Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2019 - 5 StR 623/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 7. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Wohnungseinbruchdiebstahls und Computerbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes des Tatertrages von 300 Euro angeordnet. Das auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel der Angeklagten führt auf die Sachrüge hin zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Nach den Urteilsfeststellungen hob die Angeklagte in drei Fällen mit gestohlenen EC-Karten insgesamt 1.990 Euro an Geldautomaten ab. Das Geld übergab sie später jeweils „einem K. “, der ihr die Geldkarten nebst der dazugehörigen PIN zur Verfügung gestellt hatte. Von der Tatbeute überließ dieser ihr 300 Euro.
- 3
- Danach hat die Angeklagte das gesamte abgehobene Bargeld im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt. Dem steht nicht entgegen, dass sie das Geld nach der jeweiligen Abhebung an „ K. “ weitergab. Denn für das Erlangen im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB reicht es aus, dass sie vorübergehend die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Geldbetrag ausüben konnte (vgl. BGH, Urteile vom 27. September 2018 – 4 StR 78/18, NStZ-RR 2019, 22, und vom 18. Ju-li 2018 – 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278, 279). Dass das Landgericht die Einziehung des Wertes des Tatertrages nach §§ 73, 73c StGB lediglich in Höhe von 300 Euro angeordnet hat, beschwert die Angeklagte nicht.
- 4
- Allerdings hat auch „ K. “ die Verfügungsgewalt über die ge- samte Tatbeute erlangt, weswegen die Angeklagte als Gesamtschuldnerin mit diesem haftet. Ihre gesamtschuldnerische Haftung ist im Tenor zum Ausdruck zu bringen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2018 – 1 StR 527/18), was der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachholt.
- 5
- 2. Zur Verfahrensrüge, das Landgericht habe den Widerspruch der Be- schwerdeführerin „gegen die Erhebung von Beweisen“ zu den von der Staatsanwaltschaft geführten „Nachermittlungen“ nicht nach § 238 Abs. 2 StPO be- schieden, bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts :
- 6
- Grundsätzlich kann das Urteil nur auf dem Unterlassen einer Entscheidung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 StPO beruhen, wenn die beanstandete Maßnahme des Vorsitzenden gegen das Verfahrensrecht verstoßen hat (vgl. LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 238 Rn. 49 mwN). Dies ist nicht der Fall.
- 7
- Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass die infolge eines Beweisantrages der Beschwerdeführerin geführten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zulässig waren (vgl. auch KK-StPO/Griesbaum, 8. Aufl., § 160 Rn. 21; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 202 Rn. 5). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liegt darin kein „Verstoß gegen die Waffengleichheit“. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch die Verteidigung zu eige- nen Ermittlungen berechtigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 – 4 StR 616/99, BGHSt 46, 1, 4; Meyer-Goßner/ Schmitt, aaO, Vor § 137 Rn. 2 mwN). Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft nach dem Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) zu (Nach-)Ermittlungen verpflichtet ist, wenn – wie hier – Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die mit einem Beweisantrag auf Verlesung eingereichten Unterlagen gefälscht sind.
- 8
- War somit die Anordnung einer Beweiserhebung nach § 238 Abs. 1 StPO rechtmäßig, kann das Urteil allenfalls dann ausnahmsweise auf der unterbliebenen Entscheidung nach § 238 Abs. 2 StPO beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO), wenn sich der Angeklagte bei Kenntnis der Gründe für die Zurückweisung seiner Beanstandung anders und erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können (vgl. KK-StPO/Schneider, aaO, § 238 Rn. 27; LR-StPO/Becker, aaO). Umstände hierfür sind aber weder dem Vortrag der Beschwerdeführerin zu entnehmen noch sonst ersichtlich.
- 9
- 3. Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, die Beschwerdeführerin mit den gesamten Kosten und Auslagen ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Mosbacher Köhler
moreResultsText
Annotations
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.
(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.
(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.
(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.