Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2007 - II ZR 330/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
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- 1. Nachdem die Klägerin die Klageforderung zur Insolvenztabelle angemeldet und der Beklagte - bzw. ein anderer Insolvenzgläubiger - weder in dem Prüfungstermin noch innerhalb eines schriftlichen Verfahrens einen Widerspruch gegen die Forderung erhoben hat, wirkt die Eintragung in die Tabelle für die als festgestellt geltende Forderung gemäß § 178 Abs. 1, 3, § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil. Die Klage, die denselben Streitgegenstand betrifft, ist damit unzulässig geworden (ne bis in idem; BGHZ 93, 287, 288 f.; 157, 47, 50).
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- Tatsachen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Klägerin den Titel erschlichen hat und sich deshalb nach Treu und Glauben auf die Rechtskraft nicht berufen kann (vgl. BGHZ 101, 380, 383 ff.; 103, 44, 46 f.; 112, 54, 57; BGH, Urt. v. 24. Juni 1993 - III ZR 43/92, NJW 1993, 3204, 3205; v. 11. Dezember 1995 - II ZR 220/94, ZIP 1996, 227, 228; v. 8. Februar 1996 - IX ZR 215/94, NJW-RR 1996, 826, 827), sind von dem Beklagten auch nicht ansatzweise dargelegt worden.
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- Die Revision würde daher in der gegenwärtigen Prozesslage zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage als unzulässig führen. Der Klägerin ist deshalb gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu geben, ihren Antrag der neuen Verfahrenssituation anzupassen.
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- 2. Im Übrigen weist der Senat zur näheren Erläuterung seiner Zulassungsentscheidung darauf hin, dass gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , ein Anspruch der Klägerin gegen den Insolvenzschuldner H. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB bestehe nicht, es fehle an einem Treueverhältnis, weil die Abtretungsvereinbarung vom 9. September 1997 mangels Vertretungsmacht des Insolvenzschuldners unwirksam sei, durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen. Die gesellschaftsvertragliche Vertretungsregelung ist vielmehr dahin auszulegen, dass der Insolvenzschuldner nach dem Tod seines Mitgeschäftsführers Alleinvertretungsmacht hatte und die Abtretung daher wirksam ist mit der Folge, dass die Revision in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte, weil der Klage, wenn auch mit anderer Begründung, hätte stattgegeben werden müssen.
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- Die Alleinvertretungsmacht des verbliebenen Geschäftsführers folgt hier daraus, dass nach der Satzung auch die Möglichkeit bestand, nur einen Geschäftsführer zu bestellen. Die Gesellschafter haben nicht festgelegt, dass notwendigerweise zwei Geschäftsführer tätig sein sollen. Sie haben lediglich eine Regelung getroffen, wer die Gesellschaft zu vertreten hat, wenn zwei Geschäftsführer bestellt sind. Das unterscheidet den Fall von dem der Entscheidung BGHZ 121, 263, 264 zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem zwei Liquidatoren bestimmt worden waren und der Senat angenommen hat, bei Wegfall eines der beiden erstarke die Gesamtvertretungsmacht des verbliebenen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GmbHG) nicht zur Einzelvertretungsmacht. Hier dagegen lässt die Satzungsregelung die Frage, ob zwei Geschäftsführer bestellt sind, offen.
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- Hinzu kommt, dass ausweislich des von dem Beklagten vorgelegten Handelsregisterauszugs ursprünglich nur ein Geschäftsführer bestellt war, nämlich F. W. . Später wurde W. abberufen und durch L. und den Insolvenzschuldner ersetzt. Nachdem L. gestorben war, hatte die Gesellschaft wieder nur einen Geschäftsführer.
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- Jedenfalls bei dieser Sachlage - Möglichkeit der Bestellung nur eines Geschäftsführers, ursprüngliche Bestellung nur eines Geschäftsführers und Wegfall des später bestellten Mitgeschäftsführers - ist davon auszugehen, dass die Gesamtvertretungsmacht des verbliebenen Geschäftsführers zur Alleinvertretungsmacht erstarkt (Sen.Beschl. v. 9. Mai 1960 - II ZB 3/60, WM 1960, 902; Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 35 Rdn. 60).
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- 3. Die Parteien werden gegebenenfalls gebeten, binnen drei Wochen mitzuteilen, ob sie auch weiterhin mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden sind.
Vorinstanzen:
LG Rostock, Entscheidung vom 28.04.2000 - 9 O 538/99 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 25.04.2002 - 1 U 108/00 -
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(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.
(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.
(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
(1) Die Liquidatoren haben in der bei ihrer Bestellung bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Gesellschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämtliche Liquidatoren erfolgen.
(2) Die Zeichnungen geschehen in der Weise, daß die Liquidatoren der bisherigen, nunmehr als Liquidationsfirma zu bezeichnenden Firma ihre Namensunterschrift beifügen.