vorgehend
Landgericht Braunschweig, 9 O 899/10, 15.06.2011
Oberlandesgericht Braunschweig, 2 U 59/11, 31.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 371/12
vom
27. November 2013
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2013 durch
den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann,
Seiters und Reiter

beschlossen:
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass ihre Klage wegen fehlender Bestimmtheit des Klagegegenstands bislang unzulässig ist, solange sie die zur Zeit alternativ geltend gemachten prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) nicht in ein Eventualverhältnis aus Haupt- und Hilfsanspruch stellt.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einesMonats.

Gründe:


1
Die Klage ist bislang unzulässig, da die Klägerin den Streitgegenstand nicht hinreichend bestimmt hat (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
2
Die Klägerin stützt ihre Klage gleichrangig sowohl auf Ansprüche aus eigenem Recht - behauptete mündliche Lizenzvereinbarung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom Oktober 1999 - wie aus fremdem Recht - schriftliche Abtretungs- und Prozessführungsermächtigungserklärung des Patentinhabers vom 15. November 2010. Insoweit handelt es sich jedoch auch bei einheitlichem Klageziel um unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. nur Senatsurteil vom 25. Februar 1999 - III ZR 53/98, NJW 1999, 1407; BGH, Urteile vom 17. November 2005 - IX ZR 8/04, NJW-RR 2006, 275 Rn. 15; vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8; vom 8. Mai2007 - XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560 Rn. 16 f und vom 23. Juli 2008 - XII ZR 158/06, NJW 2008, 2922 Rn. 19). Diese können nicht im Wege einer alternativen Klagehäufung derart geltend gemacht werden, dass zwar nur einer der Ansprüche tenoriert, die Auswahl aber dem Gericht überlassen werden soll. Vielmehr ist es Sache der klagenden Partei, die Streitgegenstände in ein Eventualverhältnis zu stellen, was auch noch in der Revisionsinstanz geschehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 6 ff. und Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 150/09, WRP 2012, 330 Rn. 18).
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Reiter
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 15.06.2011 - 9 O 899/10 (130) -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 31.10.2012 - 2 U 59/11 -

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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

15
Selbst wenn diese beiden Fragen zu bejahen wären, hätten die aufgrund des Antrags vom 22. September 1997 erlassenen Mahnbescheide gegen die Beklagten zu 1 bis 3 die längstens bis zum Ende des Jahres 1997 laufende Sekundärverjährung nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. in Verbindung mit § 207 ZPO a.F. nicht rechtzeitig unterbrochen. Der Mahnbescheid muss den geltend gemachten Anspruch unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung bezeichnen (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der Anspruch muss so gegenüber anderen Ansprüchen abgegrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 8. Mai 1996 - XII ZR 8/95, NJW 1996, 2152; v. 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305, 306). An der zweiten Voraussetzung fehlt es vorliegend. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin war im Mahnantrag nicht hinreichend genau bezeichnet. Die Klägerin hatte den Erlass von Mahnbescheiden über eine Hauptforderung in Höhe von DM 254.104,80 gegen sämtliche Beklagte als Gesamtschuldner "wegen Schadensersatzforderung aus Pflichtverletzung eines Anwaltsvertrages (Verjährung) lt. Schreiben vom 16. September 1997" beantragt. Die Zinsforderung wurde angegeben mit "12 % Zinsen seit dem 17. Juni 1993 auf DM 196.225,55". Das Schreiben vom 16. September 1997 haben die Beklagten zu 1 bis 3 unstreitig nicht erhalten. Sie konnten den auf der Grundlage des Antrags erlassenen Mahnbescheiden bei verständiger Würdigung anhand der geforderten Beträge lediglich entnehmen, dass ihnen anwaltliches Verschulden bei der gerichtlichen Durchsetzung des Zahlungsanspruchs gegen D. oder - näher liegend - im Zusammenhang mit der Verfolgung von Regressansprüchen nach dem verlorenen Prozess gegen Dr. A. vorgeworfen wurde. Aus welchem der in Betracht kommenden Mandate mit der Klägerin bzw. dem Beklagten zu 4 eine Haftung begründet sein sollte, erschließt sich aus dem Mahnbescheid dagegen nicht, ebenso wenig, ob ein Anspruch aus eigenem Recht der Klägerin oder aus abgetretenem Recht des Beklagten zu 4 geltend gemacht wird. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus eigenem Recht einerseits, aus abgetretenem Recht andererseits betrifft auch bei einem einheitlichen Klageziel zwei verschiedene Streitgegenstände, weil der Antrag auf unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt wird (vgl. BGH, Urt. v. 29. November 1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684). Ein derartiges prozessuales Vorgehen ist zwar auch im Mahnbescheidsverfahren nicht ausgeschlossen, muss aber im Antrag deutlich zum Ausdruck kommen, um dem Gegner die Beurteilung zu erlauben, ob er Widerspruch einlegen soll. Für die Beklagten war vorliegend nicht erkennbar , welche Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden sollten. Eine Verjährungsunterbrechung ist deshalb aufgrund des nicht ordnungsgemäßen Mahnbescheids nicht eingetreten. Dass der nicht individualisierte Mahnbescheid rechtsfehlerhaft erlassen wurde, ändert daran nichts (vgl. Urt. v. 17. Oktober 2000, aaO).
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1. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass die Geltendmachung eines Anspruchs aus abgetretenem Recht auch bei einem einheitlichen Klageziel einen anderen Streitgegenstand darstellt als die Geltendmachung aus eigenem Recht (BGH, Urteil vom 17. November 2005 – IX ZR 8/04, NJW-RR 2006, 275 = WM 2006, 592 unter A II 2 b bb; Senatsurteil vom 4. Mai 2005 – VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004 unter II 3; Urteil vom 13. April 1994 – XII ZR 168/92, NJW-RR 1994, 1143 = WM 1994, 1545 unter II 1; Urteil vom 29. November 1990 – I ZR 45/89, NJW 1991, 1683 unter I 2 a), weil der der Klage zugrunde gelegte Lebenssachverhalt im Kern geändert wird, wenn die Klage statt auf eigenes auf fremdes Recht gestützt wird. Die deshalb durch die zusätzliche Geltendmachung des Anspruchs aus abgetretenem Recht eingetretene nachträgliche (Eventual-)Klagenhäufung (§ 260 ZPO) ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (BGHZ 158, 295, 305; Senatsurteil vom 15. Juni 2005 – VIII ZR 74/04, WM 2005, 2057 unter II 5; BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 – III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 unter 4).
6
2. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Kläger ein einheitliches Klagebegehren alternativ auf mehrere Streitgegenstände stützen und dem Gericht die Auswahl des Klagegrundes überlassen kann. Teilweise wird angenommen, die alternative Klagehäufung sei zulässig. Mehrere prozessuale Ansprüche sollen danach unter der auflösenden Bedingung geltend gemacht werden können, dass einem von ihnen stattgegeben wird (OLG Nürnberg, GRUR-RR 2008, 55; OLG Köln, GRUR-RR 2010, 202; Köhler in Köhler/Bornkamm , UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 23a; Saenger, ZPO, 4. Aufl., § 260 Rn. 15; Götz, GRUR 2008, 401, 407; Bergmann, GRUR 2009, 224, 225; v. UngernSternberg , GRUR 2009, 1009, 1012; Schwippert, Festschrift Loschelder, 2010, 345, 348 ff.). Nach dieser Ansicht muss das Gericht bei einer alternativen Klagehäufung über sämtliche Streitgegenstände entscheiden, wenn es die Klage ganz oder teilweise abweist. Dagegen kann es sich bei einer die Klage zusprechenden Entscheidung darauf beschränken, einen der Klagegründe, den es als durchgreifend erachtet, auszuwählen und die Entscheidung auf diesen Klage- grund zu stützen, der dementsprechend allein in Rechtskraft erwächst (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1992, 1279).
18
Ein Kläger, der - wie hier - ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet, verstößt zwar gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt genug zu bezeichnen , wenn er dem Gericht im Wege der alternativen Klagehäufung die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 521 Rn. 6 bis 12 = WRP 2011, 878 - TÜV I, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Die Klägerin legt in dem zur Auslegung der Klageanträge heranzuziehenden Klagevorbringen auch nicht dar, ob sie ihr Klagebegehren in erster Linie auf die Verletzung ihres Firmenrechts und nur nachrangig auf eine Kennzeichenrechtsverletzung stützt. Vielmehr werden die Firmen- und Kennzeichenrechtsverletzung gleichrangig nebeneinander geltend gemacht. Hat der Kläger jedoch mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er die prozessualen Ansprüche geltend machen will, auch noch in der Berufungs- oder Revisionsinstanz nachholen (BGH, GRUR 2011, 521 Rn. 13 - TÜV I). Dem ist die Klägerin vorliegend mit der Bestimmung nachgekommen, dass sie ihr Zahlungsbegehren auf eine Verletzung zunächst ihres Firmenrechts, sodann des Unternehmenskennzeichens „Basler Haarkosmetik“ und schließlich der Wort-/Bildmarke stützt.