Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZR 49/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert wird auf 1.750.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
- 3
- Die Frage, wie der Vorprozess richtigerweise hätte entschieden werden müssen, beantwortet sich nach § 287 ZPO, weil es sich um ein Element der haftungsausfüllenden Kausalität handelt (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 - IX ZR 27/04, BGHZ 163, 223, 227). Im Streitfall könnte der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe möglicherweise darauf hindeuten, dass die Vordergerichte im Blick auf den Ausgang des Vorprozesses zu Unrecht die Regelung des § 286 ZPO zugrunde gelegt haben. Die angegriffene Entscheidung beruht jedoch ersichtlich nicht auf einem etwaigen Rechtsfehler. Beide Vordergerichte sind auf der Grundlage der als nicht glaubhaft eingestuften Aussage der Zeugin F. zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht zu dem Abschluss eines Anwaltsvertrages zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Dr. H. sowie dessen Sozietät gekommen ist. Bei dieser Sachlage kann ausgeschlossen werden, dass die Vordergerichte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem Vertragsschluss zwischen der Klägerin und Rechtsanwalt Dr. H. sowie dessen Sozietät ausgegangen sind. Die Regelung des § 287 ZPO ändert nichts daran, dass der Klägerin die Beweislast für den Schadensnachweis obliegt (BGH, Urteil vom 1. März 2007 - IX ZR 261/03, WM 2007, 1183 Rn. 36).
- 4
- 2. Soweit die Beschwerde die Verwertung der Aussage des Zeugen Rechtsanwalt Dr. H. durch die Vordergerichte beanstandet, wird der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 543 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) nicht ordnungsgemäß ausgeführt, weil es an Darlegungen darüber fehlt, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 190 f). Davon abgesehen ist die Rüge auch in der Sache nicht begründet.
- 5
- Der grundsätzlich möglichen Anhörung des Gegners des Vorprozesses (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005, aaO S. 228) stand hier nicht entgegen, dass dieses Beweismittel bei pflichtgemäßem Handeln der in dem Vorprozess auftretenden Anwälte und sachgerechtem Verfahren des mit dem Vorprozess befassten Gerichts im dortigen Verfahren keinesfalls zur Verfügung gestanden hätte (BGH, aaO S. 229). In dem Vorprozess wäre es um den Inhalt eines zwischen der Zeugin F. und dem dortigen Beklagten Rechtsanwalt Dr. H. geführten Vier-Augen-Gespräch gegangen. Aus Gründen der Waffengleichheit hätte der Beklagte Rechtsanwalt Dr. H. in diesem Verfahren gemäß § 141 oder § 448 ZPO als Partei angehört werden müssen (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 75/10, WM 2011, 1484 Rn. 19). Folglich waren die Gerichte weder in dem Vorprozess noch in vorliegender Sache an der Vernehmung von Rechtsanwalt Dr. H. gehindert.
- 6
- 3. Ein Willkürverstoß (Art. 3 Abs. 1 GG) scheidet aus, soweit das Berufungsgericht im Hinblick auf die Rückholung von Fahrzeugen aus der Schweiz Rechtsanwalt Dr. H. keine Fehlberatung anlastet.
- 7
- a) Ein solcher Verstoß liegt nicht einmal bei einer zweifelsfrei fehlerhaften Rechtsanwendung vor. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Dies ist bei einer fehlerhaften Rechtsanwendung der Fall, die sachlich schlechthin unhaltbar ist, weil sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar erscheint (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - IX ZR 8/09, Rn. 2 mwN).
- 8
- b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat Rechtsanwalt Dr. H. gegenüber der Klägerin den Rat des Schweizerischen Rechtsanwalts, die Fahrzeuge zurückzuholen, "bekräftigt". Diese Äußerung konnte das Beru- fungsgericht - jedenfalls ohne Verstoß gegen das Willkürverbot - dahin würdigen , den Rat eines mit dem ausländischen Recht vertrauten Rechtsanwalts zu befolgen.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 29.10.2010 - 1 O 578/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 29.03.2011 - 14 U 1850/10 -
moreResultsText
Annotations
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.
(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
Auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.