Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2014 - IX ZR 146/13

bei uns veröffentlicht am22.05.2014
vorgehend
Landgericht Kleve, 2 O 301/11, 30.05.2012
Oberlandesgericht Düsseldorf, 15 U 78/12, 22.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR146/13
vom
22. Mai 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 22. Mai 2014

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. Mai 2013 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 32.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 544 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
2
Das Berufungsgericht dürfte übersehen haben, dass überschießende Feststellungen, auf denen das Urteil im Vorprozess nicht beruht, nicht an der Interventionswirkung des § 68 ZPO teilnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2003 - V ZB 43/03, BGHZ 157, 97, 99; Urteil vom 8. Mai 2008 - IX ZR 180/06, FamRZ 2008, 1435 Rn. 23; Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 68 Rn. 7; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 68 Rn. 7). Beruht ein Urteil auf mehreren selbständig tragenden Gründen, muss jedoch hinsichtlich jedes dieser Gründe ein Zulassungsgrund gegeben sein (BGH, Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60; MünchKomm-ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 543 Rn. 26). Das Berufungsgericht hat nicht allein auf die (vermeintliche ) Interventionswirkung des Urteils im Vorprozess abgestellt. Es hat vielmehr selbständig geprüft, ob das Konto, auf welches die Zahlungen gelangt sind, ein Anderkonto des Beklagten darstellte, und diese Frage bejaht. Insoweit deckt die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Zulassungsgrund auf. Der Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) wurde nicht verletzt. Ob ein Ander- oder ein Sonderkonto vorlag, ist eine Rechtsfrage, die einem Zeugenbeweis grundsätzlich nicht zugänglich ist. Tatsachen, die einen abweichenden Subsumtionsschluss zuließen, hat der Beklagte in den Tatsacheninstanzen weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Die vorgelegten Unterlagen sprechen eindeutig für die Eröffnung eines Anderkontos.
3
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp

Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 30.05.2012 - 2 O 301/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.05.2013 - I-15 U 78/12 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 68 Wirkung der Nebenintervention


Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört, dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird mit der Behauptung, dass die Hauptpartei den Rechtsstreit mange

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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2003 - V ZB 43/03

bei uns veröffentlicht am 27.11.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 43/03 vom 27. November 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 68 a) Die Interventionswirkung kommt Feststellungen des Erstgerichts, auf denen sein Urteil nicht beruht (sog. übersch

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2005 - IX ZB 430/02

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 430/02 vom 29. September 2005 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 574 Abs. 2, § 575 Abs. 3 Nr. 2 Eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Mai 2008 - IX ZR 180/06

bei uns veröffentlicht am 08.05.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 180/06 Verkündet am: 8. Mai 2008 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört, dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird mit der Behauptung, dass die Hauptpartei den Rechtsstreit mangelhaft geführt habe, nur insoweit gehört, als er durch die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts oder durch Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei verhindert worden ist, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder als Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihm unbekannt waren, von der Hauptpartei absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 43/03
vom
27. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Interventionswirkung kommt Feststellungen des Erstgerichts, auf denen sein
Urteil nicht beruht (sog. überschießende Feststellungen), nicht zu.

b) Maßgeblich dafür, ob eine Feststellung überschießt, ist nicht die Sicht des Erstgerichts.
Es kommt vielmehr darauf an, worauf die Entscheidung des Erstprozesses
objektiv nach zutreffender Würdigung beruht.

c) Eine bei dem von dem Erstgericht gewählten Begründungsansatz objektiv notwendige
Feststellung wird nicht deshalb zu einer überschießenden Feststellung,
weil sie sich bei einem anderen Ansatz erübrigt hätte.
§ 12 SchuldRAnpG ist auf eine nach § 8 VZOG verfügungsbefugte Stelle jedenfalls
dann nicht analog anzuwenden, wenn diese über das Grundstück nicht verfügt.
Die Verfügungsbefugnis erlischt mit Eintritt der Bestandskraft eines Zuordnungsbescheids
und lebt nach dessen Aufhebung jedenfalls dann nicht wieder auf, wenn
dieser im Grundbuch vollzogen worden ist.
BGH, Beschl. v. 27. November 2003 - V ZB 43/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. November 2003 durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Tropf,
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten hin wird der Beschluß des 25. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. Juni 2003 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird gemäß § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsrechtsstreits VG 15 A 296.02 vor dem Verwaltungsgericht Berlin ausgesetzt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 350.000

Gründe


I.


Die Klägerin machte Verwendungen auf ein ehemals volkseigenes Grundstück in der Gemeinde W. . Dieses Grundstück wurde durch bestandskräftig gewordenen Zuordnungsbescheid der Präsidentin der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) vom 21. Juli 1997 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 6 des Vermögenszuordnungsgesetzes (VZOG) dem Land B. zugeordnet. Durch Bescheid des nunmehr zuständigen Präsi-
denten der Oberfinanzdirektion Berlin vom 13. Oktober 2000 wurde dieser Be- scheid ersatzlos aufgehoben, ohne festzustellen, wem das Grundstück stattdessen gehört. Hiergegen erhob die Beklagte am 30. April 2003 vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage.
Eine gegen die Gemeinde W. gerichtete Klage der Klägerin auf Ersatz ihrer Verwendungen auf das Grundstück wurde in zweiter Instanz durch Urteil des Landgerichts P. vom 19. Februar 2002 abgewiesen. In diesem Rechtsstreit hatte die Klägerin der Beklagten den Streit verkündet; diese war dem Rechtsstreit nicht beigetreten. Nunmehr verlangt die Klägerin Ersatz dieser Verwendungen von der Beklagten, von deren Eigentum sie nach dem Aufhebungsbescheid vom 13. Oktober 2000 ausgeht.
Die Beklagte hat beantragt, das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsrechtsstreits gegen den Bescheid vom 13. Oktober 2000 auszusetzen. Dem hat das Landgericht entsprochen. Das Beschwerdegericht hat die Aussetzung aufgehoben und die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet. Dagegen richtet sich die von dem Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

II.


Das Beschwerdegericht sieht den Verwaltungsrechtsstreit über den Zuordnungsbescheid vom 13. Oktober 2000 zwar mit dem Landgericht als vorgreiflich an. An der Berufung hierauf sei die Beklagte aber wegen der Wirkungen der Streitverkündung der Klägerin gegenüber der Beklagten in dem vorausgegangenen Rechtsstreit der Klägerin gegen die Gemeinde W. vor
dem Landgericht Potsdam gehindert. Zu den das in jenem Rechtsstreit ergan- gene klagabweisende Urteil tragenden Erwägungen gehöre die Feststellung des Landgerichts, der Bund sei Eigentümer des Grundstücks, auf das die Klägerin Verwendungen gemacht haben will.

III.


Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Der Verwaltungsrechtsstreit ist für die vorliegende Klage vorgreiflich. Der Erfolg der Klage hängt unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt entscheidend davon ab, daß die Beklagte Eigentümerin des Grundstücks ist, auf das die Klägerin Verwendungen gemacht hat. Für diese Frage ist der Ausgang des Verwaltungsrechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht Berlin ausschlaggebend. Bei einem Obsiegen der Beklagten in diesem Verwaltungsrechtsstreit würde entweder die Nichtigkeit des Zuordnungsbescheids des Präsidenten der Oberfinanzdirektion Berlin vom 13. Oktober 2000 festgestellt oder dieser aufgehoben. In beiden Fällen würde damit der Fortbestand des Zuordnungsbescheids der Präsidentin der BvS vom 21. Juli 1997 bestätigt. Ausweislich dieses Bescheids ist das Land B. Eigentümer. Die Beklagte wäre dann im vorliegenden Rechtsstreit nicht passivlegitimiert. Bei einem Unterliegen der Beklagten würde die Aufhebung des Zuordnungsbescheids der Präsidentin der BvS vom 21. Juli 1997 bestätigt. Das Grundstück würde damit gewissermaßen wieder „zuordnungslos“. Da ein Zuordnungsverfahren nicht anhängig ist und auch nicht eingeleitet werden soll, wäre das Landgericht verpflichtet , in eigener Zuständigkeit festzustellen, wem das Grundstück nach dem
Einigungsvertrag und den diesen ergänzenden Vorschriften des Zuordnungsrechts zugefallen ist. Das wäre die Beklagte. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien hat das Grundstück vor dem 3. Oktober 1990 nicht bestimmten Verwaltungszwecken oder der kommunalen Daseinsvorsorge, sondern den Erholungsbedürfnissen der Mitglieder des damaligen FDGB gedient. Es wäre deshalb nach Art. 22 des Einigungsvertrags als Finanzvermögen der Beklagten zugefallen. Deren Passivlegitimation im vorliegenden Rechtsstreit wäre deshalb gegeben.
2. Der Vorgreiflichkeit steht auch nicht entgegen, daß die Beklagte in dem Verwaltungsrechtsstreit einen In-sich-Prozeß gegen sich selbst führt. Ein solcher In-sich-Prozeß ist zwar gewöhnlich unzulässig, weil sein Ergebnis durch eine interne Weisung der gemeinsamen vorgesetzten Dienststelle der streitenden Stellen schneller und einfacher zu erreichen ist. Für Zuordnungsbescheide gilt das aber nicht. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 VZOG darf das Bundesministerium der Finanzen hier als gemeinsame oberste Dienstbehörde aller Zuordnungsstellen keine Einzelweisungen erteilen. Deshalb sind bei Zuordnungsbescheiden In-sich-Prozesse nach § 1 Abs. 1 Satz 4 VZOG ausdrücklich zugelassen.
3. Einer Berufung der Beklagten auf ein etwaiges obsiegendes Urteil in dem vorgreiflichen Verwaltungsstreit steht auch nicht die Interventionswirkung entgegen, die das Urteil des Landgerichts P. im Vorprozeß der Klägerin gegen die Gemeinde W. nach § 74 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 68 ZPO hat.

a) Ob sich das schon daraus ergibt, daß ein Urteil im Verwaltungsrechtsstreit nachträglich die von dem Landgericht P. im Vorprozeß der
Klägerin gegen die Gemeinde W. angenommene Rechtslage verändern würde, ist zweifelhaft. Sowohl die von der Beklagten beantragte Feststellung der Nichtigkeit des Zuordnungsbescheids als auch seine hilfsweise beantragte Aufhebung würden auf den Zeitpunkt seines Erlasses am 13. Oktober 2000 zurückwirken. Diese Frage bedarf hier indes keiner Entscheidung.
b) Die Feststellung des Landgerichts P. im Vorprozeß der Klägerin gegen die Gemeinde W. , die Beklagte sei Eigentümerin, löst nämlich keine Interventionswirkung aus.
aa) Diese Wirkung kommt zwar nicht nur dem Entscheidungsausspruch, sondern auch den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zu, auf denen das Urteil im Vorprozeß beruht (BGHZ 85, 252, 255; 96, 50, 53; 100, 257, 262; 103, 275, 278; 116, 95, 102; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. § 68 Rdn. 9). Das gilt aber nicht für Feststellungen des Erstgerichts, auf denen sein Urteil nicht beruht (sog. überschießende Feststellungen, OLG Hamm, NJW-RR 1996, 1506; OLG Köln, NJW-RR 1992, 119, 120; LG Stuttgart, NJW-RR 1993, 296, 297; MünchKomm-ZPO/Schilken, 2. Aufl., § 68 Rdn. 15; Musielak/Weth, ZPO, 3. Aufl., § 68 Rdn. 4; Zöller/Vollkommer aaO; Bischof, JurBüro 1984, 1141, 1143). Aus wessen Sicht sich beurteilt, ob eine Feststellung das Urteil trägt, wird unterschiedlich gesehen. Das OLG München (NJW 1986, 263) stellt auf die subjektive Sicht des Erstgerichts ab. Demgegenüber kommt es nach herrschender Meinung darauf an, worauf die Entscheidung des Erstprozesses objektiv nach zutreffender Rechtsauffassung beruht (RG, JW 1911, 767, 768; OLG Hamm, NJW-RR 1996, 1506; LG Stuttgart, NJW-RR 1993, 296, 297; Musielak /Weth aaO; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 68 Rdn. 5; Vollkommer, NJW 1986, 264; Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 68 Rdn. 96; Zöller /Vollkommer aaO; Bischof aaO; im Ergebnis ebenso: Baum-
bach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 68 Rdn. 7). Dem schließt sich der Senat an. Die Nebeninterventionswirkungen treffen auch den nicht beitretenden Streitverkündungsempfänger, weil er die Möglichkeit hat, auf den Rechtsstreit Einfluß zu nehmen. Bei korrekter Prozeßführung durch das Gericht kann er nur auf den Streitstoff Einfluß nehmen, auf den es bei objektiver Betrachtung ankommt. Die Entscheidung, ob und auf welcher Seite er dem Streit beitritt, kann der Streitverkündungsempfänger sinnvoll nur treffen, wenn er von einer solchen korrekten Prozeßführung und den hierbei zu erwartenden Feststellungen ausgeht. Allerdings muß der Empfänger einer Streitverkündung auch damit rechnen, daß sich das Erstgericht für einen Begründungsansatz entscheidet, den er nicht für richtig hält. Dieser Begründungsansatz gibt den Rahmen vor. Eine in diesem Rahmen objektiv notwendige Feststellung wird nicht deshalb überschießend, weil sie sich bei der Wahl eines anderen rechtlichen Ansatzes erübrigt hätte (Wieczorek/Schütze/Mansel, § 68 Rdn. 98).
bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts handelt es sich bei der Annahme des Erstgerichts, die Beklagte sei Eigentümerin des Grundstücks , auf das die Klägerin Verwendungen gemacht haben will, um eine solche überschießende Feststellung. Das Erstgericht hat eine analoge Anwendung des § 12 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) auf den nach § 8 VZOG Verfügungsberechtigten geprüft und „bereits“ wegen Fehlens einer (planwidrigen) Lücke verneinen wollen. Eine solche Lücke hat es zwar mit der Begründung verneint, der Bund sei Eigentümer. Auf das Eigentum gerade des Bundes kam es aber bei der gebotenen objektiven Betrachtung nicht an, um eine Lücke zu verneinen.
(1) Eine solche Analogie setzte nämlich voraus, daß die verklagte Gemeinde bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses gemäß § 8 VZOG verfügungsbefugt war. Nach den Feststellungen des Erstgerichts kommen hierfür nur der 1. Mai oder der 1. August 2000 in Betracht. Zu beiden Zeitpunkten fehlte es an der Verfügungsbefugnis der Gemeinde W. . Diese war 1992 nach § 8 VZOG verfügungsbefugt, weil das Grundstück als Eigentum des Volkes gebucht und als dessen Rechtsträger der Rat der Gemeinde W. eingetragen war. Diese Verfügungsbefugnis ist gemäß § 8 Abs. 3 Buchst. a VZOG mit Eintritt der Bestandskraft des Zuordnungsbescheids der BvS vom 21. Juli 1997 kraft Gesetzes erloschen. Der Bescheid ist zwar durch den Zuordnungsbescheid des Präsidenten der Oberfinanzdirektion Berlin vom 13. Oktober 2000 aufgehoben worden. Dieser Umstand hat aber entgegen der in dem Bescheid zum Ausdruck gebrachten Beurteilung jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zum Wiederaufleben der Verfügungsbefugnis geführt. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG setzt nämlich voraus, daß das Grundstück noch als Eigentum des Volkes gebucht und noch ein Rechtsträger von Volkseigentum eingetragen ist. Diese Voraussetzungen konnte die Aufhebung des Zuordnungsbescheids nicht wiederherstellen. Zwar wäre das Grundstück, wenn, was das Verwaltungsgericht Berlin in dem Rechtsstreit VG zu klären hat, diese Art der Bescheidung rechtlich zulässig sein sollte, wieder „zuordnungslos“. An dem Verlust der Verfügungsbefugnis ändert das jedoch nichts. Diese hängt nämlich nicht von der materiellen Rechtslage ab, sondern allein von dem formalen Inhalt des Grundbuchs. Sie ist deshalb auch keineswegs bei allen ehemals volkseigenen Grundstücken gegeben (gewesen). Der frühere formale Grundbuchstand ist nicht wiederhergestellt und auch nicht wiederherstellbar , weil „Eigentum des Volkes“ seit dem 3. Oktober 1990 als Inhalt
einer Buchung im Grundbuch unzulässig ist. Damit fehlt einer Analogie auf den Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG im vorliegenden Fall die Grundlage.
(2) Eine Analogie wäre im übrigen nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthielte (vgl. dazu BGHZ 149, 165, 174; Larenz /Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 194 ff.; Canaris, Festschrift für Bydlinski, 2002, S. 47, 82 ff.) und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar wäre, den der Gesetzgeber geregelt hat, so daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlaß der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Urteil vom 13. März 2003, I ZR 290/00, NJW 2003, 1932, 1933; Urt. v. 16. Juli 2003, VIII ZR 274/02, NJW 2003, 2601, 2603; BAG, NJW 2003, 2473, 2475). Die Lücke muß sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben (BGH, Urt. v. 16. Juli 2003 aaO). Auch daran fehlt es. § 12 SchuldRAnpG setzt eine Abschöpfungslage voraus. Er knüpft tatbestandlich an § 11 SchuldRAnpG an. Danach erwirbt der Eigentümer des genutzten Grundstücks mit der Beendigung des Nutzungsvertrags kraft Gesetzes das Eigentum an den bis dahin im Eigentum des Nutzers stehenden, auf dem Grundstück errichteten Baulichkeiten. Hierdurch erfährt der Grundstückseigentümer regelmäßig einen Wertzuwachs, der ihm wirtschaftlich nicht zusteht, weil die Baulichkeit eine Investition des Nutzers oder seines Rechtsnachfolgers ist. Diese soll wertmäßig dem Nutzer verbleiben, der dazu (§ 11 Abs. 2 SchuldRAnpG) den in § 12 SchuldRAnpG geregelten Anspruch auf Wertersatz erhält. Eine solche Abschöpfungslage besteht nur im Verhältnis
zum wirklichen Grundstückseigentümer. Gegenüber einem Zuordnungsberechtigten besteht sie typischerweise nicht. Es mag anders sein, wenn eine im Sinne von § 8 VZOG verfügungsbefugte Stelle von ihren Befugnissen Gebrauch macht und sich den Wertzuwachs verschafft. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Außer der Entgegennahme der Kündigungserklärung der Klägerin hatte die seinerzeit verklagte Gemeinde W. nichts unternommen. Nicht einmal diese konnte sie wirksam entgegen nehmen, weil sie nicht mehr verfügungsbefugt war.
(3) Schließlich würde eine analoge Anwendung des § 12 SchuldRAnpG auf eine nach § 8 VZOG verfügungsbefugte Stelle auch nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Darauf hätte das Landgericht letztlich abgestellt, weil es eine Analogie „bereits“ am Fehlen einer Lücke scheitern ließ. Der Gesetzgeber wollte mit § 12 SchuldRAnpG einen Wertausgleich schaffen, der in der Person einer nach § 8 VZOG verfügungsbefugten Stelle nicht zu verwirklichen war. Außerdem sollte § 8 VZOG nur eine Möglichkeit zur Verfügung über noch nicht förmlich zugeordnete Grundstücke schaffen (Kimme/Dick, Offene Vermögensfragen, § 8 VZOG Rdn. 6; RVI/Schmidt-Räntsch/Hiestand § 8 VZOG Rdn. 5). Zweck des § 8 VZOG war dagegen nicht, möglichen Gläubigern der Eigentümer zugeordneter Grundstücke noch einen zusätzlichen Schuldner zu verschaffen. Den verfügungsbefugten Stellen eine solche Last zuzumuten, wäre unter dem Gesichtspunkt einer verbotenen Mischfinanzierung verfassungsrechtlich bedenklich und wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen. Sie hätte der Verfügungsbefugnis ihren Beschleunigungseffekt genommen. Etwas anderes könnte nur in dem hier nicht gegebenen Fall gelten, daß sich die verfügungsbefugte Stelle unter Nutzung ihrer gesetzlichen Möglichkeiten den Wertzuwachs verschafft.

Danach trug die Feststellung des Erstgerichts, die Beklagte sei Eigen- tümerin des Grundstücks, sein Urteil nicht. Diese Feststellung nimmt deshalb auch nicht an seiner Interventionswirkung teil.
4. Das Landgericht hat den Rechtsstreit, was das Beschwerdegericht insoweit nicht in Zweifel zieht, auch zu Recht ausgesetzt. Die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebliche Frage, wer Eigentümer des Grundstücks ist, kann umfassend nur in dem anhängigen Verwaltungsrechtsstreit geklärt werden.

IV.

Über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist nicht gesondert, sondern in der das Verfahren insgesamt abschließenden Entscheidung zu befinden (OLG Köln, OLGR 1998, 89, 90; MünchKom-ZPO/Lipp, § 577 n. F. Rdn. 23; Zöller/Greger, § 252 Rdn. 3; a. M. MünchKom-ZPO/Feiber § 252 Rdn. 28).
Wenzel Tropf Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann
23
(1) Die Interventionswirkung nach § 74 Abs. 3, § 68 ZPO kommt zwar nicht nur dem Entscheidungsausspruch, sondern auch den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zu, auf denen das Urteil im Vorprozess beruht (BGHZ 157, 97, 99 m.w.N.). Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt hat, gilt das aber nicht für Feststellungen des Erstgerichts, auf denen sein Urteil nicht beruht (so genannte überschießende Feststellungen, BGHZ 157, 97, 99; BGH, Urt. v. 18. März 2004 - IX ZR 255/00, WM 2004, 2217, 2218). Tragend sind danach nur die erheblichen Feststellungen des Ersturteils, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis entfiele. Welche Feststellungen tragend und welche überschießend sind, beurteilt sich nicht nach der Sicht des Erstgerichts, sondern danach, worauf die Entscheidung des Erstprozesses objektiv nach zutreffender Rechtsauffassung beruht. Gibt es für eine Entscheidung verschiedene Begründungsmöglichkeiten , nehmen die Feststellungen an der Interventionswirkung teil, die vom Erstgericht auf dessen Lösungsweg notwendigerweise getroffen wurden, und zwar auch dann, wenn sie sich bei einem anderen Ansatz erübrigt hätten (BGHZ 157, 97, 99 f; Hk-ZPO/Kayser, 2. Aufl. § 68 Rn. 6; Musielak/Weth, ZPO 6. Aufl. § 68 Rn. 4; Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 68 Rn. 9).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 430/02
vom
29. September 2005
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn mit ihrer Begründung
nur gegen einen von zwei selbständig tragenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzungen dargelegt werden.
BGH, Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02 - LG Kiel
AG Kiel
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 29. September 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 5. August 2002 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


Der Schuldner war nach einer Tätigkeit als GmbH-Geschäft sführer seit 1998 arbeitslos und bezog Arbeitslosenhilfe. Am 5. November 1999 eröffnete das Amtsgericht auf den Antrag des Schuldners das Insolvenzverfahren über sein Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit. Im April 2000 nahm der Schuldner unter Begründung eines zweiten Wohnsitzes in Berlin eine selbständige Tätigkeit auf. Das Arbeitsamt gewährte hierfür Überbrückungsgeld auf die Dauer von sechs Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 4, § 57 SGB III).
Der eingesetzte Treuhänder beanstandete mit seinem Schl ussbericht vom 2. Februar 2001, dass der Schuldner über seine selbständige Tätigkeit noch nicht die angeforderte Rechnung gelegt habe. Am 23. Februar 2001 übersandte der Schuldner dem Treuhänder eine Aufstellung der Einnahmen und
sandte der Schuldner dem Treuhänder eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben für das Geschäftsjahr 2000, die er aufgrund noch ausstehender Prüfung durch seinen Steuerberater als vorläufig bezeichnete. Diese Rechnung enthielt auch die ausgezahlten und vom Schuldner in das neue Unternehmen eingelegten, jedoch anschließend wieder entnommenen Überbrückungsgelder. Der Treuhänder beanstandete nunmehr diese Entnahmen und regte an, dem Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung zu versagen.
Auf Antrag mehrerer Gläubiger hat das Amtsgericht die Versagung der Restschuldbefreiung ausgesprochen, weil durch die Privatentnahmen zum Nachteil der Gläubiger Vermögen verschwendet worden sei (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO) und der Schuldner dem Treuhänder nicht laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit gelegt habe (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Schuldner die von dem Steuerberater am 17. September 2001 gefertigte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorgelegt, die für das Rumpfgeschäftsjahr 2000 einen vorgetragenen Gewinn von 13.824,56 DM auswies. Der Schuldner hat ferner geltend gemacht, seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht durch Vorlage der Kontenblätter und der steuerlichen Überschussermittlung genügt zu haben. Zumindest sei ihm wegen seines Verhaltens keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil der Treuhänder auf das Schreiben vom 13. Januar 2000 nicht reagiert und vor dem Februar 2001 keine Beanstandungen erhoben habe.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldne rs mit der Begründung zurückgewiesen, dieser habe nach den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts jedenfalls seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt. Die Mitteilungen über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit an
den Treuhänder seien verspätet erfolgt. Sie seien auch inhaltlich unzureichend , weil sich aus den eingereichten Kontenblättern und der Gewinnermittlung nicht ergebe, welche Beträge der Schuldner aus welchen Rechtsgeschäften erworben habe.

II.


Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner kraft Geset zes statthaften (§ 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde , die gemäß § 575 Abs. 1 und 2 ZPO auch frist- und formgerecht eingelegt worden ist. Das Rechtsmittel ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig.
1. Die Rechtsbeschwerde sieht als grundsätzlich die Frage n ach dem Umfang der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners gemäß §§ 97, 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO an. Sie meint, dies gelte insbesondere für die Frage, ob die Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch dann versagt werden müsse, wenn der Schuldner kein Vermögen gegenüber den Insolvenzgläubigern oder dem Treuhänder verheimlicht, sondern es allenfalls unterlassen habe, die Einnahmen und Ausgaben aus einem selbständigen Erwerbsgeschäft im Einzelnen zu erläutern, ohne dass die Gläubiger im Ergebnis beeinträchtigt worden seien.
2. Einen Rechtssatz zum Umfang der Auskunfts- und Mitwirkun gspflichten des Schuldners im vereinfachten Insolvenzverfahren stellt die Beschwerdeentscheidung zwar auf. Es handelt sich hierbei aber nur um eine von zwei selb-
ständig tragenden Begründungen für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Denn die Beschwerdeentscheidung wird allein schon durch den vom Landgericht gebilligten Rechtssatz des Amtsgerichts getragen , der Schuldner müsse dem Treuhänder bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des Insolvenzverfahrens laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen.
Dieser Rechtssatz bezieht sich nicht auf den Umfang, sondern auf die Art und die zeitgerechte Erteilung der dem Schuldner gesetzlich abverlangten Auskunft. Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich erachtete Rechtsfrage nach dem Umfang der Auskunftspflicht kann für die Beschwerdeentscheidung hinweggedacht werden. In einem solchen Fall hätte der Berufungsrichter die Revision nur zuzulassen, wenn sowohl für die eine als auch für die andere Begründung seiner Entscheidung ein Zulassungsgrund bestünde (vgl. BVerwG Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 287; § 132 Nr. 2 Ziff. 1 Nr. 4; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte 1971, Rn. 127 m.w.N.; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde 1990 Rn. 101 m.w.N.). Insoweit gelten für die Zulässigkeitsprüfung des Bundesgerichtshofs bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO die gleichen Grundsätze wie bei der Zulassung von Revision oder Rechtsbeschwerde durch den judex a quo. Erforderlich war somit, dass die Rechtsbeschwerde gegenüber beiden selbständig tragenden Begründungen des Landgerichts für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO einen Zulässigkeitsgrund geltend machte. Daran fehlt es.
3. Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüf t der Bundesgerichtshof nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (vgl. BGHZ 152, 7, 8 f; 153, 254, 255, sämtlich zur Nichtzulassungsbeschwerde ).
Es kann offen bleiben, ob die Rechtsbeschwerde diesen Anf orderungen genügt, soweit ein Zulassungsgrund im Hinblick auf den Umfang der vom Schuldner zu erteilenden Auskünfte geltend gemacht worden ist. Zur Versäumung einer zeitgerechten Unterrichtung des Treuhänders über die selbständige Tätigkeit des Schuldners und dessen Verpflichtung zu (unaufgefordertem) Bericht, der zweiten Begründung des Landgerichts, rügt die Rechtsbeschwerde nur, der Schuldner habe die Verwaltungsbefugnis des Treuhänders, die sich nach § 292 Abs. 2 InsO beurteilen soll, nicht unterlaufen. Der Schuldner habe seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht schon durch die Vorlage des Jahresabschlusses genügt; der Mitteilung monatlicher, hier sehr unterschiedlicher Betriebsergebnisse, habe es nicht bedurft. Dies gelte umso mehr, als der Treuhänder auf die Nachfrage des Schuldners, wie in der Angelegenheit zu verfahren sei, nicht reagiert habe.
Mit dieser Begründung zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Z ulassungsgrund für den Rechtssatz des Beschwerdegerichts auf, dass der Schuldner bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des vereinfachten Insolvenzverfahrens dem Treuhänder unaufgefordert und laufend Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen müsse und nicht erst - wie geschehen - nach Abschluss des Geschäftsjahres. Die Rechtsbeschwerde beruft sich insoweit
lediglich auf Rechtsfehler, auf die es bei der Prüfung der Zulässigkeit nach § 574 Abs. 2 ZPO hier nicht ankommt.
4. Einer Festsetzung des Wertes für die Rechtsbeschwerde be darf es gemäß GKG-KV Nr. 1823 (Festgebühr) nicht. Die gerichtliche Unterliegensgebühr nach diesem Tatbestand wird durch die entsprechende gerichtliche Entscheidung fällig (§ 6 Abs. 3 GKG n.F., § 61 Abs. 2 GKG a.F.). Die Fortgeltung alten Kostenrechts ist durch § 71 Abs. 3, § 72 Nr. 3 GKG i.d.F. von Artikel 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) nur für solche Kosten bestimmt, die vor dem 1. Juli 2004 fällig geworden sind.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.