Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2006 - IX ZB 268/05

published on 18/05/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Mai 2006 - IX ZB 268/05
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Amtsgericht Hof, 12 C 215/03, 14/07/2004
Landgericht Hof, 22 T 122/04, 26/10/2004

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 268/05
vom
18. Mai 2006
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 18. Mai 2006

beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen für die Einlegung und die Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hof vom 26. Oktober 2004 bewilligt.
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der vorbezeichnete Beschluss des Landgerichts Hof und der Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 14. Juli 2004 aufgehoben. Der Antrag der Beklagten auf Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Kläger zur Last. Die Beklagten tragen die Kosten beider Rechtsmittelzüge.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 348,58 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Sch. . Er hat gegen die Beklagten Klage auf Zahlung von 1.022,58 € nebst Zinsen und Kosten erhoben. Mit Urteil vom 17. Mai 2004 ist die Klage abgewiesen worden. Auf Antrag der Beklagten vom 21. Juni 2004 sind am 14. Juli 2004 zu erstattende Kosten in Höhe von 348,58 € nebst Zinsen gegen den Kläger festgesetzt worden. Bereits zuvor, am 1. Juli 2004, hatte der Kläger Masseunzulänglichkeit angezeigt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses weiter.

II.


2
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung der vom Kläger zu erstattenden Kosten.
3
1. Dem Kläger war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu bewilligen, weil er ohne Verschulden, nämlich wegen der Unzulänglichkeit der Masse, verhindert war, diese Fristen einzuhalten (§ 233 ZPO).
Die versäumten Prozesshandlungen sind nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde innerhalb der Antragsfrist nachgeholt worden (§§ 234, 236 Abs. 2 ZPO).
4
2. Wie der Bundesgerichtshof nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, ist der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses zugunsten eines Altmassegläubigers (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit unzulässig. Wegen des Vollstreckungsverbotes des § 210 InsO fehlt ein Rechtsschutzinteresse des Prozessgegners hinsichtlich des beantragten Vollstreckungstitels (BGH, Beschl. v. 17. März 2005 - IX ZB 247/03, WM 2005, 1036 f; v. 22. September 2005 - IX ZR 91/05, WM 2005, 2239, 2240). Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) für das Prozessgericht auch im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich bindend.

5
3. Ein Feststellungsausspruch kommt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger die sachliche und rechnerische Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht in Zweifel gezogen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 17. März 2005, aaO S. 1037; v. 22. September 2005, aaO). Fischer Raebel Kayser Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Hof, Entscheidung vom 14.07.2004 - 12 C 215/03 -
LG Hof, Entscheidung vom 26.10.2004 - 22 T 122/04 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

Annotations

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
die Kosten des Insolvenzverfahrens;
2.
die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;
3.
die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 unzulässig.

(1) Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt, reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, so hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen, daß Masseunzulänglichkeit vorliegt. Gleiches gilt, wenn die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

(2) Das Gericht hat die Anzeige der Masseunzulänglichkeit öffentlich bekanntzumachen. Den Massegläubigern ist sie besonders zuzustellen.

(3) Die Pflicht des Verwalters zur Verwaltung und zur Verwertung der Masse besteht auch nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit fort.