Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Mai 2011 - IX ZB 246/10

published on 05/05/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Mai 2011 - IX ZB 246/10
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Amtsgericht Stralsund, 14 IN 821/03, 07/09/2010
Landgericht Stralsund, 2 T 270/10, 17/11/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 246/10
vom
5. Mai 2011
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 46 Abs. 2; § 574 Abs. 1 Satz 1; InsO §§ 4, 6 Abs. 1, 7
Wird im Insolvenzverfahren die gegen ein für unbegründet erklärtes Ablehnungsgesuch
gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen, findet eine Rechtsbeschwerde
nur im Falle der Zulassung durch das Beschwerdegericht statt.
BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - IX ZB 246/10 - LG Stralsund
AG Stralsund
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 5. Mai 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 17. November 2010 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 27. Januar 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der weitere Beteiligte zu 1 zum Verwalter berufen. Am 23. März 2009 bestellte das Insolvenzgericht den weiteren Beteiligten zu 2 zum Sonderinsolvenzverwalter mit dem Aufgabenkreis "Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen den Insolvenzverwalter zugunsten der Masse".
2
Im Anschluss an die Gläubigerversammlung vom 21. April 2010 hat die Schuldnerin den zuständigen Richter am Amtsgericht B. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Amtsgericht hat das Befangenheitsgesuch zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt die Schuldnerin, ihrem Begehren stattzugeben.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil sie weder nach dem Gesetz allgemein eröffnet (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Statthaftigkeit kann entgegen der Auffassung der Schuldnerin nicht aus § 7 InsO hergeleitet werden.
4
1. Nach dieser Vorschrift findet "gegen die Entscheidung über die sofortige Beschwerde" die Rechtsbeschwerde statt. Der sofortigen Beschwerde unterliegen die Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in den Fällen, in denen die Insolvenzordnung dies vorsieht (§ 6 Abs. 1 InsO). Die Rechtsbeschwerde ist folglich nur dann statthaft, wenn eine Entscheidung über die sofortige Beschwerde im Sinne des § 6 Abs. 1 InsO angefochten wird, also die Befugnis zur sofortigen Beschwerde im Streitfall ausdrücklich vorgesehen ist (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, NZI 2004, 40 f). Voraussetzung der Rechtsbeschwerde ist danach, dass die ihr vorausgegangene sofortige Beschwerde auf Vorschriften der Insolvenzordnung beruht. Findet die sofortige Beschwerde hingegen ihre Rechtsgrundlage in außerhalb der Insolvenzordnung angesiedelten Bestimmungen, ist eine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde nur kraft ausdrücklicher Zulassung statthaft (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - IX ZB 32/06, ZInsO 2008, 95 Rn. 6).

5
2. So verhält es sich im Streitfall.
6
Rechtsgrundlage für die sofortige Beschwerde der Schuldnerin bildete nicht § 6 Abs. 1 InsO. Die von dieser Norm in Bezug genommenen Vorschriften sehen kein Rechtsmittel nach Abweisung eines Befangenheitsgesuchs vor. Vielmehr eröffnet die nach § 4 InsO anwendbare Vorschrift des § 46 Abs. 2 ZPO den Beschwerderechtszug. Danach findet gegen einen Beschluss, durch den ein Befangenheitsgesuch für unbegründet erklärt wurde, die sofortige Beschwerde statt. Mithin handelt es sich bei der hier angegriffenen Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs der Sache nach um eine Entscheidung außerhalb des Insolvenzverfahrens. Darum ist eine Rechtsbeschwerde nur kraft ausdrücklicher Zulassung (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) statthaft (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2004 - IX ZB 272/03, Rn. 1; vom 22. Februar 2007 - IX ZA 40/06, Rn. 1; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 4 Rn. 44 b; FK-InsO/ Schmerbach, 6. Aufl. § 4 Rn. 52; Uhlenbruck/I. Pape, InsO 13. Aufl. § 4 Rn. 7). Da es hier an der gebotenen Zulassung fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2004 - II ZB 24/03, WM 2005, 76, 77; vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210 Rn. 7), ist die Rechtsbeschwerde unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Stralsund, Entscheidung vom 07.09.2010 - 14 IN 821/03 -
LG Stralsund, Entscheidung vom 17.11.2010 - 2 T 270/10 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn
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Annotations

(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss.

(2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht durch Beschluss.

(2) Gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den das Gesuch für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.