Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 5 StR 61/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:050417B5STR61.17.0
bei uns veröffentlicht am05.04.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 61/17
vom
5. April 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:050417B5STR61.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5. April 2017 gemäß § 349 Abs.2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 31. Oktober 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch hinsichtlich der Tat vom 2. Juni 2016 (II.2 der Urteilsgründe) und
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen eines Gegenstandes, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und unerlaubtem Besitz eines Schlagringes“ sowie wegen Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Verfallsent- scheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu der Tat vom 2. Juni 2016 wurden bei dem Angeklagten im Rahmen einer an diesem Tag durchgeführten polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung in einem Schrank auf dem Balkon zwei Plastikdosen mit insgesamt 59 Plastiktütchen zu jeweils 1,5 g Marihuana und außerdem eine weitere Dose mit 10 g sowie eine solche mit 15 g „losem“ Marihuana gefunden. Unter dem Bett des Angeklagten wurde ein weiterer Plastikbecher mit 22 Plastiktütchen Marihuana entdeckt. Insgesamt wurden 167,41 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 9,9 % (16,57 g THC) sichergestellt. In der im Schlafzimmer liegenden Hose des Angeklagten befanden sich Betäubungsmittelutensilien, Bargeld in Höhe von 500 € in Scheinen sowie ein schwarzer Schlagring. Der Angeklagte, der selbst Marihuana raucht, wollte die sichergestellten Drogen „jedenfalls zum überwiegenden Teil“ gewinn- bringend verkaufen und im Übrigen selbst konsumieren (UA S. 11). Mit dem Verkauf wollte er zumindest auch seinen Eigenkonsum finanzieren.
3
2. Der Schuldspruch gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG kann nicht bestehen bleiben. Bei der rechtlichen Beurteilung ist das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise davon ausgegangen, dass es im Rahmen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG für die Annahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge allein auf die Gesamtmenge ankomme, auch wenn diese teils zur gewinnbringenden Weiterveräußerung, teils zum Eigenkonsum diene, sofern das Betäubungsmittel zuvor in einem Akt in nicht geringer Menge erworben wurde.
4
Es hat dabei zum einem übersehen, dass sich das von ihm als Beleg für diese Rechtsansicht in Bezug genommene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. April 1996 (3 StR 5/96, BGHSt 42, 123) nur auf die durch Mitführen von Waffen qualifizierten Handlungsvarianten der Einfuhr, Ausfuhr und des SichVerschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bezieht, nicht jedoch auf die Alternative des Handeltreibens als solche. Bei einer Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist es zur Bestimmung des jeweiligen Schuldumfangs vielmehr erforderlich, in den Fällen, in denen der Täter die Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben hat, den Eigenverbrauchsanteil zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2014 – 3 StR 116/04, StV 2004, 602). Abhängig hiervon besteht dann Tateinheit zwischen bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Besitz einer nicht geringen Menge (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2016 – 2 StR 62/16) bzw. – bei geringen Mengen – Erwerb von Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 – 4 StR 210/10). Dieser Rechtsfehler hätte indes allein noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils geführt. Denn den Urteilsfeststellungen ist immerhin zu entnehmen, dass der Angeklagte das Marihuana „jedenfalls zum überwiegenden Teil“, also mehr als 50 %, gewinnbringend verkaufen woll- te.
5
Die Strafkammer hat allerdings zum anderen nicht beachtet, dass das Marihuana nicht in einem Akt, sondern in zwei Teilakten (UA S. 11, 13) erworben worden war. Sie ist nämlich davon ausgegangen, dass der Angeklagte 150 g Marihuana zwei Tage vor der Durchsuchung gekauft hatte, während die restlichen gut 17 g von einem früheren Kauf übrig geblieben waren. In diesem Fall kann auch dann, wenn der Angeklagte seinen Drogenvorrat wieder aufgefüllt hat, nicht von einer Tat im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ausgegan- gen werden. Denn die Annahme einer einheitlichen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit setzt voraus, dass sämtliche Betäubungsmittel Gegenstand desselben Güterumsatzes waren, etwa indem der Angeklagte sie gleichzeitig zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung erworben hatte. Dies ist beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen grundsätzlich nicht der Fall (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2016 – 2 StR 586/15, NStZ-RR 2016, 345 mwN). Allein der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470).
6
3. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte durch die Annahme nur einer rechtlichen Tat beschwert ist.
7
Unter Zugrundelegung der vom Landgericht angenommenen Gesamtmenge von 167,41 g Marihuana, von denen 150 g in einem Teilakt erworben wurden, wäre zwar hinsichtlich dieser zuletzt erworbenen Menge bei einem Wirkstoffgehalt von 9,9 % (entspricht 14,58 THC) und unter Zugrundelegung einer Verkaufsmenge von 51 % (entspricht 7,57 g THC) ebenfalls der Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erfüllt; allerdings wäre die nicht geringe Menge (7,5 g THC) nur sehr geringfügig überschritten. Deshalb ließe sich nicht ausschließen, dass das Landgericht in einem solchen Fall auch in Anbetracht der weiteren Einzelstrafe für die frühere Tat (Handeltreiben in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln ; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 823 mwN), aus der sich die Restmenge von gut 17 g ergab, eine noch mildere (Gesamt-)Freiheitsstrafe verhängt hätte.
8
4. Hinsichtlich der Tat vom 2. Juni 2016 bedarf die Sache demnach neuer tatgerichtlicher Aufklärung. Da die Unterbringungs- und die Verfallsentscheidung auf dem Schuldspruch wegen des Betäubungsmitteldelikts fußen, waren auch sie aufzuheben.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 5 StR 61/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 5 StR 61/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 5 StR 61/17 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Strafprozeßordnung - StPO | § 4 Verbindung und Trennung rechtshängiger Strafsachen


(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 5 StR 61/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 5 StR 61/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2016 - 2 StR 62/16

bei uns veröffentlicht am 29.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 62/16 vom 29. September 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2016:290916B2STR62.16.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2010 - 4 StR 210/10

bei uns veröffentlicht am 08.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 210/10 vom 8. Juli 2010 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2016 - 2 StR 586/15

bei uns veröffentlicht am 29.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 586/15 vom 29. Juni 2016 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:290616B2STR586.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 5 StR 61/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2018 - 5 StR 582/17

bei uns veröffentlicht am 25.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 582/17 vom 25. Januar 2018 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2018:250118B5STR582.17.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtsho

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 62/16
vom
29. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:290916B2STR62.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 19. Oktober 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte im Fall II.12. der Urteilsgründe des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in elf Fällen sowie wegen „bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie eine Einziehungs- und eine Verfallsentscheidung getroffen.
2
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg ; sie führt jedoch zu der aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Schuldspruchkorrektur.
3
Ausweislich der Feststellungen hat der Angeklagte im Fall II.12. der Urteilsgründe in der 34. Kalenderwoche des Jahres 2014 von einem Lieferanten eine nicht näher bestimmbare Menge Amphetamingemisch zum Preis von 1.600 € erworben, um es teilweise gewinnbringend weiter zu veräußern und teilweise selbst zu konsumieren. Ausweislich der auf einer tragfähigen Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen war eine Teilmenge von rund 122 Gramm mit einem Wirkstoffanteil von 16,89 Gramm Amphetaminbase zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Der restliche Teil des anlässlich der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Menge von insgesamt 237 Gramm Amphetamin-Koffein-Gemischs war zum Eigenkonsum bestimmt.
4
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte , der in einem unverschlossenen Wohnzimmerschrank zugriffsbereit eine Vielzahl von Waffen aufbewahrte, des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. Entsprechend ist die Tat im Urteilstenor zu bezeichnen.
5
Darüber hinaus hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass der Angeklagte zugleich den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmittel in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) verwirklicht hat. Erwirbt der Täter eine nicht geringe Menge Betäubungsmittel teils zum Weiterverkauf und teils zum Eigenkonsum, und handelt es sich bei beiden Teilmengen jeweils um nicht geringe Mengen, so steht der Tatbestand des (bewaffneten) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit dem zugleich verwirklichten Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2005 – 3 StR 112/05, NStZ 2006, 173, 174; Senat, Beschluss vom 8. Januar 2015 – 2 StR 252/14, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 2). Fischer Appl Krehl Eschelbach Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 210/10
vom
8. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Juli 2010,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 6. Januar 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Beisichführung eines sonstigen Gegenstandes, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen ge- eignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in Tateinheit mit unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vier Monate der erkannten Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, dass das Landgericht die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat; außerdem hält sie eine Änderung des Schuldspruchs für geboten.
3
Die Rechtsmittel haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet.
4
1. Der Schuldspruch bedarf der Berichtigung.
5
a) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wurden bei der Durchsuchung des betäubungsmittelabhängigen Angeklagten, der sich auf einer Drogenverkaufsfahrt befand, und des von ihm genutzten Fahrzeugs Betäubungsmittel aufgefunden. Dabei handelte es sich um 1,9 g Heroin mit einer Wirkstoffkonzentration von 44,3 % und 0,422 g Kokain mit einer Wirkstoffkonzentration von 50,2 % sowie sieben Bubbles Heroin mit einem Gesamtgewicht von 34,4 g, einer Wirkstoffkonzentration von 18 % und einem Wirkstoffgehalt von 6,81 g. Außerdem führte der Angeklagte bei dieser Fahrt an seinem Gürtel ein Springmesser mit einer einseitig geschliffenen, ca. sieben Zentimeter langen, nach vorne spitz zulaufenden Klinge mit sich, das auf Grund seiner Beschaffenheit geeignet und bestimmt war, andere Menschen zu verletzen. Bei einer anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden weitere 20,8 g Heroin mit einer Wirkstoffkonzentration von 46 %, zwei digitale Feinwaagen und ein Mixer, die jeweils Betäubungsmittelanhaftungen aufwiesen, Streckmittel, Verpackungstüten und 1.100 Euro Bargeld gefunden.
6
Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass ein die Grenze zur nicht geringen Menge nicht übersteigender Teil der Drogen zum Eigenkonsum und der Rest - darunter das in dem Fahrzeug aufgefundene, in verkaufsfertige Bubbles verpackte Heroin - zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Es ist außerdem zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass dieser sämtliche sichergestellten Drogen in einem Ankauf erworben hat.
7
b) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt hinsichtlich der gesamten zum Weiterverkauf bestimmten Heroinmenge den Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG genannte Qualifikationsmerkmal prägt, auch wenn es nur bei einem einzelnen auf Umsatz gerichteten Teilakt verwirklicht ist, das gesamte einheitliche Geschehen, so dass eine Tat des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 - 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30 a Abs. 2 Mitsichführen 2; vgl. auch Weber BtMG 3. Aufl. § 30 a Rdn. 196). Für eine tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist daneben kein Raum. Der bis zu der Verkaufsfahrt allein erfüllte Tatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wird durch den Qualifikationstatbestand des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch dann verdrängt, wenn dieser nur beim letzten Teilakt des Gesamtgeschehens verwirklicht wurde (vgl. BGH aaO).
8
Soweit der Angeklagte die Betäubungsmittel zum Eigenkonsum erworben hat, erfüllt dies - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht die Alternative des unerlaubten Sichverschaffens, sondern die des unerlaubten Erwerbs im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Der Tatbestand des Erwerbs ist dann erfüllt, wenn der Täter - wie hier - die Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer erlangt hat (vgl. Weber aaO § 29 Rdn. 1046 m.w.N.); nur wenn ein solches Zusammenwirken nicht vorliegt oder nicht nachweisbar ist, liegt der Auffangtatbestand des Sichverschaffens vor (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 1993 - 4 StR 318/93, StV 1993, 570 f.; vgl. auch Weber aaO § 29 Rdn. 1110).
9
Der Senat ändert den Schuldspruch daher wie aus der Urteilsformel ersichtlich ab.
10
2. Die Begründung, mit der das Landgericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
Nach den Urteilsfeststellungen liegen die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB vor. Der 1961 geborene Angeklagte, der seit 1998 regelmäßig Heroin konsumiert , ist vor der hier abgeurteilten Tat bereits zweimal wegen einschlägiger, in den Jahren 1999, 2002 und 2003 begangener Delikte verurteilt worden, wobei mehrfach Einzelstrafen von mehr als einem Jahr verhängt worden sind; er hat wegen dieser Taten insgesamt acht Jahre Freiheitsstrafe verbüßt. Eine Rückfallverjährung nach § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB ist wegen der Vollstreckungszeiten (§ 66 Abs. 4 Satz 4 StGB) nicht eingetreten.
12
Das Landgericht geht, in Übereinstimmung mit der psychiatrischen Sachverständigen davon aus, dass bei dem Angeklagten auf Grund charakterlicher Veranlagungen eine eingewurzelte, intensive Neigung zu Rechtsbrüchen in Form von Eigentumsdelikten bestehe. Eine Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hat es jedoch abgelehnt, weil nicht festzustellen sei, ob die vorliegende Betäubungsmittelstraftat im Zusammenhang mit dieser charakterlichen Veranlagung stehe oder allein auf die Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten zurückzuführen sei.
13
Gegen diese Begründung bestehen in zweifacher Hinsicht durchgreifende rechtliche Bedenken:
14
a) Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein unzutreffendes Verständnis des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu Grunde gelegt hat dahingehend, dass der für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang zur Begehung erheblicher Straftaten ausscheide, wenn die wiederholte Straffälligkeit eines Täters allein auf dessen Hang zu übermäßigem Konsum berauschender Mittel beruht.
15
Nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Ursache für die fest eingewurzelte Neigung zu Straftaten nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2002 - 2 StR 193/02, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 11; BGH, Urteil vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 66 Rdn. 25 m.w.N.). Deshalb scheidet, selbst wenn sich eine Monokausalität der Suchterkrankung eines Täters für dessen Kriminalität ausnahmsweise feststellen ließe, die Annahme eines Hanges im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben der eines Hanges im Sinne von § 64 StGB nicht aus. Der für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang hätte seine Ursache in einem solchen Fall ausschließlich in der Suchterkrankung.
16
b) Zudem belegen die Urteilsgründe nicht, dass bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB, der sich ausschließlich auf Eigentumsdelikte bezieht, besteht. Sie geben lediglich die Schlussfolgerungen der Sachverständigen wieder, die insoweit offensichtlich allein an die lange zurückliegenden Eigentumsdelikte des Angeklagten, die dieser seit seinem 17. Lebensjahr in Russland begangen hat und wegen der er er dort dreimal zu Freiheitsstrafen verurteilt worden ist, sowie seine allgemeine Einstellung zum Stehlen angeknüpft hat. Nähere Angaben zu Art und Umfang dieser Straftaten enthalten die Urteilsgründe nicht, so dass nicht geprüft werden kann, ob aus diesen Taten auf eine eingewurzelte intensive Neigung zu Rechtsbrüchen geschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass dem Urteil nicht zu entnehmen ist, inwieweit die Sachverständige die Tatsache, dass der Angeklagte seit seiner Übersiedlung nach Deutschland im Jahre 1991 wegen Diebstahlstaten nur zweimal - und zwar in den Jahren 1992 und 1993 jeweils wegen Diebstahls geringwertiger Sachen - in Erscheinung getreten ist, bei ihrer Beurteilung berücksichtigt hat.
17
c) Über die Frage der Sicherungsverwahrung ist daher neu zu entscheiden.
18
Sollte der neue Tatrichter zu der Überzeugung gelangen, dass die Voraussetzungen sowohl für eine Unterbringung nach § 64 StGB als auch nach § 66 Abs. 1 StGB vorliegen, wird er zu prüfen haben, ob die Unterbringung des Angeklagten in beiden Maßregelformen oder nur in einer von ihnen anzuordnen ist. Dies beurteilt sich nach der Regelung des § 72 Abs. 1 StGB. Ist der Zweck der Maßregel bereits durch eine von mehreren geeigneten Maßregeln zu erreichen , so ist derjenigen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschwert , hier der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Allerdings setzt nach ständiger Rechtsprechung ein Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf die Unterbringung nach § 64 StGB ein hohes Maß an prognostischer Sicherheit voraus, dass die vom Angeklagten ausgehende Gefahr auf diese Weise beseitigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2000 - 1 StR 263/00, BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 5; Urteil vom 31. Juli 2008 - 4 StR 152/08, NStZ-RR 2008, 326 f.; vgl. auch Fischer aaO § 72 Rdn. 7 m.w.N.). Angesichts der Tatsache, dass der regelmäßige Heroinkonsum des Angeklagten und das Einsetzen seiner Betäubungsmittelstraftaten in engem zeitlichem Zusammenhang stehen und dass der Angeklagte auf die Einkünfte aus dem Drogenhandel zur Finanzierung seines Eigenkonsums angewiesen war, liegt eine solche Folgerung allerdings nicht fern. Für sie könnte auch sprechen, dass der regelmäßige Betäubungsmittelmissbrauch beim Angeklagten erst in dessen 37. Lebensjahr eingesetzt und der therapiebereite Angeklagte noch keine Entwöhnungsbehandlung erfahren hat.
19
3. Im Hinblick auf die nicht rechtsfehlerfrei abgelehnte Sicherungsverwahrung hebt der Senat zu Gunsten des Angeklagten auch den Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf, da - zumal angesichts der Höhe der verhängten Strafe - nicht auszuschließen ist, dass diese im Falle einer Anordnung der Sicherungsverwahrung niedriger ausgefallen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1994 - 3 StR 679/93, BGHR StGB § 66 Strafausspruch 1 m.w.N.; Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 StR 325/04, NStZ-RR 2005, 39, 40).
20
Die für sich genommen revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) ist wegen ihres hier bestehenden untrennbaren Zusammenhangs mit der erneuten Prüfung der Sicherungsverwahrung ebenfalls aufzuheben.
21
4. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass bei der Bestimmung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe nach § 67 Abs. 2 StGB dieser nicht um die Dauer der bisherigen Untersuchungshaft zu kürzen ist, weil die auf die Strafe anzurechnende Untersuchungshaft (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB) ohne Weiteres in die Dauer eines angeordneten Vorwegvollzugs einzurechnen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2009 - 5 StR 22/09 - und vom 19. Januar 2010 - 4 StR 504/09; vgl. auch Fischer aaO § 67 Rdn. 9 a m.w.N.).
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Mutzbauer Bender

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 586/15
vom
29. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:290616B2STR586.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 29. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 29. Juni 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe und Munition unter Einbeziehung weiterer Strafen aus einer anderen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine Einziehungs-, eine Verfallsund eine Anrechnungsentscheidung (hinsichtlich erbrachter Arbeitsleistungen) getroffen. Das auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat Erfolg.
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt: „DasLandgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte ab November 2009 jeweils im Abstand von sechs bis acht Wochen mit Betäubungsmitteln beliefert wurde, wobei von vornherein der überwiegende Teil zum Weiterverkauf und eine Teilmenge zum Eigenverbrauch bestimmt war. In der Zeit bis Dezember 2010 erhielt der Angeklagte pro Lieferung ca. 10-20 Gramm Kokainzubereitung und bis Dezember 2011 jeweils 50 Gramm sowie in zwei Fällen im Juli 2011 und Dezember 2011 jeweils 200 Gramm Kokainzubereitung. Von den insgesamt gelieferten 610 Gramm Kokain hat der Angeklagte 430 Gramm in Kleinmengen zwischen einem und fünf Gramm veräußert und 30 Gramm selbst konsumiert; der Rest wurde im Dezember 2011 in seiner Wohnung sichergestellt. Die gesamte Wirkstoffmenge betrug 182,39 Gramm Cocainhydrochlorid, was dem 36,4fachen der nicht geringen Menge entspricht. Ab Anfang 2011 war der Angeklagte im Besitz einer Schusswaffe, die er gebrauchsbereit in seiner Wohnung in der Nähe der gelagerten Betäubungsmittel aufbewahrte, wo auch die Verkäufe an die Abnehmer des Angeklagten stattfanden. Im Hinblick darauf, dass der Drogenvorrat nie ganz aufgebraucht wurde und der Angeklagte diesen immer wieder sukzessive aufgefüllt hat, ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte insgesamt nur eine Tat im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG begangen habe. Dies begegnet jedoch rechtlichen Bedenken. Denn die Annahme einer einheitlichen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit setzt voraus, dass sämtliche Betäubungsmittel Gegenstand ein und desselben Güterumsatzes waren, etwa indem der Angeklagte sie gleichzeitig zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung erworben hätte (vgl. BGHSt 30, 28, 31; 43, 252, 261; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 27, 45; § 29 Bewertungseinheit 1 sowie die Nachweise bei Körner BtMG 6. Aufl. § 29 Rn. 847). Dies ist beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen grundsätzlich nicht der Fall. Die Strafkammer hat festgestellt, dass das verkaufte Kokain ausverschiedenen – insgesamt mindestens elf (UA S. 7, 12) – Erwerbsvorgängen stammt. Der bloße Umstand, dass bei jedem Neukauf noch Reste der vorangegangenen Lieferung vorhanden waren, die mit dem neuerworbenen Rauschgift vermischt wurden, verbindet nicht sämtliche Ankäufe zu einer einheitlichen Vorratsmenge (BGH, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20). Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. Se- nat, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470). Deshalb führt auch das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, NStZ 2000, 540 f.). Auf die Zahl der Einzelverkäufe kommt es hier nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.).“
4
Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kann der Schuldspruch aber nicht bestehen bleiben. Denn es ist vorliegend nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte durch die Annahme nur einer rechtlichen Tat beschwert ist. Zwar liegt – unter Berücksichtigung der in jedem Einzelfall erworbenen Betäubungsmittelmengen und unter Abzug der von dem Angeklagten für den Eigenkonsum erworbenen Mengen – jedenfalls bei vier Erwerbsvorgängen ab Januar 2011 ein Handeltreiben mit nicht geringer Menge vor, bei dem der Angeklagte jeweils eine Schusswaffe mit sich geführt hat. Auch wenn damit § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in vier tatmehrheitlichen Fällen gegeben ist, lässt sich weder ausschließen , dass die Strafkammer in jedem dieser Einzelfälle anders als bei der jetzt abgeurteilten Tat, bei der sie unter anderem auch maßgeblich die Gesamtmenge der gehandelten Betäubungsmittel berücksichtigt hat, einen minder schweren Fall angenommen hätte, noch lässt sich davon ausgehen, dass sie in einem solchen Fall (auch in Anbetracht der weiteren Einzelstrafen für die anderen Taten) keine mildere (Gesamt-)Freiheitsstrafe verhängt hätte.
5
Eine Schuldspruchänderung durch den Senat kommt nicht in Betracht. Angesichts des Umstands, dass dem Urteil keine Feststellungen zu entnehmen sind, in welchem Umfang in den jeweiligen Erwerbsvorgängen Betäubungsmittelmengen enthalten sind, lässt sich eine zuverlässige rechtliche Einordnung jeder einzelnen Tat nicht vornehmen. Dies führt zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs, auch hinsichtlich des an sich fehlerfreien Schuldspruches wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
6
2. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf die in der Antragsschrift geäußerten, zutreffenden Bedenken gegen die Verfallsentscheidung hin. Fischer Appl Krehl Eschelbach Zeng