Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Juli 2009 - I ZB 118/08

published on 15.07.2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Juli 2009 - I ZB 118/08
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Previous court decisions
Landgericht München I, 33 O 16147/08, 24.10.2008
Oberlandesgericht München, 6 W 2620/08, 01.12.2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 118/08
vom
15. Juli 2009
in der Rechtsbeschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juli 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 1. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er hat beim Landgericht München I gegen seine geschiedene Ehefrau eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsverfügung erwirkt, gegen die die Antragsgegnerin des Eilverfahrens zunächst Widerspruch eingelegt hatte. Vor Beendigung des Verfügungsverfahrens hat der Antragsteller beantragt, ihm unter seiner eigenen Beiordnung für die Durchführung des Hauptsacheverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das Landgericht hat den Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Das Beschwerdegericht (OLG München OLG-Rep 2009, 156) hat angenommen, der Antragsteller habe schon nicht glaubhaft gemacht, dass er die Kosten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung (aus einem Streitwert von 20.000 €) nicht - auch nicht ratenweise - aufbringen könne. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stehe des Weiteren entgegen, dass der Antragsteller nicht als Rechtsanwalt in eigener Sache beigeordnet werden könne.
2
Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts hat der Antragsteller am 5. Dezember 2008 die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2008 hat er die Hauptsache mit Blick auf eine von der Antragsgegnerin des Verfügungsverfahrens am 1. Dezember 2008 abgegebene Abschlusserklärung für erledigt erklärt und beantragt, „der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen“. Die Antragsgegnerin des Verfügungsverfahrens hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
3
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
4
1. Der Prozesskostenhilfeantrag, dessen Durchsetzung die Rechtsbeschwerde ursprünglich dienen sollte, hat sich durch die Erklärung des Antragstellers , der die Antragsgegnerin zugestimmt hat, nicht erledigt.
5
a) Die Hauptsache kann zwar grundsätzlich auch noch in der Rechtsmittelinstanz für erledigt erklärt werden (BGHZ 106, 359, 366; 123, 264, 265; Zöller /Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rdn. 18 f). Eine Einschränkung ergibt sich jedoch daraus, dass die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO ein kontradiktorisches Verfahren voraussetzen (vgl. BGHZ 170, 378, 381; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., Vor § 91 Rdn. 2). Daran fehlt es beim Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Es handelt sich dabei nach den gesetzlichen Regelungen in den §§ 114 ff. ZPO um ein nicht streitiges, seinem Charakter nach der staatliche Daseinsfürsorge zuzurechnendes Antragsverfahren, in dem sich als Beteiligte nur der Antragsteller und das Gericht als Bewilligungsstelle gegenüberstehen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.9.2002 - III ZB 43/02, NJW 2002, 3554; Beschl. v. 3.3.2004 - IV ZB 43/03, NJW 2004, 1805, 1806 m.w.N.). Der nach § 118 Abs. 1 ZPO zu hörende (spätere) Prozessgegner ist nicht Partei des auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gerichteten Verfahrens (Zöller/Vollkommer aaO § 91a Rdn. 58 Stichwort „Prozesskostenhilfeverfahren“). Dies bedeutet, dass der Antragsteller den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht für erledigt erklären, sondern nur zurücknehmen kann, wenn der Anlass für die zu erhebende Klage entfallen ist.
6
b) Auch die Rechtsbeschwerde hat sich durch die Erklärung des Antragstellers nicht erledigt. Eine Erledigung des Rechtsmittels kann dann in Betracht kommen, wenn die angegriffene Entscheidung sich auch aus der Sicht des beschwerten Rechtsmittelführers aufgrund eines erledigenden Ereignisses nunmehr als zutreffend erweist und der Rechtsmittelführer sie deswegen hinnehmen möchte, ohne aber die mit einer Rücknahme des Rechtsmittels verbundenen Kosten tragen zu wollen (vgl. BGHZ 170, 378, 381 f.). Die Erledigung des Rechtsmittels setzt indessen ein kontradiktorisches Verfahren voraus, an dem es hier gerade fehlt.
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Der Antragsteller hat selbst mitgeteilt, dass der Anlass für die Hauptsacheklage, für deren Erhebung er ursprünglich den Prozesskostenhilfeantrag gestellt hatte, durch die von der Antragsgegnerin abgegebene Abschlusserklärung entfallen ist. Da die Hauptsacheklage nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen wäre, bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Frage, derentwegen das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, stellt sich unter diesen Umständen nicht.
8
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Dass der Antragsteller für die erfolglose Rechtsbeschwerde eine Festgebühr zu entrichten hat, ergibt sich aus dem Gesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, KV-Nr. 1826). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht (§ 127 Abs. 4 ZPO). Im Übrigen stehen sich der Antragsteller des Prozesskostenhilfeverfahrens und der (spätere) Prozessgegner nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.10.2008 - 33 O 16147/08 -
OLG München, Entscheidung vom 01.12.2008 - 6 W 2620/08 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.
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published on 12.09.2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 43/02 vom 12. September 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR : ja ZPO §§ 127, 574 Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kann vom Gegner nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden
published on 03.03.2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZB 43/03 vom 3. März 2004 in dem Prozeßkostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung vom 27. Juli 2001) a) E
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Tenor Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Gründe 1 Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 92 Abs. 3 VwGO. 2 Der Kl
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Annotations

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.