Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Feb. 2013 - IX ZB 73/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe:
I.
- 1
- Der Antragsteller, Verwalter in dem über das Vermögen der p. GmbH eröffneten Insolvenzverfahren, beabsichtigt die Antragsgegnerin auf Zahlung der offenen Stammeinlage der Schuldnerin in Höhe von 12.782,30 € in Anspruch zu nehmen. Er beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe , weil er bei gegenwärtig fehlender Masse außerstande sei, die Verfahrenskosten aufzubringen. Die Vorinstanzen haben den Antrag abgelehnt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
II.
- 2
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
- 3
- 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dem Antragsteller könne Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Nach Verfahrenseröffnung habe sich ergeben, dass nicht nur Masseunzulänglichkeit, sondern Massekostenarmut vorliege. Auf der Grundlage der tatsächlichen Angaben des Antragstellers seien die Voraussetzungen des § 207 Abs. 1 InsO erfüllt, weil die Insolvenzmasse nicht die Verfahrenskosten abdecke. Dabei sei ohne Bedeutung, dass im Falle einer erfolgreichen Prozessführung die Massekostenarmut entfallen werde.
- 4
- 2. Diese Beurteilung hält im entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand. Dem Insolvenzverwalter kann Prozesskostenhilfe zwecks Einziehung einer Forderung des Schuldners nicht gemäß § 114 Satz 1 ZPO unter dem Gesichtspunkt einer mutwilligen Rechtsverfolgung versagt werden, wenn eine bestehende Massekostenarmut bei Stattgabe der beabsichtigten Klage beseitigt werden kann.
- 5
- Schon aus dem vom Beschwerdegericht angeführten Beschluss des Senats vom 16. Juli 2009 (IX ZB 221/08, NZI 2009, 602 Rn. 4) ergibt sich, dass ein Kläger bei Massekostenarmut nur dann keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat, wenn die Durchsetzung eines Klageanspruchs nicht dazu geeignet ist, eine Massekostenarmut abzuwenden. Diese Ansicht hat der Senat nach Erlass der Beschwerdeentscheidung ausdrücklich bekräftigt und eingehend be- gründet (BGH, Beschluss vom 22. November 2012 - IX ZB 62/12, ZIP 2012, 2526); hierauf wird Bezug genommen.
- 6
- Vorliegend könnte die Massekostenarmut bei Erfolg der beabsichtigten Klage und wirtschaftlicher Durchsetzbarkeit eines stattgebenden Urteils abgewendet werden. Die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage hat das Beschwerdegericht mit Recht nicht in Zweifel gezogen. Soweit es angenommen hat, eine über 80 v.H. liegende Durchsetzungsquote komme nicht in Betracht, liegen keine hinreichenden Feststellungen vor. Ob eine stattgebende Entscheidung gegen die Antragsgegnerin wirtschaftlich durchgesetzt werden kann, bedarf der tatrichterlichen Bewertung. In diesem Zusammenhang kommt der Höhe der Forderung und der Stellung des Antragsgegners maßgebliche Bedeutung zu (BGH, Beschluss vom 22. November 2012, aaO Rn. 13). Diese Umstände hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend gewürdigt. Den Gesichtspunkt, dass es sich um eine Forderung geringer Höhe handelt, hat das Beschwerdegericht bislang nicht berücksichtigt. Die Stellung der Antragsgegnerin als Kauffrau und als Eigentümerin eines Hausgrundstücks sowie einer weiteren Immobilie bedarf - gerade im Hinblick auf die konkrete Forderungshöhe - gesonderter Bewertung. Daher kann mit der Begründung des Beschwerdegerichts die begehrte Prozesskostenhilfe nicht versagt werden.
III.
- 7
- Die Sache ist mangels Endentscheidungsreife gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Dies gibt diesem die Gelegenheit zu prüfen, ob die vorstehend angeführten Umstände zugunsten des Antragstellers anzunehmen sind und die übrigen Voraussetzungen (§§ 114, 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO) für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 16.05.2012 - 1 O 164/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.06.2012 - 9 W 86/12 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören.
(3) Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag
- 1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen; - 2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.