vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 11 O 171/06, 08.07.2010
Oberlandesgericht Düsseldorf, 4 U 111/10, 18.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 5/12
vom
28. März 2012
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski,
Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 28. März 2012

beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Auf seine Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. April 2011 aufgehoben.
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Klägers an das Berufungsgericht zurückverwiesen , dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vorbehalten bleibt.
Beschwerdewert: 16.112,63 €

Gründe:


1
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte aus einer Unfallversicherung einen Anspruch auf Zahlung weiteren Krankentagegeldes in Höhe von 16.112,63 € nebst Zinsen geltend. Das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wurde seinem Prozessbevollmächtigten am 9. Juli 2010 zugestellt. Die Berufungsschrift nebst Begründung ging am 24. August 2010 - verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag - beim Oberlandesgericht ein.
2
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist darin ausgeführt : Die Berufungsschrift sei vom Prozessbevollmächtigten am 9. August 2010 diktiert und nach Fertigung des Diktats unterschrieben worden. Sie habe sodann an das Oberlandesgericht gefaxt werden sollen. Kurz zuvor sei die hiermit beauftragte Kanzleiangestellte von einem Bekannten abgeholt worden und habe angeboten, die Berufungsschrift mitzunehmen und direkt in den Briefkasten des Oberlandesgerichts einzuwerfen , da sie auf ihrem Wege ohnehin dort vorbeikäme. Hiermit sei der Prozessbevollmächtigte einverstanden gewesen. Die bis dahin stets verlässliche Angestellte, die schon mehrfach fristgebundene Schriftstücke zuverlässig zugestellt und allgemeine Post nach Feierabend in den Briefkasten eingeworfen habe, habe den Schriftsatz dann mitgenommen, den Einwurf jedoch vergessen. Dies habe sie dem Prozessbevollmächtigten am nächsten Morgen offenbart, als sie den Umschlag in ihrer Handtasche wiedergefunden habe.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.

4
II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
1. Die nach den §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nach Wiedereinsetzung durch den Senat im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die angefochtene Entscheidung verletzt die Verfahrensgrundrechte des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
7
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Versäumung der Berufungsfrist verschuldet habe. Er habe erkennen müssen, dass der Umstand der Abholung durch einen Bekannten die Gefahr der Ablenkung seiner Angestellten von ihrer Aufgabe, die Berufungsschrift in den Gerichtsbriefkasten einzuwerfen , in sich geborgen habe. Es sei deshalb unbedingt erforderlich gewesen, die Angestellte ausdrücklich unter Hinweis auf den unmittelbar bevorstehenden Fristablauf zu ermahnen, sich auf den Einwurf der Berufungsschrift in den Briefkasten des Oberlandesgerichts zu konzentrieren, diese Handlung auf direktem Wege von der Kanzlei zum Gericht auszuführen und ihr höchste Priorität einzuräumen. Denn im Unterschied zu früheren Übermittlungshandlungen der Kanzleiangestellten sei die Situation dadurch geprägt gewesen, dass sie den Weg zum Briefkasten nicht allein beschritten, sondern sich in Begleitung einer kanzleifremden Person befunden habe, der die Bedeutung und Wichtigkeit der Berufungsfrist und ihrer Einhaltung nicht habe bekannt sein müssen. Hierdurch habe die Gefahr bestanden, dass sie sich durch außerberufliche Umstände, insbesondere private Unterhaltung, von der Aufgabe des Schriftsatzeinwurfs habe ablenken lassen können. Der Prozessbevollmächtigte habe auch weder seiner Angestellten aufgegeben, den erfolgten Einwurf in den Gerichtsbriefkasten telefonisch zu bestätigen, noch sie selbst telefonisch kontaktiert, um eine Überprüfung vorzunehmen.
8
b) Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der Weisung des Prozessbevollmächtigten an seine bis dahin stets zuverlässige Angestellte , die Berufungsschrift auf dem Weg nach Hause in den Nachtbriefkasten des Gerichts einzuwerfen, war die Fristwahrung unter normalen Umständen gewährleistet. Er durfte auf die Befolgung dieser Einzelweisung vertrauen und musste nicht damit rechnen, dass seine Mitarbeiterin sie versehentlich nicht ausführt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2000 - VII ZB 11/00, VersR 2001, 214).
9
aa) Er war daher nicht verpflichtet, der zunächst vorgesehenen Übermittlung per Telefax den Vorzug zu geben. Soweit der angefochtene Beschluss auf diese Alternative hinweist, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Möglichkeit die Wahl anderer ebenfalls zuverlässiger Übermittlungsarten nicht ausschließt. Dies gilt vor allem deshalb, weil sowohl aus der Senatspraxis als auch aus vielen veröffentlichten Entscheidungen bekannt ist, dass es auch bei einer Übermittlung per Telefax in Ein- zelfällen immer wieder zu Fehlern kommt (z.B. falsche Nummerneingabe, unvollständige Übermittlung usw.).
10
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Anwalt zudem auf die Befolgung einer Einzelweisung durch eine bis dahin stets zuverlässige Büroangestellte vertrauen, wenn es um solche einfachen Angelegenheiten wie den Einwurf einer Postsendung in einen Gerichtsbriefkasten geht (BGH aaO). Der Senat hat insoweit bereits entschieden , dass es genügt, wenn die Kanzleiangestellte, die kurz vor Ablauf einer Frist mit der Beförderung des fristwahrenden Schriftsatzes beauftragt wird, über den drohenden Fristablauf und die Notwendigkeit der Fristwahrung unterrichtet ist (Senatsbeschluss vom 22. September 1977 - IV ZB 14/77, VersR 1977, 1099). Das war hier schon deshalb der Fall, weil die Angestellte den Auftrag erhielt, den Schriftsatz nicht mit der allgemeinen Gerichtspost abgehen zu lassen, sondern ihn nach Dienstschluss zum Gerichtsgebäude zu bringen und dort in den Nachtbriefkasten einzuwerfen (vgl. Senat aaO S. 1099 f.). Mit einem solchen Botengang dürfen sogar hinreichend erprobte und zuverlässige, aber in Bezug auf das Fristenwesen nicht besonders qualifizierte Kräfte betraut werden (Senatsbeschluss vom 13. Januar 1988 - IVa ZB 13/87, VersR 1988, 610 unter 1).
11
Eine Abweichung von diesen Grundsätzen ist nicht deshalb geboten , weil die Kanzleiangestellte auf dem Heimweg von einem Bekannten begleitet wurde. Umstände, die eine konkrete Ablenkungsgefahr begründen , hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Einen allgemeinen Erfahrungssatz , dass ansonsten zuverlässige Angestellte sich durch private Unterhaltungen von der Erledigung durch Einzelweisung erteilter Aufträge abhalten lassen, gibt es nicht.

12
cc) Durfte der Anwalt die Aufgabe, den Schriftsatz in den Nachtbriefkasten einzuwerfen, seiner Angestellten übertragen, weil er auf die Ausführung des Auftrags vertrauen durfte, so war er auch nicht gehalten, dessen Erfüllung nachträglich zu überprüfen - etwa durch telefonische Bestätigung oder Nachfrage. Die Annahme einer derartigen Kontrollpflicht widerspräche dem berechtigterweise in die Kanzleikraft gesetzten Vertrauen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - I ZB 100/06, NJW 2008, 587 Rn. 10).
Wendt Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.07.2010- 11 O 171/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.04.2011- I-4 U 111/10 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 11/00
vom
20. April 2000
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr.
Kuffer, Dr. Kniffka und Wendt

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 7. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 10. Februar 2000 aufgehoben. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den v origen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Beschwerdewert: 36.520,05 DM.

Gründe:

Die Beklagte hat gegen das Urteil des Landgerichts S. vom 16. November 1999 erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Das Rechtsmittel ist begründet.
Das Berufungsgericht hat Wiedereinsetzung nicht gewährt, weil die Beklagte nicht glaubhaft gemacht habe, daß die Berufungsfrist unverschuldet versäumt worden ist. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Verspätung auf Mängel bei den organisatorischen Maßnahmen des Prozeßbevollmächtigten zur wirksamen Ausgangskontrolle für fristwahrende Schriftsätze zurückzuführen ist. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Beklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Das Berufungsgericht hat einen durchgreifenden, bereits im ursprünglichen Gesuch vorgetragenen und glaubhaft gemachten Wiedereinsetzungsgrund übersehen. Auf die nach seiner Meinung nicht ausreichend organisierte Ausgangskontrolle kommt es wegen einer konkreten Einzelanweisung nicht entscheidend an. Erteilt ein Prozeßbevollmächtigter unter Abweichung einer bestehenden Kanzleiorganisation einer zuverlässigen Kanzleikraft eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung, bei deren Befolgung die einzuhaltende Frist gewahrt worden wäre, dann trifft ihn kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden, wenn seine Weisung versehentlich nicht befolgt wird und deshalb die Frist verstreicht (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 1998 - X ZB 20/98, NJW 1999, 429; 25. März 1998 - IV ZB 1/98, BGHR ZPO § 233 Einzelanweisung 2 und vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95, VersR 1996, 348 jeweils m.w.N.). So liegt es hier. Die Beklagte hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, sie habe erst am letzten Tag der Berufungsfrist gegen 16 Uhr auf fernmündliche Nachfrage der Anwaltssekretärin Weisung erteilt, Berufung einzulegen. Die mit Fristsachen
betraute, bis dahin stets zuverlässige Anwaltssekretärin habe sodann die Berufungsschrift gefertigt, von dem Rechtsanwalt unterschreiben lassen und versprochen , das Schriftstück mitzunehmen und nach Dienstschluß auf dem Weg nach Hause in den Nachtbriefkasten des Landgerichts einzuwerfen. Das habe sie dann vergessen. Die Berufungsschrift habe sie auf ihrem Schreibtisch liegen lassen und dort am nächsten Tag bei Dienstbeginn vorgefunden. Mit der konkreten Einzelanweisung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten an seine Sekretärin, den von ihr gefertigten Schriftsatz persönlich nach dem kurz bevorstehenden Dienstschluß in den Nachtbriefkasten einzuwerfen, war die Fristwahrung gewährleistet. Der Sekretärin war der Fristablauf an diesem Tag bekannt. Der Prozeßbevollmächtigte und demgemäß auch die Beklagte , § 85 Abs. 2 ZPO, haben nicht dafür einzustehen, daß die Sekretärin diese Anweisung versehentlich nicht ausgeführt hat. Ullmann Thode Kuffer Kniffka Wendt
10
Darauf, ob der Kläger durch weitere Maßnahmen (Nachfrage am 18. April 2006 beim Landgericht Osnabrück und erneute Zusendung der Berufungsbegründung am selben Tag per Telefax) die Wahrung der Frist noch hätte erreichen können, kommt es nicht an. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers war nicht verpflichtet, sich darüber zu vergewissern, ob der Schriftsatz rechtzeitig beim Landgericht eingegangen war. Wenn er seine Mitarbeiterin M. anwies, sich am Dienstag, dem 18. April 2006, nach dem Eingang des Schriftsatzes beim Landgericht Osnabrück zu erkundigen, hat er mehr als erforderlich getan. Brachte der Versuch, eine Bestätigung des Eingangs der Berufungsbegründung zu erhalten, keine Klärung, kann dies dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.10.1989 - IVa ZB 7/89, NJW 1990, 188, 189).