Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2008 - II ZB 27/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
- 2
- I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO).
- 3
- II. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.
- 4
- 1. Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge der Parteien in beiden Instanzen erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen (§§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 6 ZPO) (Sen.Beschl. v. 12. Juli 2004 - II ZB 3/03, NJW-RR 2005, 78; BGH, Beschl. v. 20. Juni 2002 - IX ZB 56/01, NJW 2002, 2648). Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von demjenigen Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§§ 577 Abs. 2 Satz 1 und 4, 559 ZPO). Fehlen tatsächliche Feststellungen im angefochtenen Beschluss, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Das gilt insbesondere, wenn das Berufungsgericht die Berufung verwirft, weil die erforderliche Beschwer nicht erreicht ist. Die Wertfestsetzung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten hat oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschl. v. 9. Juli 2004 - V ZB 6/04, NJWRR 2005, 219) und/oder bewertungsrelevante, glaubhaft gemachte Tatsachen außer Acht gelassen hat (Sen.Beschl. v. 5. Februar 2001 - II ZB 7/00, NJW 2001, 1284; v. 5. März 2001 - II ZB 11/00, NJW-RR 2001, 929; Sen.Urt. v. 30. April 2001 - II ZR 328/00, ZIP 2001, 1734).
- 5
- 2. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts vom 1. August 2007 der noch nicht einmal einen Grund für die Verwerfung der Berufung benennt, lässt auch in der Zusammenschau mit dem darin in Bezug genommenen Beschluss vom 11. Juni 2007 weder den Streitgegenstand noch die Anträge der Parteien in beiden Instanzen erkennen, zumal das Urteil des Amtsgerichts keinen Tatbestand enthält.
- 6
- Es kann lediglich darauf geschlossen werden, dass die Berufung verworfen wurde, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht übersteigt, da das Berufungsgericht am 11. Juni 2007 neben einer Hinweisverfügung, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 StPO (gemeint: ZPO) nicht übersteige und deshalb eine Verwerfung der Berufung beabsichtigt sei, einen Beschluss erlassen hat, mit dem der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 490,00 € festgesetzt wurde. Die weiteren Anforderungen an die Gründe einer Entscheidung werden jedoch nicht erfüllt. Weder im Beschluss noch in der Hinweisverfügung vom 11. Juni 2007 werden die Anträge und der für das Berufungsverfahren maßgebliche Sachverhalt mitgeteilt. Den Ausführungen ist lediglich zu entnehmen, dass Gegenstand des Rechtsstreits der Ausschluss des Klägers aus dem Verein sei, dass mit der Vereinsmitgliedschaft keine oder nur geringfügige wirtschaftliche Interessen verbunden und keine besonderen gesellschaftlichen Interessen betroffen seien, weil der Zweck der Beklagten die Förderung des motorisierten und nicht motorisierten Wassersports sei und er jedermann offen stehe. Der Sachverhalt, der für das Berufungsverfahren maßgebend ist und der der Wertfestsetzung zugrunde liegt, kann daraus nicht entnommen werden.
- 7
- Diese Mängel werden auch in dem angefochtenen Beschluss nicht behoben. Das Berufungsgericht verweist darin auf den "Hinweis vom 11. Juni 2007" und teilt ohne den Versuch, hierfür eine Begründung zu geben, mit, dass eine Änderung der Wertfestsetzung nach einer Prüfung der Einwände des Beklagten - sie können nicht von vorneherein als unzureichend oder neben der Sache liegend angesehen werden -, nicht veranlasst sei. Mit dem Vorbringen des Beklagten setzt sich das Berufungsgericht erkennbar nicht sachlich auseinander.
- 8
- Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, ohne Verstoß gegen Art. 103 GG den für die Bemessung des Werts der Beschwer maßgebenden Sachvortrag des Beklagten vollständig zur Kenntnis zu nehmen und ihn vor dem Hintergrund des Streits um die Wirksamkeit der Ausschließung und der durch eine Kassation dieser Maßnahme entstehenden Folgen sachgerecht zu würdigen.
Vorinstanzen:
AG Nürnberg, Entscheidung vom 08.02.2007 - 34 C 8777/04 -
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 01.08.2007 - 15 S 2422/07 -
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.