Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2009 - II ZR 210/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht , wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klägerin könne aus der Auseinandersetzungsrechnung keinen Ausgleichsanspruch ableiten, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
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- I. 1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Parteien am 1. Juli 1999 eine neue Anwaltssozietät in Form einer GbR gegründet haben. Gegen- stand des vorliegenden Rechtsstreits sei die Auseinandersetzung der ebenfalls seit dem 1. Juli 1999 existierenden Partnerschaftsgesellschaft i.L., bestehend aus der Klägerin und dem Beklagten. Davon ist zugunsten der Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auszugehen.
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- a) Unstreitig ist das Gesellschaftsvermögen der Partnerschaftsgesellschaft gemäß der Auseinandersetzungsvereinbarung der ehemaligen Partner vom August 1999 verteilt. Diese Art der Liquidation, d.h. die Abwicklung entsprechend einer einstimmig zwischen den Partnern getroffenen Vereinbarung, ist entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung eine gemäß § 10 PartGG i.V.m. § 145 Abs. 1 HGB auch bei der Partnerschaftsgesellschaft zulässige Form der Abwicklung der Gesellschaft (Ulmer/Schäfer in MünchKommBGB 5. Aufl. § 10 PartGG Rdn. 4). Ebenso unstreitig bestehen keinerlei Verbindlichkeiten der ehemaligen Partnerschaftsgesellschaft mehr gegenüber außenstehenden Dritten. Damit ist die Liquidation beendet, und es geht nur noch um den internen Ausgleich der in der Liquidationsgesellschaft verbliebenen Gesellschafter.
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- b) Der interne Ausgleich findet nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zwischen den Gesellschaftern statt. Jeder Gesellschafter kann und muss seine etwaige Ausgleichsforderung persönlich geltend machen, und zwar in Form einer sog. einfachen Auseinandersetzungsrechnung gegenüber den übrigen Gesellschaftern (BGHZ 26, 126, 128 f.; Sen.Urt. v. 14. April 1966 - II ZR 34/64, WM 1966, 706 f.; v. 5. Juni 1993 - II ZR 234/92, ZIP 1993, 1307, 1309; v. 21. November 2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006, 232 f.; siehe zu einem vergleichbaren Fall der Abrechnung nach Kapitalkonten insbesondere auch Sen.Urt. v. 3. Mai 1999 - II ZR 32/98, ZIP 1999, 1003 f.). Derjenige Gesellschafter , der z.B. durch das Stehenlassen der auf ihn entfallenden Gewinne über ein sog. positives Kapitalkonto verfügt, hat nach Beendigung der Liquidation einen Ausgleichsanspruch gegen den oder diejenigen Gesellschafter, die etwa infolge von Überentnahmen ein negatives Kapitalkonto ausweisen.
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- c) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin könne aus der vorgelegten Auseinandersetzungsrechnung, die grundsätzlich in Einklang mit der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats steht, keinen Ausgleichsanspruch herleiten, beruht auf einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Das Berufungsgericht meint, die von der Klägerin nicht entnommenen Gewinne wären am 30. Juni 1999 noch im Vermögen der Liquidationsgesellschaft vorhanden gewesen, in die neue GbR eingebracht worden und dort als Einlage auf dem Kapitalkonto der Klägerin gutzuschreiben. Dabei übergeht das Berufungsgericht , wie die Klägerin zu Recht rügt, den - im Übrigen mit dem Vortrag des Beklagten übereinstimmenden - Vortrag der Klägerin zu den in die GbR eingebrachten Aktiva und Passiva. Danach haben zwar beide Parteien in die neue Gesellschaft u.a. das Anlagevermögen und ihre Mandate sowie die daraus resultierenden Forderungen eingebracht. Keine der Parteien, insbesondere aber nicht die Klägerin, hat das vorgetragen, was das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legt, nämlich dass der von der Klägerin behauptete positive Stand ihres Kapitalkontos, d.h. die nicht entnommenen Gewinne, von ihr als Einlage in die neue Gesellschaft eingebracht und ihrem dortigen Kapitalkonto gutgeschrieben worden seien. Vielmehr haben sich die Parteien in Nr. 9 der Auseinandersetzungsvereinbarung ausdrücklich ihren internen Ausgleich in der zwischen ihnen bestehenden Liquidationsgesellschaft vorbehalten.
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- 2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör ist auch entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat sich durch seine vortragswidrige Unterstellung den Blick darauf verstellt, dass die Klägerin grundsätzlich im Hinblick auf ihre nicht entnommenen Gewinne einen Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten haben kann. Es hat sich dementsprechend nicht in der prozessual gebotenen Weise mit dem streitigen Vortrag der Parteien zur Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs auseinandergesetzt.
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- II. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf folgendes hin:
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- Die Berechnung der Höhe der Ausgleichsforderung der Klägerin begegnet insofern Bedenken, als sie hinsichtlich des Beklagten und des ehemaligen Partners Rechtsanwalt H. zum 1. Januar 1992 jeweils einen Kapitalkontenstand von Null zugrunde legt. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn im Zeitpunkt ihres Eintritts in die aus dem Beklagten und Rechtsanwalt H. bestehende Sozietät die beiden vorhandenen Sozien ihre bis dahin in der Sozietät bestehenden Kapitalkonten durch Komplettentnahme ihrer in den Jahren zuvor erzielten Gewinne sowie der Einlagen zum 31. Dezember 1991 "auf Null gestellt" hätten. Für diesen, bei einer bis zum 31. Dezember 1991 florierenden und umsatzstarken Sozietät ungewöhnlichen, wenn auch nicht auszuschließenden Umstand, der den Ausgangspunkt der Auseinandersetzungsrechnung der Klägerin betrifft, ist diese darlegungs- und beweispflichtig, wobei den Beklagten, sollte die Klägerin aus eigener Kenntnis zu diesen Kapitalkontenständen nichts vortragen können, insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft.
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- Ebenso wenig zu folgen ist allerdings den von dem Beklagten zugrunde gelegten Anfangsbeständen zum 1. Januar 1992. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin ab ihrem Beitritt an dem Gesellschaftsvermögen prozentual beteiligt war und die Sozietät von da an unstreitig zur Gewinnermittlung in Form der Einnahme-/Überschussrechnung übergegangen ist, können die bilanziellen Kapitalkonten aus der Jahresbilanz zum Ende 1991 nicht als Anfangsbestand der Kapitalkonten des Beklagten und des Rechtsanwalts H. der Auseinan- dersetzungsrechnung in der hier vorliegenden Form zugrunde gelegt werden. In dem bilanziellen Kapitalkonto ist das bewertete Gesellschaftsvermögen abgebildet und nicht etwa, worauf es zutreffender Weise für die von der Klägerin vorgenommen Berechnung ankommt, der Stand eines Kapitalkontos gebildet aus zugewiesenen Gewinnanteilen, Einlagen und Entnahmen. Mit seiner Form der Berechnung will der Beklagte von den zum 31. Dezember 1991 bestehenden aber noch nicht erfüllten Forderungen der Sozietät zweifach profitieren, nämlich einmal in Form der bilanziellen Bewertung als Teil des Gesellschaftsvermögens und zusätzlich durch den infolge des Übergangs zur Einnahme -/Überschussrechnung ab dem 1. Januar 1992 auf ihn entfallenden Gewinnanteil an den in den Folgejahren tatsächlich erfüllten Forderungen.
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- Beide Parteien haben Gelegenheit, im wiedereröffneten Berufungsverfahren ergänzend, vor allem zum Anfangsbestand der Kapitalkonten unter Beachtung der aufgezeigten Grundsätze vorzutragen, und das Berufungsgericht wird ggf. durch richterliche Hinweise dafür sorgen, dass beide Parteien klar und sachbezogen vortragen.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.02.2006 - 11 O 702/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 14.08.2008 - 23 U 58/06 -
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(1) Für die Liquidation der Partnerschaft sind die Vorschriften über die Liquidation der offenen Handelsgesellschaft entsprechend anwendbar.
(2) Nach der Auflösung der Partnerschaft oder nach dem Ausscheiden des Partners bestimmt sich die Haftung der Partner aus Verbindlichkeiten der Partnerschaft nach den §§ 159, 160 des Handelsgesetzbuchs.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
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der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Für die Liquidation der Partnerschaft sind die Vorschriften über die Liquidation der offenen Handelsgesellschaft entsprechend anwendbar.
(2) Nach der Auflösung der Partnerschaft oder nach dem Ausscheiden des Partners bestimmt sich die Haftung der Partner aus Verbindlichkeiten der Partnerschaft nach den §§ 159, 160 des Handelsgesetzbuchs.
(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft findet die Liquidation statt, sofern nicht eine andere Art der Auseinandersetzung von den Gesellschaftern vereinbart oder über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist.
(2) Ist die Gesellschaft durch Kündigung des Gläubigers eines Gesellschafters oder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst, so kann die Liquidation nur mit Zustimmung des Gläubigers oder des Insolvenzverwalters unterbleiben; ist im Insolvenzverfahren Eigenverwaltung angeordnet, so tritt an die Stelle der Zustimmung des Insolvenzverwalters die Zustimmung des Schuldners.
(3) Ist die Gesellschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, so findet eine Liquidation nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, daß Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.