Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2015 - II ZR 13/15
vorgehend
Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 13/15
vom
27. Oktober 2015
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Prof. Dr. Strohn,die
Richterin Caliebe sowie die Richter Born und Sunder
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 7. Januar 2015 wird auf ihre Kosten verworfen. Streitwert: 17.930,99 €
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen , da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
- 2
- 1. Auf Antrag des Klägers, der mit einem Geschäftsanteil von 11.600 DM an der beklagten GmbH beteiligt ist, wurden vier, sich in der Sache mit dem Ausschluss des Klägers und dessen Umsetzung befassende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 22. August 2013 für nichtig erklärt. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Streitwert wurde vom Berufungsgericht auf 17.930,99 € festgesetzt.
- 3
- 2. Die Beklagte hat eine 20.000 € übersteigende Beschwer nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
- 4
- a) Es obliegt grundsätzlich dem Beschwerdeführer, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang erstreben will, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZR 73/14, juris Rn. 7 mwN).
- 5
- b) Die Beschwerde hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts und einer entsprechend höheren Beschwer rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.
- 6
- Hat das Berufungsgericht den Streitwert für das Berufungsverfahren auf der Grundlage der von einer Partei gemachten tatsächlichen Angaben auf nicht über 20.000 € festgesetzt, ist diese Partei gehindert, im Nichtzulassungsbe- schwerdeverfahren mit neuem Vortrag die in den Tatsacheninstanzen gemachten Angaben zum Wert zu korrigieren, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (BGH, Beschluss vom 24. September 2013 - II ZR 117/11, juris Rn. 3 f.; Beschluss vom 24. Juni 2014 - II ZR 195/13, juris Rn. 4; Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZR 73/14, juris Rn. 10; Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VIII ZR 160/14, juris Rn. 7; Beschluss vom 5. März 2015 - I ZR 161/14, Magazindienst 2015, 415 Rn. 5; Beschluss vom 19. Februar 2015 - VII ZR 176/14, BauR 2015, 1009 Rn. 7).
- 7
- c) So liegt der Fall hier: Der Kläger hatte den vorläufigen Streitwert mit 16.000 € angegeben; für jeden Beschluss 4.000 €. Nach Verkündung des erst- instanzlichen Urteils schrieb der Vorsitzende an die Parteien: „In pp ist beab- sichtigt, den Streitwert für das Verfahren endgültig auf 17.930,99 € festzusetzen (je 4.000 € für den ersten, dritten und vierten angegriffenen Gesellschafterbeschluss und 5.930,99 € (= 11.600,- DM) für den zweiten angegriffenen Gesellschafterbeschluss ). Entgegenstehendes bitte ich binnen von 2 Wochen mitzuteilen.“ Nachdem eine Reaktion der Parteien auf die Verfügung ausblieb, setzte das Landgericht den Streitwert endgültig auf 17.930,99 € fest. In der Berufungsbegründung regten die neuen Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Festsetzung des Streitwerts an. Angaben, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts gerechtfertigt hätten, machten sie nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wurde der Streitwert für die Berufungsinstanz nach Anhörung der Parteivertreter auf 17.930 € festgesetzt. Nach der mündlichen Verhandlung beantragte die Beklagte die Zulassung der Revision. Einwendungen zum Streitwert erhob sie nicht, abweichende Angaben hat sie keine gemacht.
- 8
- Die Beschwerde ist nach diesem Prozessverlauf gehindert, mit bisher nicht in den Prozess eingeführten Tatsachenbehauptungen zum Verkehrswert des Geschäftsanteils des Klägers und zur Höhe seiner Abfindung die in den Tatsacheninstanzen gemachten Angaben zum Wert zu korrigieren bzw. nicht gemachte Angaben erstmals einzuführen, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten.
Vorinstanzen:
LG Mühlhausen, Entscheidung vom 10.04.2014 - 1 HKO 60/13 -
OLG Jena, Entscheidung vom 07.01.2015 - 2 U 317/14 -
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2. Die Beklagte hat eine 20.000 € übersteigende Beschwer nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Es obliegt grundsätzlich dem Beschwerdeführer, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang erstreben will, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 - II ZR 156/13, NZI 2014, 357 Rn. 7 mwN).
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Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Beklagte nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände , die die Festsetzung eines höheren Streitwerts rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Die Beklagte hat vielmehr zu Beginn des Rechtsstreits die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts in Abrede gestellt, da die Streitwertgrenze nicht erreicht sei, und sie hat im zweiten Rechtszug vortragen lassen, der Gesellschaft sei es so schlecht gegangen, dass die Geschäftsanteile nichts mehr wert gewesen seien.
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a) Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Beklagte nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände , die die Festsetzung eines höheren Streitwerts rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. In einem solchen Fall ist es dem Beschwerdeführer verwehrt, sich auf neue Angaben zur Bemessung des Streitwerts zu berufen, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (BGH, Beschluss vom 24. September 2013 - II ZR 117/11, juris Rn. 3 f. mwN).
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2. Die Beklagte hat eine 20.000 € übersteigende Beschwer nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Es obliegt grundsätzlich dem Beschwerdeführer, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang erstreben will, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2014 - II ZR 156/13, NZI 2014, 357 Rn. 7 mwN).
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Zudem kann - wie die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung mit Recht geltend macht - die Beklagte mit ihrem Begehren, den Wert der Beschwer abweichend von den Wertfestsetzungen der Tatsacheninstanzen auf einen Wert von über 20.000 € zu bemessen, auch deshalb nicht durchdringen, weil sie damit erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hervorgetreten ist, ohne zuvor gegen die bis dahin getroffenen Wertfestsetzungen Einwendungen erhoben zu haben. Denn auch einem Beklagten, der - wie hier - die Streitwertfestsetzungen in den Vorinstanzen weder beanstandet noch sonst glaubhaft gemacht hat, dass bereits in der Vorinstanz für die Festlegung des Streitwerts vorgebrachte Umstände nicht ausreichend berücksichtigt worden seien, ist es in aller Regel versagt, sich im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erstmals erreichen- den Wert zu berufen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2014 - II ZR 73/14, juris Rn. 10; vom 24. Januar 2013 - I ZA 11/12, juris Rn. 2; vom 21. Dezember 2011 - I ZR 83/11, juris Rn. 1; vom 27. November 1991 - IV ZR 205/91, juris Rn. 7).
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2. Die Beklagte kann mit ihrem Begehren, den Wert der Beschwer abweichend von den Wertsetzungen der Tatsacheninstanzen mit einem Wert von über 20.000 € zu bemessen, schon deshalb nicht durchdringen, weil sie damit erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hervorgetreten ist. Einer beklagten Partei, die weder die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen beanstandet noch sonst glaubhaft gemacht hat, dass für die Festlegung des Streitwerts maßgebliche Umstände, die bereits dort vorgebracht worden sind, nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, ist es regelmäßig versagt, sich im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erstmals erreichenden Wert zu berufen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2012 - I ZR 160/11, juris Rn. 4; Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VIII ZR 160/14, juris Rn. 7, jeweils mwN). Dasselbe hat im Streitfall zu gelten, in dem die Beklagte im Kostenfestsetzungsverfahren erster Instanz sogar angeregt hat, den Streitwert auf nur 10.000 € festzusetzen.