Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2012 - I ZR 42/11

bei uns veröffentlicht am19.04.2012
vorgehend
Landgericht München I, 4 HKO 1874/08, 28.01.2010
Oberlandesgericht München, 29 U 2185/10, 10.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 42/11
vom
19. April 2012
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert und Dr. Koch

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Februar 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 400.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Klägerin stellt Sportschuhe her. Sie ist Inhaberin der Wort-/Bildmarke Nr. 994 273 - eingetragen für die Reparatur von Schuhen (Klagemarke 1) - sowie der Bildmarke Nr. 1 034 164, die einen springenden Puma zeigt (Klagemarke 2), der Wort-/Bildmarke Nr. 994 108 mit dem Wortbestandteil „PUMA“ (Klagemarke 3) und der nachfolgenden Bildmarke Nr. 2 011 596 mit dem Abbild eines Streifens auf einem Schuh (Klagemarke 4)
2
Die Klagemarken 2 bis 4 sind für Schuhe eingetragen.
3
Die Beklagte zu 1, eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft, deren Verwaltungsratspräsident der Beklagte zu 2 ist, lieferte der M. GmbH (nachfolgend: M. ) Schuhe, die mit den Klagemarken versehen waren und die dem Modell „Speed Cat“ der Klägerin entsprachen. Die M. lieferte die Schuhe weiter an die Me. GmbH (nachfolgend : Me. ). Die Klägerin erwarb bei zwei Testkäufen am 4. Oktober und 8. November 2007 in einer Me. -Filiale Schuhe, die dem Modell „Speed Cat“ entsprachen und mit den PUMA-Marken versehen waren.
4
Die Klägerin hat behauptet, bei den von ihr bei den zwei Testkäufen erworbenen Schuhen handele es sich um Fälschungen.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Schuhe anzubieten und/ oder zu vertreiben, wenn diese mit zugunsten der Firma PUMA AG Rudolf Dassler Sport geschützten Marken, nämlich dem Wortzeichen PUMA und/oder dem Bildzeichen springender Puma und/oder dem Kombinationszeichen bestehend aus dem Wortzeichen PUMA und dem Bildzeichen springender Puma und/oder dem PUMA Formstrip versehen sind und eine Genehmigung der Firma PUMA AG Rudolf Dassler Sport zur Verwendung dieser Zeichen auf den Schuhen nicht vorliegt.
6
Die Klägerin hat die Beklagten darüber hinaus auf Auskunftserteilung (Klageanträge 2 und 3) und Vernichtung der in ihrem Besitz befindlichen Schuhe (Klageantrag 5) in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt (Klageantrag 4).
7
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat lediglich das Wort „Genehmigung“ im Tenor des landgerichtlichen Urteils durch das Wort „Zustimmung“ ersetzt. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
8
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
9
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass ein Schuh, der aus dem Testkauf vom 4. Oktober 2007 stamme und dessen Sohle in der Anlage K 20 abgebildet sei, eine Fälschung sei. Es sei als unstreitig zu behandeln, dass dieser Schuh aus einer Lieferung der Beklagten zu 1 an M. stamme. Das erstmalige Bestreiten der Herkunft dieses Schuhs durch die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 26. November 2009 sei vom Landgericht mit Recht als verspätet zurückgewiesen worden, so dass die Beklagten mit ihrem Bestreiten auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen seien.
10
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass die Beklagten den Vortrag der Klägerin zur Herkunft des in Rede stehenden Schuhs nicht erst in der mündlichen Verhandlung am 26. November 2009, sondern bereits mit Schriftsatz vom 28. Januar 2009 bestritten hatten. Das Landgericht durfte das Bestreiten der Beklagten daher nicht nach §§ 282, 296 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückweisen; entsprechend durfte das Berufungsgericht nicht von einem Ausschluss des Verteidigungsmittels der Beklagten nach § 531 Abs. 1 ZPO ausgehen.
11
a) Allerdings macht die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg geltend, die Beklagten hätten bereits im Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 die Herkunft des in der Anlage K 20 teilweise abgebildeten Schuhs hinreichend bestritten.
Das Bestreiten zur Herkunft der Schuhe in diesem Schriftsatz bezieht sich nur auf die Schuhe mit weißer Innenauskleidung, die aus dem Testkauf vom 8. November 2007 stammen. Ob Entsprechendes auch für die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom 25. September 2008 gilt oder ob sich das Bestreiten der Herkunft in diesem Schriftsatz nicht auch auf die Schuhe aus beiden Testkäufen bezieht, kann offenbleiben.
12
b) Die Beschwerde dringt jedenfalls mit ihrer Rüge durch, dass die Beklagten mit Schriftsatz vom 28. Januar 2009 bestritten haben, ein von der Klägerin als Anlage K 27 vorgelegter Schuh stamme von der Beklagten zu 1 und sei Gegenstand des Testkaufs vom 4. Oktober 2007. Dieses Bestreiten erfasst auch die Herkunft des Schuhs, dessen Sohle in der Anlage K 20 abgebildet ist, auf dessen Herkunft aus der Lieferkette der Beklagten zu 1 an M. und von dort an die Me. das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Denn der als Anlage K 27 vorgelegte Schuh und der Schuh, dessen Sohle in der Anlage K 20 abgebildet sind, gehören zu demselben Schuhpaar. Bei dem in der Anlage K 20 teilweise abgebildeten Schuh handelt es sich um das rechte Gegenstück zu dem linken Schuh der Anlage K 27.
13
aa) Nach dem Vortrag der Klägerin bei der Vorlage der Anlage K 20 gehört die dort abgebildete Schuhsohle zu einem Schuh, der im Ordnungsmittelverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf über den sechsten Ordnungsmittelantrag der Klägerin gegen Me. als Anlage OG 3 vorgelegt worden ist. Bei der Vorlage der Anlage K 27 mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2008, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 26. November 2009 und in der Berufungserwiderung vom 6. September 2010 hat die Klägerin geltend gemacht , dass es sich bei dem Schuh der Anlage K 27 um den linken Schuh zur Anlage OG 3 des Ordnungsmittelverfahrens zum sechsten Ordnungsmittelantrag der Klägerin gegen Me. beim Landgericht Düsseldorf handelt.
14
bb) Bilden die beiden Schuhe aus den Anlagen K 20 und K 27 dasselbe Paar, das die Klägerin nach ihrem Vortrag anlässlich des Testkaufs vom 4. Oktober 2007 bei der Me. erworben haben will und aus der Lieferung der Beklagten zu 1 an M. stammen soll, folgt daraus, dass das Bestreiten der Beklagten im Schriftsatz vom 28. Januar 2009 nicht allein den linken Schuh der Anlage K 27, sondern auch den rechten Schuh aus diesem Paar erfasst hat. Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht, wenn die beiden Schuhe desselben Schuhpaars eine unterschiedliche Herkunft haben könnten. Derartiges hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt; auch sonst sind hierfür keine Anhaltspunkte ersichtlich.
15
c) Da die Beklagten bereits annähernd zehn Monate vor der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2009 vor dem Landgericht den Vortrag der Klägerin zur Herkunft des Schuhs, dessen Sohle in der Anlage K 20 abgebildet ist, bestritten haben, hat schon das Landgericht das Bestreiten zu Unrecht als verspätet nach § 296 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Das Berufungsgericht durfte danach die entsprechenden Ausführungen der Beklagten nicht nach § 531 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt lassen.
16
d) Damit hat das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt. Zwar führt nicht jedwede fehlerhafte Anwendung einer Präklusionsvorschrift durch das Gericht zu einem Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht nach Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 1987 - 1 BvR 903/85, NJW 1987, 2733, 2735). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist aber verletzt, wenn durch die fehlerhafte Anwendung von Präklusionsvorschriften die erforderliche Anhörung nicht stattgefunden hat (vgl. BVerfG, NJW 1987, 2733, 2735). Das ist vorliegend der Fall. Das Berufungsgericht hat das Bestreiten der Beklagten als unbeachtlich und das Vorbringen der Klägerin zur Herkunft der in Rede stehenden Schuhe deshalb als unstreitig angesehen , obwohl die Beklagten auch in der Berufungsbegründung vom 4. Mai 2010 darauf hingewiesen haben, die Herkunft des Schuhs der Anlage K 27 schon erstinstanzlich rechtzeitig bestritten zu haben. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommen und jedenfalls dadurch den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
17
e) Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auch auf der Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Beklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG. Dies ist bereits dann der Fall, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2005 - V ZR 271/04, NJW 2005, 2624, 2625).
18
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten einzig darauf gestützt, dass der in der Anlage K 20 abgebildete Schuh eine Fälschung darstellt. Da die Herkunft dieses Schuhs nach dem wirksamen Bestreiten der Beklagten nicht feststeht, ist der Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten durch den Vertrieb gefälschter Markenprodukte die Markenrechte der Klägerin verletzt, die Grundlage entzogen.
19
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
20
a) Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt.
21
aa) Die Klägerin hat im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde angegeben, dass sie das begehrte Verbot kumulativ aufgrund der streitgegenständlichen Klagemarken verfolgt. Sollte eine kumulative Geltendmachung ausscheiden , hat die Klägerin ihre Ansprüche in erster Linie auf die Klagemarken 2 bis 4 und hilfsweise auf die Klagemarke 1 gestützt und für den Fall, dass eine darüber hinausgehende Staffelung erforderlich sein sollte, die Ansprüche zunächst aus der Klagemarke 2 und sie dann in nachstehender Reihenfolge aus den Klagemarken 3, 4 und 1 hergeleitet. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob eine kumulative Geltendmachung ganz (Klagemarken 1 bis 4) oder teilweise (Klagemarken 2 bis 4) in Betracht kommt, und ansonsten auf die hilfsweise erklärte Staffelung der Reihenfolge, in der die Klagemarken geltend gemacht werden, abstellen müssen.
22
bb) Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Bestimmtheit des Unterlassungsbegehrens. Die im Unterlassungsantrag angegebenen Marken sind zwar nicht im Einzelnen aufgeführt. Auch auf eine konkrete Verletzungsform nimmt der Unterlassungsantrag nicht Bezug. Im Streitfall ergibt sich aber unter Zuhilfenahme des Klagevorbringens mit hinreichender Bestimmtheit, dass die Klägerin sich neben dem Wortzeichen „PUMA“ gegen die Verwendung von Zeichen wendet, die den Klagemarken 1, 2 und 4 entsprechen.
23
cc) Das Berufungsgericht hat den Begriff der Genehmigung in der Ausnahme vom Verbotsantrag („… und eine Genehmigung der Firma PUMA AG Rudolf Dassler Sport zur Verwendung dieser Zeichen auf den Schuhen nicht vorliegt“) durch Zustimmung ersetzt. Von dem Ausnahmetatbestand im Unterlassungsantrag sind auch die Fälle erfasst, in denen die Markeninhaberin die Schuhe selbst in den Verkehr gebracht hat.
24
dd) Der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag und die Anträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, die auf den Verbotsantrag Bezug nehmen, sind auch nicht deshalb unbestimmt, weil sie nicht eine konkrete Verletzungshandlung aufgreifen. Ansprüche auf Unterlassung , Auskunftserteilung und Schadensersatz können - soweit Wiederholungsgefahr gegeben ist - über die konkret festgestellte Verletzungshandlung hinaus für solche Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 27/03, BGHZ 166, 233 Rn. 36 - Parfümtestkäufe; Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 55/05, GRUR 2008, 796 Rn. 15 = WRP 2008, 1200 - Hollister; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 19 = WRP 2012, 824 - CONVERSE II).
25
b) Die Beklagten trifft grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür , dass die von der Klägerin beanstandeten Produkte Originalerzeugnisse sind; etwas anderes gilt nur, wenn die Beweisführung durch den in Anspruch genommenen Dritten - vorliegend die Beklagten - es dem Markeninhaber ermöglichen würde, die nationalen Märkte abzuschotten (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 52/10, GRUR 2012, 626 Rn. 26 = WRP 2012, 819 - CONVERSE I).
26
c) Das Berufungsgericht hat sich den landgerichtlichen Feststellungen angeschlossen, wonach es sich bei dem Schuh, dessen Sohle in der Anlage K 20 abgebildet ist, um eine Fälschung handelt. Das Landgericht hat seine dahingehende Überzeugung aus den Bekundungen des Zeugen N. gewonnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten konnten die Vorinstanzen diese Angaben des Zeugen N. als Zeugenaussage würdigen. Der Zeuge hat über das Herstellungsverfahren bei der Klägerin einschließlich der Herstellung der Sohlen und über die Merkmale von Originalsohlen des in Rede stehenden Schuhmodells berichtet und unter Vorhalt der Anlage K 20 bekundet, die Laufsohle des ihm vorgelegten Schuhs weise Unterschiede zu einer Originalsohle dieses Modells auf. Er hat damit seine eigenen Wahrnehmungen wiedergegeben und keine gutachterlichen Äußerungen gemacht, die einem Sachverständigen vorbehalten wären.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 28.01.2010 - 4 HKO 1874/08 -
OLG München, Entscheidung vom 10.02.2011 - 29 U 2185/10 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebrac

Zivilprozessordnung - ZPO | § 282 Rechtzeitigkeit des Vorbringens


(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfä

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 271/04
vom
9. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Gebot aus Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, ist jedenfalls
dann verletzt, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen unter offensichtlich fehlerhafter
Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zur Verhandlung zuläßt (vgl.
BVerfG, NJW 2000, 945, 946 - zur Präklusion).

b) Ein solcher Fehler liegt vor, wenn im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu
einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen
worden ist, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen
Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, und das Berufungsgericht auch
das neue, nunmehr substantiierte Vorbringen unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO
zurückweist.

c) Wird ein solcher Verfahrensfehler in einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, kann
das Berufungsgericht im Beschlußwege nach § 544 Abs. 7 ZPO das Berufungsurteil
aufheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005 - V ZR 271/04 - LG Schweinfurt
AG Bad Neustadt/Saale
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Juni 2005 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 8. September 2004 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 65.344,29 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente und von Krankenkassenbeiträgen aus einem Vertrag über die Überlassung landwirtschaftlichen Grundbesitzes unter Übernahme von Leistungen zum vollständigen Unterhalt durch den Übernehmer.
Die Klägerin ist seit dem 20. April 2001 in einem Seniorenheim untergebracht. Sie hat nach ihrer Aufnahme in das Heim von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente für ersparte Leistungen aus dem Leibgedingsvertrag sowie die Zahlung der Beiträge zur Krankenversicherung einschließlich des Beitrags zur Pflegeversicherung verlangt, was der Beklagte ablehnte. Die Klage hat vor dem Amtsgericht Erfolg gehabt, die Berufung des Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, mit der er auch die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör wegen der Nichtzulassung seines Vortrages zur unzureichenden Leistungsfähigkeit des Betriebes gerügt hat.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. 1. Das Landgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Klägerin aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB von dem Beklagten eine Geldrente für dessen Befreiung von der Pflicht zur Gewährung der Wohnung und zu Dienstleistungen verlangen kann. Die Erforderlichkeit der Unterbringung der Klägerin in einem Pflegeheim ist in den Vorinstanzen festgestellt worden. Für derartige Fälle hat der Senat bereits entscheiden, daß der Übernehmer des landwirtschaftlichen Anwesens, der seine Verpflichtungen zur Gewährung von Unterkunft und Pflege auf dem Grundstück wegen einer medizinisch notwendigen Unterbringung des Berechtigten in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen kann, sich in Höhe der ersparten Aufwendungen an den Kosten des Pflegeheimes beteiligen muß (vgl. Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, DNotZ 2002, 702, 705 und Senatsbeschl. v. 23. Januar 2003, V ZB 48/02, NJW-RR 2003, 577, 578).
2. Die Entscheidung kann aber nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht den Einwendungen des Beklagten über die unzureichende Leistungsfähigkeit des übernommenen Hofes für eine Rente in der festgesetzten Höhe nicht nachgegangen ist. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist wegen des gerügten Verfahrensfehlers begründet.
a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht den Vortrag und die Beweisantritte in den Schriftsätzen vom 25. Mai 2004 und vom 16. Juli 2004 dazu, daß die Leistungsfähigkeit des übernommenen landwirtschaftlichen Anwesens zur Zahlung der zuerkannten Geldrente nicht ausreiche, unter Hinweis auf § 531 ZPO nicht zur Verhandlung und Entscheidung zugelassen. Es hätte dem Vortrag nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nachgehen müssen, weil das Vorbringen aufgrund eines Verfahrensmangels des Erstgerichts nicht geltend gemacht worden war. Nach dieser Vorschrift ist neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn das Eingangsgericht die nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotenen Hinweise unterlassen hat, damit sich die Parteien rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, ungenügende Angaben ergänzen und die anzubietenden Beweismittel bezeichnen können (Senat, BGHZ 158, 295, 305, unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4722, S. 101). Diese Hinweise waren in erster Instanz nicht erteilt worden. Der Beschluß des Amtsgerichts vom 8. März 2002, auf den das Landgericht verwiesen hat, vermag die Nichtzulassung des neuen Vortrags und der dazu angebotenen Beweise nicht zu tragen. Jener Beschluß enthielt zwar umfängliche Hinweise zu den für die Entscheidung zu beachtenden rechtlichen Gesichtspunkten und forderte die Parteien zu einer Stellungnahme auf. Es fehlte aber jeder Hinweis darauf, daß der Vortrag des Beklagten zu der nicht vorhandenen Leistungsfähigkeit nicht den Anforderungen genügte, um im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens durch das Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Geldrente
nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB berücksichtigt werden zu können. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht dadurch, daß es allgemeine und pauschale Hinweise erteilt; es muß vielmehr die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmißverständlich hinweisen und ihnen damit die Möglichkeit eröffnen, dieses Vorbringen zu ergänzen (BGH, Urt. v. 25. Juni 2002, X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320).
b) Die Zurückweisung des unter Beweis gestellten Vortrags des Beklagten verletzt dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Zwar führt nicht jeder Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht in erster Instanz und jede fehlerhafte Zurückweisung neuen Vorbringens im Berufungsrechtszug auch zu einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Berufungsgericht jedoch dazu, neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn eine unzulängliche Verfahrensleitung oder eine Verletzung der richterlichen Fürsorgepflicht das Ausbleiben des Vorbringens in der Eingangsinstanz mitverursacht hat (vgl. BVerfG, NJW 2000, 945, 946). Ist im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen worden, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, stellt sich die Zurückweisung des neuen, nunmehr substantiierten Vortrags im Berufungsrechtszug als eine offenkundig unrichtige Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar. Ein solches Vorgehen des Gerichts kommt einer Verhinderung des Vortrages zu entscheidungserheblichen Punkten gleich (vgl. BVerfGE 84, 188, 190). c). Das Ausgangsurteil beruht auch auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist bereits dann so, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens an-
ders entschieden hätte (Senatsurt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 f. unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG). Insoweit gilt für die Bemessung einer Geldrente anstelle von Unterbringung und der Erbringung von Pflegeleistungen auf dem Grundstück aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB der allgemeine Grundsatz, daß durch einen Altenteilsvertrag dem Verpflichteten nicht höhere Leistungen auferlegt werden sollen, als er aus der Hofstelle bewirken kann (BGHZ 25, 293, 298). Ist eine Rente nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB festzusetzen, so ist es geboten, den rechnerischen Wert der Einzelleistungen auch dahin zu überprüfen, ob die sich daraus ergebende monatliche Geldleistung vom Verpflichteten aus den Erträgnissen des Hofes billigerweise in voller Höhe gewährt werden kann (BayObLGZ 1974, 386, 395 f.). 3. Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluß nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht. Das gibt dem Landgericht Gelegenheit, die notwendigen Feststellungen zur Ertragskraft der überlassenen Hofstelle nachzuholen und im Anschluß daran das Ermessen zur Bestimmung der Höhe der Rente neu auszuüben.

III.

Die Entscheidung über den Streitwert der Beschwerde folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO. Wenzel Krüger Klein Stresemann Czub
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz - soweit Wiederholungsgefahr gegeben ist - über die konkrete Verletzungshandlung hinaus im Umfange solcher Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (zum markenrechtlichen Unterlassungsanspruch vgl. BGH, Urt. v. 4.9.2003 - I ZR 44/01, GRUR 2004, 154, 156 = WRP 2004, 232 - Farbmarkenverletzung II; Urt. v. 23.2.2006 - I ZR 272/02 - Markenparfümverkäufe, Urteilsumdruck S. 16 f. und S. 20 zum Schadensersatzanspruch; zum markenrechtlichen Auskunftsanspruch vgl. BGH GRUR 2002, 709, 711 f. - Entfernung der Herstellungsnummer III; zum wettbewerbsrechtlichen Auskunftsanspruch vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1996 - I ZR 50/94, GRUR 1996, 502, 507 = WRP 1996, 721 - EnergiekostenPreisvergleich I; BGH GRUR 2000, 907, 911 - Filialleiterfehler). Für den Auskunftsanspruch aus § 19 MarkenG ist nach dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck von keinem engeren Begriff der konkreten Verletzungshandlung auszugehen (ebenso Ingerl/Rohnke aaO § 19 Rdn. 29 f.; Hacker in: Ströbele/Hacker aaO § 19 Rdn. 33; Wiume, Der Auskunftsanspruch im Markenrecht, 2002, S. 250 ff.). Der selbständige Anspruch auf Auskunftserteilung nach § 19 MarkenG (und den vergleichbaren Vorschriften bei anderen Schutzrechten, vgl. § 101a UrhG, § 46 GeschmMG, § 140b PatG, § 24b GebrMG, § 9 Abs. 2 HalblSchG, § 37b SortSchG) ist geschaffen worden, weil der aus § 242 BGB abgeleitete unselbständige Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung zur Bekämpfung der zunehmenden, insbesondere gezielten und massenhaften Schutzrechtsverletzungen als nicht ausreichend angesehen wurde (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Produktpiraterie, BlPMZ 1990, 173, 183). Dem mit der Gewährung des selbständigen Auskunftsanspruchs verfolgten Zweck, dem Verletzten die Aufdeckung der Quellen und Vertriebswege von schutzrechtsverletzender Ware zu ermöglichen (Begründung aaO S. 184), widerspräche es, wenn der Umfang dieses Anspruchs gegenüber dem aus § 242 BGB hergeleiteten Anspruch lediglich auf die festgestellte Verletzungshandlung eingeschränkt würde. Eine solche Auslegung wäre zudem nur schwerlich mit der Zielsetzung der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 195 v. 2.6.2004, S. 16) zu vereinbaren , nach der auch hinsichtlich des dort in Art. 8 gewährten Rechts auf Auskunft ein hohes Schutzniveau zur wirksamen Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erreicht werden soll (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 3 und 21). Auch der Schutz des Auskunftspflichtigen vor zu weitgehender Ausforschung gebietet eine solche grundsätzliche Beschränkung des Auskunftsanspruchs gemäß § 19 MarkenG nicht. Der Gefahr einer nicht mehr zu rechtfertigenden Ausforschung im Einzelfall kann vielmehr durch eine interessengerechte Anwendung des in § 19 Abs. 1 MarkenG ausdrücklich in Bezug genommenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begegnet werden.
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3. Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, dass die Beklagten bereits in dem Umfang, in dem sie nach § 19 MarkenG zur Auskunftserteilung verpflichtet sind, Auskunft erteilt haben mit der Folge, dass der Auskunftsanspruch der Klägerin durch Erfüllung erloschen ist. Der Anspruch aus § 19 MarkenG wäre zwar, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, seinem Inhalt nach auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall beschränkt. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, umfasst der Begriff der konkreten Verletzungshandlung jedoch beim Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 1 und 2 MarkenG wie beim markenrechtlichen Unterlassungsanspruch auch solche Handlungen, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (BGHZ 166, 233 Tz. 36 - Parfümtestkäufe). Dem mit der Gewährung des selbständigen Auskunftsanspruchs verfolgten Zweck, dem Verletzten die Aufdeckung der Quellen und Vertriebswege von schutzrechtsverletzender Ware zu ermöglichen, widerspräche es, den Umfang dieses Anspruchs auf die bereits festgestellten Verletzungshandlungen zu beschränken (vgl. BGHZ 166, 233 Tz. 36 - Parfümtestkäufe, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien sowie auf die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. L 195 v. 2.6.2004, S. 16 - Durchsetzungsrichtlinie). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Beklagten daher den Auskunftsanspruch der Klägerin gemäß § 19 MarkenG mit den bisher erteilten Auskünften über die der Klägerin bereits bekannten Verletzungshandlungen nicht erfüllt.
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c) Für die Frage der Bestimmtheit der Urteilsformel kommt es auch nicht darauf an, dass das Berufungsgericht offengelassen hat, ob Rechtsverletzungen auch aufgrund der Verkaufsaktionen von Januar und August 2007 sowie Januar 2008 vorliegen. Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz können - soweit Wiederholungsgefahr gegeben ist - über die konkret festgestellte Verletzungshandlung hinaus für solche Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 27/03, BGHZ 166, 233 Rn. 36 - Parfümtestkäufe; Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 55/05, GRUR 2008, 796 Rn. 15 = WRP 2008, 1200 - Hollister). Da das Berufungsgericht Feststellungen dahin getroffen hat, dass die Verkaufsaktion im August 2006 die Rechte der Markeninhaberin verletzt hat, erfasst die Urteilsformel, zu deren Inhaltsbestimmung auch die Entscheidungsgründe herangezogen werden können , alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen.
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Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist grundsätzlich die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für den Umstand, dass sie Originalerzeugnisse der Klägerin und keine Produktfälschungen vertrieben hat (vgl. KG, GRUR-RR 2011, 263, 264). Da beim Vertrieb von Produktfälschungen eine Erschöpfung im Sinne von § 24 Abs. 1 MarkenG und Art. 13 Abs. 1 GMV von vornherein ausscheidet, richtet sich die Darlegungs- und Beweislast nach den Maßstäben des jeweiligen Verletzungstatbestandes. Vorliegend steht fest, dass die Beklagte im geschäftlichen Verkehr mit den Klagemarken identische Zeichen für identische Waren verwendet hat, für die die Marken Schutz genießen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV), oder es ist im Revisionsverfahren vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszugehen. Dies stellt eine Markenverletzung dar, es sei denn, es handelt sich um Originalmarkenwaren, die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Dementsprechend obliegt dem in Anspruch genommenen Dritten die Beweislast dafür, dass es sich um Originalmarkenwaren handelt und diese vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind (vgl. BGH, GRUR 2000, 879, 880 - stüssy I; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - I ZR 193/97, GRUR 2004, 156, 158 = WRP 2004, 243 - stüssy II; vgl. auch EuGH, GRUR 2006, 146 Rn. 74 - Class International ). Daher muss die Beklagte grundsätzlich den Nachweis führen, dass es sich nicht um Produktfälschungen handelt, weil hier regelmäßig die Zustimmung des Markeninhabers im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG und Art. 9 Abs. 1 Satz 2 GMV fehlt. Zwar kann in Ausnahmefällen der Markeninhaber dem Vertrieb nachgeahmter Ware zugestimmt haben (vgl. hierzu Bölling, GRUR-RR 2011, 345, 347). Das ändert aber ebenfalls nichts an der Beweislast des Dritten für das Vorliegen der Zustimmung des Markeninhabers. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beweisführung durch den in Anspruch genommenen Dritten es dem Markeninhaber ermöglichen würde, die nationalen Märkte abzuschotten.