Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZR 560/16

published on 31/08/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZR 560/16
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Landgericht Frankfurt am Main, 4 O 453/13, 16/07/2014
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 1 U 159/14, 10/11/2016

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 560/16
vom
31. August 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:310817BIIIZR560.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl

beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 27. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rügeverfahrens zu tragen.

Gründe:


1
Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
2
Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der Senat hat das Vorbringen des Klägers in vollem Umfang berücksichtigt, geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Dies gilt insbesondere für die mit Schriftsatz vom 16. August 2017 erneut angesprochenen Rügen.
3
Seit dem Urteil des Senats vom 7. Dezember 1967 zu § 91a SVG (III ZR 11/66, juris Rn. 14) ist geklärt, dass die Verjährungsfrist eines Anspruchs, der Vorsatz des Schädigers voraussetzt, erst zu laufen beginnt, wenn der Geschädigte den Vorsatz kennt oder grob fahrlässig nicht kennt. Das Berufungsgericht hat keine gegenteilige Auffassung vertreten, sondern ausgeführt, dem Kläger seien spätestens zum 1. April 1994 alle Tatsachen bekannt gewesen, die einen möglichen Amtshaftungsanspruch begründeten. Weitere Ausführungen waren entbehrlich, weil der Kläger einen abweichenden, späteren Zeitpunkt seiner Kenntnis vom Vorsatz seines Dienstvorgesetzten nicht geltend gemacht hatte, auch in der von der Beschwerde angegebenen Textstelle (Klageschrift S. 14) nicht.
4
Soweit die Beschwerde gemeint hat, die Erhebung einer Amtshaftungsklage sei dem Kläger vor Abschluss des auf Anerkennung als Dienstunfall gerichteten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzumutbar gewesen, ist bereits zweifelhaft, ob allein der Umstand, dass ein Kläger zwei verschiedene Ansprüche verfolgt, die sich in ihren Voraussetzungen teilweise überschneiden, eine Unzumutbarkeit der gleichzeitigen Führung entsprechender Gerichtsverfahren begründet. Vor allem aber hat der Kläger von Anfang an ein anlagebedingtes Leiden bestritten und wusste er - spätestens seit dem von ihm in Auftrag gegebenen psychiatrischen Gutachten des Dr. R. vom 31. Januar 2008 (zum Ergebnis des Gutachtens vgl. Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Mai 2010, S. 4, 10 [Bd. I 36, 42]) -, dass eine solche Disposition weder erkennbar noch maßgebend war. Jedenfalls seit diesem Zeitpunkt musste er die Erkenntnis für genügend gesichert halten, dass seine Dienstunfähigkeit auf dem Vorfall vom 25. Januar 1993 beruhte, und war ihm eine Amtshaftungsklage zumutbar.
5
Zwar konnte hier eine Amtshaftungsklage nur bei einer vorsätzlichen Amtspflichtverletzung Erfolg haben (§ 53 Abs. 2 Nr. 1 HBeamtVG [= § 46 Abs. 2 Nr. BeamtVG]). Liegt - auch nach Auffassung des Anspruchstellers - nur eine fahrlässige Amtspflichtverletzung vor, ist die verwaltungsrechtliche Feststellung des Dienstunfalls daher der Amtshaftungsklage vorgreiflich, weil nur bei Verneinung eines Dienstunfalls ein auf eine fahrlässige Amtspflichtverletzung gestützter Haftungsprozess Erfolg haben kann. Der Kläger hat indes stets eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung geltend gemacht. Er hätte daher eine Amtshaftungsklage auch früher erheben können, ohne den Ausgang des Verwaltungsprozesses abwarten zu müssen. Das Risiko, dass die Zivilgerichte nur eine fahrlässige Amtspflichtverletzung erkennen und die Amtshaftungsklage abweisen , trug er auch nach Abschluss des Verwaltungsprozesses. Dem Kläger war mithin zumutbar, im Hinblick auf die von ihm im Verwaltungsprozess begehrte Anerkennung als Dienstunfall und die daraus folgende Anspruchsbeschränkung in einem früher begonnenen Amtshaftungsprozess eine von ihm stets angenommene - und zumindest nicht fernliegende - vorsätzliche Amtspflichtverletzung vorzutragen.
6
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen; die Gerichte sind nicht verpflichtet, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Dies gilt auch für die Entscheidung über die Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO (BVerfG NJW 2011, 1497 Rn. 24).
Herrmann Tombrink Remmert
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 16.07.2014 - 2-4 O 453/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 10.11.2016 - 1 U 159/14 -
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

(1) Der verletzte Beamte und seine Hinterbliebenen haben aus Anlass eines Dienstunfalles gegen den Dienstherrn nur die in den §§ 30 bis 43a geregelten Ansprüche. Ist der Beamte nach dem Dienstunfall in den Dienstbereich eines anderen öffentlich-recht

(1) Die nach diesem Gesetz versorgungsberechtigten Personen haben aus Anlass einer Wehrdienstbeschädigung oder einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne der §§ 81a bis 81f gegen den Bund nur die auf diesem Gesetz beruhenden Ansprüche. Sie können Ans

Annotations

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die nach diesem Gesetz versorgungsberechtigten Personen haben aus Anlass einer Wehrdienstbeschädigung oder einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne der §§ 81a bis 81f gegen den Bund nur die auf diesem Gesetz beruhenden Ansprüche. Sie können Ansprüche nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, die weitergehende Leistungen als nach diesem Gesetz begründen, gegen den Bund, einen anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Bundesgebiet oder gegen die in deren Dienst stehenden Personen nur dann geltend machen, wenn die Wehrdienstbeschädigung oder die gesundheitliche Schädigung im Sinne der §§ 81a bis 81f durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung einer solchen Person verursacht worden ist. Dies gilt nicht in Fällen der Übernahme der Zahlung nach § 31a des Soldatengesetzes.

(2) § 46 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt entsprechend.

(3) Ersatzansprüche gegen andere Personen bleiben unberührt.

(1) Der verletzte Beamte und seine Hinterbliebenen haben aus Anlass eines Dienstunfalles gegen den Dienstherrn nur die in den §§ 30 bis 43a geregelten Ansprüche. Ist der Beamte nach dem Dienstunfall in den Dienstbereich eines anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn versetzt worden, so richten sich die Ansprüche gegen diesen; das Gleiche gilt in den Fällen des gesetzlichen Übertritts oder der Übernahme bei der Umbildung von Körperschaften. Satz 2 gilt in den Fällen, in denen der Beamte aus dem Dienstbereich eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes zu einem Dienstherrn im Geltungsbereich dieses Gesetzes versetzt wird, mit der Maßgabe, dass dieses Gesetz angewendet wird.

(2) Weitergehende Ansprüche auf Grund allgemeiner gesetzlicher Vorschriften können gegen einen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Bundesgebiet oder gegen die in seinem Dienst stehenden Personen nur dann geltend gemacht werden, wenn der Dienstunfall

1.
durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung einer solchen Person verursacht worden oder
2.
bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist.
Im Fall des Satzes 1 Nummer 2 sind Leistungen, die dem Beamten und seinen Hinterbliebenen nach diesem Gesetz gewährt werden, auf die weitergehenden Ansprüche anzurechnen; der Dienstherr, der Leistungen nach diesem Gesetz gewährt, hat keinen Anspruch auf Ersatz dieser Leistungen gegen einen anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Bundesgebiet.

(3) Ersatzansprüche gegen andere Personen bleiben unberührt.

(4) Auf laufende und einmalige Geldleistungen, die nach diesem Gesetz wegen eines Körper-, Sach- oder Vermögensschadens gewährt werden, sind Geldleistungen anzurechnen, die wegen desselben Schadens von anderer Seite erbracht werden. Hierzu gehören insbesondere Geldleistungen, die von Drittstaaten oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen gewährt oder veranlasst werden. Nicht anzurechnen sind Leistungen privater Schadensversicherungen, die auf Beiträgen der Beamten oder anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes beruhen; dies gilt nicht in den Fällen des § 32.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.