vorgehend
Amtsgericht Köpenick, 34 IK 91/05, 21.09.2010
Landgericht Berlin, 85 T 287/10, 07.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 32/11
vom
26. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 26. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 7. Dezember 2010 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 als unbegründet zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom 4. Januar 2006 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des K. (nachfolgend : Schuldner) und bestellte die weitere Beteiligte zu 1 zur Treuhänderin. Zugleich beauftragte es sie, die in dem Verfahren vorzunehmenden Zustellungen durchzuführen mit Ausnahme derjenigen an den Schuldner.
2
Nach Durchführung des Schlusstermins kündigte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2010 dem Schuldner die Erteilung der Restschuld- befreiung an und bestellte den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder für die Wohlverhaltensphase. Die mit der Bestellung des neuen Treuhänders verbundene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 begründete das Gericht mit Unstimmigkeiten bei der Abrechnung von der Treuhänderin übertragenen Zustellungen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 14. September 2010 hob das Beschwerdegericht die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 auf, weil Streitigkeiten zwischen Treuhänder und Insolvenzgericht über die Abrechnung von Zustellungen keinen ausreichenden Grund für eine Entlassung aus wichtigem Grund darstellten.
3
Nach Abschluss des ersten Entlassungsverfahrens hat das Insolvenzgericht die weitere Beteiligte zu 1 mit Beschluss vom 21. September 2010 erneut aus wichtigem Grund entlassen. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die weitere Beteiligte zu 1 die Aufhebung der Entscheidung.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
5
1. Die Begründung des Beschwerdegerichts trägt allerdings nicht, soweit sie darauf abstellt, allein die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und der Treuhänderin reiche aus, um eine weitere gedeihliche Zu- sammenarbeit unmöglich erscheinen zu lassen. Die Entlassung der Treuhänderin von Amts wegen ist nur zulässig, wenn ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt. Dies hat der Senat in mehreren, die Treuhänderin des hiesigen Verfahrens betreffenden Beschlüssen vom 19. April 2012 (IX ZB 162/10) und vom 26. April 2012 (IX ZB 31/11, zVb) entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
6
2. Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hat die weitere Beteiligte zu 1 jedoch schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen, die ihre Entlassung rechtfertigen. Auch dies hat der Senat in den bereits zitierten Beschlüssen vom 19. April und vom 26. April 2012 entschieden. Die dort ausgeführten Gründe für die Entlassung der Treuhänderin sind auch im vorliegenden Verfahren gegeben. Das Insolvenzgericht hat in seiner Entlassungsentscheidung vom 21. September 2010, auf die das Beschwerdegericht Bezug genommen hat, festgestellt, die Treuhänderin habe in einer Vielzahl von Verfahren nach Scheitern ihrer Bemühungen, einen Zuschlag zu ihrer Vergütung von 20 € für jede erste Zustellung und von 10 € für jede weitere Zustellung bewilligt zu bekommen, ihre Amtspflichten dadurch verletzt, dass sie ohne eine vorherige Anzeige an das Insolvenzgericht ein Unternehmen mit der Vornahme der Zustellungen beauftragt habe, das von ihr geleitet worden sei. Mit diesem Unternehmen habe sie zum Nachteil der von ihr verwalteten Insolvenzmassen für die jeweils erste Zustellung einen Betrag von 30 € und für alle weiteren Zustellungen einen Betrag von 20 € vereinbart und - soweit Geld vorhanden gewesen sei - aus der Masse entnommen. Dieses pflichtwidrige Verhalten in einer Vielzahl der der Treuhänderin insgesamt übertragenen Verfahren reicht inder hier gebotenen Gesamtschau als wichtiger Grund aus, um eine Entlassung von Amts wegen zu rechtfertigen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - IX ZB 162/10; vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11, zVb).
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 21.09.2010 - 34 IK 91/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 07.12.2010 - 85 T 287/10 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung - EGInsO | Art 103f Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung


Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach § 6 der Insolvenzordnung, bei denen die Frist des § 575 der Zivilprozessordnung am 27. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen ist, ist die Insolvenzordnung in der bis zum 27. Oktober 2011 geltenden Fa

Insolvenzordnung - InsO | § 59 Entlassung des Insolvenzverwalters


(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenz

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bei uns veröffentlicht am 19.04.2012

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2012 - IX ZB 31/11

bei uns veröffentlicht am 26.04.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 31/11 vom 26. April 2012 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 Der Insolvenzverwalter/Treuhänder ist verpflichtet, dem Inso

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(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach § 6 der Insolvenzordnung, bei denen die Frist des § 575 der Zivilprozessordnung am 27. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen ist, ist die Insolvenzordnung in der bis zum 27. Oktober 2011 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102 § 7 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gilt Satz 1 entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 162/10
vom
19. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes
bemisst sich nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer
durch den angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss in seinen Rechten
verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Beschwerdeantrag die
Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt. Eine Erhöhung des Wertes
des Beschwerdegegenstandes durch ein erweitertes Festsetzungsbegehren in der
Beschwerdeinstanz ist nicht möglich.
BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - IX ZB 162/10 - LG Berlin
AG Spandau
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 19. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2010 wird insoweit als unzulässig verworfen, als damit die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 22. Mai 2009 betreffend die Festsetzung der Vergütung als unzulässig verworfen worden ist.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde gegen den genannten Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin als unbegründet zurückgewiesen.
Die weitere Beteiligte zu 2 hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.232,05 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht eröffnete mit Beschluss vom 5. März 2007 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des D. B. (nachfolgend: Schuldner) und bestellte die weitere Beteiligte zu 2 zur Treuhänderin. Zugleich beauftragte es sie, die in dem Verfahren vorzunehmenden Zustellungen durchzuführen mit Ausnahme derjenigen an den Schuldner.
2
1. Unter dem 17. Februar 2009 beantragte die weitere Beteiligte zu 2 ihre Vergütung für das Insolvenzverfahren auf insgesamt 1.037,09 € einschließlich Umsatzsteuer festzusetzen, nämlich die Mindestvergütung gemäß § 13 InsVV auf 600 €, für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an drei Gläubiger jeweils 20 €, die Zustellung über die Anberaumung des Schlusstermins an drei Gläubiger jeweils 10 €, pauschalen Auslagenersatz in Höhe von 172,50 € sowie Auslagen für die Zustellungen in Höhe von zusammen 9 €, alles jeweils zuzüglich 19 v.H. Umsatzsteuer.
3
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22. Mai 2009 die Vergütung einschließlich Umsatzsteuer auf 938,91 € festgesetzt und die beantragten Zuschläge in Höhe von 90 € für die Zustellungen versagt.
4
Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die weitere Beteiligte eine Vergütung einschließlich Umsatzsteuer von 1.170,96 € begehrt, nämlich nunmehr 30 € für jede Zustellung des Eröffnungsbeschlusses (insgesamt 90 €) und 20 € für jede Zustellung über die Anberaumung des Prüfungstermins (insgesamt 60 €).

5
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
6
2. Mit weiterem Beschluss vom 22. Mai 2009 hat das Amtsgericht dem Schuldner Restschuldbefreiung angekündigt und die weitere Beteiligte zu 1 als Treuhänderin für die Wohlverhaltensperiode bestellt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 hat das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Beide Entscheidungen hat das Landgericht in einem Beschluss zusammengefasst.
7
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die weitere Beteiligte zu 2 die mit der sofortigen Beschwerde beantragte Vergütung und die Aufhebung ihrer Entlassung als Treuhänderin für die Wohlverhaltensperiode.

II.


8
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
9
1. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung richtet, ist sie statthaft (§§ 7, 6, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig, weil sie keinen Zulässigkeitsgrund aufzeigt (§ 574 Abs. 2 ZPO). Der geltend gemachte Einheitlichkeitssicherungsbedarf wegen Verstoßes gegen das Verfahrensgrundrecht auf effektiven Rechtsschutz liegt nicht vor.
10
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zutreffend als unzulässig verworfen, weil der gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 567 Abs. 2 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 200 € nicht erreicht war. Dieser bestimmt sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem in der angefochtenen Entscheidung zugebilligten und dem in der Beschwerdeinstanz beantragten Betrag (MünchKomm-ZPO/Lipp, 3. Aufl., § 567 Rn. 33; MünchKommInsO /Nowak, 2. Aufl., § 64 Rn. 14). Dies bedeutet allerdings entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht, dass dabei ein in der Beschwerdeinstanz erweitertes Festsetzungsbegehren zu berücksichtigen wäre. Wäre das richtig, könnte die erforderliche Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstands jederzeit nach Belieben des Beschwerdeführers erreicht werden. Wie bei der Berufung beurteilt sich der für die Zulässigkeit maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer durch den Festsetzungsbeschluss in seinem Recht verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Beschwerdeantrag die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VI ZB 61/10, NJW-RR 2011, 1430 Rn. 4; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 511 Rn. 13). Der Antrag in der Beschwerde kann deshalb zwar den Wert des Beschwerdegegenstands im Verhältnis zur Beschwer verringern, wenn nur die Beseitigung eines Teils der erlittenen Beschwer verlangt wird (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853 Rn. 5 ff; Zöller/Heßler, aaO). Eine Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstands über die Beschwer hinaus ist dagegen nicht möglich. Deshalb ist auch eine Antragserweiterung in der ersten Instanz, die nicht mehr Gegenstand der Ausgangsentscheidung werden konnte, bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands außer Betracht zu lassen (BGH, Beschluss vom 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486; vom 19. März 2009, aaO Rn. 9).
11
Der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 200 € wurde nicht erreicht, weil die weitere Beteiligte zu 2 eine Vergütung von 1.037,09 € beantragt und von 938,91 € erhalten hatte, die Beschwer und der Wert des Beschwerdegegenstands damit lediglich 98,18 € betrug.
12
Die Beschwer durch den Beschluss des Insolvenzgerichts über die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht hinzugerechnet werden, weil es sich insoweit um eine gesonderte Entscheidung des Eingangsgerichts handelt, die zudem nicht die Vergütung betrifft.
13
2. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Bestellung der weiteren Beteiligten zu 1 zur Treuhänderin in der Wohlverhaltensperiode wendet, ist sie statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
14
a) Das Beschwerdegericht hat insoweit gemeint, die durch die Bestellung einer neuen Treuhänderin konkludent ausgesprochene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 sei rechtmäßig. Grundsätzlich müsse das Gericht für die Wohlverhaltensperiode nicht den zuvor bestellten Treuhänder einsetzen. Folglich habe die weitere Beteiligte zu 2 auch vor der Entscheidung nicht angehört werden müssen. Ihre unterbliebene erneute Bestellung sei nicht ermessensfehlerhaft , weil sie ihr Amt nicht immer höchstpersönlich ausgeübt habe. Eine Ermessensfehlerhaftigkeit könne auch im Hinblick auf aufgetretene Unstimmigkeiten bei der Ausschüttung von einem Treuhandkonto nicht angenommen werden. Gegen eine erneute Bestellung spreche die gerichtsbekannte ständige Auseinandersetzung zwischen der Sozietät der weiteren Beteiligten zu 2 und den Insolvenzgerichten betreffend die zusätzliche Vergütung für das Bewirken von Zustellungen durch den Treuhänder. Die jeweiligen Treuhänder aus dieser Sozietät hätten sich geweigert, im Falle der Versagung einer zusätzlichen Vergütung für das Bewirken von Zustellungen diese in Zukunft noch vorzunehmen. Die - allerdings im vorliegenden Verfahren nicht erfolgte - Ankündigung der Nichtzustellung sei eine erhebliche Pflichtverletzung, die die Entlassung des Treuhänders rechtfertige.
15
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
16
aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht für seine Entscheidung Gesichtspunkte herangezogen hat, auf die das Insolvenzgericht seinen Beschluss noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 60/07, juris Rn. 2; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZIP 2012, 583 Rn. 5; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
17
bb) Das Beschwerdegericht ist allerdings unzutreffend davon ausgegangen , dass die Bestellung eines anderen Treuhänders für die Wohlverhaltensperiode ohne weiteres möglich und lediglich auf fehlerhafte Ermessensausübung zu überprüfen sei.
18
Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren , sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - IX ZB 458/02, ZInsO 2003, 750; vom 17. Juni 2004 - IX ZB 92/03, ZVI 2004, 544; vom 15. November 2007 - IX ZB 237/06, WM 2008, 35 Rn. 8; vom 15. November 2007 - IX ZB 8/07, juris Rn. 2; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 6). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).
19
Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten Treuhänders; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen haben (BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - IX ZB 237/06, aaO Rn. 5; vom 15. November 2007 - IX ZB 8/07, aaO; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, aaO Rn. 7).
20
cc) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Ein solcher Grund liegt hier vor.
21
(1) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund ist gegeben, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli 2009 - IX ZB 35/09, WM 2009, 1662 Rn. 9; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 18; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, aaO Rn. 9).
22
(2) Ob der Umstand, dass die Rechtsbeschwerdeführerin ihre Tätigkeit als Treuhänderin in erheblichem Umfang nicht persönlich wahrgenommen hat, sondern die Aufgaben von einem Vertreter wahrnehmen ließ, eine Entlassung rechtfertigen könnte, kann dahinstehen. Das Beschwerdegericht hat eine Entlassung hierauf nicht gestützt, sondern insoweit lediglich geprüft, ob eine nicht erneut vorgenommene Bestellung ermessensfehlerhaft sei. Dasselbe gilt für die angeblichen Unstimmigkeiten bei der Ausschüttung von einem Treuhandkonto. Insoweit sind die für eine Entlassung erforderlichen näheren Feststellungen hinsichtlich einer Pflichtverletzung nicht getroffen.
23
(3) Die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 ist jedoch allein dadurch gerechtfertigt, dass ein schwerwiegendes pflichtwidriges Verhalten vorlag. Das Beschwerdegericht hat insoweit festgestellt, dass die weitere Beteiligte zu 2 als Partnerin der Kanzlei S. in zahlreichen Insolvenzverfahren - wenn auch nicht im vorliegenden Verfahren - erklärt hat, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen eine zusätzliche Vergütung gewährt werde.
24
Mit diesem Verhalten hat sie selbst, nicht etwa ein Dritter, die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2005 - IX ZB 6/03, WM 2005, 1663, 1664). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden (zu möglichen Zuschlägen beim Insolvenzverwalter vgl. nunmehr BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 162/11, WM 2012, 666 Rn. 20 ff). Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung.
25
(4) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen , und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann. Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt auch dann, wenn der Treuhänder - wie hier - derartige Pflichtverletzungen nicht gerade im vorliegenden Verfahren, aber in zahlreichen anderen Verfahren begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 20).
26
(5) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts unterliegt auch nicht deshalb der Aufhebung, weil das Insolvenzgericht das rechtliche Gehör der weiteren Beteiligten zu 2 verletzt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hätte diese vor ihrer Entlassung gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 InsO gehört werden müssen (BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 8). Wird die gebotene Anhörung der Treuhänderin vom Erstgericht versäumt, scheidet allerdings ein durchgreifender Verfahrensfehler aus, wenn ihr - wie hier geschehen - im Beschwerdeverfahren das rechtliche Gehör gewährt wurde.
27
Lediglich vereinzelt war - wie von der Rechtsbeschwerde - die Auffassung vertreten worden, dass die Entscheidung über die Entlassung des Verwalters im Falle einer unterbliebenen Anhörung ohne die Möglichkeit der Heilung des Verfahrensmangels aufzuheben sei. Dem ist der Senat jedoch nicht gefolgt. Er hat entsprechend der allgemeinen Auffassung zwischenzeitlich entschieden, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör im Rechtsmittelverfahren geheilt werden kann (BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 10). Das Landgericht war hier als Beschwerdeinstanz nicht nur zur Prüfung von Verfahrensmän- geln der ersten Instanz, sondern auch zur Nachholung des rechtlichen Gehörs und zur Sachentscheidung berufen. Mithin beruht, weil dem Beschwerdeführer nachträglich rechtliches Gehör eröffnet wurde, die hier angegriffene Beschwerdeentscheidung nicht auf der Versagung rechtlichen Gehörs (BVerfGE 5, 9, 10; 5, 22, 24; 22, 282, 286 f; 62, 392, 397; 76, 363, 394). Dieses Verständnis entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 11; vom 17. März 2011, aaO Rn. 10). Kayser Gehrlein Vill Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Spandau, Entscheidung vom 22.05.2009 - 38 IK 64/07 -
LG Berlin, Entscheidung vom 15.06.2010 - 85 T 100/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 31/11
vom
26. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1
Der Insolvenzverwalter/Treuhänder ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht rechtzeitig
von sich aus einen Sachverhalt anzuzeigen, der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen
kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist; diese Pflicht
besteht insbesondere dann, wenn er einem Unternehmen, an dem er rechtlich oder
wirtschaftlich beteiligt ist, einen entgeltlichen Auftrag der Insolvenzmasse zu erteilen
beabsichtigt (Fortführung von BGHZ 113, 262).
BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11 - AG Köpenick
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 26. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2010 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners am 13. Juni 2005 zur Treuhänderin bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte sie nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit ihrem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte die weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers über insgesamt 809,20 € vor, dem sie die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und das je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
2
Nach Durchführung des Schlusstermins hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 13. September 2010 dem Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und für die Wohlverhaltensphase den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat die damit verbundene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 damit begründet, dass sie nach Zurückweisung ihrer Versuche in anderen Verfahren, Zuschläge in Höhe von je 20 € für die Zustel- lung des Eröffnungsbeschlusses und in Höhe von 10 € für die Zustellung aller weiteren Entscheidungen zu erhalten, ohne eine vorherige Anzeige an das Insolvenzgericht die E. AG, der sie selbst vorstehe, mit der Durchführung der Zustellungen beauftragt habe. Es sei ferner bekannt, dass sie in anderen Verfahren angekündigt habe, die ihr mit dem Eröffnungsbeschluss übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten nur noch gegen Zahlung einer Vergütung in Höhe der von ihr beantragten Zuschläge auszuführen. Weiter habe sie in dem vorliegenden Verfahren den Schlusstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nichtwahrgenommen und in einer Vielzahl von anderen Verfahren von ihr erforderte Berichte erst nach einer Erinnerung und einer großzügigen Fristsetzung eingereicht. Die von der weiteren Beteiligten zu 1 wegen ihrer Entlassung erhobene sofortige Beschwerde ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich die Treuhänderin pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund reiche es aus, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und der Treuhänderin seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob die Treuhänderin für die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet, ob die Treuhänderin die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, dem sie selbst vorstehe, das unter ihrer Anschrift firmiere und ob sie dafür Auslagenersatz verlangen könne.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 81/06, ZInsO 2007, 86 Rn. 20; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren , sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 6 mwN). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers , der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).
8
Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen hätten (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 7).
9
c) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt, wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters, einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
10
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 9 mwN).
11
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht. Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10, ständig). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann verhältnismäßig, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen. Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 20; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10). Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne die Störung aus einer Pflichtverletzung der Treuhänderin abzuleiten, hat es diesen Maßstab verkannt.
12
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist nämlich die schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückzuführen. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
13
a) Das Insolvenzgericht hat festgestellt, die weitere Beteiligte zu 1 habe in mehreren anderen Insolvenzverfahren erklärt, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen Zuschläge zur Vergütung in Höhe von 20 € für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses und 10 € je auszuführender weiterer Zustellung durch das Gericht gezahlt werden würden.

14
aa) Mit diesem Verhalten hat die weitere Beteiligte zu 1 die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden. Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 15).
15
bb) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen , und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann.
Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt umso mehr, wenn der Treuhänder - wie hier - gleichartige Pflichtverletzungen auch in anderen beim nämlichen Insolvenzgericht anhängigen Verfahren begangen hat.
16
b) Die weitere Beteiligte zu 1 hat ihre Pflichten als Treuhänderin weiter dadurch in hohem Maße verletzt, dass sie mit der Durchführung der ihr übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen von ihr selbst geleiteten Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen hat. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, NZI 2012, 247 Rn. 12).
17
aa) Pflichtwidrig war es insbesondere, dass die weitere Beteiligte zu 1 das Drittunternehmen beauftragt hatte, bevor sie ihre Absicht dem Insolvenzgericht zuvor angezeigt hatte. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht rechtzeitig einen Sachverhalt unmissverständlich anzuzeigen , der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277; Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, aaO Rn. 13). Diese Pflicht zur Offenbarung von Interessenkollisionen dient dem Schutz aller Verfahrensbeteiligten davor, dass der Verwalter sein Amt möglicherweise nicht unvoreingenommen und allein dem Insol- venzzweck entsprechend ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1991, aaO S. 279). Ist der Insolvenzverwalter entweder rechtlich oder - möglicherweise auch über einen Treuhänder - wirtschaftlich Allein- oder Mitinhaber eines Unternehmens und wirkt sich der Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens unmittelbar in erheblichem Maße für ihn aus, so begründet diese Beteiligung die Besorgnis, dass er sich hierdurch in seiner Entscheidung beeinflussen lassen kann. Aus der Sicht jedes unvoreingenommenen, sachlich abwägenden Verfahrensbeteiligten liegt die Befürchtung nicht fern, dass der Insolvenzverwalter sein Amt nicht ausschließlich dem Insolvenzzweck entsprechend führen werde, sondern sich auch vom Gesichtspunkt leiten lassen könnte, dem Unternehmen, an dem er rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist, zu lohnenden Einnahmen zu verhelfen. In einem solchen Fall muss das Insolvenzgericht über Art und Umfang dieser Beteiligung vor einem Vertragsschluss informiert werden.
18
bb) In der Person der weiteren Beteiligten zu 1 war eine entsprechende Interessenkollision gegeben. Als Vorstand der E. AG war sie deren gesetzlicher Vertreter und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens , dem sie die Ausführung der Zustellungen übertrug. Zumindest im Blick auf ihre Vergütung und ihre Stellung als Vorstand war sie am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Ob sie auch sonst wirtschaftlich an dem Unternehmen beteiligt war, haben die Vorinstanzen nicht aufgeklärt und kann auch dahinstehen. Die zur Anzeigepflicht führende Interessenkollision und die Gefahr der Schädigung der ihr übertragenen Insolvenzmassen war für die weitere Beteiligte zu 1 unübersehbar. Aufgrund der Auseinandersetzungen um die Zuschläge zu ihrer Vergütung in anderen Verfahren im Hinblick auf die ihr übertragenen Zustellungen wusste die weitere Beteiligte zu 1, dass sie mit der Geltendmachung von Beträgen, die weit oberhalb der tatsächlichen Kosten lagen , nicht durchdringen würde. Gleichwohl beauftragte sie ein von ihr geführtes Unternehmen mit der Durchführung der Zustellung zu einem noch höheren Preis, als sie selbst erfolglos vom Insolvenzgericht verlangt hatte, und schädigte damit die Massen in den ihr übertragenen Verfahren. Von einer Zustimmung des Insolvenzgerichts zu der Beauftragung der E. AG bei pflichtgemäßer Anzeige vor Auftragserteilung, die in zahlreichen der Treuhänderin übertragenen Verfahren unterblieben ist, konnte sie nicht ausgehen. Eine solche Zustimmung war schon wegen der Versagung der Zuschläge im Vorfeld der Beauftragung des Unternehmens nicht zu erwarten.
19
c) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören. Die Gefahr größerer Schäden für die Masse kann nur durch die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 abgewendet werden. Angesichts der ihr zur Last gelegten, ihre Amtstätigkeit betreffenden zahlreichen masseschädigenden Auftragserteilungen an ein mit ihr verbundenes Unternehmen kann zukünftig nicht mehr auf eine ordnungsgemäße Amtsausübung vertraut werden. Auch wenn die fehlende Bereitschaft, die Zustellungen weiter auszuführen, nicht ausdrücklich in dem vorliegenden Verfahren erklärt worden ist, kann der Beschwerdeführerin wegen der in dieser Erklärung zum Ausdruck kommenden Unzuverlässigkeit und der Begehung erheblicher masseschädigender Handlungen um des eigenen Vorteils willen die treuhänderische Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen nicht mehr überantwortet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 16). Mithin erweist sich die Abberufung der Beschwerdeführerin zum Schutz der Masse als unerlässlich.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Köpenick, Entscheidung vom 13.09.2010 - 34 IK 41/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.12.2010 - 85 T 466/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 162/10
vom
19. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes
bemisst sich nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer
durch den angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss in seinen Rechten
verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Beschwerdeantrag die
Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt. Eine Erhöhung des Wertes
des Beschwerdegegenstandes durch ein erweitertes Festsetzungsbegehren in der
Beschwerdeinstanz ist nicht möglich.
BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - IX ZB 162/10 - LG Berlin
AG Spandau
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 19. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2010 wird insoweit als unzulässig verworfen, als damit die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 22. Mai 2009 betreffend die Festsetzung der Vergütung als unzulässig verworfen worden ist.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde gegen den genannten Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin als unbegründet zurückgewiesen.
Die weitere Beteiligte zu 2 hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.232,05 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht eröffnete mit Beschluss vom 5. März 2007 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des D. B. (nachfolgend: Schuldner) und bestellte die weitere Beteiligte zu 2 zur Treuhänderin. Zugleich beauftragte es sie, die in dem Verfahren vorzunehmenden Zustellungen durchzuführen mit Ausnahme derjenigen an den Schuldner.
2
1. Unter dem 17. Februar 2009 beantragte die weitere Beteiligte zu 2 ihre Vergütung für das Insolvenzverfahren auf insgesamt 1.037,09 € einschließlich Umsatzsteuer festzusetzen, nämlich die Mindestvergütung gemäß § 13 InsVV auf 600 €, für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an drei Gläubiger jeweils 20 €, die Zustellung über die Anberaumung des Schlusstermins an drei Gläubiger jeweils 10 €, pauschalen Auslagenersatz in Höhe von 172,50 € sowie Auslagen für die Zustellungen in Höhe von zusammen 9 €, alles jeweils zuzüglich 19 v.H. Umsatzsteuer.
3
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22. Mai 2009 die Vergütung einschließlich Umsatzsteuer auf 938,91 € festgesetzt und die beantragten Zuschläge in Höhe von 90 € für die Zustellungen versagt.
4
Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die weitere Beteiligte eine Vergütung einschließlich Umsatzsteuer von 1.170,96 € begehrt, nämlich nunmehr 30 € für jede Zustellung des Eröffnungsbeschlusses (insgesamt 90 €) und 20 € für jede Zustellung über die Anberaumung des Prüfungstermins (insgesamt 60 €).

5
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
6
2. Mit weiterem Beschluss vom 22. Mai 2009 hat das Amtsgericht dem Schuldner Restschuldbefreiung angekündigt und die weitere Beteiligte zu 1 als Treuhänderin für die Wohlverhaltensperiode bestellt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 hat das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Beide Entscheidungen hat das Landgericht in einem Beschluss zusammengefasst.
7
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die weitere Beteiligte zu 2 die mit der sofortigen Beschwerde beantragte Vergütung und die Aufhebung ihrer Entlassung als Treuhänderin für die Wohlverhaltensperiode.

II.


8
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
9
1. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung richtet, ist sie statthaft (§§ 7, 6, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig, weil sie keinen Zulässigkeitsgrund aufzeigt (§ 574 Abs. 2 ZPO). Der geltend gemachte Einheitlichkeitssicherungsbedarf wegen Verstoßes gegen das Verfahrensgrundrecht auf effektiven Rechtsschutz liegt nicht vor.
10
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zutreffend als unzulässig verworfen, weil der gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 567 Abs. 2 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 200 € nicht erreicht war. Dieser bestimmt sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem in der angefochtenen Entscheidung zugebilligten und dem in der Beschwerdeinstanz beantragten Betrag (MünchKomm-ZPO/Lipp, 3. Aufl., § 567 Rn. 33; MünchKommInsO /Nowak, 2. Aufl., § 64 Rn. 14). Dies bedeutet allerdings entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht, dass dabei ein in der Beschwerdeinstanz erweitertes Festsetzungsbegehren zu berücksichtigen wäre. Wäre das richtig, könnte die erforderliche Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstands jederzeit nach Belieben des Beschwerdeführers erreicht werden. Wie bei der Berufung beurteilt sich der für die Zulässigkeit maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer durch den Festsetzungsbeschluss in seinem Recht verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Beschwerdeantrag die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VI ZB 61/10, NJW-RR 2011, 1430 Rn. 4; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 511 Rn. 13). Der Antrag in der Beschwerde kann deshalb zwar den Wert des Beschwerdegegenstands im Verhältnis zur Beschwer verringern, wenn nur die Beseitigung eines Teils der erlittenen Beschwer verlangt wird (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853 Rn. 5 ff; Zöller/Heßler, aaO). Eine Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstands über die Beschwer hinaus ist dagegen nicht möglich. Deshalb ist auch eine Antragserweiterung in der ersten Instanz, die nicht mehr Gegenstand der Ausgangsentscheidung werden konnte, bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands außer Betracht zu lassen (BGH, Beschluss vom 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486; vom 19. März 2009, aaO Rn. 9).
11
Der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 200 € wurde nicht erreicht, weil die weitere Beteiligte zu 2 eine Vergütung von 1.037,09 € beantragt und von 938,91 € erhalten hatte, die Beschwer und der Wert des Beschwerdegegenstands damit lediglich 98,18 € betrug.
12
Die Beschwer durch den Beschluss des Insolvenzgerichts über die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht hinzugerechnet werden, weil es sich insoweit um eine gesonderte Entscheidung des Eingangsgerichts handelt, die zudem nicht die Vergütung betrifft.
13
2. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Bestellung der weiteren Beteiligten zu 1 zur Treuhänderin in der Wohlverhaltensperiode wendet, ist sie statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
14
a) Das Beschwerdegericht hat insoweit gemeint, die durch die Bestellung einer neuen Treuhänderin konkludent ausgesprochene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 sei rechtmäßig. Grundsätzlich müsse das Gericht für die Wohlverhaltensperiode nicht den zuvor bestellten Treuhänder einsetzen. Folglich habe die weitere Beteiligte zu 2 auch vor der Entscheidung nicht angehört werden müssen. Ihre unterbliebene erneute Bestellung sei nicht ermessensfehlerhaft , weil sie ihr Amt nicht immer höchstpersönlich ausgeübt habe. Eine Ermessensfehlerhaftigkeit könne auch im Hinblick auf aufgetretene Unstimmigkeiten bei der Ausschüttung von einem Treuhandkonto nicht angenommen werden. Gegen eine erneute Bestellung spreche die gerichtsbekannte ständige Auseinandersetzung zwischen der Sozietät der weiteren Beteiligten zu 2 und den Insolvenzgerichten betreffend die zusätzliche Vergütung für das Bewirken von Zustellungen durch den Treuhänder. Die jeweiligen Treuhänder aus dieser Sozietät hätten sich geweigert, im Falle der Versagung einer zusätzlichen Vergütung für das Bewirken von Zustellungen diese in Zukunft noch vorzunehmen. Die - allerdings im vorliegenden Verfahren nicht erfolgte - Ankündigung der Nichtzustellung sei eine erhebliche Pflichtverletzung, die die Entlassung des Treuhänders rechtfertige.
15
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
16
aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht für seine Entscheidung Gesichtspunkte herangezogen hat, auf die das Insolvenzgericht seinen Beschluss noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 60/07, juris Rn. 2; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZIP 2012, 583 Rn. 5; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
17
bb) Das Beschwerdegericht ist allerdings unzutreffend davon ausgegangen , dass die Bestellung eines anderen Treuhänders für die Wohlverhaltensperiode ohne weiteres möglich und lediglich auf fehlerhafte Ermessensausübung zu überprüfen sei.
18
Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren , sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - IX ZB 458/02, ZInsO 2003, 750; vom 17. Juni 2004 - IX ZB 92/03, ZVI 2004, 544; vom 15. November 2007 - IX ZB 237/06, WM 2008, 35 Rn. 8; vom 15. November 2007 - IX ZB 8/07, juris Rn. 2; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 6). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).
19
Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten Treuhänders; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen haben (BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - IX ZB 237/06, aaO Rn. 5; vom 15. November 2007 - IX ZB 8/07, aaO; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, aaO Rn. 7).
20
cc) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Ein solcher Grund liegt hier vor.
21
(1) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund ist gegeben, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli 2009 - IX ZB 35/09, WM 2009, 1662 Rn. 9; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 18; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, aaO Rn. 9).
22
(2) Ob der Umstand, dass die Rechtsbeschwerdeführerin ihre Tätigkeit als Treuhänderin in erheblichem Umfang nicht persönlich wahrgenommen hat, sondern die Aufgaben von einem Vertreter wahrnehmen ließ, eine Entlassung rechtfertigen könnte, kann dahinstehen. Das Beschwerdegericht hat eine Entlassung hierauf nicht gestützt, sondern insoweit lediglich geprüft, ob eine nicht erneut vorgenommene Bestellung ermessensfehlerhaft sei. Dasselbe gilt für die angeblichen Unstimmigkeiten bei der Ausschüttung von einem Treuhandkonto. Insoweit sind die für eine Entlassung erforderlichen näheren Feststellungen hinsichtlich einer Pflichtverletzung nicht getroffen.
23
(3) Die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 ist jedoch allein dadurch gerechtfertigt, dass ein schwerwiegendes pflichtwidriges Verhalten vorlag. Das Beschwerdegericht hat insoweit festgestellt, dass die weitere Beteiligte zu 2 als Partnerin der Kanzlei S. in zahlreichen Insolvenzverfahren - wenn auch nicht im vorliegenden Verfahren - erklärt hat, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen eine zusätzliche Vergütung gewährt werde.
24
Mit diesem Verhalten hat sie selbst, nicht etwa ein Dritter, die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2005 - IX ZB 6/03, WM 2005, 1663, 1664). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden (zu möglichen Zuschlägen beim Insolvenzverwalter vgl. nunmehr BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 162/11, WM 2012, 666 Rn. 20 ff). Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung.
25
(4) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen , und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann. Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt auch dann, wenn der Treuhänder - wie hier - derartige Pflichtverletzungen nicht gerade im vorliegenden Verfahren, aber in zahlreichen anderen Verfahren begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 20).
26
(5) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts unterliegt auch nicht deshalb der Aufhebung, weil das Insolvenzgericht das rechtliche Gehör der weiteren Beteiligten zu 2 verletzt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hätte diese vor ihrer Entlassung gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 InsO gehört werden müssen (BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 8). Wird die gebotene Anhörung der Treuhänderin vom Erstgericht versäumt, scheidet allerdings ein durchgreifender Verfahrensfehler aus, wenn ihr - wie hier geschehen - im Beschwerdeverfahren das rechtliche Gehör gewährt wurde.
27
Lediglich vereinzelt war - wie von der Rechtsbeschwerde - die Auffassung vertreten worden, dass die Entscheidung über die Entlassung des Verwalters im Falle einer unterbliebenen Anhörung ohne die Möglichkeit der Heilung des Verfahrensmangels aufzuheben sei. Dem ist der Senat jedoch nicht gefolgt. Er hat entsprechend der allgemeinen Auffassung zwischenzeitlich entschieden, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör im Rechtsmittelverfahren geheilt werden kann (BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 10). Das Landgericht war hier als Beschwerdeinstanz nicht nur zur Prüfung von Verfahrensmän- geln der ersten Instanz, sondern auch zur Nachholung des rechtlichen Gehörs und zur Sachentscheidung berufen. Mithin beruht, weil dem Beschwerdeführer nachträglich rechtliches Gehör eröffnet wurde, die hier angegriffene Beschwerdeentscheidung nicht auf der Versagung rechtlichen Gehörs (BVerfGE 5, 9, 10; 5, 22, 24; 22, 282, 286 f; 62, 392, 397; 76, 363, 394). Dieses Verständnis entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 11; vom 17. März 2011, aaO Rn. 10). Kayser Gehrlein Vill Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Spandau, Entscheidung vom 22.05.2009 - 38 IK 64/07 -
LG Berlin, Entscheidung vom 15.06.2010 - 85 T 100/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 31/11
vom
26. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1
Der Insolvenzverwalter/Treuhänder ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht rechtzeitig
von sich aus einen Sachverhalt anzuzeigen, der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen
kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist; diese Pflicht
besteht insbesondere dann, wenn er einem Unternehmen, an dem er rechtlich oder
wirtschaftlich beteiligt ist, einen entgeltlichen Auftrag der Insolvenzmasse zu erteilen
beabsichtigt (Fortführung von BGHZ 113, 262).
BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11 - AG Köpenick
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 26. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2010 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners am 13. Juni 2005 zur Treuhänderin bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte sie nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit ihrem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte die weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers über insgesamt 809,20 € vor, dem sie die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und das je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
2
Nach Durchführung des Schlusstermins hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 13. September 2010 dem Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und für die Wohlverhaltensphase den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat die damit verbundene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 damit begründet, dass sie nach Zurückweisung ihrer Versuche in anderen Verfahren, Zuschläge in Höhe von je 20 € für die Zustel- lung des Eröffnungsbeschlusses und in Höhe von 10 € für die Zustellung aller weiteren Entscheidungen zu erhalten, ohne eine vorherige Anzeige an das Insolvenzgericht die E. AG, der sie selbst vorstehe, mit der Durchführung der Zustellungen beauftragt habe. Es sei ferner bekannt, dass sie in anderen Verfahren angekündigt habe, die ihr mit dem Eröffnungsbeschluss übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten nur noch gegen Zahlung einer Vergütung in Höhe der von ihr beantragten Zuschläge auszuführen. Weiter habe sie in dem vorliegenden Verfahren den Schlusstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nichtwahrgenommen und in einer Vielzahl von anderen Verfahren von ihr erforderte Berichte erst nach einer Erinnerung und einer großzügigen Fristsetzung eingereicht. Die von der weiteren Beteiligten zu 1 wegen ihrer Entlassung erhobene sofortige Beschwerde ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich die Treuhänderin pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund reiche es aus, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und der Treuhänderin seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob die Treuhänderin für die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet, ob die Treuhänderin die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, dem sie selbst vorstehe, das unter ihrer Anschrift firmiere und ob sie dafür Auslagenersatz verlangen könne.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 81/06, ZInsO 2007, 86 Rn. 20; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren , sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 6 mwN). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers , der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).
8
Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen hätten (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 7).
9
c) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt, wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters, einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
10
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 9 mwN).
11
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht. Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10, ständig). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann verhältnismäßig, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen. Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 20; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10). Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne die Störung aus einer Pflichtverletzung der Treuhänderin abzuleiten, hat es diesen Maßstab verkannt.
12
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist nämlich die schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückzuführen. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
13
a) Das Insolvenzgericht hat festgestellt, die weitere Beteiligte zu 1 habe in mehreren anderen Insolvenzverfahren erklärt, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen Zuschläge zur Vergütung in Höhe von 20 € für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses und 10 € je auszuführender weiterer Zustellung durch das Gericht gezahlt werden würden.

14
aa) Mit diesem Verhalten hat die weitere Beteiligte zu 1 die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden. Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 15).
15
bb) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen , und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann.
Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt umso mehr, wenn der Treuhänder - wie hier - gleichartige Pflichtverletzungen auch in anderen beim nämlichen Insolvenzgericht anhängigen Verfahren begangen hat.
16
b) Die weitere Beteiligte zu 1 hat ihre Pflichten als Treuhänderin weiter dadurch in hohem Maße verletzt, dass sie mit der Durchführung der ihr übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen von ihr selbst geleiteten Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen hat. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, NZI 2012, 247 Rn. 12).
17
aa) Pflichtwidrig war es insbesondere, dass die weitere Beteiligte zu 1 das Drittunternehmen beauftragt hatte, bevor sie ihre Absicht dem Insolvenzgericht zuvor angezeigt hatte. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht rechtzeitig einen Sachverhalt unmissverständlich anzuzeigen , der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277; Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, aaO Rn. 13). Diese Pflicht zur Offenbarung von Interessenkollisionen dient dem Schutz aller Verfahrensbeteiligten davor, dass der Verwalter sein Amt möglicherweise nicht unvoreingenommen und allein dem Insol- venzzweck entsprechend ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1991, aaO S. 279). Ist der Insolvenzverwalter entweder rechtlich oder - möglicherweise auch über einen Treuhänder - wirtschaftlich Allein- oder Mitinhaber eines Unternehmens und wirkt sich der Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens unmittelbar in erheblichem Maße für ihn aus, so begründet diese Beteiligung die Besorgnis, dass er sich hierdurch in seiner Entscheidung beeinflussen lassen kann. Aus der Sicht jedes unvoreingenommenen, sachlich abwägenden Verfahrensbeteiligten liegt die Befürchtung nicht fern, dass der Insolvenzverwalter sein Amt nicht ausschließlich dem Insolvenzzweck entsprechend führen werde, sondern sich auch vom Gesichtspunkt leiten lassen könnte, dem Unternehmen, an dem er rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist, zu lohnenden Einnahmen zu verhelfen. In einem solchen Fall muss das Insolvenzgericht über Art und Umfang dieser Beteiligung vor einem Vertragsschluss informiert werden.
18
bb) In der Person der weiteren Beteiligten zu 1 war eine entsprechende Interessenkollision gegeben. Als Vorstand der E. AG war sie deren gesetzlicher Vertreter und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens , dem sie die Ausführung der Zustellungen übertrug. Zumindest im Blick auf ihre Vergütung und ihre Stellung als Vorstand war sie am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Ob sie auch sonst wirtschaftlich an dem Unternehmen beteiligt war, haben die Vorinstanzen nicht aufgeklärt und kann auch dahinstehen. Die zur Anzeigepflicht führende Interessenkollision und die Gefahr der Schädigung der ihr übertragenen Insolvenzmassen war für die weitere Beteiligte zu 1 unübersehbar. Aufgrund der Auseinandersetzungen um die Zuschläge zu ihrer Vergütung in anderen Verfahren im Hinblick auf die ihr übertragenen Zustellungen wusste die weitere Beteiligte zu 1, dass sie mit der Geltendmachung von Beträgen, die weit oberhalb der tatsächlichen Kosten lagen , nicht durchdringen würde. Gleichwohl beauftragte sie ein von ihr geführtes Unternehmen mit der Durchführung der Zustellung zu einem noch höheren Preis, als sie selbst erfolglos vom Insolvenzgericht verlangt hatte, und schädigte damit die Massen in den ihr übertragenen Verfahren. Von einer Zustimmung des Insolvenzgerichts zu der Beauftragung der E. AG bei pflichtgemäßer Anzeige vor Auftragserteilung, die in zahlreichen der Treuhänderin übertragenen Verfahren unterblieben ist, konnte sie nicht ausgehen. Eine solche Zustimmung war schon wegen der Versagung der Zuschläge im Vorfeld der Beauftragung des Unternehmens nicht zu erwarten.
19
c) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören. Die Gefahr größerer Schäden für die Masse kann nur durch die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 abgewendet werden. Angesichts der ihr zur Last gelegten, ihre Amtstätigkeit betreffenden zahlreichen masseschädigenden Auftragserteilungen an ein mit ihr verbundenes Unternehmen kann zukünftig nicht mehr auf eine ordnungsgemäße Amtsausübung vertraut werden. Auch wenn die fehlende Bereitschaft, die Zustellungen weiter auszuführen, nicht ausdrücklich in dem vorliegenden Verfahren erklärt worden ist, kann der Beschwerdeführerin wegen der in dieser Erklärung zum Ausdruck kommenden Unzuverlässigkeit und der Begehung erheblicher masseschädigender Handlungen um des eigenen Vorteils willen die treuhänderische Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen nicht mehr überantwortet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 16). Mithin erweist sich die Abberufung der Beschwerdeführerin zum Schutz der Masse als unerlässlich.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Köpenick, Entscheidung vom 13.09.2010 - 34 IK 41/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.12.2010 - 85 T 466/10 -