Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2011 - IV ZR 117/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a ZPO statthafte Anhörungsrüge der Klägerin ist nicht begründet.
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- Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2005 - VI ZR 89/04, WuM 2005, 475; vom 12. Mai 2010 - I ZR 203/08, GRUR-RR 2010, 456; BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat vor Erlass seines Urteils vom 25. Mai 2011 die Angriffe der Revision der Klägerin in vollem Umfang darauf geprüft, ob sie einen Rechtsfehler des angefochtenen Berufungsurteils ergeben. Er hat unter diesem Gesichtspunkt die Beanstandungen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet und deshalb die Revision mit ausführlicher Begründung zurückgewiesen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 2007 - VI ZR 38/07, NJW 2008, 923; vom 12. Mai 2010 aaO; BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2008 - 1 BvR 562/08, NJW 2008, 2635).
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- Derartige Verstöße liegen ersichtlich nicht vor. Die Klägerin wiederholt und vertieft mit ihrer Anhörungsrüge lediglich ihr bisheriges Revisionsvorbringen mit der Behauptung, der Senat habe - soweit er zu abweichenden Ergebnissen gelangt ist - dieses Vorbringen nicht erfasst oder nicht ausreichend berücksichtigt. Das trifft nicht zu. Gerade die für die einzelnen Rügen der Klägerin jeweils in Bezug genommenen Textstellen des Senatsurteils vom 25. Mai 2011 belegen, dass sich der Senat mit dem gesamten Revisionsvorbringenauseinandergesetzt hat.
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- Das gilt auch für die Frage der Auslegung des Versicherungsvertrages. Die Klägerin hat zwar im Verlauf des Rechtsstreits wiederholt geltend gemacht, dieser Vertrag sei anders auszulegen als vom Berufungsgericht und dem Senat angenommen. Beweis für ein abweichendes Verständnis der - nicht namentlich genannten - am Vertragsschluss beteiligten Personen hat die Klägerin aber nicht angetreten.
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- Die Anhörungsrüge bezweckt lediglich, die bereits mit der Revision vertretene Auffassung der Klägerin zu den hier entscheidungserhebli- chen Auslegungs- und Rechtsfragen gegen die anderslautende Auffassung des Senats durchzusetzen. Das ist ihr im Rahmen der Anhörungsrüge verwehrt.
Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.09.2008- 8 O 67/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 27.05.2009- 8 U 192/08 -
Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.