Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2017 - IX ZB 33/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:130717BIXZB33.16.0
bei uns veröffentlicht am13.07.2017
vorgehend
Amtsgericht Mitte, 35 IK 81/14, 08.02.2016
Landgericht Berlin, 19 T 31/16, 26.04.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 33/16
vom
13. Juli 2017
in dem Insolvenzverfahren
ECLI:DE:BGH:2017:130717BIXZB33.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer
am 13. Juli 2017
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 26. April 2016 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.044 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Am 15. September 2014 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin ist aufgrund eines schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehenden Mietverhältnisses Mieterin einer Wohnung. Hierfür leistete sie vor Insolvenzeröffnung eine Mietkaution in Höhe von 1.044 €.
2
Der weitere Beteiligte gab gegenüber dem Vermieter eine Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO ab. In seinem Schlussbericht vom 6. Oktober 2015 beantragte der weitere Beteiligte, im Rahmen des Schlusstermins anzuordnen, dass der Anspruch der Schuldnerin auf Rückerstattung der Mietkaution bis zum Ablauf der Laufzeit der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 InsO einer Nachtragsverteilung vorbehalten bleibe. Mit Beschluss vom 8. Februar 2016 hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf, bestellte den weiteren Beteiligten zum Treuhänder für die Wohlverhaltensperiode und wies den Antrag zurück, hinsichtlich der Mietkaution eine Nachtragsverteilung anzuordnen. Die gegen die Zurückweisung seines Antrags gerichtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.
4
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, wenn der Insolvenzverwalter oder Treuhänder eine Enthaftungserklärung gegenüber dem Vermieter des Schuldners abgebe, seien sämtliche Ansprüche aus dem bestehenden Mietverhältnis der Insolvenzmasse entzogen. Mit dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung erlange der Mieter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Mietverhältnis in vollem Umfang zurück. Gerade der Schutz des Vermieters gebiete es, die Enthaftungserklärung auch auf die Kaution zu erstrecken. Andernfalls könne der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mit etwaigen Forderungen aus dem Mietverhältnis gegen den Kautions- rückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen. Der Wille des Gesetzgebers stehe einer solchen Lösung nicht entgegen.
5
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
6
a) Eine Nachtragsverteilung kann nach der hier allein in Betracht kommenden Norm des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO angeordnet werden, wenn nach dem Schlusstermin Gegenstände der Masse ermittelt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie der Senat mit Beschluss vom 16. März 2017 (IX ZB 45/15, ZInsO 2017, 875) entschieden und näher begründet hat, scheidet auch der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung einer Mietkaution bis zur gesetzlich zulässigen Höhe (§ 551 Abs. 1, Abs. 3 Satz 4 BGB) aus der Insolvenzmasse aus, wenn der Insolvenzverwalter für das Wohnraummietverhältnis des Schuldners eine Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO abgibt. So liegt der Streitfall.
7
b) Die mit der Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO verbundene Freigabe erstreckt sich auf dasjenige Vermögen des Schuldners, das der weiteren Durchführung des Mietvertrags zuzuordnen ist. Vom Insolvenzbeschlag frei werden deshalb insbesondere alle mietvertraglichen Forderungen des Schuldners , die erst nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Enthaftungserklärung entstehen. Der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung einer geleisteten Mietkaution entsteht zwar aufschiebend bedingt bereits mit der Leistung der Kaution. Nach Sinn und Zweck der Mietkaution ist der Anspruch auf Rückzahlung jedoch der Fortsetzung des Mietverhältnisses nach dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung zuzuordnen (BGH, aaO Rn. 10). Eine solche Auslegung der Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO, deren Reichweite nicht zur Disposition des Insolvenzverwalters steht, widerspricht nicht den in den Geset- zesmaterialien verlautbarten Vorstellungen des Gesetzgebers (BGH, aaO Rn. 11).
Kayser Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 08.02.2016 - 35 IK 81/14 -
LG Berlin, Entscheidung vom 26.04.2016 - 19 T 31/16 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 287 Antrag des Schuldners


(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß §

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 551 Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten


(1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung

Insolvenzordnung - InsO | § 203 Anordnung der Nachtragsverteilung


(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin 1. zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden,2. Beträge, die au

Insolvenzordnung - InsO | § 109 Schuldner als Mieter oder Pächter


(1) Ein Miet- oder Pachtverhältnis über einen unbeweglichen Gegenstand oder über Räume, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Au

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2017 - IX ZB 45/15

bei uns veröffentlicht am 16.03.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 45/15 vom 16. März 2017 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 109 Abs. 1 Satz 2 Gibt der Insolvenzverwalter für das Wohnraummietverhältnis des Schuldners eine En

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(1) Ein Miet- oder Pachtverhältnis über einen unbeweglichen Gegenstand oder über Räume, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung kündigen; die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Ist Gegenstand des Mietverhältnisses die Wohnung des Schuldners, so tritt an die Stelle der Kündigung das Recht des Insolvenzverwalters zu erklären, dass Ansprüche, die nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Kündigt der Verwalter nach Satz 1 oder gibt er die Erklärung nach Satz 2 ab, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses oder wegen der Folgen der Erklärung als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.

(2) Waren dem Schuldner der unbewegliche Gegenstand oder die Räume zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens noch nicht überlassen, so kann sowohl der Verwalter als auch der andere Teil vom Vertrag zurücktreten. Tritt der Verwalter zurück, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen. Jeder Teil hat dem anderen auf dessen Verlangen binnen zwei Wochen zu erklären, ob er vom Vertrag zurücktreten will; unterläßt er dies, so verliert er das Rücktrittsrecht.

(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin

1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden,
2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder
3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.

(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.

(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 45/15
vom
16. März 2017
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gibt der Insolvenzverwalter für das Wohnraummietverhältnis des Schuldners eine
Enthaftungserklärung ab, wird der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung einer
die gesetzlich zulässige Höhe nicht übersteigenden Mietkaution vom Insolvenzbeschlag
frei.
BGH, Beschluss vom 16. März 2017 - IX ZB 45/15 - LG Karlsruhe
AG Karlsruhe
ECLI:DE:BGH:2017:160317BIXZB45.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, Dr. Schoppmeyer und Meyberg
am 16. März 2017
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 19. Juni 2015 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 706,15 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Am 19. Oktober 2012 wurde über das Vermögen des Schuldners das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zum Treuhänder bestellt. Am 24. Dezember 2012 gab der weitere Beteiligte gegenüber dem Vermieter der Wohnung des Schuldners eine Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO ab. Mit Beschluss vom 22. April 2014 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Am 31. Juli 2014 endete das Mietverhältnis über die Wohnung des Schuldners. Der Vermieter überwies die vom Schuldner zu Beginn des Mietverhältnisses gezahlte Mietkaution in Höhe von 700 € zuzüglich 6,15 € Zinsen auf ein Anderkonto des weiteren Beteiligten. Dieser beantragte die Anordnung der Nachtragsverteilung über das Guthaben.
2
Das Insolvenzgericht hat den Antrag des weiteren Beteiligten abgelehnt. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte sein Begehren weiter.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.
4
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, eine Nachtragsverteilung komme nicht in Betracht. Grundsätzlich handle es sich bei dem Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung der Mietkaution zwar um einen Gegenstand der Insolvenzmasse. Gebe der Insolvenzverwalter aber das Mietverhältnis durch eine Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO frei, stehe ein Kautionsguthaben allein dem Schuldner zu.
5
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
6
Eine Nachtragsverteilung kann nach der hier allein in Betracht kommenden Norm des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO angeordnet werden, wenn nach dem Schlusstermin Gegenstände der Masse ermittelt werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Anspruch des Schuldners auf die Mietkaution gehört, wenn der Insolvenzverwalter eine Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO abgegeben hat, nicht mehr zur Insolvenzmasse.
7
a) In die Insolvenzmasse fällt gemäß § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen des Schuldners, das ihm zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Der Anspruch auf Rückzahlung einer Mietkaution entsteht, aufschiebend bedingt durch die Beendigung des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache, bereits mit der Entrichtung der Kaution an den Vermieter. Er begründet ein Anwartschaftsrecht, das im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters zur Insolvenzmasse gehört (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - IX ZA 20/14, WM 2014, 2235 Rn. 7). Gegenstände der Masse können vom Insolvenzverwalter freigegeben werden mit der Folge, dass der Insolvenzbeschlag endet und der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wiedererlangt (BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZA 5/14, WM 2014, 956 Rn. 6 mwN). Wird eine Forderung freigegeben, fällt auch ein mit deren Beitreibung erzieltes Vermögen nicht in die Insolvenzmasse (BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, 37; vom 22. Mai 2014 - IX ZR 136/13, WM 2014, 1239 Rn. 33).
8
b) Der Insolvenzverwalter kann das nach § 108 Abs. 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestehende Mietverhältnis über die Wohnung des Schuldners nicht nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO kündigen. Er kann aber erklären , dass Ansprüche, die nach Ablauf der dort bestimmten Kündigungsfrist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (§ 109 Abs. 1 Satz 2 InsO). Mit der Einführung dieser Regelung durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) wollte der Gesetzgeber den Schuldner vor Obdachlosigkeit schützen, die drohte, wenn der Insolvenzverwalter das Mietverhältnis über die Wohnung des Schuldners kündigte, um die Mietkaution für die Masse zu vereinnahmen. Zugleich sollte der Insolvenzverwalter weiterhin die Möglichkeit haben , die Masse von Belastungen aus dem Mietverhältnis freizustellen (vgl. BTDrucks. 14/5680, S. 16, 27).
9
c) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränkt sich die Wirkung der Enthaftungserklärung des Insolvenzverwalters oder Treuhänders nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht darauf, dass die Insolvenzmasse für die nach Ablauf der Kündigungsfrist fällig werdenden Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis nicht mehr haftet. Mit dem Wirksamwerden der Erklärung geht vielmehr die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis betreffend das Mietverhältnis über die Wohnung des Schuldners in vollem Umfang vom Verwalter wieder auf den Schuldner über (BGH, Urteil vom 9. April2014 - VIII ZR 107/13, WM 2014, 1000 Rn. 13 ff; vom 22. Mai 2014 - IX ZR 136/13, WM 2014, 1239 Rn. 7, 14 ff; vom 17. Juni 2015 - VIII ZR 19/14, BGHZ 206,1 Rn. 20). Der Vermieter hat deshalb nach diesem Zeitpunkt eine Kündigung an den Schuldner zu richten (BGH, Urteil vom 9. April 2014, aaO Rn. 9), für eine Klage gegen den Vermieter auf Auszahlung eines nach der Enthaftungserklärung entstandenen Nebenkostenguthabens fehlt dem Insolvenzverwalter die Prozessführungsbefugnis (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014, aaO Rn. 6), und die Kündigungssperre des § 112 Nr. 1 InsO verliert ihre Geltung (BGH, Urteil vom 17. Juni 2015, aaO Rn. 24 ff).
10
d) Mit dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung scheidet auch der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung einer Mietkaution bis zur gesetzlich zulässigen Höhe (§ 551 Abs. 1, Abs. 3 Satz 4 BGB) aus der Insolvenzmasse aus. Die mit der Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO verbundene Freigabe erstreckt sich auf dasjenige Vermögen des Schuldners, das der weiteren Durch- führung des Mietvertrags zuzuordnen ist. Vom Insolvenzbeschlag frei werden deshalb insbesondere alle mietvertraglichen Forderungen des Schuldners, die erst nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Enthaftungserklärung entstehen. Der Anspruch des Schuldners auf Rückzahlung einer geleisteten Mietkaution entsteht zwar aufschiebend bedingt bereits mit der Leistung der Kaution. Nach Sinn und Zweck der Mietkaution ist der Anspruch auf Rückzahlung jedoch der Fortsetzung des Mietverhältnisses nach dem Wirksamwerden der Enthaftungerklärung zuzuordnen. Zum Zeitpunkt der Enthaftungserklärung hat das Anwartschaftsrecht auf Rückzahlung der Kaution noch keinen sicheren Vermögenswert. Die Kaution dient nach Maßgabe der getroffenen Sicherungsabrede bis zur Beendigung des Mietverhältnisses und der Rückgabe der Mietsache dazu, die mietvertraglichen Ansprüche des Vermieters zu sichern. Ein Anspruch auf Rückzahlung der Kaution besteht nur, wenn der Schuldner auch nach der Freigabe des Mietverhältnisses seine mietvertraglichen Pflichten erfüllt , insbesondere die geschuldete Miete samt Nebenkosten zahlt und die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses in vertragsgemäßem Zustand zurückgibt. Erst dadurch erlangt das Recht des Schuldners an der Kaution seinen endgültigen Wert. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass mit der Freigabe des Mietverhältnisses auch der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aus dem insolvenzbefangenen Vermögen ausscheidet, soweit es sich um eine Kaution im gesetzlich zulässigen Rahmen handelt.
11
e) Eine solche Auslegung der Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO, deren Reichweite nicht zur Disposition des Insolvenzverwalters steht, widerspricht nicht den in den Gesetzesmaterialien verlautbarten Vorstellungen des Gesetzgebers. Die dort geäußerte Annahme, eine von dem Schuldner gestellte Kaution falle nach Beendigung des Wohnraummietverhältnisses in die Masse (BT-Drucks. 14/5680, S. 27), entspricht der Rechtslage in den Fällen, in denen es nicht zu einer Enthaftungserklärung des Verwalters kommt. Mit der neu geschaffenen Regelung in § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO wollte der Gesetzgeber die Praxis unterbinden, dass Insolvenzverwalter das Wohnraummietverhältnis des Schuldners kündigten, um die Kaution zur Masse zu ziehen. Vor dem Hintergrund dieses sozialpolitischen Regelungszwecks kann den Gesetzesmaterialien ein tragfähiger Rückschluss dahingehend, dass die Kaution auch nach einer Enthaftungserklärung und der späteren Beendigung des Mietverhältnisses in die Insolvenzmasse fällt, nicht entnommen werden. Das Ziel des Gesetzgebers, den insolventen Mieter vor Obdachlosigkeit zu schützen, wird eher erreicht, wenn die Kaution dem freien Vermögen des Schuldners zugeordnet wird und von ihm für ein neues Mietverhältnis eingesetzt werden kann.
Kayser Gehrlein Grupp
Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
AG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.10.2014 - G1 IK 1054/12 (3) E -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.06.2015 - 11 T 586/14 -

(1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen.

(2) Ist als Sicherheit eine Geldsumme bereitzustellen, so ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen Teilzahlungen berechtigt. Die erste Teilzahlung ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig. Die weiteren Teilzahlungen werden zusammen mit den unmittelbar folgenden Mietzahlungen fällig.

(3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim besteht für den Vermieter keine Pflicht, die Sicherheitsleistung zu verzinsen.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Ein Miet- oder Pachtverhältnis über einen unbeweglichen Gegenstand oder über Räume, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung kündigen; die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Ist Gegenstand des Mietverhältnisses die Wohnung des Schuldners, so tritt an die Stelle der Kündigung das Recht des Insolvenzverwalters zu erklären, dass Ansprüche, die nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Kündigt der Verwalter nach Satz 1 oder gibt er die Erklärung nach Satz 2 ab, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses oder wegen der Folgen der Erklärung als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.

(2) Waren dem Schuldner der unbewegliche Gegenstand oder die Räume zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens noch nicht überlassen, so kann sowohl der Verwalter als auch der andere Teil vom Vertrag zurücktreten. Tritt der Verwalter zurück, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen. Jeder Teil hat dem anderen auf dessen Verlangen binnen zwei Wochen zu erklären, ob er vom Vertrag zurücktreten will; unterläßt er dies, so verliert er das Rücktrittsrecht.