Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2012 - II ZB 24/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagte ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft. Der Kläger ist dem Fonds im Jahre 1995 als Kommanditist beigetreten. Mit seiner Klage hat er, soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der Einsicht in die Listen der Namen und der Anschriften der Mitgesellschafter des Fonds sowie der Möglichkeit begehrt, Ablichtungen gegen Erstattung der dadurch anfallenden Aufwendungen der Beklagten zu fertigen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung der Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Zuvor hatte es die Beklagte unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es beabsichtige , die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO durch Beschluss wegen Nichterrei- chens der Berufungssumme nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Gegen den Verwerfungsbeschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II.
- 2
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft; sie ist aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
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- 1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende Beschwerdewert für das Rechtsmittel der zur Auskunftserteilung verurteilten Person nach ihrem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten (st. Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 - II ZB 20/10, WM 2011, 1335 Rn. 3 m.w.N.). Diese zur Auskunftserteilung entwickelten Grundsätze gelten auch für die Verurteilung zur Einsichtsgewährung in Unterlagen (BGH, Beschluss vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 86 f.; Beschluss vom 5. März 2001 - II ZB 11/00, WM 2001, 827 f.).
- 4
- b) Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht von dem nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat; dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 - II ZB 20/10, WM 2011, 1335 Rn. 4 m.w.N.). Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Diese Beschränkung begrenzt zugleich die Möglichkeit des Rechtsbeschwerdegerichts, Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals im Verfahren der Rechtsbeschwerde geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06, NJW-RR 2007, 724 Rn. 5).
- 5
- 2. Gemessen hieran ist die Bewertung der Beschwer durch das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerhaft. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht alle maßgeblichen Tatsachen verfahrensfehlerfrei berücksichtigt. Zur Begründung bezieht sich der Senat insoweit auf die Ausführungen im Beschluss vom 15. Juni 2011 (WM 2011, 1335 Rn. 7-12) in dem Parallelverfahren II ZB 20/10, in dem die dortige Beklagte, ein Schwesterfonds der hiesigen Beklagten, inhaltsgleichen Vortrag gehalten hat.
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- Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde geben zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.
- 7
- a) Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Berufungsgericht habe ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass die Beklagte insoweit unmittelbar wirtschaftlich betroffen sei, als ihre gesellschaftsrechtliche Konstruktion durch die begehrte Einsichtnahme entwertet werde, vermag ihr dies nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Berufungsgericht hat die Entwertung der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ermessensfehlerfrei für nicht werterhöhend gehalten. Abge- sehen davon, dass die Beklagte die wirtschaftliche Entwertung ihrer gesellschaftsrechtlichen Konstruktion lediglich behauptet, ohne sie in irgendeiner Form nachvollziehbar darzulegen, geschweige denn glaubhaft zu machen, ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, wieso der wirtschaftliche Wert der Beklagten durch die Bekanntgabe der Namen ihrer unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter beeinträchtigt werden sollte.
- 8
- b) Dass die von der Beklagten geltend gemachte Gefahr, die Prozessbevollmächtigten des Klägers beabsichtigten, die Namen der Kommanditisten und Treugeber zur Akquirierung neuer Mandate und zur "Erhöhung der Schlagkraft" zu nutzen, für die Wertfestsetzung unbeachtlich ist, hat der Senat bereits im Beschluss vom 15. Juni 2010 (II ZB 20/10, WM 2011, 1335 Rn. 10) unter Berücksichtigung der auch am dortigen Verfahren vorgelegten Unterlagen als ermessensfehlerfrei gewertet.
- 9
- c) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. November 1994 (GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 89) ermessensfehlerfrei abgelehnt , den Wert der Beschwer der Beklagten deshalb zu erhöhen, weil sie durch die Verweigerung der Einsicht die mit der Klage vorbereitete Durchsetzung eines gegen sie gerichteten Leistungsanspruchs verhindern oder erschweren will. Warum abweichend hiervon Anlass für eine Werterhöhung bestehen sollte, wenn, wie die Rechtsbeschwerde anführt, der Kläger das Ergebnis der Einsicht nur außergerichtlich gegen die Beklagte nutzen will, ist nicht ersichtlich. Grund für die Ablehnung der Werterhöhung insoweit ist allein, dass das hinter der Ablehnung der Auskunft stehende Interesse des Auskunftspflichtigen, dem Auskunftsempfänger ein weiteres, gegen seine Interessen verstoßendes Vorgehen zu erschweren, im Auskunftsverfahren unberücksichtigt bleiben soll. Dafür ist es ersichtlich bedeutungslos, welchen Weg der Auskunftsempfänger wählt, um das Ergebnis der Auskunft gegen die auskunftspflichtige Partei zu nutzen.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.01.2011 - 1 O 51/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.10.2011 - I-15 U 27/11 -
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.