Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2013 - StB 19/12

published on 24/01/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2013 - StB 19/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
__________
StB 19/12
vom
24. Januar 2013
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Verschleppung u.a.
hier: Beschwerde des Angeklagten gegen den Eröffnungsbeschluss des
Kammergerichts vom 5. Dezember 2012
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Beschwerdeführers und seines Verteidigers am
24. Januar 2013 gemäß § 210 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Eröffnungsbeschluss des Kammergerichts vom 5. Dezember 2012 wird als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, er habe als Mitarbeiter des mongolischen Geheimdienstes am 14. Mai 2003 in Le Havre/Frankreich zusammen mit weiteren Personen den Exilmongolen D. in seine Gewalt gebracht, ihn in gefesseltem und zeitweise durch Spritzen betäubtem Zustand im Pkw über Brüssel nach Berlin geschafft und ihn dort am 18. Mai 2003, wiederum betäubt, in ein Flugzeug nach Ulan Bator/Mongolei verbracht. Dies habe dem Zweck gedient, gegen D. in der Mongolei ein Strafverfahren wegen Beteiligung an der Ermordung des damaligen mongolischen Innenministers S. am 2. Oktober 1998 in Ulan Bator durchzuführen. Bei seiner Ankunft in der Mongolei am 19. Mai 2003 sei D. , wie von den Tätern bezweckt , in Untersuchungshaft genommen worden; in der Folge habe man ihn mehrfach gefoltert, um von ihm ein Geständnis zu erzwingen. Dieses Vorgehen habe lediglich dem Machterhalt der damaligen mongolischen Regierungspartei MRVP gedient. Sie habe ohne Einlösung ihres Wahlversprechens, den Mord an S. aufzuklären, um ihre Wiederwahl gefürchtet, weshalb sich ihre Funktionäre entschlossen hätten, D. ungeachtet fehlender Hinweise auf seine Täterschaft zu einem Geständnis zu zwingen. Dessen sei sich der Angeklagte bei seinem Handeln bewusst gewesen.
2
Der Generalbundesanwalt hat gegen den Angeklagten wegen dieses Tatgeschehens, das er rechtlich als Verschleppung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 234a Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4, § 52 StGB) bewertet, am 1. August 2011 Anklage zum Staatsschutzsenat des Kammergerichts Berlin erhoben. Das Kammergericht hat das Hauptverfahren mit Beschluss vom 5. Dezember 2012 eröffnet. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten.
3
1. Das Rechtsmittel ist unzulässig, denn der Beschluss, das Hauptverfahren zu eröffnen, ist nach § 210 Abs. 1 StPO der Anfechtung durch den Angeklagten grundsätzlich entzogen. Die Vorschrift verweist den Angeklagten wegen der Klärung der Beschwerdepunkte, die er gegen diese - nach § 203 StPO nur auf vorläufiger Bewertung beruhende - Zwischenentscheidung vorzubringen hat, auf das zur endgültigen Entscheidung führende Hauptverfahren. Hiergegen bestehen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. August 1994 - 2 BvR 1547/94, NJW 1995, 316).
4
2. Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Würdigung des Beweisstoffs durch das Kammergericht verstoße gegen das Willkürverbot und das Gebot eines fairen Verfahrens, trifft nicht zu. Zur Begründung bezieht sich der Beschwerdeführer allein darauf, dass der Senat im Beschluss vom 16. September 2011 (StB 11/11) keine hinreichenden Belege für eine Verfol- gung des Geschädigten trotz fehlender Verdachtsmomente für seine Täterschaft und allein aus politischen Gründen gesehen, deshalb den dringenden Verdacht einer Verschleppung verneint und demzufolge den vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gegen den Beschwerdeführer erlassenen Haftbefehl mangels Strafgerichtsbarkeit des Bundes aufgehoben hatte. Dieser Beschluss entfaltet indes für die Bewertung der Tat in der Eröffnungsentscheidung des Kammergerichts keine rechtliche Bindung.
5
Unter diesen Umständen kann der Senat offenlassen, ob es bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten von Verfassungs wegen zulässig oder gar allgemein geboten ist, dem Angeklagten in Durchbrechung des § 210 Abs. 1 StPO - und entgegen dem Gebot der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395) - die Anfechtung des Eröffnungsbeschlusses zu ermöglichen (vgl. zur Unstatthaftigkeit einer außerordentlichen Beschwerde wegen "greifbarer Gesetzesverletzung" BGH, Beschlüsse vom 19. März 1999 - 2 ARs 109/99, BGHSt 45, 37; vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03, BGHZ 159, 14). Soweit wegen der Ausstrahlungswirkung des Art. 103 Abs. 3 GG, der Schutz nicht nur vor Doppelbestrafung, sondern auch vor doppelter Strafverfolgung gewährleistet, die - einfache - Beschwerde des Angeklagten gegen einen Eröffnungsbeschluss ausnahmsweise dann als statthaft anzusehen ist, wenn sie sich gegen eine erneute, nach bereits rechtskräftiger Ablehnung der Eröffnung ergangene Entscheidung richtet und geltend macht, diese beruhe entgegen § 211 StPO nicht auf neuen Tatsachen oder Beweismitteln (BVerfG, Beschluss vom 3. September 2004 - 2 BvR 2001/02, StV 2005, 196), kann der Beschwerdeführer einen Sachverhalt, der damit auch nur vergleichbar wäre, nicht vortragen.
Tolksdorf Hubert Mayer
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.
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published on 16/09/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS ___________ StB 11/11 vom 16. September 2011 in dem Strafverfahren gegen wegen Verschleppung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Beschwerdeführers und seiner Ver
published on 21/04/2004 00:00

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(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.

(1) Wer einen anderen durch List, Drohung oder Gewalt in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbringt oder veranlaßt, sich dorthin zu begeben, oder davon abhält, von dort zurückzukehren, und dadurch der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Wer eine solche Tat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Ist die Eröffnung des Hauptverfahrens durch einen nicht mehr anfechtbaren Beschluß abgelehnt, so kann die Klage nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel wieder aufgenommen werden.