Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2003 - 5 StR 182/03

bei uns veröffentlicht am02.07.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 182/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 2. Juli 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juli 2003

beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten B gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 2. Oktober 2002 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Soweit das genannte Urteil den Angeklagten D betrifft , wird
a) im Fall III 2 der Urteilsgründe die Verfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des erpresserischen Menschenraubs beschränkt,
b) auf die Revision dieses Angeklagten das Urteil nach § 349 Abs. 4 StPO aa) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte D in den Fällen III 1 und 2 der Urteilsgründe wegen erpresserischen Menschenhandels in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub verurteilt ist, bb) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen III 1 und 2 der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben, ferner hinsichtlich der Anordnung des Verfalls; diese Anordnung entfällt.

c) Die weitergehende Revision des Angeklagten D wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Der Angeklagte hat die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen.

d) Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung zur Festsetzung der Einzelstrafe (Fall III 1/2 der Urteilsgründe) und der Gesamtstrafe, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten B wegen – gemeinsam mit dem Angeklagten D und dem insoweit bereits rechtskräftig verurteilten M begangenen – erpresserischen Menschenraubs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstrekkung zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten D hat es wegen schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Menschenhandel, Zuhälterei, Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin (II 2 der Urteilsgründe = Fall 1 der Anklage), ferner wegen (tateinheitlichen ) schweren Menschenhandels (in zwei Fällen) (III 1 der Urteilsgründe = Fall 2 der Anklage) und wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit Vergewaltigung (in zwei tateinheitlichen Fällen) (III 2 der Urteilsgründe = Fall 3 der Anklage) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Es hat gegen ihn ferner den Verfall von 2000 Euro und die Einziehung eines PKW Mercedes Benz angeordnet.
1. Die Revisionen des Angeklagten B und die des Angeklagten D – soweit sich diese gegen Schuld- und Strafausspruch im Fall II 2 der Urteilsgründe richtet – erweisen sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2. a) Die weitergehende, gegen den Schuldspruch wegen schweren Menschenhandels (in zwei tateinheitlichen Fällen) und erpresserischen Menschenraubs (III 1 und 2 der Urteilsgründe) gerichtete Revision des Angeklagten D , die auf eine Verletzung von Art. 6 Abs. 3 lit. d MRK und sachlichrechtliche Beweisanforderungen gestützt wird, bleibt insoweit ebenfalls unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, weil das Landgericht die den Aussagen der Verhörspersonen entnommenen belastenden Umstände durch andere wichtige Gesichtspunkte außerhalb deren Aussagen hinreichend bestätigt sah (vgl. BGHSt 46, 93, 106; 42, 15, 25; BGHR StPO § 261 Zeuge 13). Indes hat das Vorbringen zur Verfahrensrüge dem Senat im Hinblick auf BGHSt 29, 109, 110 Anlaß gegeben, durch Anwendung von § 154a Abs. 2 StPO die Verurteilung wegen (zweifacher) Vergewaltigung entfallen zu lassen.

b) Hinsichtlich der Bestimmung der Konkurrenz der genannten Fälle führt die Sachrüge zu einer Änderung des Schuldspruchs. Das Vorgehen des Angeklagten ist in diesen Fällen entgegen der Auffassung des Landgerichts als eine einzige Tat im Rechtssinne nach den Grundsätzen einer natürlichen Handlungseinheit (vgl. BGHSt 43, 312, 315; 381, 386 f.) zu bewerten. Zwischen dem listigen Anwerben der beiden Bulgarinnen zur Ausübung der Prostitution , deren Unterbringung in einer vom Angeklagten (siehe Fall II 2) unterhaltenen Prostituiertenwohnung und der Entführung einer der Bewohnerinnen mit dem Ziel des Freikaufs nach verweigerter Ausübung der Prostitution besteht ein enger zeitlicher, räumlicher und sachlicher Zusammenhang auf der Grundlage eines einheitlichen Willens im Sinne derselben ausbeuterischen Willensrichtung (vgl. BGHSt 43, 312, 315). Die Vorschrift des § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs durch den Senat nicht entgegen; der Angeklagte hätte sich gegen den Vorwurf, die Delikte tateinheitlich begangen zu haben, nicht anders als geschehen verteidigen können.

c) Die schon angesichts der Verfahrensweise nach § 154a Abs. 2 StPO unerläßliche Änderung des Schuldspruchs zieht den Wegfall der beiden in den Fällen III 1 und 2 der Urteilsgründe gebildeten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Der Senat schließt aus, daß die Einzelstrafe im Fall II 2 der Urteilsgründe bei entsprechender Bewertung milder bemessen worden wäre.
3. Die Anordnung des Verfalls hat keinen Bestand. Insoweit hat das Landgericht nicht bedacht, daß die durch die Zuhältereihandlungen des Angeklagten im Fall II 2 betroffene Nebenklägerin als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB anzusehen ist, der gegen den Angeklagten Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 181a StGB, der auch dem Schutz der Prostituierten dient und sie vor finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Zuhälter bewahren will (vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), zustehen (BGH, Beschl. vom 7. Mai 2003 – 5 StR 536/02) und daß allein die rechtliche Existenz dieser Ansprüche eine solche Maßnahme hindert (vgl. BGHR StGB § 73 Tatbeute 1; BGH NStZ 1996, 332).
4. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Der neue Tatrichter wird die neue Einzelstrafe auf der Grundlage der bestehenden Feststellungen , aber ohne Rückgriff auf die nach § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Tatbestände zu bemessen haben. Hierbei und auch bei der dann mit der aus der Verurteilung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe (II 2 der Urteils- gründe) zu bildenden Gesamtfreiheitsstrafe können aber zusätzliche Feststellungen , die freilich den bisherigen nicht widersprechen dürfen, getroffen und erwogen werden.
Harms Basdorf Gerhardt Brause Schaal

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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

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(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer 1. eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder2. seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort,

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder
2.
seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,
und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten oder Lebenspartner vornimmt.

5 StR 536/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 7. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Zuhälterei u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2003

beschlossen:
I. Dem Angeklagten T wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. April 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II. Auf die Revision des Angeklagten T wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO, soweit es ihn betrifft ,
a) im Schuldspruch insoweit abgeändert, als jeweils die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Förderung der Prostitution in Wegfall kommen, und
b) unter Aufrechterhaltung der Feststellungen im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
IV. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten T wegen Förderung der Prostitution in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung , mit Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG und zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, mit tateinheitlich in vier Fällen begangener Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen die §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Förderung der Prostitution nach § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. haben aus Rechtsgründen keinen Bestand. Dieser Straftatbestand ist durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten – ProstG – vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3983) aufgehoben worden. Diese Rechtsänderung hat das Revisionsgericht nach § 354a StPO zu berücksichtigen. Die Korrektur des Schuldspruches führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruches, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß ohne die Berücksichtigung des mittlerweile außer Kraft getretenen Straftatbestandes das Landgericht geringere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Die Anordnung des Verfalls unterliegt durchgreifenden Bedenken. Insoweit hat das Landgericht die durch die Zuhältereihandlungen des Ange- klagten betroffenen Frauen zu Unrecht nicht als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB angesehen. Das Landgericht hat seine Auffassung darauf gestützt, daß diese Frauen im Hinblick auf ihre gesetz- und sittenwidrigen Einkünfte keine Ansprüche gegen den Angeklagten T hätten. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob diese Rechtsauffassung vor der Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten zutreffend war. Jedenfalls nach der nunmehr getroffenen Wertentscheidung (§ 1 ProstG) sind weder die Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig noch sind rechtliche Hinderungsgründe ersichtlich, wonach Prostituierte rechtswidrige Einbußen ihres (jedenfalls auch) aus den Prostitutionserlösen bestehenden Vermögens nicht im Wege eines Schadensersatzanspruches geltend machen könnten. Da die Strafvorschrift des § 181a StGB gerade auch dem Schutz der Prostituierten dient und sie vor finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Zuhälter bewahren will (vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), ist diese Regelung auch Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
Der neue Tatrichter wird deshalb festzustellen haben, inwieweit – über die vom Angeklagten im Vergleichswege bereits zugesagten Schadensersatzzahlungen in Höhe von 104.000 DM an die Nebenklägerinnen hinaus – entsprechende Schadensersatzansprüche bestehen. Dabei sind die Möglichkeiten der Zurückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) in Betracht zu ziehen. Weiterhin sind, da Gegenstand des Verfalls nach dem Wegfall des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. nur noch die Vorteile aus den verbleibenden ausländerrechtlichen Taten sein können, nur diese aus dem Gesamtumfang der Prostitutionserlöse zu berücksichtigen. Die hierzu noch vorzunehmenden Ermittlungen berühren die vom Landgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht, weshalb diese im vollen Umfang aufrechterhalten werden können. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, zusätzliche Feststellungen zu treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Bei der Neubemessung der Strafen wird die unerklärlich lange Zeitdauer des Revisionsverfahrens (Übersendung der Akten an den Generalbundesanwalt erst ein Jahr nach Eingang der Revisionsbegründung) zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13).
Harms Häger Basdorf Raum Brause

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.