Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2009 - IX ZB 119/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.085,27 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- DerRechtsbeschwerdeführerbeantragt e als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin mit Schriftsatz vom 18. Januar 2007, ihm ausgehend von einer Teilungsmasse von 23.914,06 € eine Vergütung in Höhe von 10.522,18 € zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer zu gewähren. Zur Regelvergütung von 9.565,62 € beantragte er einen Zuschlag von 10 % wegen unzureichender Mitwirkung des Liquidators der Schuldnerin. Auf eine Erhöhung wegen schwierigen Verkaufs des Immobilienvermögens der Schuldnerin verzichtete er im Hinblick auf die geringe vorhandene Masse, sofern seinem Vergütungsantrag im Übrigen stattgegeben werde.
- 2
- Mit Schriftsatz vom 3. April 2007 teilte er mit, es sei eine weder angekündigte noch zu erwartende Zahlung von 33.051,77 € eingegangen, so dass ein neuer Schlussbericht einzureichen sei. Mit diesem legte er einen neuen Vergütungsantrag vor. Ausgehend von einer Teilungsmasse von nunmehr 60.512,30 € und einer Regelvergütung von 16.985,86 € beantragte er jetzt einen Zuschlag von insgesamt 50 %, nämlich 30 % für die mangelnde Mitwirkung des Liquidators und 20 % für den besonders schwierigen und zeitaufwändigen Verkauf des Immobilienvermögens. Zusätzlich beantragte er eine erheblich höhere Auslagenpauschale sowie die Festsetzung der anfallenden Umsatzsteuer.
- 3
- Amtsgericht Das hat ausgehend von einer Teilungsmasse von 60.512,30 € und einer Regelvergütung von 16.985,86 € einen Zuschlag von 10 % gewährt und die Vergütung auf 18.675,45 € festgesetzt zuzüglich einer gekürzten Auslagenpauschale und Umsatzsteuer.
- 4
- Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters, mit der er seinen Antrag auf Erhöhung des Zuschlags auf 50 % weiterverfolgte, hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt er weiterhin einen Zuschlag von insgesamt 50 %.
II.
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- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Sie zeigt keinen Zulässigkeitsgrund auf, der gemäß § 574 Abs. 2 ZPO eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderte.
- 6
- Das 1. Beschwerdegericht hat nicht den von der Rechtsbeschwerde vermuteten nichtformulierten Obersatz aufgestellt, dass ein Insolvenzverwalter, der einen ihm an sich nach § 3 InsVV zustehenden Zuschlag wegen der geringen Masse nicht in voller Höhe geltend macht, auch dann an einem Erhöhungsverlangen gehindert sei, wenn sich später eine unerwartete Mehrung der Masse ergebe.
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- Das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass der Verwalter in seinem ersten Antrag wegen der unzureichenden Mitwirkung des Liquidators einen Zuschlag von 10 % für angemessen erachtet und dass er für den später insoweit beantragten Zuschlag von 30 % keinerlei weitergehenden Beschwernisse vorgetragen hat. Allein den Umstand der Erhöhung der Teilungsmasse, die schon für sich zu einer deutlichen Erhöhung der Vergütung geführt hat, hat es nicht für eine Erhöhung des Zuschlags für ausreichend angesehen. Hinsichtlich dieses Zuschlags hatte der Verwalter in seinem ersten Antrag auch nicht geltend gemacht , wegen der geringen Masse auf einen höheren Zuschlag zu verzichten.
- 8
- Darauf kommt es letztlich aber auch nicht an. Der Verwalter kann den wegen der entstandenen Beschwernisse nach § 3 Abs. 1 InsVV angemessenen Zuschlag verlangen und gegebenenfalls die Begründung seines Antrages ergänzen. Das Beschwerdegericht hat jedoch unter Berücksichtigung aller geltend gemachten Beschwernisse in der besonderen Einzelsituation einen Zuschlag von 10 % für angemessen erachtet.
- 9
- Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1208 Rn. 44). Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur dar- auf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07 Rn. 4; v. 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55, 56 Rn. 8).
- 10
- Eine derartige Gefahr besteht im vorliegenden Fall nicht. Soweit sich die Rechtsbeschwerde darüber hinaus darauf beruft, in der Literatur sei ein Zuschlag von 25 % anerkannt, wenn die Verwaltung durch besondere Schwierigkeit mit dem Schuldner erschwert werde (Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 4. Aufl. § 3 Rn. 78 Stichwort Schuldner), kann dem nicht gefolgt werden. Die Höhe des Zuschlags ist selbstverständlich von den Umständen des Einzelfalles abhängig und kann nicht stets pauschal mit 25 % bemessen werden. Das sieht der Rechtsbeschwerdeführer im Grundsatz ebenso, denn er verlangt 30 %.
- 11
- 2. Es mag sein, dass die Beschwerdeentscheidung den ungeschriebenen Obersatz aufgestellt hat, ein vom Verwalter erklärter Verzicht auf einen Zuschlag wegen des schwierigen Verkaufs des Immobilienvermögens sei wirksam , auch wenn der Verwalter den Verzicht widerrufen habe, bevor das Insolvenzgericht über den Vergütungsantrag entschieden habe. Hierauf beruht die Beschwerdeentscheidung aber nicht. Denn das Beschwerdegericht hat daneben, also unabhängig von dem Verzicht, festgestellt, dass insoweit ein Zuschlag nicht gerechtfertigt ist.
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- diese Auch Beurteilung birgt nicht die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben bei der Bemessung von Zuschlägen in sich. Das Beschwerdegericht hat insbesondere zutreffend darauf abgestellt, dass die Käuferin durch einen vom Rechtsbeschwerdeführer beauftragten Makler vermittelt und der gesamte Immobilienbestand an eine einzige Käuferin veräußert wurde. Die Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens gehört gemäß § 159 InsO zu den Aufgaben des Verwalters, für den die Regelvergütung gezahlt wird. Ein Zuschlag ist nur veranlasst, wenn die Bearbeitung den Verwalter stärker als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat (BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2008 - IX ZB 247/06, NZI 2009, 57 Rn. 10 m.w.N.). Dies hat das Beschwerdegericht zutreffend berücksichtigt und besondere Erschwernisse in diesem Sinn nicht für gegeben erachtet.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Leipzig, Entscheidung vom 08.08.2007 - 406 IN 1759/04 -
LG Leipzig, Entscheidung vom 21.04.2008 - 1 T 807/07 -
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Annotations
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.
(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist insbesondere festzusetzen, wenn
- a)
die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht hat, ohne daß ein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 angefallen ist, - b)
der Verwalter das Unternehmen fortgeführt oder Häuser verwaltet hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist, - c)
die Masse groß war und die Regelvergütung wegen der Degression der Regelsätze keine angemessene Gegenleistung dafür darstellt, daß der Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand die Masse vermehrt oder zusätzliche Masse festgestellt hat, - d)
arbeitsrechtliche Fragen zum Beispiel in bezug auf das Insolvenzgeld, den Kündigungsschutz oder einen Sozialplan den Verwalter erheblich in Anspruch genommen haben oder - e)
der Verwalter einen Insolvenzplan ausgearbeitet hat.
(2) Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz ist insbesondere gerechtfertigt, wenn
- a)
ein vorläufiger Insolvenzverwalter in Verfahren tätig war, - b)
die Masse bereits zu einem wesentlichen Teil verwertet war, als der Verwalter das Amt übernahm, - c)
das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird oder das Amt des Verwalters vorzeitig endet, - d)
die Masse groß war und die Geschäftsführung geringe Anforderungen an den Verwalter stellte, - e)
die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist oder - f)
der Schuldner in ein Koordinationsverfahren einbezogen ist, in dem ein Verfahrenskoordinator nach § 269e der Insolvenzordnung bestellt worden ist.
Nach dem Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten, soweit die Beschlüsse der Gläubigerversammlung nicht entgegenstehen.