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Abänderungsbeschlusses getroffen wird (OLG Hamm Rpfleger 2000, 120 f. m.w.N.). Auf diese Weise wird nicht nur der Eigenständigkeit des Verfahrens nach § 74a Abs. 5 ZVG Rechnung getragen, sondern auch verhindert, dass die Einlegung erfolgloser Rechtsmittel gegen eine abändernde Verkehrswertfestsetzung zur Aufhebung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins führt und dadurch das Verfahren unnötig in die Länge gezogen wird. http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE095904301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE317122005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE003700314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
13
2. Eine Verletzung des § 85a ZVG liegt nicht vor. Zwar verweist die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf, dass das Meistgebot nicht 50 % des auf 460.000 € festgesetzten Verkehrswerts erreicht hat. Dabei wird jedoch offenbar übersehen, dass dies hier deshalb unschädlich ist, weil dem Ersteher Rechte an dem Grundstück zustanden, die durch den Zuschlag erloschen sind und mit denen er bei der Verteilung in einer Höhe ausfallen wird, die 50 % des Verkehrswerts übersteigt (§ 85a Abs. 3 ZVG). Auf die diesbezüglichen Erwägungen des Vollstreckungsgerichts in dem Zuschlagsbeschluss vom 29. Juni 2007 wird Bezug genommen.
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3. Dagegen macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, dass der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht mit der gegebenen Begründung versagt werden kann.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (std. Rspr., vgl. etwa Senat, BGHZ 163, 66, 73; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668; Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586, 587) ist selbst dann, wenn mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen. Geht die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung einhergehenden Eigentumsverlust aus, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung, darf der Zuschlag nicht versagt werden. Ist indessen nicht auszuschließen, dass die Lebensgefahr schon deshalb besteht, weil der Schuldner den Eigentumsverlust befürchtet, ist stets eine Abwägung der in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen Interessen des Betroffenen (Lebensschutz , Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (Eigentumsschutz, Art. 14; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG) gebo- ten. Diese Vorgaben verkennt das Beschwerdegericht zwar nicht, meint aber zu Unrecht, es sei durch § 100 ZVG daran gehindert, die von der Schuldnerin im Beschwerderechtszug behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters und die daraus resultierende Lebensgefahr zu berücksichtigen.
16
b) Allerdings trifft es zu, dass die Zuschlagsbeschwerde nach der Vorschrift des § 100 ZVG nicht auf neue Tatsachen gestützt werden kann (Senat, BGHZ 44, 138, 143 f.; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.). Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass diese Regelung wegen des hohen Rangs, der dem Grundrecht auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 GG zukommt, verfassungskonform dahin einzuschränken ist, dass eine ernsthafte Lebensgefahr gleichwohl im Verfahren der sofortigen Beschwerde als Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist und dass der Gesichtpunkt der Rechtssicherheit und die Grundrechte des Gläubigers und des Erstehers aus Art. 14 GG eine Nichtberücksichtigung nicht legitimieren können (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO). Daran hält der Senat fest. Soweit das Beschwerdegericht darauf verweist, dass die Zuschlagsbeschwerde bei Versäumung der Rechtsmittelfrist ohne weitere Prüfung als unzulässig verworfen werden müsste, ist dies zwar richtig; in solchen Fällen bleibt nur die Möglichkeit, über § 765a ZPO die vorläufige Einstellung der Räumungsvollstreckung zu erreichen. Das entbindet die Vollstreckungsgerichte indessen nicht von ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung, im Rahmen einer zulässigen Beschwerde das Verfahren so zu gestalten, dass den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten Genüge getan werden kann (vgl. BVerfGE 52, 214, 219 ff.; BVerfG NJW 1991, 3207; 1994, 1719 f.; 1998, 295, 296; NJW-RR 2001, 1523; NZM 2005, 657, 658; Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO, NJW 2006, 505, 507). Das gilt umso mehr, als § 100 ZVG zwar die in Betracht kommenden Zuschlagsversagungsgründe beschränkt , zugleich aber deutlich macht, dass Gläubiger und Ersteher nicht da- von ausgehen können, der erteilte Zuschlag werde unter allen Umständen Bestand haben (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO).
17
4. Nach allem ist die Beschwerdeentscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sie ist nicht zur Endentscheidung reif im Sinne von § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO, weil das Beschwerdegericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen hat, auf deren Grundlage dem Senat eine Prüfung des § 765a ZPO möglich wäre.
18
5. Das Beschwerdegericht wird darauf hingewiesen, dass sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen. Das steht einer Anwendung der §§ 91 ff. ZPO grundsätzlich entgegen (vgl. dazu insbesondere Senat, BGHZ 170, 378, 381; ferner Beschl. v. 18. Mai 2005, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730). Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Winsen (Luhe), Entscheidung vom 29.06.2007 - 10 K 105/04 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 04.10.2007 - 4 T 125/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 44/07
vom
18. Oktober 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Haftungsausschluss nach § 56 Satz 3 ZVG hat zur Folge, dass der Ersteher den
Zuschlag auch nicht wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach
§ 119 Abs. 2 BGB anfechten kann, sofern das Fehlen der Eigenschaft einen Sachmangel
begründet.
BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - V ZB 44/07 - LG Kassel
AG Kassel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. Oktober 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 21. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für die Berechnung der Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 131.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes der Beteiligten zu 2.
2
Das Vollstreckungsgericht hat den Verkehrswert des Objekts entsprechend einem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten auf 122.000 € festgesetzt. In dem Gutachten ist die nutzbare Wohnfläche des Gebäudes mit 1.420 qm angegeben. In den von dem Vollstreckungsgericht veranlassten öffentlichen Bekanntmachungen des Versteigerungstermins heißt es dazu: "Wfl./Nutzfl. 1.420 m2."
3
In dem Versteigerungstermin blieben die Beteiligten zu 3 Meistbietende mit einem Gebot von 131.000 €. Der Zuschlag wurde ihnen sofort erteilt. Dage- gen richtet sich ihre Beschwerde, mit welcher sie ihr Meistgebot wegen Irrtums angefochten haben. In einer eidesstattlichen Versicherung haben sie erklärt, dass das Gebäude nur eine Wohnfläche von 710 qm habe.
4
Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der von ihm zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 3 den Antrag auf Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses weiter.

II.

5
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Vollstreckungsgericht den Zuschlag zu Recht erteilt; die Beteiligten zu 3 seien in dem ordnungsgemäß anberaumten und durchgeführten Versteigerungstermin Meistbietende geblieben. Die in dem Beschwerdeverfahren erklärte Anfechtung des Gebots könne nicht berücksichtigt werden, weil sich das Beschwerdegericht auf die Prüfung derjenigen Tatsachen beschränken müsse, welche das Vollstreckungsgericht bei der Zuschlagserteilung habe berücksichtigen können. Selbst wenn man die nachträgliche Anfechtung des Gebots für zulässig hielte, führte das nicht zur Nichtigkeit des von den Beteiligten zu 3 abgegebenen Gebots. Fraglich sei bereits, ob die Abgabe eines Gebots den allgemeinen Regelungen über die Anfechtbarkeit von Willenserklärungen unterworfen sei. Diese Frage bedürfe jedoch keiner Beantwortung. Die Irrtumsanfechtung sei jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der Größe der Wohn- und Nutzfläche um eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Gebäudes handele, für deren Nichtvorliegen ein Veräußerer gegebenenfalls Gewähr leisten müsse; bei der Zwangsversteigerung sei ein Gewährleistungsanspruch jedoch ausgeschlossen.
6
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

III.

7
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO); sie ist jedoch unbegründet.
8
1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass das Vollstreckungsgericht den Zuschlag nicht unter Verletzung der §§ 81, 83 bis 85 a ZVG (vgl. § 100 ZVG) erteilt hat. Insbesondere ist das von den Beteiligten zu 3 abgegebene Meistgebot nicht durch Anfechtung rückwirkend unwirksam geworden.
9
a) Zwar kann nach überwiegender Auffassung bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken der Bieter, dem der Zuschlag erteilt worden ist, sein Gebot wegen Irrtums anfechten (BGH, Urt. v. 17. April 1984, VI ZR 191/82, NJW 1984, 1950; Reinhard/Müller/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG, 12. Aufl., § 71 Rdn. 1; Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 71 Rdn. 3; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 71 Anm. 3.1; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., S. 251; Schiffhauer, Rpfleger 1972, 341; a.A. Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 71 Rdn. 44 m.w.N.). Aber hier ist das Anfechtungsrecht der Beteiligten zu 3 nach § 56 Satz 3 ZVG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Ansprüche des Erstehers wegen Sachmängeln ausgeschlossen. Die Regelungen über die kaufvertragliche Mängelhaftung sind demnach bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken unanwendbar. Dieser gesetzliche Gewährleistungsausschluss darf nicht durch eine Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB) unterlaufen werden (Reinhard/Müller/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, aaO, § 56 Rdn. 11 und § 71 Rdn. 3; Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, aaO, § 71 Rdn. 97; Stöber, aaO; Schiffhauer, aaO; zum generellen Vorrang der kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche vor der Irrtumsanfechtung siehe Senat, BGHZ 60, 319, 320; MünchKomm-BGB/Kramer, 5. Aufl., § 119 Rdn. 33 m.w.N.; Soergel/ Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 119 Rdn. 78 m.w.N.).
10
b) Die Beteiligten zu 3 stützen ihre Anfechtungserklärung auf den von ihnen festgestellten Umstand, dass die Wohnfläche des Gebäudes lediglich halb so groß ist wie die in dem Verkehrswertgutachten und in den Terminsbekanntmachungen angegebene Fläche. Damit berufen sie sich auf einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Versteigerungsobjekts. Besteht die Flächenabweichung, liegt darin ein Sachmangel, der bei einem rechtsgeschäftlichen Erwerb Ansprüche des Käufers begründet (Senat, Urt. v. 30. November 1990, V ZR 91/89, NJW 1991, 912). Da solche Ansprüche bei einem Erwerb in der Zwangsversteigerung nicht bestehen (§ 56 Satz 3 ZVG), scheidet eine Irrtumsanfechtung in diesem Fall aus.
11
2. Ohne Erfolg rügen die Beteiligten zu 3, das Beschwerdegericht habe verkannt, dass sie nach den Grundsätzen vom Fehlen der Geschäftsgrundlage von ihrem Gebot zurücktreten dürften (§ 313 Abs. 3 BGB). Dieses Rücktrittsrecht steht ihnen nicht zu. Denn § 313 BGB gilt ausschließlich für Verträge. Im Zwangsversteigerungsverfahren vollzieht sich der Eigentumserwerb jedoch nicht aufgrund eines Kaufvertrags, sondern aufgrund des Zuschlags als staatlichem Hoheitsakt (BGHZ 112, 59).
12
3. Andere Gründe, auf welche die Beschwerde gegen die Zuschlagserteilung gestützt werden kann (vgl. § 100 ZVG), legen die Beteiligten zu 3 nicht dar und sind auch nicht ersichtlich.

IV.

13
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde und einem sich hieran anschließenden Rechtsbeschwerdeverfahren in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen. Das steht einer Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO entgegen (Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB 125/05, WM 2007, 947; Beschl. v. 15. März 2007, V ZB 95/06, WM 2007, 1284, 1285).
14
Der Gegenstandswert ist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen. Er entspricht damit dem Meistgebot der Beteiligten zu 3 (§ 54 Abs. 2 Satz 1 GKG). Krüger Klein Stresemann Roth Czub
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 06.02.2007 - 640 K 274/05 -
LG Kassel, Entscheidung vom 21.03.2007 - 3 T 87/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 443/99 Verkündet am:
7. September 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja

a) Die zum Bauherrenmodell entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze im engeren
Sinne sind auch auf den Erwerb im Bauträgermodell anwendbar.

b) Zu den notwendigen Informationen in einem Prospekt einer Immobilienanlage
zählen richtige und unmißverständliche Angaben über Wohnflächen und deren
Berechnungsgrundlage.
BGH, Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten zu 1 gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. Februar 1999 wird zurückgewiesen. Der Beklagte zu 1 hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Der Kläger hat von den Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatz aus Prospekthaftung verlangt. Die Beklagten zu 2 und 3 sind durch Urteil des Landgerichts rechtskräftig verurteilt worden. Gegenstand des angefochtenen Berufungsurteils und der Revision ist nur die Klage gegen den Beklagten zu 1 in seiner Eigenschaft als sogenannter Hintermann des Bauträgermodells.

II.

1. Der Beklagte zu 2, eine Bauträgergesellschaft, und die Beklagte zu 3, eine Vertriebsgesellschaft, ließen in den Jahren 1991 bis 1993 eine Wohnanlage in B. durch einen Generalunternehmer errichten. Der Beklagte zu 1 ist Alleingesellschafter der Beklagten zu 2. 2. Zur Akquisition von Erwerbern für die noch zu errichtenden Wohnungen diente ein im Mai 1991 erstellter Prospekt. In dem Prospekt ist die Beklagte zu 2 als Grundstückseigentümer, Mietgarant und Finanzierungsvermittler , und die Beklagte zu 3 als Vertriebskoordinator bezeichnet. 3. Auf der Grundlage des Prospekts erwarb der Kläger im Bauträgermodell eine noch zu errichtende Wohnung. Anschließend schloß er mit einer Treuhandgesellschaft, die als Treuhänderin für den Kläger die weiteren erforderlichen Verträge abschloß, einen Treuhandvertrag. Der Gesamtaufwand des Klägers für den Erwerb der Wohnung betrug nach der im Prospekt enthaltenen Angebotsübersicht insgesamt 187.195 DM. Ein Teilbetrag von 162.195 DM ist als Aufwand für die Wohnung und der Restbetrag von 25.000 DM als Aufwand für die Garage ausgewiesen. Die Größe der Wohnung ist im Prospekt mit 29,49 qm angegeben. Der Gesamtaufwand ist im Prospekt wie folgt aufgeschlüsselt: "Grundstückskosten, Kosten für die schlüsselfertige Herstellung des Sonderund Gemeinschaftseigentums 85 % Finanzierungsvermittlung 2 % Mietgarantie 1 %
Treuhänder- und Steuerberatung 2 % Notar, Grundbuch, Grunderwerbsteuer kalkul. 4,2 % Zwischenfinanzierungszinsen kalkul. 5,8 % 100 %."
Der Prospekt enthält zusätzlich den Hinweis, daß folgende Kosten im Gesamtaufwand nicht enthalten sind: "Damnum für Fremdfinanzierung Kosten für die laufende Verwaltung nach WEG Kosten für die Instandhaltung Beratungs- und Bearbeitungsgebühr in Höhe von 3 % des Gesamtaufwandes zuzüglich Mehrwertsteuer sowie die den kalkulierten Zwischenfinanzierungszins in Höhe von 5,8 % des Gesamtaufwandes übersteigende Finanzierungszinsen."
4. Der Kläger verlangt Ersatz der ihm durch den Kauf der Wohnung entstandenen Aufwendungen, Zug um Zug gegen Übereignung der erworbenen Eigentumswohnung und die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten der Übereignung der Eigentumswohnung und der Löschungsbewilligung zu tragen sowie weiteren zukünftigen Schaden zu ersetzen. Der Kläger stützt seine Klage auf zwei Prospektfehler, eine fehlerhaft zu hohe Angabe der Wohnfläche und den fehlenden Hinweis auf eine Vertriebsprovision in Höhe von 27.208 DM, die im Gesamtaufwand von 187.185 DM enthalten ist.

III.

Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1 (zukünftig: Beklagter ) durch Teilurteil mit der Begründung abgewiesen, er hafte weder als Prospektverantwortlicher noch als sogenannter Hintermann. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Teilurteil des Landgerichts geändert und den Beklagten neben den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 179.819,74 DM Zug um Zug gegen Übereignung der Wohnung zu zahlen. Ferner hat es dem Feststellungsantrag des Klägers stattgegeben. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu Recht auf der Grundlage der Prospekthaftungsgrundsätze im engeren Sinne stattgegeben.

II.

1. Das Berufungsgericht hat die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Prospekthaftung im engeren Sinne mit folgenden Erwägungen auf das Bauträgermodell übertragen:
Die vom Bundesgerichtshof für die Publikums-KG entwickelten und auf das Bauherrenmodell übertragenen Grundsätze zur Prospekthaftung seien auch auf das Bauträgermodell anwendbar. Der Unterschied zwischen dem Bauherrenmodell und dem Bauträgermodell sei im Hinblick auf die Prospekthaftung unerheblich. Mit beiden Modellen würden steuerliche Zwecke verfolgt. Die Realisierung der Modelle werde auf vergleichbare Weise erreicht. Die potentiellen Erwerber müßten mit einem Treuhänder einen Vertrag abschließen, der seinerseits die erforderlichen Verträge für die Erwerber abschließe. Bei beiden Modellen sei der Prospekt die für die Anlageentscheidung der potentiellen Erwerber wichtigste Informationsquelle. 2. Diese Erwägungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind die Prospekthaftungsgrundsätze in engerem Sinne auf das Bauherrenmodell (Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314 = ZfBR 1990, 230 = BauR 1990, 612) und auf Anlagemodelle, die am sogenannten Hamburger Modell orientiert sind (Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213 = ZfBR 1992, 22 = BauR 1992, 88), anwendbar. Der Bundesgerichtshof hat die für die Beteiligung einer Publikums-KG entwickelten Grundsätze auf die beiden Modelle übertragen, um einen effektiven Anlegerschutz zu gewährleisten. Beide Anlagemodelle sind dadurch gekennzeichnet , daß die Initiatoren, sogenannte Hintermänner und Prospektherausgeber maßgeblichen Einfluß auf die Vorbereitung und Durchführung des Modells haben und mit den Prospektinformationen, für die sie verantwortlich sind, Vertrauen der Erwerber in Anspruch nehmen. Die zur Akquisition verwendeten Prospekte dienen dazu, dem Erwerber die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu liefern, damit er die Anlage beurteilen und die
Risiken einschätzen kann. Für den Anleger ist der Prospekt bei beiden Modellen oftmals die einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung. Ohne die Ansprüche der Prospekthaftung im engeren Sinne würden die Hintermänner, weil sie nicht als Funktionsträger vertragliche Beziehungen zu den Erwerbern begründen , keiner vertraglichen Haftung ausgesetzt sein. Eine ihrem tatsächlichen Einfluß auf die Ausgestaltung des Anlagemodells und auf den Inhalt des Prospektes korrespondierende Haftung zum Schutze des Anlegers kann nur dadurch gewährleistet werden, daß durch die Prospekthaftung im engeren Sinne die Haftung auf die Initiatoren und sogenannte Hintermänner erstreckt wird, die hinsichtlich des Prospektinhalts keiner vertraglichen Haftung ausgesetzt sind (Brych/Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 3. Aufl. Rdn. 975 f).
b) Die Übertragung der Grundsätze der Prospekthaftung im engeren Sinne auf das Bauträgermodell ist deshalb gerechtfertigt, weil der Erwerber, der seine Anlageentscheidung aufgrund eines Prospektes trifft, sich hinsichtlich der Risiken des Anlagemodells in einer im Bauherrenmodell vergleichbaren Situation befindet (Brych/Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 3. Aufl. Rdn. 658, 1155 bis 1159; zur Übertragbarkeit auf alle Erwerbermodelle vgl. Wolf, NJW 1994, 24). Im Bauträgermodell wird im Unterschied zum Erwerb vom Bauträger die Gesamtleistung in Einzelleistungen aufgespalten, die aufgrund besonderer Verträge erbracht werden, die der Erwerber zusätzlich zu dem Erwerbervertrag abschließt. Der Abschluß der weiteren Verträge und deren Abwicklung erfolgt wie beim Bauherrenmodell durch einen Treuhänder. Den maßgeblichen Einfluß auf die Auswahl des Treuhänders und der weiteren Vertragsparteien sowie auf die Gestaltung der Verträge und den Inhalt des Prospektes haben die jeweili-
gen Initiatoren und sogenannten Hintermänner, die typischerweise keine vertraglichen Beziehungen zu den Erwerbern begründen. Der für den Vertrieb eines Bauträgermodells verwendete Prospekt ist für die Entscheidung des Erwerbers von gleicher maßgeblicher Bedeutung wie beim Bauherrenmodell. Erst der Prospekt ermöglicht es ihm, den Wert der Immobilie, den Gesamtaufwand, dessen Zuordnung zu den einzelnen Leistungen des Bauträgers und dritter Vertragspartner sowie die Risiken der Immobilienanlage zu beurteilen.

III.

1. Das Berufungsgericht hat die Haftung des Beklagten nach den Prospekthaftungsgrundsätzen im engeren Sinne als Prospektverantwortlicher wie folgt begründet: Der Beklagte hafte als sogenannter Hintermann, weil er maßgeblich an der Initiierung und Konzeption des Modells beteiligt gewesen sei.
a) Er sei der Gründer und Alleingesellschafter der Beklagten zu 2, der Bauträgergesellschaft, und zeitweise deren Geschäftsführer gewesen. Er habe in dieser Funktion das Projekt vorfinanziert. Er habe allein über den Ankauf des Grundstücks zu einem Kaufpreis von 7.000.000 DM entschieden, auf dem das Bauvorhaben habe durchgeführt werden sollen. Schon aufgrund der finanziellen Verflechtung habe der Beklagte ein erhebliches eigenes wirtschaftliches Interesse an der Durchführung des Projektes gehabt.
b) Die Behauptung des Beklagten, er habe als Steuerberater keinen Einfluß auf die Durchführung des Projektes genommen und s ich nicht an der Erstellung des Prospekts beteiligt, sei lebensfremd. Das gelte auch für seine
Behauptung, die in dem Prospekt enthaltene steuerliche Wirtschaftlichkeitsberechnung , die von einem anderen Steuerberater stamme, habe er nicht überprüft.
c) Die Beweisaufnahme habe die Behauptung des Beklagten nicht bestätigt , daß er auf das Objekt keinen Einfluß genommen habe. 2. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden:
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet die Person als sogenannter Hintermann für den Prospektinhalt, die auf die Konzeption des konkreten Modells maßgeblich Einfluß genommen und damit für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 214, 218 f = ZfBR 1992, 22 = BauR 1992, 88). Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Beteiligter als sogenannter Hintermann anzusehen ist, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalles ab.
b) Das Berufungsgericht hat die tatsächlichen Umstände und das Ergebnis der Beweisaufnahme revisionsrechtlich unanfechtbar gewürdigt. Es hat aus den von ihm festgestellten Umständen vertretbar den Schluß gezogen, daß der Beklagte in seiner Funktion als Alleingesellschafter und aufgrund seines erheblichen eigenen wirtschaftlichen Interesses an der Durchführung des Objektes auch auf die Gestaltung des Prospektes Einfluß genommen hat oder der Prospekt zumindest mit seiner Kenntnis in den Verkehr gebracht worden ist.

IV.

1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit des Beklagten wie folgt begründet:
a) Der Prospekt einer Immobilienanlage müsse hinsichtlich des angebotenen Modells vollständig und richtig sein. Er müsse den potentiellen Erwerber über alle Umstände informieren, die für seine Entscheidung von Bedeutung seien.
b) Der Prospekt genüge diesen Anforderungen nicht. Er sei schon deshalb fehlerhaft, weil die Wohnung mit 29,49 qm angegeben worden sei, tatsächlich sei eine Fläche von 7,99 qm nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet. Diese Abweichung sei erheblich. Die durch die Auflagen der Baugenehmigungsbehörde hinsichtlich der Galerie verursachte Verringerung der Wohnfläche hätte der Beklagte den Erwerbern vor Abschluß des Erwerbervertrages mitteilen müssen. Die unzutreffende Wohnflächenangabe sei für den Erwerb des Klägers ursächlich gewesen. Der Kläger hätte in Kenntnis einer um 27 % geringeren nutzbaren Fläche die Wohnung zu dem Preis nicht erworben. Der Schaden des Klägers bestehe darin, daß er die Wohnung aufgrund des irreführenden Prospekts gekauft habe, deren Wohnfläche 27 % geringer sei als die im Prospekt angegebene Fläche. Der wirtschaftliche Nachteil für die Kläger bestehe darin, daß er auf die eingeschränkte Nutzbarkeit der Galerie bei einem Verkauf der Wohnung hinweisen müsse und dieser Hinweis sich mit Sicherheit nachteilig auf den Kaufpreis auswirken würde. Die Prospekthaftungsansprüche hinsichtlich der fehlerhaften Flächenangabe würden nicht durch die Gewährleistungsansprüche des Werkvertragsrechts verdrängt. Es liege kein Werkmangel vor. Die Wohnungen seien so er-
richtet worden wie sie geplant worden seien. Dem Kläger sei lediglich nicht erklärt worden, daß die Galerie nicht für Wohnzwecke genutzt werden dürfe.
c) Der Prospekt sei auch deshalb fehlerhaft, weil im Prospekt eine ganz erhebliche Innenprovision, die an die Beklagte zu 3 gezahlt worden sei, nicht ausgewiesen worden sei. Die ungewöhnlich hohe Innenprovision hätte ausgewiesen werden müssen, weil durch die Gestaltung des Prospektes bei dem potentiellen Erwerber der Eindruck erweckt werde, daß in dem Gesamtaufwand keine verdeckten Innenprovisionen einkalkuliert worden seien. Ohne Kenntnis der Innenprovision könne der Erwerber den Wert der von ihm erworbenen Immobilie nicht beurteilen. 2. Das Berufungsgericht hat zu Recht zumindest einen haftungsbegründenden Prospektfehler bejaht.
a) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Vergütungen, die der Veräußerer an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt (sogenannte Innenprovision), in einem Prospekt ausgewiesen sein müssen, ist höchstrichterlich nicht geklärt und im Schrifttum sowie in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten (vgl. zum Meinungsstand etwa Wagner, WM 1998, 694, 669 ff sowie Loritz, WM 2000, 1831 ff). Diese Frage kann unentschieden bleiben, weil der Prospekt hinsichtlich der Flächenangaben fehlerhaft und dieser Fehler für die Erwerbsentscheidung des Klägers ursächlich war.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muß der Prospekt einer Immobilienanlage den potentiellen Anleger oder Erwerber über alle Umstände des angebotenen Modells sachlich richtig und vollständig informieren, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können
(vgl. Thode in Reithmann/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. N Rdn. 36 f). Zu den notwendigen Informationen in einem Prospekt einer Immobilienanlage zählen richtige und unmißverständliche Angaben über die Wohnflächen und deren Berechnungsgrundlage. Angaben zu den Wohnflächen einer Eigentumswohnung gehören aus der Sicht des Erwerbers zu den für seine Entscheidung zentralen Beschaffenheitsmerkmalen des Objektes. Diese sind deshalb erforderlich, weil die Kenntnis der Wohnfläche den Erwerber in die Lage versetzt, zu entscheiden, ob das Objekt für seine Zwecke geeignet ist und ob er die Gegenleistung für die Eigentumswohnung erbringen kann und will. Die Wohnfläche ist ein maßgebliches Kriterium für den Verkehrswert der Wohnung und damit für die Möglichkeit der Finanzierung durch Fremdmittel sowie für die Prognose über die zukünftige Wertentwicklung der Immobilie, deren Vermietbarkeit und die Höhe des zukünftig erzielbaren Mietertrages. Erfüllen die Angaben über die Wohnflächen nicht diese Anforderung, sind sie grundsätzlich unzureichend. Führen die unvollständigen Angaben über die Wohnflächen dazu, daß der Erwerber aufgrund der Angaben im Prospekt den Eindruck gewonnen hat und gewinnen konnte, daß die prospektierte Fläche als Wohnfläche nutzbar ist, obwohl die tatsächlich nutzbare Wohnfläche geringer ist, dann sind die Voraussetzungen eines haftungsbegründenden Prospektfehlers erfüllt.
c) Der Prospekt weist nach diesen Grundsätzen einen relevanten Prospektfehler auf. Der Prospekt enthält in dem Grundrißbeispiel lediglich Angaben zu der Fläche der Wohnung. Ein potentieller Erwerber konnte und durfte die unklaren und unvollständigen Angaben dahingehend verstehen, daß die in den Grundrissen dargestellten Flächen einschließlich der Galerie und abgese-
hen von den Räumen, die als Funktionsräume ausgewiesen sind, uneingeschränkt zu Wohnzwecken benutzt werden können.
d) Die Erwägung des Berufungsgerichts zur Ursächlichkeit des Prospektfehlers für die Entscheidung des Klägers, die Eigentumswohnung zu erwerben , sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
e) Der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts infolge des Vertragsabschlusses einen Vermögensschaden erlitten, so daß ihm ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrages zusteht. (1) Die Frage, ob ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung eines Vertrages, der auf culpa in contrahendo gestützt wird, einen durch den Vertragsabschluß verursachten Vermögensschaden voraussetzt, ist im Schrifttum umstritten (vgl. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 67 ff m.w.N.; ders., ZIP 1998, 1053 ff; ders. NZM 1998, 359 ff; Grigoleit , NJW 1999, 900 ff, jeweils m.w.N.). Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 26. September 1997 (V ZR 29/96, NJW 1998, 302; vgl. hierzu die kritischen Anm. von Lorenz, ZIP 1998, 1053 ff; ders., NZM 1998, 359 ff und von Grigoleit, NJW 1999, 900 ff) entschieden, daß ein auf culpa in contrahendo gestützter Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrages grundsätzlich einen durch den Vertragsabschluß verursachten Vermögensschaden voraussetzt. Diesen Grundsatz hat der V. Zivilsenat in seinem Urteil vom 19. Dezember 1997 (V ZR 112/96, NJW 1998, 898) bestätigt. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat einen auf Rückabwicklung des Vertrags gerichteten Schadensersatzanspruch schon dann bejaht, wenn die Beteiligung an einem Hamburger Modell zwar werthaltig ist, es sich jedoch um ein
von dem im Prospekt beschriebenen Anlagemodell grundlegend verschiedenes , risikobehaftetes und mit ihm in keiner Weise austauschbares Investitionsmodell handelt (BGH, Urteil vom 16. September 1991 - VII ZR 367/89, BGHZ 115, 213 = ZfBR 1992, 22 = BauR 1992, 88). Der VII. Zivilsenat hat diesen Grundsatz damit begründet, daß der Anleger davor geschützt werden muß, daß ihm gegen seinen Willen eine Anlage aufgedrängt wird, weil die Anlageentscheidung in aller Regel von persönlichen Wert- und Risikovorstellungen abhängt (BGH, Urteil vom 16. September 1997 -VII ZR 367/89, BGHZ 115, 213, 221 f). (2) Ob die Anspruchsvoraussetzung eines Vermögensschadens, der durch den Abschluß eines wirtschaftlich nachteiligen Vertrages verursacht worden ist, geeignet ist, den Erwerber einer im Regelfall langfristigen Immobilienanlage , deren wirtschaftliche Risiken sich möglicherweise erst nach Jahren realisieren, vor dem Abschluß eines unerwünschten Vertrages zu schützen, ist zweifelhaft. Die Frage, ob die Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit als Anspruchsvoraussetzung ausreicht, kann dahinstehen, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger einen Vermögensschaden erlitten. (3) Der Kläger hat dadurch einen Vermögensschaden erlitten, daß er für eine eingeschränkt nutzbare Fläche von 27 % der gesamten Wohnfläche die gleiche Vergütung bezahlt hat wie für eine uneingeschränkt nutzbare Wohnfläche und daß er jedenfalls sowohl bei der Vermietung als auch im Falle des Verkaufs der Wohnung im Vergleich zu einer Wohnung mit einer uneingeschränkt nutzbaren Wohnfläche einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden wird.

f) Die Erwägungen des Berufungsgerichts zum Verhältnis des Prospekthaftungsanspruchs zu etwaigen Gewährleistungsansprüchen des Klägers hinsichtlich der Wohnfläche sind im Ergebnis zutreffend. Der Prospekthaftungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten ist im Verhältnis zu etwaigen vertraglichen Gewährleistungsansprüchen nicht subsidiär. Ein Prospekthaftungsanspruch kann gegenüber vertraglichen Gewährleistungsansprüchen nur dann subsidiär sein, wenn dem Geschädigten gegen den Prospektverantwortlichen hinsichtlich des Prospektfehlers auch vertragliche Ansprüche zustehen, so daß der Prospekthaftungsanspruch mit vertraglichen Gewährleistungsansprüchen konkurriert (Thode in Reithmann/ Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. N Rdn. 22 f). Der Umstand , daß dem Kläger möglicherweise hinsichtlich der Wohnfläche vertragliche Gewährleistungsansprüche gegen Dritte zustehen, führt nicht dazu, daß die begründete Haftung eines sogenannten Hintermannes aus Prospekthaftung im engeren Sinne hinter derartigen Ansprüchen zurücktritt. Die Prospekthaftung im engeren Sinne dient dazu, die Haftung von Prospektverantwortlichen zu begründen, die typischerweise dem Erwerber nicht als Verhandlungs- und Vertragspartner gegenübertreten und mit ihm auch keinen Vertrag abschließen (Thode/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. N Rdn. 14, 23).

V.

1. Das Berufungsgericht hat den Eintritt der Verjährung des Prospekthaftungsanspruchs gegen den Beklagten mit folgenden Erwägungen verneint: Der Prospekthaftungsanspruch sei nicht verjährt, weil der Anspruch frühestens nach fünf Jahren verjähre. Nach der Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofs zur Verjährung von Prospekthaftungsansprüchen bei Bauherrenmodellen sei entweder die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB oder die für Bauverträge maßgebliche Verjährungsfrist von fünf Jahren anwendbar. Die zum Bauherrenmodell entwickelten Grundsätze zur Verjährung seien auf das Bauträgermodell übertragbar, weil beide Modelle werkvertraglich geprägt seien. 2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Verjährung des Prospekthaftungsanspruchs sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verjähren Prospekthaftungsansprüche bei Bauherrenmodellen jedenfalls nicht vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 638 BGB (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 340/88, BGHR 111, 314, 321 ff = ZfBR 1990, 230 = BauR 1990, 612; Urteil vom 1. Januar 1994 - VIII ZR 36/93, BGHR 126, 166, 171 ff = ZfBR 1994, 219 = BauR 1994, 635). Die für Kapitalanlagen maßgeblichen Verjährungsregelungen sind auf den Erwerb im Bauherrenmodell nicht anwendbar. Der Bundesgerichtshof hat die Anwendbarkeit dieser Verjährungsregelung auf Bauherrenmodelle mit der Erwägung verneint, das mit dem Erwerb der Immobilie verbundene Bauherrenrisiko des Erwerbers erfordere es, den Anleger im Bauherrenmodell hinsichtlich der Verjährungsvorschriften dem Besteller eines Bauwerkes gleichzustellen (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 340/88, BGHR 111, 314, 321 ff = ZfBR 1990, 230 = BauR 1990, 612). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für den Erwerb im Bauträgermodell. Der Anleger, der aufgrund des Erwerbervertrages im Bauträgermodell vom Bauträger eine Immobilie erwirbt, trägt das für den Besteller typische werkvertragliche Risiko.
Prof. Dr. Ullmann ist infolge Krankheit an der Unterschriftsleistung verhindert. Thode Thode Kuffer Kniffka Wendt

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 129/07
vom
19. Juni 2008
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ändert das Vollstreckungsgericht den mitgeteilten Verkehrswert, so muss der geänderte
Wert rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin bekannt gemacht werden (§ 43
ZVG); davon darf lediglich abgesehen werden, wenn der neue Wert nur unwesentlich
von dem bekannt gemachten abweicht.
BGH, Beschl. v. 19. Juni 2008 - V ZB 129/07 - LG Lüneburg
AGWinsen/Luhe
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 4. Oktober 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 46.000 €.

Gründe:

I.

1
Das Vollstreckungsgericht hat die Zwangsversteigerung der im Rubrum bezeichneten Grundstücke angeordnet. Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2007 hat die Schuldnerin im Hinblick auf den schlechten Gesundheitszustand ihres Vaters , dem ein Altenteil an dem Grundbesitz bestellt worden war, einen Antrag nach § 765a ZPO gestellt. Nachdem einer der Gläubiger dem Antrag zugestimmt hatte, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren vorläufig eingestellt, soweit es von diesem Gläubiger betrieben worden ist. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht zurückgewiesen.
2
Den Verkehrswert für den Grundbesitz hatte das Vollstreckungsgericht zunächst auf 438.000 € festgesetzt. Die dagegen von der Schuldnerin eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Am 16. Januar 2007 hat das Vollstreckungsgericht Versteigerungstermin auf den 20. April 2007 bestimmt.
Bei der Bekanntgabe im Niedersächsischen Staatsanzeiger vom 12. Februar 2007 ist auch der festgesetzte Verkehrswert mitgeteilt worden.
3
Mit Beschluss vom 12. April 2007 hat das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert auf 460.000 € heraufgesetzt. Den darauf von der Schuldnerin erhobenen Einwänden – der anberaumte Termin müsse schon wegen Nichtwahrung der 6-Wochenfrist des § 43 Abs. 1 ZVG aufgehoben werden; davon abgesehen bedürfe es zunächst einer Entscheidung über die gegen die abändernde Verkehrswertfestsetzung eingelegte Beschwerde – ist das Vollstreckungsgericht nicht gefolgt. Vielmehr hat es den Versteigerungstermin durchgeführt, in dem der Beteiligte zu 2 Meistbietender geblieben ist. Den Zuschlag hat es allerdings erst in dem Verkündungstermin vom 29. Juni 2007 erteilt, nachdem das Landgericht die gegen die Verkehrswertfestsetzung eingelegte sofortige Beschwerde (formell) rechtskräftig zurückgewiesen hatte.
4
Die gegen die Zuschlagserteilung eingelegte Beschwerde, mit der die Schuldnerin auch eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters geltend gemacht hat, ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihre Anträge weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, die den Verkehrswert abändernde Entscheidung habe der Durchführung des Versteigerungstermins nicht entgegen gestanden. Die Frist des § 43 Abs. 1 ZVG sei nicht erneut in Lauf gesetzt worden. Nach § 38 Abs. 1 ZVG stehe es dem Vollstreckungsgericht frei, auf die Angabe des Verkehrswerts bei der Bekanntmachung des Versteigerungstermins zu verzichten. Im Übrigen genüge es, wenn der die Wert- festsetzung abändernde Beschluss vor der Zuschlagserteilung rechtskräftig geworden sei.
6
Die von der Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde behauptete lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters führe ebenfalls nicht zur Aufhebung des Zuschlags. Ein Gesetzesverstoß im Sinne von § 83 Nr. 6 ZVG i.V.m. § 765a ZPO liege nicht vor. Da aus § 100 ZVG folge, dass die Zuschlagsbeschwerde nur auf Rechtsfehler gestützt werden könne, die dem Vollstreckungsgericht vor der Zuschlagserteilung unterlaufen seien, scheide die erstmalige Stellung eines Antrags gemäß § 765a ZPO nach Erteilung des Zuschlags aus. Zwar habe die Schuldnerin bereits zuvor einen solchen Antrag gestellt. Da dieser jedoch rechtskräftig zurückgewiesen worden sei, müsse das Beschwerdevorbringen zu § 765a ZPO wie eine erstmalige Antragstellung im Beschwerderechtszug behandelt werden.

III.

7
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
8
1. Allerdings greifen die von der Schuldnerin gegen die Durchführung des Versteigerungstermins im Zusammenhang der heraufgesetzten Verkehrswertfestsetzung erhobenen Einwände im Ergebnis nicht durch.
9
a) Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 ZVG ist ein Versteigerungstermin aufzuheben und neu zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekannt gemacht ist. Welchen Inhalt die Terminsbestimmung zwin- gend enthalten muss, regelt § 37 ZVG. In § 38 Abs. 1 ZVG ist bestimmt, welche Angaben die Terminsbestimmung darüber hinaus enthalten soll. Dazu gehört auch der Verkehrswert. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts steht es dem Vollstreckungsgericht nicht frei, auf dessen Angabe zu verzichten. Dass es sich bei der genannten Norm um eine Sollvorschrift handelt, bedeutet nichts anderes, als dass deren Vorgaben im Regelfall erfüllt sein müssen. Dem Gesetz ist auch keine Einschränkung dahin zu entnehmen, dass es sich bei der Norm um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung zwar zu Amtshaftungsansprüchen führen kann, eine erneute Terminsbestimmung aber nur dann erforderlich macht, wenn durch die unrichtige Mitteilung zugleich zwingende Angaben des § 37 ZVG missverständlich oder unklar werden (so aber Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 38 Rdn. 1.3 und Storz, Zwangsversteigerungsverfahren , 10. Aufl., S. 426). Dann aber ist ein Verstoß gegen § 38 Abs. 1 ZVG auch stets bei der Frage einer erneuten Terminsbestimmung (§ 43 ZVG) zu beachten (so wohl auch Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/ Engels/Rellermeyer, 13. Aufl., § 43 Rdn. 12).
10
b) Den Vorgaben des § 38 Abs. 1 ZVG genügte die hier in Rede stehende Terminsbestimmung zwar im Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung. Sie ist jedoch infolge der Abänderung des festgesetzten Verkehrswerts nachträglich unrichtig geworden. Die Frage, ob dieser Umstand eine erneute Bekanntgabe erforderlich macht, ist mit Rücksicht auf die mit der Bekanntmachung des Verkehrswerts verfolgten gesetzgeberischen Anliegen zu bejahen; eine Ausnahme lässt die Sollvorschrift des § 38 Abs. 1 ZVG in solchen Konstellationen nur zu, wenn der neue Wert lediglich unwesentlich von dem bekannt gemachten abweicht.
11
aa) Die Veröffentlichung der Terminsbestimmung hat die Funktion, im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum anzusprechen und diejenigen, deren Rechte von der Versteigerung berührt werden, zur Wahrung ihrer Rechte zu veranlassen (Stöber, aaO, § 39 Rdn. 1.1). Dabei bildet die mit der Terminsanberaumung verbundene Mitteilung des Verkehrswerts zum einen die Grundlage für die Berechnung der Sicherheitsleistung nach § 68 Abs. 1 ZVG, die durch nachfolgende Änderungen des Werts allerdings nicht mehr verändert wird (vgl. Hintzen in Dassler/Schiffhauer/ Hintzen/Engels/Rellermeyer, aaO, § 68 Rdn. 3; Stöber, aaO, § 68 Rdn. 2.1). Zum anderen soll – was aus systematischer Sicht auch § 38 Abs. 2 ZVG nahe legt – Bietinteressenten eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand gegeben werden, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, V ZB 142/05, NJW-RR 2006, 1389, 1390; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846; jeweils m.w.N.). Letzteres setzt die Mitteilung des aktuell festgesetzten Werts voraus. Dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass der Verkehrswert nur näherungsweise und keineswegs exakt im Sinne mathematischer Genauigkeit ermittelt werden kann. Sowohl die Wahl der Wertermittlungsmethode als auch die Ermittlung selbst unterliegen notwendig wertenden Einschätzungen, die nicht geeignet sind, Erwerbsinteressenten die Gewissheit zu vermitteln, das Objekt werde bei einer Veräußerung genau den ermittelten Wert erzielen. Verständige Bietinteressenten werden daher die daraus resultierende „Schwankungsbreite“ von vornherein einkalkulieren und nicht blindlings auf den mitgeteilten Wert vertrauen. Vor diesem Hintergrund kann der mitgeteilte Verkehrswert seine Funktion als Orientierungshilfe aber auch dann noch erfüllen, wenn der mit der Terminsbestimmung bekannt gemachte Wert zwar verändert wird, die Abweichung aber nicht wesentlich ist. Dass von einer wesentlichen Änderung in der Regel nicht gesprochen werden kann, wenn diese – wie hier – weniger als 10 % beträgt (vgl. auch Stöber, aaO, § 74a Rdn. 7.20), liegt auf der Hand, weil bei Änderun- gen innerhalb dieser Marge andere Bieterkreise allenfalls bei Vorliegen ganz besonderer Umstände angesprochen werden. Solche Besonderheiten sind hier nicht ersichtlich.
12
bb) Soweit dem Verkehrswert Bedeutung im Rahmen der §§ 74a, 85a Abs. 1 ZVG zukommt, nötigen solche Abweichungen ebenfalls nicht zu einer erneuten Terminsbestimmung. Vielmehr genügt es, dem insoweit im Vordergrund stehenden Zweck, einer Verschleuderung des beschlagnahmten Grundstücks entgegenzuwirken (vgl. Senat, Beschl. v. 18. Mai 2006, aaO), bei der weiteren Verfahrensgestaltung Rechnung zu tragen. Bei dieser ist zu berücksichtigen , dass das Verkehrswertfestsetzungsverfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist und dass das Vollstreckungsgericht bereits vor Eintritt der formellen Rechtskraft an eine abändernde Wertfestsetzung gebunden ist (vgl. Senat, Beschl. v. 11. Oktober 2007, V ZB 178/06, WM 2008, 33, 34). Daraus folgt, dass den Beteiligten zwar Gelegenheit gegeben werden muss, die geänderte Festsetzung in dem hierfür nach § 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG vorgesehenen Verfahren vor Erteilung des Zuschlags zur Überprüfung zu stellen (vgl. Senatsbeschl. v. 11. Oktober 2007, aaO). Das steht der Durchführung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins auf der Grundlage des abgeänderten Verkehrswerts jedoch nicht entgegen. Insoweit genügt es, wenn die Entscheidung über den Zuschlag erst nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Abänderungsbeschlusses getroffen wird (OLG Hamm Rpfleger 2000, 120 f. m.w.N.). Auf diese Weise wird nicht nur der Eigenständigkeit des Verfahrens nach § 74a Abs. 5 ZVG Rechnung getragen, sondern auch verhindert, dass die Einlegung erfolgloser Rechtsmittel gegen eine abändernde Verkehrswertfestsetzung zur Aufhebung eines bereits anberaumten Versteigerungstermins führt und dadurch das Verfahren unnötig in die Länge gezogen wird. http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE095904301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE317122005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bkz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313762007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/aa1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=14&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE003700314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
13
2. Eine Verletzung des § 85a ZVG liegt nicht vor. Zwar verweist die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf, dass das Meistgebot nicht 50 % des auf 460.000 € festgesetzten Verkehrswerts erreicht hat. Dabei wird jedoch offenbar übersehen, dass dies hier deshalb unschädlich ist, weil dem Ersteher Rechte an dem Grundstück zustanden, die durch den Zuschlag erloschen sind und mit denen er bei der Verteilung in einer Höhe ausfallen wird, die 50 % des Verkehrswerts übersteigt (§ 85a Abs. 3 ZVG). Auf die diesbezüglichen Erwägungen des Vollstreckungsgerichts in dem Zuschlagsbeschluss vom 29. Juni 2007 wird Bezug genommen.
14
3. Dagegen macht die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend, dass der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht mit der gegebenen Begründung versagt werden kann.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (std. Rspr., vgl. etwa Senat, BGHZ 163, 66, 73; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.; Beschl. v. 14. Juni 2007, V ZB 28/07, WM 2007, 1667, 1668; Beschl. v. 6. Dezember 2007, V ZB 67/07, NJW 2008, 586, 587) ist selbst dann, wenn mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen. Geht die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung einhergehenden Eigentumsverlust aus, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung, darf der Zuschlag nicht versagt werden. Ist indessen nicht auszuschließen, dass die Lebensgefahr schon deshalb besteht, weil der Schuldner den Eigentumsverlust befürchtet, ist stets eine Abwägung der in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen Interessen des Betroffenen (Lebensschutz , Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (Eigentumsschutz, Art. 14; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG) gebo- ten. Diese Vorgaben verkennt das Beschwerdegericht zwar nicht, meint aber zu Unrecht, es sei durch § 100 ZVG daran gehindert, die von der Schuldnerin im Beschwerderechtszug behauptete Verschlechterung des Gesundheitszustandes ihres Vaters und die daraus resultierende Lebensgefahr zu berücksichtigen.
16
b) Allerdings trifft es zu, dass die Zuschlagsbeschwerde nach der Vorschrift des § 100 ZVG nicht auf neue Tatsachen gestützt werden kann (Senat, BGHZ 44, 138, 143 f.; Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f.). Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass diese Regelung wegen des hohen Rangs, der dem Grundrecht auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 GG zukommt, verfassungskonform dahin einzuschränken ist, dass eine ernsthafte Lebensgefahr gleichwohl im Verfahren der sofortigen Beschwerde als Tatsacheninstanz zu berücksichtigen ist und dass der Gesichtpunkt der Rechtssicherheit und die Grundrechte des Gläubigers und des Erstehers aus Art. 14 GG eine Nichtberücksichtigung nicht legitimieren können (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO). Daran hält der Senat fest. Soweit das Beschwerdegericht darauf verweist, dass die Zuschlagsbeschwerde bei Versäumung der Rechtsmittelfrist ohne weitere Prüfung als unzulässig verworfen werden müsste, ist dies zwar richtig; in solchen Fällen bleibt nur die Möglichkeit, über § 765a ZPO die vorläufige Einstellung der Räumungsvollstreckung zu erreichen. Das entbindet die Vollstreckungsgerichte indessen nicht von ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung, im Rahmen einer zulässigen Beschwerde das Verfahren so zu gestalten, dass den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten Genüge getan werden kann (vgl. BVerfGE 52, 214, 219 ff.; BVerfG NJW 1991, 3207; 1994, 1719 f.; 1998, 295, 296; NJW-RR 2001, 1523; NZM 2005, 657, 658; Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO, NJW 2006, 505, 507). Das gilt umso mehr, als § 100 ZVG zwar die in Betracht kommenden Zuschlagsversagungsgründe beschränkt , zugleich aber deutlich macht, dass Gläubiger und Ersteher nicht da- von ausgehen können, der erteilte Zuschlag werde unter allen Umständen Bestand haben (Senatsbeschl. v. 24. November 2005, aaO).
17
4. Nach allem ist die Beschwerdeentscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sie ist nicht zur Endentscheidung reif im Sinne von § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO, weil das Beschwerdegericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen hat, auf deren Grundlage dem Senat eine Prüfung des § 765a ZPO möglich wäre.
18
5. Das Beschwerdegericht wird darauf hingewiesen, dass sich die Beteiligten in dem Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen. Das steht einer Anwendung der §§ 91 ff. ZPO grundsätzlich entgegen (vgl. dazu insbesondere Senat, BGHZ 170, 378, 381; ferner Beschl. v. 18. Mai 2005, V ZB 142/05, WM 2006, 1727, 1730). Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Winsen (Luhe), Entscheidung vom 29.06.2007 - 10 K 105/04 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 04.10.2007 - 4 T 125/07 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 26/06 Verkündet am:
19. Januar 2007
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die fortlaufend unpünktliche Erfüllung von Wohngeld- und anderen Zahlungsansprüchen
der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann den anderen Wohnungseigentümern
die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem säumigen Wohnungseigentümer
unzumutbar machen und die Entziehung des Wohnungseigentums
nach § 18 Abs. 1 WEG rechtfertigen, wenn sie die ordnungsgemäße Verwaltung
nachhaltig beeinträchtigt.

b) Bei einer Entziehung aus diesem Grund muss der säumige Wohnungseigentümer
vor Beschlussfassung abgemahnt werden. Von einer Abmahnung kann nur abgesehen
werden, wenn sie den anderen Wohnungseigentümern unzumutbar ist oder
keinen Erfolg verspricht.

c) Ein wegen fehlender Abmahnung nicht ausreichender Entziehungsbeschluss stellt
sich rechtlich als Abmahnung dar. Er erlaubt nach entsprechender Beschlussfassung
eine Entziehungsklage, wenn der betroffene Wohnungseigentümer, und sei
es auch nur einmal, die abgemahnten Pflichten versäumt. Etwas anderes gilt nur,
wenn der Beklagte unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der
Dauer seines Wohlverhaltens, annehmen darf, die zur Abmahnung führenden
Vorgänge hätten sich für die Gemeinschaft erledigt.
BGH, Urt. v. 19. Januar 2007 - V ZR 26/06 - LG Darmstadt
AG Darmstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 7. Dezember 2005 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 24. Juni 2005 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beklagte, der seine Wohnung vermietet hat, zahlte das von ihm geschuldete Wohngeld seit 1997 regelmäßig erst nach gerichtlicher Geltendmachung. Seine Rückstände beliefen sich im Wirtschaftsjahr 2003/2004 auf 4.036,99 € und im Wirtschaftsjahr 2004/2005 auf 3.240,00 €, die er im Verlaufe des Rechtsstreits bezahlte.
2
Auf einer Wohnungseigentümerversammlung am 9. August 2004 beschloss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Beklag- ten, diesem das Wohnungseigentum zu entziehen, „da er fortlaufend seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der WEG verweigert oder diese erst durch aufwendige und langwierige Mahnverfahren erzwungen werden müssen“. Dieser Beschluss wurde nicht angefochten. Der Aufforderung der Kläger vom 16. August 2004, ihnen freiwillig seine Wohnung zu verkaufen, kam der Beklagte nicht nach. Auch das Angebot der Kläger vom 21. September 2004, die gerichtliche Geltendmachung des Entziehungsbeschlusses zurückzustellen, wenn die Rückstände bis zum 6. Oktober 2004 ausgeglichen und das Wohngeld künftig pünktlich gezahlt würden, nahm der Beklagte nicht zum Anlass für entsprechende Zahlungen. Er zahlte sie vielmehr erst nach dem Urteil erster Instanz. Die Kläger möchten den Entziehungsbeschluss mit der vorliegenden Klage durchsetzen. Dem tritt der Beklagte entgegen.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit welcher dieser die Entziehung seines Wohnungseigentums verhindern will. Die Kläger beantragen , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist zwar der von dem Amtsgericht herangezogene Entziehungsgrund des Zahlungsrückstands (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG) mit der zwischenzeitlich erfolgten Zahlung entfallen. Die Klage sei aber unabhängig hiervon nach § 18 Abs. 1 WEG begründet. Den Klägern sei nämlich das unregelmäßige und unpünktliche Zahlungsverhalten des Beklagten nicht länger zuzumuten. Eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen. Sie liege aber auch vor, weil die Kläger dem Beklagten Gelegenheit zum freiwilligen Verkauf gegeben und eine Zurückstellung der gerichtlichen Durchsetzung des Entziehungsbeschluss bei Ausgleich der Rückstände und künftig pünktlicher Zahlung in Aussicht gestellt hätten.

II.


5
Das hält rechtlicher Prüfung im Ergebnis nicht stand.
6
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der Aktivlegitimation der Kläger als Wohnungseigentümer aus. Die Wohngeldansprüche, auf deren unpünktliche und unregelmäßige Zahlung die Entziehungsklage gestützt wird, stehen zwar nicht den Wohnungseigentümern, sondern der teilrechtsfähigen (dazu: Wenzel, ZWE 2006, 462, 463 f.) Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu (Senat, BGHZ 163, 154, 169 f.). Die Entscheidung darüber, ob dem säumigen Wohnungseigentümer das Wohnungseigentum entzogen werden soll, betrifft aber nach geltendem Recht die Mitgliedschaft und gehört deshalb nicht zur Kompetenz des Verbandes (Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 18 WEG Rdn. 7; Abramenko, ZMR 2005, 585 f.; Jennißen, ZMR 2006, 203, 205). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könnte einzelne Wohnungseigentümer im Übrigen ermächtigen, ihr zustehende Ansprüche geltend zu machen ; dies braucht nicht ausdrücklich zu geschehen (Senatsurt. v. 24. Juni 2005, V ZR 350/03, NJW 2005, 3146 f.). Eine solche Ermächtigung wäre in dem Beschluss über die Entziehung zu sehen. Die Kläger wären deshalb auch dann aktivlegitimiert, wenn der Entziehungsanspruch dem Verband und nicht (mehr) den Wohnungseigentümern zustünde.
7
2. Nicht zu beanstanden ist ferner der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , auch die fortdauernd unpünktliche Erfüllung von Wohngeld- und anderen Zahlungsansprüchen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne die Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen.
8
a) Die Entziehung des Wohnungseigentums setzt nach § 18 Abs. 1 WEG voraus, dass sich der betroffene Wohnungseigentümer einer so schweren Verletzung seiner ihm gegenüber den anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht hat, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann. Zu der Verletzung solcher gemeinschaftsbezogenen Pflichten gehört die Verletzung der Pflicht zur Lasten- und Kostentragung nach § 16 Abs. 2 WEG. Das zeigt schon das Gesetz selbst, wenn es Wohngeldrückstände in § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG, allerdings unter besonderen Voraussetzungen, als Regelbeispiel für eine zur Entziehung des Wohnungseigentums führende Pflichtverletzung benennt.
9
b) Nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG ist eine Entziehung wegen Wohngeldrückständen allerdings nur möglich, wenn sich der Wohnungseigentümer in Höhe eines Betrags, der drei Prozent des Einheitswerts seines Wohnungseigentums übersteigt, länger als drei Monate in Verzug befindet und, § 19 Abs. 2 WEG, diesen Rückstand auch nicht bis zu Erteilung des Zuschlags nach § 57 WEG ausgleicht. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil der Beklagte seinen Rückstand nach seiner Verurteilung in erster Instanz ausgeglichen hat. Das versperrt aber den Rückgriff auf die Generalklausel des § 18 Abs. 1 WEG nicht. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG hebt lediglich einen speziellen Anwendungsfall des § 18 Abs. 1 WEG beispielhaft hervor und steht der Anwendung des § 18 Abs. 1 WEG auf andere Fälle der Verletzung der Pflicht zur Lasten- und Kostentragung nicht von vornherein entgegen. Die unpünktliche Erfüllung dieser Pflicht kann ein Gewicht erlangen, das den anderen Wohnungseigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem säumigen Wohnungseigentümer unzumutbar macht. Das ist für die nach § 543 Abs. 1 und 2 BGB von ähnlichen Voraussetzungen abhängige und auch inhaltlich vergleichbare Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses aus wichtigem Grund wegen Mietrückständen anerkannt (BGH, Urt. v. 11. Januar 2006, VIII ZR 364/04, NJW 2006, 1585, 1586; MünchKomm-BGB/Schilling, 4. Aufl., § 543 Rdn. 12; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 543 Rdn. 168; ebenso zu § 554a BGB a.F. BGH, Urt. v. 23. September 1987, VIII ZR 265/86, NJW-RR 1988, 77, 78; Urt. v. 6. November 1996, XII ZR 60/95, NJW-RR 1997, 203 f.). Für den Entziehungsanspruch nach § 18 Abs. 1 WEG gilt nichts anderes.
10
Das Gemeinschaftseigentum lässt sich sachgerecht nur verwalten, wenn die Wohnungseigentümer die Aufbringung der dafür erforderlichen Mittel nicht nur beschließen (dazu Senat, BGHZ 163, 154, 175), sondern die gefassten Beschlüsse auch umsetzen und die Wohngelder und Umlagen zahlen. Entzieht sich ein Wohnungseigentümer nicht nur gelegentlich und nicht nur geringfügig dieser Pflicht, entstehen nicht nur Rechtsverfolgungskosten, die allerdings dem säumigen Wohnungseigentümer angelastet werden könnten. Ein solches Verhalten kann vor allem dem Verwalter oder den mit der Verwaltung befassten Wohnungseigentümern je nach Umfang und Häufigkeit der Zahlungsverzögerungen die erforderliche Planungssicherheit nehmen und die Verwaltung nachhaltig beeinträchtigen. Das gilt nicht nur dann, wenn Rückstände auflaufen oder deshalb Sonderumlagen zu beschließen und aufzubringen sind, sondern auch dann, wenn der Wohnungseigentümer auf Mahnung oder Klage oder nur mit Verzögerung zahlt. Stört ein solches Verhalten die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nachhaltig, kann es die Fortsetzung der Gemeinschaft unzumutbar machen. Das hat das Berufungsgericht hier ange- nommen. Diese nur eingeschränkt überprüfbare (für § 543 Abs. 1 BGB: BGH, Urt. v. 11. Januar 2006, VIII ZR 364/04, aaO) tatrichterliche Wertung ist insoweit nicht zu beanstanden.
11
3. Zu beanstanden ist aber die weitere Annahme des Berufungsgerichts, eine Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG wegen fortlaufend unpünktlicher Erfüllung der Lasten- und Kostentragungspflicht setze eine Abmahnung nicht voraus.
12
a) Dem Berufungsgericht ist allerdings zuzugeben, dass eine Abmahnung in § 18 Abs. 1 WEG, anders als in dem erwähnten Vergleichsfall der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses aus wichtigem Grund (vgl. § 543 Abs. 3 BGB), nicht ausdrücklich erwähnt wird. Teilweise wird eine solche Abmahnung deshalb auch nicht besonders angesprochen (Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 18 WEG Rdn. 2; Meyer, WEZ 1987, 17, 18 f.) oder wegen des Gewichts des Entziehungsgrundes nicht verlangt (LG Tübingen NJW-RR 1995, 650, 651; Kreuzer in: Köhler/Bassenge, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht , Teil 13 Rdn. 25; Hogenschurz, NZM 2005, 611, 614; inhaltlich auch AG Erlangen ZMR 2004, 539, 540; weitergehend wohl LG Stuttgart NJW-RR 1997, 589, wonach auch die Kumulation mehrerer Pflichtverletzungen von geringerem Gewicht genügen soll). Nach herrschender Ansicht ist Unzumutbarkeit dagegen erst anzunehmen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen, insbesondere eine Abmahnung, erfolglos geblieben sind (OLG Köln ZMR 1998, 48, 49; LG Aachen, ZMR 1993, 233, 234; AG Dachau ZMR 2006, 319, 320; ähnlich LG Köln ZMR 2002, 227, 229; AnwKomm-BGB/Schultzky, § 18 WEG Rdn. 4; Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 18 Rdn. 14; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 18 WEG Rdn. 1; KK-WEG/Riecke, § 18 Rdn. 27; MünchKomm -BGB/Engelhardt, 4. Aufl., § 18 WEG Rdn. 2; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 18 Rdn. 1; Staudinger/Kreuzer, BGB [2005], § 18 WEG Rdn. 2 u. 17; Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., § 18 Rdn. 1; Becker/Kümmel/Ott, Wohnungseigentum , Rdn. 559; noch strenger Bärmann/Pick, WEG, 17. Aufl., § 18 Rdn. 5: erfolgloses Verfahren nach § 43 WEG).
13
b) Die herrschende Ansicht überzeugt.
14
(1) Das Erfordernis einer Abmahnung folgt aus dem Zweck der Entziehungsklage und der Systematik ihrer Tatbestände. Der Gesetzgeber hat die Entziehungsklage als letztes Mittel zur Wiederherstellung des Gemeinschaftsfriedens gegenüber einem von ihm so genannten „Störenfried“ eingeführt (Entwurfsbegründung in BR-Drucks. I/252 S. 27 zu § 22 und mündl. Erläuterung der Beschlussempfehlung in StenBer I. WP S. 4387 C). Als Störenfried hat er einen Wohnungseigentümer angesehen, der nicht nur seine Pflichten grob verletzt, sondern böswillig ist. Das lässt sich, von Ausnahmefällen abgesehen, nur feststellen , wenn der Wohnungseigentümer zunächst zur Einhaltung seiner Pflichten angehalten wird, also eine Abmahnung erfolgt. Eine solche Abmahnung wird denn auch in dem Regelbeispiel des § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG, das im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens eingeführt worden ist (Beschlussempfehlung in BT-Drucks. I/1802), ausdrücklich angesprochen. Danach liegen die Voraussetzungen von § 18 Abs. 1 WEG insbesondere dann vor, wenn der Wohnungseigentümer „trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 [WEG] obliegenden Pflichten verstößt“. Demnach bedarf es in dieser Fallgestaltung mindestens zweier Pflichtverletzungen nach einer Abmahnung (Bärmann /Pick/Merle, aaO, § 18 Rdn. 31; Kreuzer in: Köhler/Bassenge, aaO, Rdn. 9; KK-WEG/Riecke, § 18 Rdn. 33; Niedenführ/Schulze, aaO, § 18 Rdn. 10; Hogenschurz, NZM 2005, 611, 613). Eine Abmahnung ist in dem zweiten , dem vorliegenden Fall näher liegenden Regelbeispiel nach § 18 Abs. 2 Nr.
2 WEG zwar nicht vorgeschrieben. Hier wird aber ein der Abmahnung entsprechender Effekt dadurch erreicht, dass die Entziehung nach § 19 Abs. 2 WEG entfällt, wenn die Rückstände bis zum Zuschlag nach § 57 WEG ausgeglichen werden. Die Entziehungsklage hat damit selbst lediglich die Wirkung einer Abmahnung. Bei anderen Pflichtverletzungen, die ein vergleichbares Gewicht haben müssen, auf eine Abmahnung zu verzichten, führte zu einem nicht vermittelbaren Wertungswiderspruch.
15
(2) Nur mit einer Abmahnung kann auch den aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) folgenden Anforderungen an die Vorschrift Rechnung getragen werden. Das Eigentumsgrundrecht steht einer Entziehung von Wohnungseigentum aus den in § 18 Abs. 1 WEG bestimmten Gründen zwar nicht entgegen; sie kommt aber nur bei Vorliegen enger Voraussetzungen in Betracht (BVerfG NJW 1994, 241, 242). Sie darf nur als letztes Mittel gegen einen gemeinschaftsschädigenden Wohnungseigentümer eingesetzt werden (OLG Köln, ZMR 1998, 48, 49; LG Landau, WuM 1986, 151, 152; LG Aachen, ZMR 1993, 233, 235; LG Köln, ZMR 2002, 227, 229; LG Augsburg, ZMR 2005, 230 f.; AG Dachau, ZMR 2006, 319, 320; Becker/Kümmel/Ott, aaO, Rdn. 559; Niedenführ/Schulze, aaO, § 18 Rdn. 1; Staudinger/Kreuzer, aaO, § 18 WEG Rdn. 2; Weitnauer/Lüke, aaO, § 18 Rdn. 1). Ob das der Fall ist, lässt sich grundsätzlich nur beurteilen, wenn der Wohnungseigentümer abgemahnt worden ist. Die anderen Wohnungseigentümer haben daher die bestehenden und ihnen zumutbaren Möglichkeiten zur Unterbindung störenden Verhaltens auszuschöpfen , wozu auch die Abmahnung des betroffenen Wohnungseigentümers gehört. Auf sie kann nur ausnahmsweise verzichtet werden, etwa dann, wenn diese der Gemeinschaft unzumutbar ist oder offenkundig keine Aussicht auf Erfolg bietet (AG Dachau, ZMR 2006, 319, 320; KK-WEG/Riecke, § 18 Rdn.

28).


16
(3) So sieht es auch § 543 Abs. 3 BGB für das Mietrecht vor, an dem sich der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 18 WEG ausdrücklich ausgerichtet hat (Entwurfsbegründung aaO) und an das er sich bei ihrer Gesetz gewordenen Fassung noch stärker angelehnt hat als der Entwurf (Beschlussempfehlung aaO). Auch § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB lässt die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus einem in einer Pflichtverletzung liegenden wichtigen Grund nur zu, wenn eine Abmahnung erfolglos war. Etwas anderes gilt nach § 314 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB nur, wenn eine Abmahnung unzumutbar ist oder keinen Erfolg verspricht. Diese Grundsätze gelten auch für die Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses nach § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BGB (MünchKomm-BGB/Ulmer, aaO, § 723 Rdn. 32 a. E.) und eines Dienstoder Arbeitsverhältnisses nach § 626 Abs. 1 (MünchKomm-BGB/Henssler, aaO, § 626 Rdn. 89 f.). Ein Grund, von dieser einheitlichen Wertung bei der den genannten Tatbeständen insoweit vergleichbaren Entziehungsklage abzuweichen , ist nicht erkennbar.
17
(4) Danach war hier eine Abmahnung erforderlich.
18
(a) Der Beklagte hat zwar seine Pflicht zur Zahlung des Wohngelds über Jahre hinweg nur auf gerichtliche Inanspruchnahme hin erfüllt. Die Kläger haben die Gemeinschaft aber dessen ungeachtet fortgesetzt. Für den Beklagten war ohne einen entsprechenden Hinweis nicht klar, dass sein Verhalten die Kläger nicht nur zur Einleitung gerichtlicher Verfahren zur Durchsetzung der Gemeinschaftsansprüche veranlasste, sondern aus ihrer Sicht die Grundlage einer Fortführung der Gemeinschaft erschütterte und Anlass zur Entziehung des Wohnungseigentums gab.
19
(b) Eine Abmahnung war den Klägern zuzumuten. Sie war ohne weiteres möglich und bedeutete keine Verzögerung bei der Herstellung geordneter Verhältnisse. Sie setzte nämlich - wie bei § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG (dazu: Pick in: Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 18 Rdn. 31 a. E.; Erman/Grizwotz, aaO, § 18 WEG Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Engelhardt, aaO, § 18 WEG Rdn. 4; Palandt /Bassenge, aaO, § 18 WEG Rdn. 3; Staudinger/Kreuzer, aaO, § 18 WEG Rdn. 20) - keinen Beschluss der Gemeinschaft voraus; es genügte vielmehr dass der Verwalter oder ein Wohnungseigentümer sie aussprach. Sie war dann auch nicht selbständig anfechtbar (für § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG: BayObLG NJWRR 2004, 1020, 1021).
20
(c) Eine Abmahnung war auch nicht aussichtslos. Der Beklagte hat zwar weder den Entziehungsbeschluss noch das Angebot der Kläger, von der Durchsetzung dieses Beschlusses bei fristgerechtem Ausgleich der Rückstände und künftig pünktlicher Zahlung Abstand zu nehmen, zum Anlass genommen, die Rückstände auszugleichen. Er hat es vielmehr wiederum auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen lassen. Das besagt aber nicht, dass die zur Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG erforderliche Abmahnung auf den Beklagten ohne Eindruck geblieben wäre. Aus seiner Sicht ging es den Klägern bislang nur um den Ausgleich der Rückstände. Diese Rückstände haben sie gerichtlich durchgesetzt. Gegen einen Ausgleich vor allem der Rückstände wollten sie auf die Durchsetzung des Entziehungsbeschlusses verzichten. Dass es ihnen um mehr, nämlich um eine generelle Änderung seines Zahlungsverhaltens und um eine Entziehung des Wohnungseigentums auch für den Fall ging, dass er die Rückstände später doch ausglich, konnte der Beklagte bei objektiver Sicht nicht erkennen. Aus seiner Sicht hat sich die Gemeinschaft sich mit der Durchsetzung ihrer Zahlungsansprüche begnügt. Wollte sie weitergehende Konsequenzen ziehen, musste sie das unmissverständlich deut- lich machen (vgl. für den insoweit parallelen Fall einer verhaltensbedingten Kündigung: BAGE 99, 340, 345; BB 2005, 716, 718). Das lässt sich dem zudem erst nach dem Entziehungsbeschluss an die Beklagten gerichteten Schreiben vom 21. September 2004 zwar bei näherem Hinsehen entnehmen. Dem Beklagten wurde das aber erst in der Klagebegründung deutlich. Deshalb rechtfertigt sein Verhalten nicht den Schluss, dass ihn eine Abmahnung unbeeindruckt gelassen hätte.
21
4. Die erforderliche Abmahnung konnten die Kläger entgegen der Hilfserwägung des Berufungsgerichts nicht nachholen.
22
a) Zweifelhaft ist schon, ob die als nachträgliche Abmahnungen in Betracht zu ziehenden Schreiben der Kläger vom 16. August und 21. September 2004 inhaltlich den Anforderungen an eine Abmahnung genügen. In dem ersten Schreiben wird der Entziehungsbeschluss erläutert, dem Beklagten aber nicht Gelegenheit gegeben, ihn abzuwenden. Er wird vielmehr aufgefordert, ihn zu erfüllen. In dem zweiten Schreiben erklären sich die Kläger zwar bereit, bei pünktlicher Erfüllung seiner Pflichten durch den Beklagten die gerichtliche Durchsetzung des Entziehungsbeschlusses zurückzustellen. Sie behalten sich aber auf Dauer vor, bei einem neuerlichen Verstoß ohne weitere Beschlussfassung eine Entziehungsklage zu erheben. Ob darin eine Abmahnung gesehen werden kann, ist fraglich, kann aber offen bleiben.
23
b) Eine Abmahnung kann den ihr zugedachten Zweck nur erfüllen, wenn sie vor einem Entziehungsbeschluss erfolgt, woran es hier fehlt. Sie soll den Wohnungseigentümer vor dem drohenden Entziehungsbeschluss warnen (LG Aachen, ZMR 1993, 233, 235; KK-WEG/Riecke, § 18 Rdn. 29; Sauren, WEG, 4. Aufl., § 18 Rdn. 5; Staudinger/Kreuzer, aaO, § 18 WEG Rdn. 17). Gleichzeitig soll er erfahren, was er zu tun hat, um diesen Beschluss und seinen Vollzug zu vermeiden. Die Abmahnung soll aber auch sicherstellen, dass die übrigen Wohnungseigentümer den Entziehungsbeschluss nur fassen, wenn die Pflichtverletzung eine Fortführung der Gemeinschaft unzumutbar macht. Dazu sollen sie dem betroffenen Wohnungseigentümer eine letzte Möglichkeit zur Verhaltensänderung geben und berücksichtigen, was er auf die Abmahnung zur Rechtfertigung oder Erklärung seines Verhaltens vorbringt. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn die Abmahnung vor Beschlussfassung erfolgt. Ist der Beschluss einmal gefasst, kann eine Abmahnung nur noch als Druckmittel dazu dienen, den gefassten Beschluss durchzusetzen. Das ist zwar legitim (BayObLGZ 1975, 53, 57; Kreuzer in: Köhler/Bassenge, aaO, Rdn. 34; Staudinger /Kreuzer, aaO, § 18 Rdn. 33), nimmt der Abmahnung aber ihren eigentlichen Sinn und genügt deshalb nicht. Damit scheidet eine Entziehung aufgrund des gefassten Entziehungsbeschlusses aus.
24
5. Der gefasste Entziehungsbeschluss macht dem Beklagten aber - jedenfalls in Verbindung mit dem Schreiben vom 21. September 2004 - klar, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die fortdauernd unpünktliche Zahlung der Wohngelder durch den Beklagten nicht länger hinnehmen und dies zum Anlass für eine Entziehung nehmen will. Er stellt inhaltlich eine Abmahnung dar, die auch durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erfolgen kann (OLG Hamburg, ZMR 2003, 596; Staundinger/Kreuzer, aaO, § 18 Rdn. 20 a.E.). Das hat zur Folge, dass ein Entziehungsgrund gegeben ist, wenn der Beklagte künftig, und sei es auch nur einmal, seine Zahlungsverpflichtungen in nicht nur zu vernachlässigendem Umfang unpünktlich erfüllt. Die Gemeinschaft könnte dann den nach § 18 Abs. 3 WEG erforderlichen Entziehungsbeschluss fassen und auf Entziehung klagen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Beklagte unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Dauer seines Wohl- verhaltens, annehmen darf, die zur Abmahnung führenden Vorgänge hätten sich für die Gemeinschaft erledigt (so für den insoweit vergleichbaren Fall der verhaltensbedingten Kündigung: BAG, DB 1987, 1303 und 2367; NZA 1987, 418, 419).

III.


25
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 24.06.2005 - 311 C 58/05 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 07.12.2005 - 25 S 121/05 -