Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Dez. 2010 - IX ZB 28/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 13. Januar 2010 wird auf Kosten des Antragsgegners als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 7.062,91 €.
Gründe:
I.
- 1
- Antrag Der auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet. Die in Aussicht genommene Rechtsverfolgung ist aussichtslos (§ 78b Abs. 1 ZPO). Die bereits form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde lässt sich nicht mit Aussicht auf Erfolg begründen.
- 2
- Die 1. internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit, ein französisches Urteil in Deutschland für vollstreckbar zu erklären, ergibt sich unmittelbar aus Art. 38 Abs. 1 EuGVVO. Eine gesondert zu überprüfende internationale Zuständigkeit einzelner deutscher Gerichte gibt es nicht. Die örtliche Zuständigkeit des Eingangsgerichts ist aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, die sich auf Senatsrechtsprechung stützen kann (BGH, Beschl. v. 26. Juni 1997 - IX ZR 11/97, WM 1997, 1521, 1523), gegeben.
- 3
- 2. Die Behandlung der ursprünglichen Falschbezeichnung der Passivpartei durch das Oberlandesgericht ergibt keinen Zulässigkeitsgrund gemäß § 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 2 ZPO. Die Frage, wie mit einer solchen Falschbezeichnung umzugehen ist, ist grundsätzlich geklärt. Das Oberlandesgericht hat seiner Entscheidung diese Grundsätze, insbesondere die Abgrenzung zwischen Rubrumsberichtigung und Parteiänderung, zugrunde gelegt. Ihre Anwendung auf den Einzelfall erfordert kein Eingreifen des Rechtsbeschwerdegerichts.
- 4
- 3. Es kann dahinstehen, ob das Landgericht durch den zweiten Berichtigungsbeschluss gegen § 11 Abs. 2 Halbsatz 2 AVAG verstoßen hat. Das nach Einlegung der Beschwerde durch den Antragsgegners alleine entscheidungsbefugte Oberlandesgericht hat eine ersetzende Entscheidung getroffen, die ihrerseits den Antragsgegner als Passivpartei bezeichnet. Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht weder gegen § 3 Abs. 1 AVAG noch gegen § 308 Abs. 1 ZPO oder gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen. Ein Rechtsmittelführer kann das Ermessen des Rechtsmittelgerichts, ob es eine eigene Sachentscheidung trifft oder die Sache an das Ausgangsgericht zurückverweist, nicht begrenzen. Begrenzbar ist allenfalls der Verfahrensgegenstand, mit dem sich das Rechtsmittelgericht befassen soll. Die Rechtsposition des Antragsgegners hat sich durch die Beschwerdeentscheidung nicht verschlechtert. Selbst wenn der zweite Berichtigungsbeschluss des Landgerichts verfahrensfehlerhaft gewesen wäre, war er jedenfalls nicht nichtig. Spätestens dieser Beschluss führte zur Vollstreckbarkeit des französischen Urteils gegen den Antragsgegner. Diese hat das Oberlandesgericht beschränkt.
- 5
- 4. Auch die Auslegung des französischen Urteilstenors durch das Oberlandesgericht ergibt keinen Zulässigkeitsgrund. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die deutschen Gerichte ausländische Urteile nach Möglichkeit so zu ergänzen haben, dass die Vollstreckbarerklärung hinreichend bestimmt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass das Oberlandesgericht die Grenzen einer ergänzenden Auslegung hin zu einer nach § 45 Abs. 2 EuGVVO verbotenen inhaltlichen Überprüfung oder gar Änderung überschritten haben könnte. Die zum Zwecke der Auslegung angestellten Erwägungen sind weder von grundsätzlicher Bedeutung noch berühren sie Interessen der Allgemeinheit.
II.
- 6
- Da die Rechtsbeschwerde nicht rechtzeitig begründet worden ist, ist sie gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 AVAG, § 577 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Der Hilfsantrag des Antragsgegners, ihm Wiedereinsetzung in die Begründungsfrist zu gewähren, ist unbegründet. Der Antragsgegner war an der Einhaltung dieser Frist nicht ohne sein Verschulden gehindert (§ 233 ZPO). Er hat sich das Verhalten seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen zu lassen.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.03.2007 - 327 O 173/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 13.01.2010 - 6 W 106/08 -
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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen.
(3) Die Rechtsbeschwerdefrist ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses (§ 13 Absatz 3).
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Für die Vollstreckbarerklärung von Titeln aus einem anderen Staat ist das Landgericht ausschließlich zuständig.
(2) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Gericht, in dessen Bezirk der Verpflichtete seinen Wohnsitz hat, oder, wenn er im Inland keinen Wohnsitz hat, das Gericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll. Der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen steht dem Wohnsitz gleich.
(3) Über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entscheidet der Vorsitzende einer Zivilkammer.
(1) Der Bundesgerichtshof kann nur überprüfen, ob der Beschluss auf einer Verletzung des Rechts der Europäischen Union, eines Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags, sonstigen Bundesrechts oder einer anderen Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt. Er darf nicht prüfen, ob das Gericht seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(2) Der Bundesgerichtshof kann über die Rechtsbeschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Auf das Verfahren über die Rechtsbeschwerde sind § 574 Absatz 4, § 576 Absatz 3 und § 577 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(3) Soweit die Zwangsvollstreckung aus dem Titel erstmals durch den Bundesgerichtshof zugelassen wird, erteilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dieses Gerichts die Vollstreckungsklausel. § 8 Absatz 1 Satz 2 und 4, §§ 9 und 10 Absatz 1 und 3 Satz 1 gelten entsprechend. Ein Zusatz über die Beschränkung der Zwangsvollstreckung entfällt.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.