Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Apr. 2009 - III ZA 2/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Mit Urteil des Oberlandesgerichts München vom 17. März 2005 ist die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden, mit der er die Feststellung begehrte , dass ihm der beklagte Freistaat wegen schuldhaft amtspflichtwidriger Abschiebungsmaßnahmen, Aufenthalts- und Einbürgerungsversagung sowie Rechtsbeugung, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung durch die Richter zu Schadensersatz in der Größenordnung von 2,5 Mio. DM verpflichtet sei. An dieser Entscheidung wirkten Richter mit, deren Verhalten der Kläger zur Grundlage seines Feststellungsantrags gemacht hatte. Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2005 (III ZA 5/05) dem Kläger Prozesskostenhilfe für die Revision gegen dieses Urteil versagt und Gegenvorstellungen hiergegen durch Beschlüsse vom 12. April 2006 und 1. Juni 2006 (III ZR 16/06) zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 30. November 2006 (III ZR 16/06) hat der Senat die vom Kläger auf eigene Kosten eingelegte Revision gemäß § 552a ZPO zurückge- wiesen. An den genannten Senatsbeschlüssen wirkten die Richter V, W, X, Y und Z mit.
- 2
- Der vom Kläger angerufene Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 7. Oktober 2008 beschlossen, dessen Individualbeschwerde gemäß Art. 37 Abs. 1 Buchst. c der Konvention im Register zu streichen. Dem war eine einseitige Erklärung der Bundesregierung vorausgegangen, in der diese anerkannte , dass der Kläger bei dem zweiten Amtshaftungsprozess vor dem Oberlandesgericht kein faires Verfahren durch ein unparteiisches Gericht gehabt habe. Der Gerichtshof hielt die von der Bundesregierung angebotene Summe von 18.500 € als Entschädigung - auch für Nichtvermögensschäden sowie Kosten und Auslagen - für annehmbar und eine weitere Prüfung der Beschwerde im Hinblick hierauf für nicht gerechtfertigt.
- 3
- Im Weiteren beantragte der Kläger vor dem Oberlandesgericht Prozesskostenhilfe für ein Restitutionsverfahren nach § 580 Nr. 8 ZPO. Das Oberlandesgericht wies diesen Antrag durch Beschluss vom 23. Dezember 2008 zurück , ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Den für eine Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss gestellten Prozesskostenhilfeantrag wies der Senat durch Beschluss vom 19. Februar 2009 zurück. Mit Schreiben vom 20. Februar 2009 lehnte der Kläger die in den Verfahren III ZR 16/06 und III ZA 5/05 mitwirkenden Richter des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit weiterem Schreiben vom 25. Februar 2009 erinnerte er ferner an seinen Antrag, von der Erhebung von Gerichtskosten des vorangegangenen Verfahrens III ZR 16/06 wegen unrichtiger Sachbehandlung abzusehen. An dieser Entscheidung dürften die Richter V und Z als vorbefasste Richter nicht mitwirken.
- 4
- Die Parteien hatten Gelegenheit, zu den dienstlichen Äußerungen der beiden abgelehnten Richter Stellung zu nehm en. Mit Schreiben vom 13. März 2009 stellte der Kläger klar, dass sich sein Ablehnungsantrag nicht auf den Richter Y beziehe.
II.
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- Nachdem die abgelehnten Richter W und X wegen Ruhestands nicht mehr dem Senat angehören, ist über den Ablehnungsantrag des Klägers nur in Bezug auf die Richter V und Z zu entscheiden. Der Antrag ist, soweit er sich auf den gestellten Prozesskostenhilfeantrag bezieht, verspätet, da er erst nach der Beschlussfassung des Senats eingegangen ist. Im Übrigen ist er jedenfalls unbegründet.
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- Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet wegen Besorgnis der Befangenheit die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für diese Besorgnis sieht der Kläger nicht in besonderen subjektiven Einstellungen der Richter, sondern in dem Umstand, dass der Senat in den vorangegangenen Verfahren III ZA 5/05 und III ZR 16/06 die Mitwirkung der Berufungsrichter in eigener Sache zu Unrecht gerechtfertigt habe. Demgegenüber stelle es nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 7. Oktober 2008, der sich auf seine Entscheidung vom 29. Juli 2004 in Sachen San Leonard Band Club v. Malta (Nr. 77562/01 ECHR 2004-IX) bezogen habe, einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 der Konvention dar, wenn Richter ihre eigenen angeblichen Fehler bewerten und über sie entscheiden und damit über sich selbst urteilen müssten. Da es auch bei der hier nach § 21 GKG beantragten Ent- scheidung über die Niederschlagung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung um die Rechtfertigung der eigenen Rechtsauslegung gehe, sei eine Mitwirkung der abgelehnten vorbefassten Richter gleichfalls konventionswidrig.
- 7
- Diese Begründung rechtfertigt den gestellten Ablehnungsantrag nicht. Es ist eine verkürzte Sichtweise, wenn der Kläger davon spricht, der Senat habe die "Selbstjustiz" der Richter des Oberlandesgerichts München gerechtfertigt. Der Senat hat im Beschluss vom 21. Dezember 2005 durchaus in Betracht gezogen , dass in der Person der an der Berufungsentscheidung mitwirkenden Richter Ausschlussgründe gemäß § 41 Nr. 1 ZPO vorgelegen haben. Der Senat hat insoweit lediglich im Hinblick auf den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. Juni 2004, der inhaltlich (auch) ein Ablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen hatte, das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes im Sinne des § 547 Nr. 2 ZPO verneint.
- 8
- Demgegenüber ist die vom Kläger beanstandete Mitwirkung der Richter des Berufungsgerichts für die Beschlüsse des Senats zur Prozesskostenhilfe und zur Zurückweisung der eingelegten Revision nicht entscheidungserheblich gewesen. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, der Senat habe als Revisionsgericht Tatsachen zugrunde gelegt, die - wegen der Entscheidung in eigener Sache - an der Mitwirkung gehinderte Richter zu ihrer eigenen Entlastung festgestellt hätten. Denn es sind, was die zugrunde zu legenden Tatsachen angeht , keine durchgreifenden Rügen erhoben worden, die den Senat an einer abschließenden Entscheidung in der Sache gehindert hätten. Insoweit sind auch Verfassungsbeschwerden des Klägers nicht zur Entscheidung angenommen worden.
- 9
- Art. 6 Abs. 1 der Konvention ist auch nicht dadurch verletzt, dass nach § 21 Abs. 2 GKG das jeweilige Gericht für seine Instanz darüber zu befinden hat, ob eine Nichterhebung von Kosten in Betracht kommt, die bei richtiger Behandlung in der Sache nicht entstanden wären. Die Vorschrift hat nicht zum Gegenstand, das Streitverhältnis zum Gegner des Verfahrens wieder aufzurollen und in diesem Verfahren erneut über die zivilrechtlichen Rechte und Pflichten der Parteien zu entscheiden. Vielmehr geht es allein um die das Verhältnis zwischen der betroffenen Partei und der Staatskasse berührende Frage, ob Gerichtskosten ganz oder teilweise aus den angeführten Gründen unerhoben bleiben. Auch wenn die hierbei zu prüfenden Fragen mit der Hauptsache Berührungspunkte aufweisen können, geht es nicht im Kern darum, über die eigene Rechtsauslegung oder -anwendung im vorangegangenen Verfahren zu befinden. Nach dem Verständnis, das der Senat von der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache San Leonard Band Club v. Malta gewonnen hat, verlangt Art. 6 Abs. 1 der Konvention nicht, dass Richter, gegen deren Mitwirkung im Verfahren zur Hauptsache keine Bedenken bestanden haben, allein wegen dieser Vorbefassung von einer Entscheidung nach § 21 Abs. 1 GKG ausgeschlossen sind.
- 10
- Andere Gründe, die gegen eine Unparteilichkeit der abgelehnten Richter sprechen könnten, sind weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich.
Seiters Schilling
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 23.01.2002 - 9 O 20233/98 -
OLG München, Entscheidung vom 23.12.2008 - 1 U 5272/08 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
Die Restitutionsklage findet statt:
- 1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; - 2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; - 3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; - 4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; - 5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; - 6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; - 7.
wenn die Partei - a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder - b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
- 8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:
- 1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht; - 2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; - 2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war; - 4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist; - 5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist; - 6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt; - 7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird; - 8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.