Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2017 - 5 StR 149/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:310517B5STR149.17.0
bei uns veröffentlicht am31.05.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 149/17
vom
31. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:310517B5STR149.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 31. Mai 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhr der einschlägig vorbestrafte Angeklagte in den frühen Morgenstunden des 5. Dezember 2015 mit einer U-Bahn, die auch die auf ihrem Heimweg befindliche Nebenklägerin bestieg. Der Angeklagte entschloss sich, sie zu verfolgen, um an geeigneter Stelle an ihr sexuelle Handlungen auch gewaltsam zu vollziehen. Als die Nebenklägerin die U-Bahn verließ, folgte er ihr auf ihrem weiteren Nachhauseweg. Er sprach sie mit der Frage an, ob sie ihn mitnehme, und ließ sich auch durch ihre ablehnende Antwort nicht von seinem Vorhaben abbringen. Um den weiter hinter ihr herlaufenden Angeklagten zur Aufgabe seiner Verfolgung zu bewegen, drehte sich die Nebenklägerin, als er sich direkt hinter ihr befand, zu ihm um, schrie ihn an und schlug mit ihrer Handtasche in seine Richtung, ohne ihn zu treffen.
3
In Umsetzung seines Tatplans drängte der Angeklagte die Nebenklägerin nunmehr gegen eine Mauer, griff ihr in das Gesicht und erklärte, er wolle sie „ficken“. Er fasste ihr unter dem Rock zwischen die Beine und versuchte, mit der Hand unter ihrer Strumpfhose in den Scheidenbereich zu gelangen. Durch ihre Hilfeschreie auf die Tat aufmerksam geworden öffnete ein Anwohner ein Fenster und veranlasste mit seinem Ausruf „Polizei“ den Angeklagten zur Flucht.
4
2. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten, der sich dahin eingelassen hat, keine Erinnerung an einen solchen Vorfall zu haben , aufgrund einer Gesamtschau folgender Umstände überzeugt:
5
Als „gewichtiges Indiz“ sieht es das Landgericht vor allem an, dass an bestimmten Stellen der Strumpfhose der Nebenklägerin Mischspuren mit Merkmalen gefunden worden seien, für deren Verursachung der Angeklagte in Betracht komme. Nach Erläuterung des Sachverständigen sei die Übereinstimmung des DNA-Identifizierungsmusters der Spuren mit dem des Angeklagten so groß, dass weltweit – wenn überhaupt – diese Spuren nur wenigen Personen zugeordnet werden könnten. Die mögliche Zuordnung der Spuren zu anderen Personen sei eher theoretischer Natur.
6
Das Landgericht hält weiter den in Augenschein genommenen Angeklagten für identisch mit der Person, die von den Videoaufzeichnungen in der U-Bahn erfasst und darauf von der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren als Täter identifiziert worden sei. Die äußere Erscheinungsform (Größe), Kopfform und Gesicht stimmten überein. Das auf den Videoaufnahmen erkennbare Gesicht entspreche auch dem auf den Fotos aus der letzten erkennungsdienstlichen Behandlung des Angeklagten. Demgegenüber habe dessen Wiedererkennung durch die Nebenklägerin in der Hauptverhandlung nur geringes Gewicht.
7
Als weiteres Indiz wertet das Landgericht, dass eine bei Festnahme des Angeklagten am 30. Dezember 2015 sichergestellte schwarze wollene Schirm- mütze und eine schwarze Jacke „vom Erscheinungsbild her“ identisch seien mit der Mütze und der Jacke, die von der auf den Videoaufzeichnungen abgebildeten Person getragen worden seien; auch habe der Täter nach den Angaben der Nebenklägerin und der beiden seine Flucht beobachtenden Anwohner eine schwarze Mütze getragen. Schließlich decke sich das Tatbild mit jenem mehrerer nächtlicher Überfälle auf ihm unbekannte Frauen in den Jahren 2006 und 2007, die den Gegenstand einer Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe bildeten.

II.


8
1. Diese Beweiswürdigung enthält – trotz des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs – sachlich-rechtlich beachtliche Fehler, da sie lückenhaft ist.
9
a) Dies gilt zunächst für die Heranziehung der DNA-Spuren auf der Strumpfhose der Nebenklägerin.
10
Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist nach bisheriger Rechtsprechung in der Regel zumindest erforderlich, dass das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 5 StR 606/16 mwN).
11
Hier hat das Landgericht mit seiner pauschalen Verweisung auf ein DNA-Gutachten des Landeskriminalamts und mit der Wiedergabe allgemein gehaltener Ausführungen des Sachverständigen nicht nur davon abgesehen, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen des Gutachtens im Urteil anzugeben, sondern nicht einmal als Ergebnis der Analyse den Seltenheitswert der Spuren mitgeteilt, aus denen sich ableiten ließe, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Angeklagte als Spurenleger anzusehen ist.
12
b) Auch beschränkt sich das Landgericht darauf, zu seiner Überzeugung von der Identität des Angeklagten mit der Person, die von den Videoaufzeichnungen in der U-Bahn erfasst wurde, das Ergebnis seiner vergleichenden Betrachtung pauschal mitzuteilen, ohne dies anhand von Einzelmerkmalen des äußeren Erscheinungsbildes wie etwa der konkreten Körpergröße oder Kopfform zu belegen. In diesem Zusammenhang mag dahinstehen, ob es hier für eine wirksame Verweisung auf Abbildungen gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO (vgl. zu den Anforderungen BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 – 3 StR 425/15, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 3 Verweisung 5; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 267 Rn. 8 mwN), die ohnehin nur „wegen der Einzelheiten“ erlaubt ist, schon genügt, dass zu einem Standbild aus der Videoaufzeichnung lediglich zwei Fundstellen in der Akte angegeben werden verbunden mit dem Hinweis auf eine Inaugenscheinnahme durch die Strafkammer (UA S. 33). Jedenfalls hat sich das Landgericht nicht mit der Ergiebigkeit des Bildes und seiner Eignung als Grundlage einer Identifizierung auseinandergesetzt, an deren Begründung umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je schlechter die Bildqualität ist (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995 – 4 StR 170/95, BGHSt 41, 376,

384).


13
Ebenso wenig wird für den Umstand, dass die Nebenklägerin tatzeitnah auf dem betreffenden Standbild aus der Videoaufzeichnung eine bestimmte Person als Täter wiedererkannt hat (UA S. 30 f.), mitgeteilt, ob und gegebenenfalls an welche bestimmten individuellen Identifizierungsmerkmale sie ihr Wiedererkennen geknüpft hat. Insofern könnte zudem von Bedeutung sein, ob die Zeugin zuvor schon eine auf diese Person und damit den Angeklagten zutreffende Täterbeschreibung abgegeben hatte.
14
2. Der Senat kann – trotz der den Angeklagten erheblich belastenden Beweislage – nicht ausschließen, dass das Urteil auf den erörterten Lücken in der Beweiswürdigung beruht. Das Landgericht hat den weiteren von ihm ange- gebenen Indizien für die Täterschaft des Angeklagten, die zudem eher einen geringen Beweiswert besitzen, ersichtlich nur eine ergänzende Bedeutung beigemessen.
Mutzbauer Sander Dölp
König Berger

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Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 606/16
vom
22. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:220217B5STR606.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 29. Juli 2016 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.3 und II.4 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im Gesamtstrafenausspruch,
c) hinsichtlich der Einziehungsanordnung,
d) im Ausspruch über den (erweiterten) Verfall und
e) soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.4 der Urteilsgründe ), Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2 der Urteilsgründe) und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (FäIIe II.1 und II.3 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt. Außerdem hat es den erweiterten Verfall in Höhe von 6.730 € angeordnet und sichergestellte Betäubungsmittel sowie ent- sprechende Utensilien und Behältnisse eingezogen.
2
Die Revision des Angeklagten wendet sich mit verfahrens- und materiellrechtlichen Beanstandungen gegen die Verurteilung. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
1. Das Landgericht hat zu den Fällen II.3 und II.4 der Urteilsgründe Folgendes festgestellt:
4
Am Abend des 25. Februar 2015 wurde der Angeklagte bei einer polizeilichen Kontrolle als Beifahrer in einem Fahrzeug angetroffen, dessen Fahrer der Konsum von Crystal nachgewiesen werden konnte. Bei der daraufhin erfolgten Durchsuchung des Pkw wurden in der Mittelarmlehne der Rückbank, auf der als weiterer Fahrzeuginsasse der gesondert Verfolgte A. saß, über 73 g Amphetamin sichergestellt. Das Rauschgift, das in einer Handyhülle in Plastiktüten verpackt war, gehörte dem Angeklagten. Er wollte es gewinnbringend weiterverkaufen und führte auch 300 Euro bei sich. Während der Fahr- zeugkontrolle veranlasste er telefonisch Dritte, seine Wohnung gewaltsam zu öffnen und dort befindliche Betäubungsmittel zu entfernen. Bei der noch am selben Abend erfolgten polizeilichen Wohnungsdurchsuchung wurde deshalb dort kein Rauschgift gefunden. Dem gesondert Verfolgten A. , bei dem 2.300 Euro in einer für die Drogenhandelsszene typischen Stückelung gefunden wurden, gelang es noch während der Fahrzeugkontrolle, Dateien auf seinem Laptop zu löschen (Fall II.3).
5
Bei einer polizeilichen Durchsuchung seiner Einzimmerwohnung am 5. Januar 2016 wurden knapp 346 g Marihuana sichergestellt, die der Angeklagte tags zuvor telefonisch bei dem gesondert Verfolgten H. bestellt hatte. Außerdem wurden ca. 2,5 g Haschisch, 2,8 g Crystal, 62 Ecstasy-Tabletten, 3,9 g Kokain und 5,9 g Amphetamin gefunden. Sämtliche Betäubungsmittel waren für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Weiterhin bewahrte der Angeklagte 6.430 Euro in seiner Wohnung auf. Über deren Eingangstür lagerte er griffbereit einen Teleskopschlagstock, um die Betäubungsmittel und seine Erlöse aus dem Drogenhandel gegen Angriffe Dritter zu schützen (Fall II.4).
6
2. Ihre Überzeugung davon, dass dem Angeklagten, der sich zu den Tatvorwürfen nicht eingelassen hat, in beiden Fällen die sichergestellten Betäubungsmittel und Rauschgiftutensilien sowie im Fall II.4 zudem der Teleskopschlagstock zuzuordnen seien, hat die Strafkammer maßgeblich auf DNAGutachten des Landeskriminalamts zur Auswertung molekulargenetischer Spuren gestützt.
7
Danach habe es sich im Fall II.3 bei dem Angeklagten um „den Haupt- verursacher der an der Handyhülle aufgefundenen DNA-Spuren“ gehandelt. Auch am Aufkleber der Cliptüte, in der das Rauschgift verpackt war, habe „die DNA des Angeklagten“ festgestellt werden können. Der in unmittelbarer Nähe des Amphetamins auf der Fahrzeugrückbank angetroffene A. habe als Spurenverursacher ausgeschlossen werden können. Unter weiterer Berücksichtigung von Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung, wonach sich aus einer bis zum frühen Morgen des 24. Februar 2015 andauernden Kommunikation ergeben habe, dass sich ein Lieferant auf den Weg mache, hat es die Strafkammer „daher als erwiesen“ angesehen,dass das Amphetamin dem An- geklagten gehört habe.
8
Zu Fall II.4 habe ein DNA-Gutachten ergeben, dass es der Angeklagte war, der „an sämtlichen in seiner Wohnung aufgefundenen Betäubungsmitteln ausschließlich seine DNA-Spuren hinterließ“. Auch vor diesem Hintergrund habe die Aussage des Zeugen H. , wonach sämtliche Drogen in der Wohnung ihm gehörten, nicht überzeugen können. Ebenso sei an dem Teleskopschlagstock – einem weiteren Gutachten zufolge – „DNA des Angeklagten“ festgestellt worden; zudem sei an diesem eine Mischspur gesichert worden, bei der der Angeklagte Mitverursacher gewesen sei und der Zeuge H. als solcher nicht habe ausgeschlossen werden können. Dessen Aussage, dass der Schlagstock ihm gehöre, habe nicht überzeugt. Wäre sie wahrheitsgemäß, hätten von ihm an dem Schlagstock eindeutigere Spuren gefunden werden müssen.
9
Nähere Ausführungen zu den DNA-Gutachten enthält das Urteil nicht.

II.


10
1. Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.3 und II.4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, da ihr keine sie tragende rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung zugrunde liegt.
11
Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist nach bisheriger Rechtsprechung in der Regel zumindest erforderlich, dass das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 12. April 2016 – 4 StR 18/16 mwN; zu ggf. geringeren Anforderungen bei einer Reihe weiterer gewichtiger Indizien BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 – 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180 mwN; vgl. zur Entwicklung des Maßstabs für die sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Darstellung von DNA-Vergleichsuntersuchungen im tatrichterlichen Urteil auch BGH, Urteile vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217, vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454, 2455 f., und vom 24. März 2016 – 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490, 491).
12
Hier hat das Landgericht mit seinen pauschalen Verweisungen auf Gutachten des Landeskriminalamts nicht nur davon abgesehen, deren wesentliche Anknüpfungstatsachen im Urteil anzugeben, sondern nicht einmal als Ergebnisse der Analysen die Seltenheitswerte der Spuren mitgeteilt, aus denen sich ableiten ließe, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Angeklagte als Spurenleger an den sichergestellten Betäubungsmitteln und (im Fall II.4) an dem Teleskopschlagstock anzusehen ist.
13
Auf dieser Lücke in der Beweiswürdigung beruht das Urteil auch. Das Landgericht hat den weiteren von ihm angegebenen Indizien, soweit ihnen überhaupt für die konkreten Tatvorwürfe und nicht nur für eine länger andauernde Verstrickung des Angeklagten in den Drogenhandel Beweiswert zukommt , ersichtlich nur eine ergänzende Bedeutung beigemessen. Insbesondere belegen die angeführten Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung aus den Tagen jeweils vor den Durchsuchungen in ihrer nur kursorischen Darstellung durch das Landgericht nicht, dass die sichergestellten Betäubungsmittel dem Angeklagten gehörten.
14
2. Der Rechtsfehler in der Beweiswürdigung führt auch zur Aufhebung der Einziehungsanordnung, da diese ebenfalls auf den unzulänglichen Beweiserwägungen zu den DNA-Spuren beruht. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.3 und II.4 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen entzieht zudem der Verfallsanordnung nach § 73d StGB ihre Grundlage.
15
3. Keinen Bestand hat das Urteil zudem, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist.
16
Nach den Urteilsfeststellungen konsumierte der 30 Jahre alte Angeklagte seit 2003 regelmäßig zunächst Ecstasy und später auch Haschisch. Ab 2006 nahm er daneben täglich ein Gramm Crystal zu sich. Seit 2007 handelte er mit Betäubungsmitteln. Ein Strafrest der hierfür 2009 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und die außerdem angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurden 2012 zur Bewährung ausgesetzt. Auch nach seiner Entlassung bewegte sich der Angeklagte, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und weder einer geregelten Arbeit nachging noch Sozialleistungen bezog, weiterhin in der Drogenszene.
17
Diese Umstände drängten zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind, zumal die frühere Maßregelanordnung bislang nicht nach § 67c Abs. 2 Satz 5 StGB für erledigt erklärt worden ist. Auch die Wendung in den Urteilsgründen, wonach der Angeklagte mit seinem Entschluss zum gewerbsmäßigen Drogenhandel eine Ein- nahmequelle erstrebte, die „zur zumindest teilweisen Finanzierung seines Lebensbedarfs bestimmt war“ (UA S. 5), steht der Annahme eines symptomati- schen Zusammenhangs nicht von vornherein entgegen. Er verfügte ersichtlich über keine legalen Einkünfte, die ihm die Finanzierung eines eigenen Drogenkonsums hätten ermöglichen können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 2012 – 5 StR 545/12, und vom 3. März 2016 – 4 StR 586/15). Zu einem Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten in der Zeit unmittelbar vor den verfahrensgegenständlichen Straftaten hat das Landgericht zwar keine Feststellungen getroffen; ein solcher lag allerdings schon aufgrund seiner fortdauernden Verstrickung in die Drogenszene sehr nahe.
18
Auch über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss deshalb – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) – neu verhandelt und entschieden werden.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 425/15
vom
28. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:280116U3STR425.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Januar 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Hubert, Dr. Schäfer, Mayer, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung -, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung - als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt , Rechtsanwalt als Verteidiger,
Rechtsanwalt als Vertreter des Nebenklägers K. ,
Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenkläger A. und E. S. ,
Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin T. S. ,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 24. Juni 2015 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, jeweils in vier tateinheitlichen Fällen, weiter in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
1. Die Anklageschrift wirft dem Angeklagten vor, er habe am 9. Dezember 2014 gegen 03.30 Uhr im Wohnhaus der Nebenkläger durch eine fehlende Glasscheibe an der Haustür eine dahinter als Windschutz aufgehängte Jacke angezündet, um die, wie er gewusst habe, in dem Gebäude schlafenden Nebenkläger mittels Feuer oder Rauch zu töten. Die Flammen hätten unter anderem die hölzerne Haustür erfasst, die schließlich selbständig gebrannt habe. Den erwachenden Nebenklägern, die Rauchvergiftungen erlitten hätten, sei es aber gelungen, den Brand zu löschen.
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2. Das Landgericht hat das objektive Brandgeschehen wie in der Anklageschrift angenommen festgestellt, sich aber von der Täterschaft des Angeklagten nicht überzeugen können. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
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a) Zwar seien mögliche Motive des Angeklagten für die Brandlegung nicht zu verkennen. Die Nebenklägerin T. S. habe im September 2014 eine persönliche Beziehung zum Angeklagten beendet und ihre Anstellung in dessen Betrieb gekündigt. Mangels weiteren Einkommens habe sie gleichzeitig die Mietzahlungen für das von ihr angemietete spätere Brandobjekt eingestellt, so dass der Vermieter den Mietvertrag am 12. November 2014 fristlos gekündigt habe. Dies habe zu zusätzlichem Streit geführt, denn der Angeklagte habe sich dem ihm bekannten Vermieter gegenüber für die Zahlungen verantwortlich gefühlt; dieser habe sich zur Vermietung nur aufgrund seiner Bestätigung bereit gefunden, die Nebenklägerin könne mit dem bei ihm erzielten Arbeitseinkommen die Miete bezahlen. In der Folge habe der Angeklagte deshalb die Nebenklägerin und ihren Lebensgefährten, den Nebenkläger K. , mehrfach aufgefordert, das Anwesen zu räumen. Die noch nicht ersetzte Glasscheibe an der Haustür habe er am 30. Oktober 2014 gegen 23.30 Uhr selbst eingeschlagen, um in das Haus einzudringen und die Genannten wegen der Mietrückstände zur Rede zu stellen.
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b) Diese Motivlage sei jedoch nicht ausreichend, um den bestreitenden Angeklagten der Brandlegung zu überführen; weitere für seine Täterschaft sprechende Indizien hätten sich nicht ergeben.
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Zwar sei der im Nachbarhaus wohnende Angeklagte nach dem Löschen des Brandes am Tatort erschienen, jedoch könne ihm seine Einlassung nicht widerlegt werden, er sei nur zufällig beim - von einer Zeugin auch an anderen Tagen beobachteten - nächtlichen Ausführen seines Hundes vorbeigekommen. Soweit er anschließend in einem weiteren Streitgespräch mit der Nebenklägerin T. S. sinngemäß geäußert habe, die Nebenkläger das nächste Mal "richtig abfackeln" zu wollen, habe er nach dem Gesprächszusammenhang lediglich provozieren wollen.
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Ebenso wenig führe ein von der Staatsanwaltschaft vorgelegtes Foto der Bildschirmanzeige eines Internet-Chats weiter, in dem sich einer der beiden Teilnehmer offenbar zur Tat bekenne. Der Wortlaut lasse keine Rückschlüsse auf die Identität der Chatteilnehmer zu. Zwar sei den Beiträgen des Bekenners jeweils ein "Miniatur-Lichtbild" zugeordnet. Es sei aber nicht zu erkennen, ob es sich bei der abgebildeten Person um den Angeklagten oder um einen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen handele.

II.


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1. Die Verfahrensrüge, das Landgericht habe seine Aufklärungspflicht dadurch verletzt, dass es zur Ermittlung der Partner des abgelichteten InternetChats nicht (nochmals) die Nebenkläger K. und T. S. als Zeugen vernommen habe, ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig. Zwar hätte es sich in Anbetracht der Schwere des Tatvorwurfs - auch bereits der Staatsanwaltschaft - aufgedrängt, die Identität der Chat-Teilnehmer durch Lokalisierung des Chatraums, entsprechende Ermittlungen beim Anbieter und gegebenenfalls Auswertung beim Angeklagten vorhandener elektronischer Speichermedien zu klären. Eine dahingehende Aufklärungsrüge ist jedoch nicht erhoben.
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2. Soweit die Revision Verstöße des Landgerichts gegen § 261 StPO rügt, wendet sie sich in der Sache gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Diese weist indes keine Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf.
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a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters, dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht kann demgegenüber nur prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist , mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. August 2015 - 3 StR 226/15, juris Rn. 5). Lückenhaft ist die Würdigung der Beweise insbesondere dann, wenn das Urteil nicht erkennen lässt, dass der Tatrichter alle Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen und dabei nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 635/14, juris Rn. 3). Liegt ein solcher Rechtsfehler nicht vor, ist die tatrichterliche Würdigung auch dann hinzunehmen, wenn ein anderes Ergebnis ebenso möglich gewesen wäre oder gar näher gelegen hätte (BGH, Urteil vom 17. April 2014 - 3 StR 27/14, NStZ-RR 2014, 279, 280).
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b) Nach diesen Maßstäben hält die Beweiswürdigung des Landgerichts revisionsgerichtlicher Überprüfung stand. Näherer Erörterung bedarf - im Einklang mit der Antragsschrift des Generalbundesanwalts - nur Folgendes:
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c) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht die Umstände , die aus seiner Sicht geeignet waren, die Entscheidung zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, nicht nur jeweils isoliert für sich gewertet, sondern auch in eine hinreichende Gesamtwürdigung einbezogen. Es hat dargelegt , dass die der beendeten Beziehung zur Nebenklägerin und der Sorge um die Mietzahlungen entspringende Motivlage des Angeklagten mangels weiterer für die Täterschaft des Angeklagten sprechender Beweisanzeichen nicht ausreiche. Dabei nochmals näher auf das Erscheinen des Angeklagten am Tatort und die gegenüber der Nebenklägerin ausgesprochene Drohung einzugehen , als dies auf UA S. 12 und 16 unter Hinweis auf die übrige Beweislage geschehen ist, war das Landgericht nicht gehalten, denn diesen Umständen hat es wegen ihrer weitgehenden Ambivalenz rechtsfehlerfrei eine wesentliche Indizwirkung zu Lasten des Angeklagten abgesprochen.
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d) Unbegründet ist auch die weitere materiellrechtliche Beanstandung der Beschwerdeführerin, das Urteil enthalte weder eine den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO genügende Verweisung auf das Bildschirmfoto noch eine zureichende Beschreibung der darauf erkennbaren "Miniatur-Lichtbilder" und erlaube deshalb keine revisionsgerichtliche Überprüfung, ob der Tatrichter diese rechtsfehlerfrei als für die Identifizierung des Chat-Teilnehmers unergiebig angesehen habe.
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aa) Das Urteil verweist in zulässiger Weise auf die zu den Akten genommene , die "Miniatur-Lichtbilder" enthaltende Ablichtung. Mit dem Klammerzusatz "Anlage 2 zum Protokoll vom 24. Juni 2015" ist der Inhalt der Verweisung eindeutig bestimmt. Auch die Art und Weise genügt den Anforderungen von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO.
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Will der Tatrichter bei der Abfassung der Urteilsgründe im Sinne von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf eine bei den Akten befindliche Abbildung verweisen , so hat er dies deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck zu bringen (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995 - 4 StR 170/95, BGHSt 41, 376, 382). Dem hieraus von der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung und der strafrechtlichen Literatur gezogenen Schluss, eine bloße Mitteilung der Fundstelle in den Akten genüge dafür nicht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 267 Rn. 8 mwN), kann sich der Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anschließen. Eine besondere Form schreibt die genannte Vorschrift für die Verweisung nicht vor. So wird teilweise auch die Notwendigkeit verneint, den Gesetzeswortlaut zu wiederholen oder mitzuteilen, die Verweisung geschehe "wegen der Einzelheiten" (hierzu OLG Brandenburg, Beschluss vom 8. Dezember 1997 - 1 Ss (OWi) 96B/97, NStZ-RR 1998, 240 mwN). Darüber, ob der Tatrichter deutlich und zweifelsfrei erklärt hat, er wolle die Abbildung zum Bestandteil der Urteilsgründe machen (OLG Brandenburg aaO), ist deshalb stets im Einzelfall unter Heranziehung seiner Darlegungen insgesamt zu entscheiden. Insoweit gilt nichts anderes als für die Feststellungen und Wertungen des Tatrichters im Übrigen, die, um rechtlich Bestand zu haben, ebenfalls die Gebote der Eindeutigkeit und der Bestimmtheit wahren müssen.
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Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht dadurch, dass es bei der Nennung und der nachfolgenden inhaltlichen Erörterung der Ablichtung einen Klammerzusatz mit dessen genauer Fundstelle angebracht hat, deutlich und zweifelsfrei erklärt, es wolle die Ablichtung zum Gegenstand der Urteilsgründe machen. Schon nach allgemeiner Lebensanschauung enthält ein unter solchen Umständen hinzugefügter Klammerzusatz die Aufforderung an den Adressaten, nicht nur die Beschreibung des Gegenstands zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich darüber hinaus durch dessen Betrachtung auch einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Wird dergestalt bei der Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe verfahren, so drängt sich diese Auslegung in besonderem Maße auf, denn dem Tatrichter kann das Bewusstsein unterstellt werden, dass eine bloße Fundstellenangabe ohne Sinn bliebe.
17
bb) Das Landgericht hat sich auch hinreichend mit der Ergiebigkeit der "Miniatur-Lichtbilder" auseinandergesetzt. Nachvollziehbar hat es den Lichtbildern nach deren Inhalt und Qualität nicht von vornherein die Eignung als Grundlage für eine Identifizierung der abgebildeten Person abgesprochen. Vielmehr hat es unter Berücksichtigung der darauf erkennbaren individuellen Merkmale lediglich nicht ausschließen können, dass es sich bei dieser Person statt um den Angeklagten um einen in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen handelt. Dagegen ist nichts zu erinnern. Nähere Darlegungen zu den Merkmalen, welche die Ähnlichkeit der abgebildeten Person auch zu dem un- mittelbar vor der Strafkammer aufgetretenen Zeugen begründen, sind bei dieser Sachlage von Rechts wegen nicht zu verlangen (vgl. zum umgekehrten Fall der Identifizierung des Abgebildeten BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995 - 4 StR 170/95, BGHSt 41, 376, 382 ff.; s. auch BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 - 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 21 ff.).
Becker Hubert Schäfer
Mayer Spaniol

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.