Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2010 - 5 StR 411/10

published on 28/10/2010 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2010 - 5 StR 411/10
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
5 StR 411/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Misshandlung eines Schutzbefohlenen
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2010

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten T. wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 10. Mai 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit diesem Angeklagten eine Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung versagt worden ist.
Die weitergehende Revision dieses Angeklagten und die Revision der Angeklagten E. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Angeklagte E. hat die Kosten ihres Rechtsmittels und die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat beide Angeklagte wegen Misshandlung eines Schutzbefohlenen schuldig gesprochen und den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten und die Angeklagte E. – als Unterlassungstäterin – zu einer solchen von zehn Monaten verurteilt. Hinsichtlich beider Freiheitsstrafen hat das Landgericht zwei Monate als vollstreckt erklärt und die Freiheitsstrafe hinsichtlich der Angeklagten E.
zur Bewährung ausgesetzt. Lediglich die Revision des Angeklagten T. erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Das Landgericht hat sich fehlerfrei davon überzeugt, dass der Angeklagte T. als „Stiefvater“ des zur Tatzeit neun Jahre alten Nebenklägers diesen vom 1. September 2005 bis zum 24. Mai 2006 durch drangsalierende Erziehungsmethoden im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB durch Zufügen seelischen Leidens mit erheblicher Verängstigung quälte (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 225 Rdn. 8a m.w.N.). Die allein sorgeberechtigte Mutter des Nebenklägers , die Angeklagte E. , schritt gegen ihren Lebensgefährten nicht ein.
3
2. Auch die Strafaussprüche halten der – freilich eingeschränkten (BGHSt 29, 319, 320) – revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Dies gilt indes nicht hinsichtlich der dem Angeklagten T. versagten Strafaussetzung zur Bewährung. Das Landgericht hat dem Angeklagten eine günstige Prognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt. Es stützt die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung indes nicht auf eine gemäß § 56 Abs. 2 StGB gebotene Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten (vgl. BGHSt 29, 319, 324; Fischer aaO § 56 Rdn. 23 m.w.N.), sondern beruft sich auf hypothetische Strafzumessungserwägungen für den Fall tatnäherer Aburteilung (UA S. 30). In die Würdigung hätten die im Rahmen der Strafzumessung (UA S. 29) zugunsten des Angeklagten als bedeutsam bewerteten Umstände (Erleiden gleicher Erziehungsmethoden in Heimen der DDR; möglicherweise Überforderung bei der Erziehung, auch durch ADHS des Nebenklägers) in den Blick genommen werden müssen.
4
3. Dies wird Aufgabe des neu berufenen Tatgerichts sein. Der Aufhebung von Feststellungen bedurfte es bei dem hier vorliegenden Wertungsfehler nicht.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die 1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,2. seinem Hausstand angehört,3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder4.
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published on 04/08/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 S t R 6 2 4 / 1 4 vom 4. August 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der am 7. Juli 2015 begonnenen Haupt
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
2.
seinem Hausstand angehört,
3.
von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.
des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder
2.
einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.