Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2019 - IX ZR 37/19

bei uns veröffentlicht am31.10.2019
vorgehend
Landgericht Magdeburg, 11 O 761/17, 06.03.2018
Oberlandesgericht Naumburg, 5 U 50/18, 12.09.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 37/19
vom
31. Oktober 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:311019BIXZR37.19.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Röhl
am 31. Oktober 2019
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 12. September 2018 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 73.399,20 € festgesetzt.

Gründe:


1
Mit Senatsbeschluss vom 19. September 2019 ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten und Beschwerdeführer die Vorlage der Prozessvollmachten der beiden Beklagten aufgegeben worden. Sie sind unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2006 - III ZB 50/05, BGHZ 166, 278 Rn. 9 mwN) darauf hingewiesen worden, dass der Nachweis der Vollmacht nur durch Vorlage der Originalvollmachten in der Form des § 80 Satz 1 ZPO geführt werden kann und dass im Hinblick auf § 81 ZPO die Vorlage der erstinstanzlich erteilten Prozessvollmachten ausreicht.

2
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben keine Originalvollmachten vorgelegt. Sie haben mit Schriftsatz vom 19. September 2019 nur die Ablichtung einer nicht datierten Vollmacht eingereicht, die auf den vorinstanzlich tätigen Rechtsanwalt B. lautet und von den Vertretern beider Beklagten unterschrieben sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 16. Oktober 2019 haben sie die Ablichtung einer eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 vorgelegt, nach welcher Rechtsanwalt B. im Juli 2017 von ihr und von dem damaligen Vertreter des Beklagten zu 2 beauftragt worden sei; beide Personen hätten das Vollmachtsformular gleichzeitig unterschrieben.
3
Das reicht nicht aus, um die Anforderungen an den Nachweis einer Vollmacht zu führen. Zum Nachweis der Bevollmächtigung gemäß § 80 Satz 1 ZPO ist, wie gesagt und wie den Beklagten im Beschluss vom 19. September 2019 mitgeteilt worden ist, das Original der Vollmachtsurkunde vorzulegen. Schriftstücke , die lediglich einen durch technische Übertragungsverfahren hergestellten Abdruck der Originalurkunde enthalten, reichen hierfür ebenso wenig aus wie ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art (BGH, Urteil vom 23. Juni 1994 - I ZR 106/92, BGHZ 126, 266, 267 f; Beschluss vom 23. Februar 2006 - III ZB 50/05, BGHZ 166, 278 Rn. 9 mwN).
4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Im hier gegebenen Fall des Fehlens einer wirksamen Bevollmächtigung sind die Prozesskosten zwar grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008 - II ZR 255/07, WM 2009, 23 Rn. 16; Beschluss vom 4. März 1993 - V ZB 5/93, BGHZ 121, 397, 400 mwN). Dies kann auch der vollmachtlose Vertreter selbst sein. Der voll- machtlose Vertreter kommt als Veranlasser in der Regel dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt. Das ist hier hinsichtlich der beim Bundesgerichtshof zugelassenen anwaltlichen Vertreter der Beklagten nicht der Fall. Sie sind von Rechtsanwalt B. mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragt worden und durften davon ausgehen, dass dieser hierzu bevollmächtigt war (§ 81 ZPO). Rechtsanwalt B. käme als Veranlasser in Betracht, wenn er den Rechtsstreit eigenmächtig für die Beklagten geführt hätte. Nach einem Rechtsstreit über zwei Instanzen kann jedoch nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Beklagten das Auftreten dieses Rechtsanwalts für sie veranlasst haben. Es bleibt daher bei der Regel des § 97 Abs. 1 ZPO.
Kayser Lohmann Pape
Möhring Röhl Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 06.03.2018 - 11 O 761/17 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 12.09.2018 - 5 U 50/18 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 81 Umfang der Prozessvollmacht


Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 80 Prozessvollmacht


Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2006 - III ZB 50/05

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 50/05 vom 23. Februar 2006 in dem Verfahren wegen Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja (bezüglich des Leitsatzes zu a) und B. I. der Gründe) BGHR: ja a) ZPO § 10

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bei uns veröffentlicht am 27.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 255/07 Verkündet am: 27. Oktober 2008 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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9
b) Der Mangel der Vollmacht kann von dem Gegner in jeder Lage des Verfahrens gerügt werden (§ 88 Abs. 1 ZPO). Der Gegner hat auf diese Rüge die Bevollmächtigung - abgesehen von hier nicht gegebenen Sonderfällen (vgl. Stein/Jonas/Bork aaO § 80 Rn. 23 f) - durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben (§ 80 Abs. 1 ZPO). Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde - gegebenenfalls in beglaubigter Form (§ 80 Abs. 2 ZPO) - geführt werden, ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügt nicht (BGHZ 126, 266, 267 ff; Senatsurteil vom 5. Juni 1997 - III ZR 190/96 - ZIP 1997, 1474, 1475; Senatsbeschluss vom 27. März 2002 - III ZB 43/00 - NJW-RR 2002, 933). An einer solchen zweifelsfreien Feststellung der Bevollmächtigung besteht ein öffentliches Interesse und ein Interesse des Prozessgegners (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2002 aaO). Durch schriftliche Vollmacht nachzuweisen sind gegebenenfalls Haupt- und Untervollmacht (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2002 aaO und BGH, Urteil vom 27. Mai 1986 - IX ZR 152/85 - NJW-RR 1986, 1252, 1253).

Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen.

Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.

Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen.

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b) Der Mangel der Vollmacht kann von dem Gegner in jeder Lage des Verfahrens gerügt werden (§ 88 Abs. 1 ZPO). Der Gegner hat auf diese Rüge die Bevollmächtigung - abgesehen von hier nicht gegebenen Sonderfällen (vgl. Stein/Jonas/Bork aaO § 80 Rn. 23 f) - durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben (§ 80 Abs. 1 ZPO). Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde - gegebenenfalls in beglaubigter Form (§ 80 Abs. 2 ZPO) - geführt werden, ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügt nicht (BGHZ 126, 266, 267 ff; Senatsurteil vom 5. Juni 1997 - III ZR 190/96 - ZIP 1997, 1474, 1475; Senatsbeschluss vom 27. März 2002 - III ZB 43/00 - NJW-RR 2002, 933). An einer solchen zweifelsfreien Feststellung der Bevollmächtigung besteht ein öffentliches Interesse und ein Interesse des Prozessgegners (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2002 aaO). Durch schriftliche Vollmacht nachzuweisen sind gegebenenfalls Haupt- und Untervollmacht (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2002 aaO und BGH, Urteil vom 27. Mai 1986 - IX ZR 152/85 - NJW-RR 1986, 1252, 1253).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

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III. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts sind die Kosten des Rechtstreits nicht vom Kläger zu 2 allein, sondern von beiden Klägern zu tragen (§§ 97, 91 Abs. 1 ZPO). Zwar sind bei fehlender wirksamer Bevollmächtigung die Prozesskosten grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat. Der vollmachtlose Vertreter kommt als Veranlasser allerdings nur dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt (BGHZ 121, 397, 400). Ob diese Grundsätze auf den nicht legitimierten gesetzlichen Vertreter anzuwenden sind, kann dahinstehen (vgl. hierzu Zöller/ Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 88 Rdn. 11; OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 1335). Eine Kostentragungspflicht des Klägers zu 2 auch für die Klage der Klägerin zu 1 scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die Frage, ob eine in der Satzung für mehrere Geschäftsführer geregelte Alleinvertretungsbefugnis für die geborenen Liquidatoren fortwirkt, in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beantwortet wird und der Kläger zu 2 deshalb keine Kenntnis davon haben musste, dass er die Klägerin zu 1 als Liquidator allein nicht vertreten konnte.

Die Prozessvollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens, eine Rüge nach § 321a und die Zwangsvollstreckung veranlasst werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)