Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2015 - 5 StR 112/15
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Mit Blick auf die von der Strafkammer unzutreffend als möglich erachtete Strafrahmenverschiebung nach §§ 46b, 49 Abs. 1 StGB in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe weist der Senat auf den Beschluss vom 25. November 2014 – 5 StR 527/14 hin. Schneider König Berger Bellay Feilcke
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
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Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in acht Fällen, wegen versuchten Diebstahls in zwei Fällen und wegen Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verübte der Angeklagte meist im Zusammenwirken mit Mittätern eine Serie von – teils versuchten – Diebstahlstaten. Ferner setzte er mit einem Mittäter ein zuvor gestohlenes Kraftfahrzeug in Brand, um Spuren zu vernichten. Nach seiner Festnahme legte er im Zuge einer „Lebensbeichte“ ein umfassendes Geständnis ab und be- zeichnete Mittäter (UA S. 20).
- 3
- Das Landgericht hat wegen der geleisteten Aufklärungshilfe hinsichtlich der Brandstiftung am Kraftfahrzeug (§ 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB) die Regelung des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB angewandt und die hierfür verhängte Einzelstrafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert (Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe). Hingegen hat es in Bezug auf die Taten 1 bis 5, 7, 9 und 11 (jeweils „besonders schwerer Diebstahl“ nach § 243 Abs. 1 StGB) eine Anwendung des § 46b StGB nicht erwogen.
- 4
- 2. Hiergegen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.
- 5
- a) Allerdings weist der Generalbundesanwalt mit Recht darauf hin, dass die Verfahrensweise des Landgerichts in Einklang steht mit § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB in der Fassung des am 1. August 2013 in Kraft getretenen 46. StrÄndG vom 10. Juni 2013 (BGBl. I S. 1497). Seither muss – in wesentlicher Einengung der vormals geltenden Regelung – zwischen der durch den „Aufklärungshelfer“ aufgedeckten Katalogtat(hier allein der Brandstiftung) und dessen eigener Straftat ein Zusammenhang gegeben sein. Daran würde es hier fehlen. Die Voraussetzungen bandenmäßiger Begehung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die vorliegend gegebene jeweils spontane Verübung von Straftaten aus einem eher losen Zusammenschluss von latent tatgeneigten Personen heraus kann dem – eng zu verstehenden – Zusammenhangserfordernis aber nicht genügen (vgl. auch Regierungsentwurf eines 46. StrÄndG in BT-Drucks. 17/9695, S. 8 f.).
- 6
- b) Jedoch hat der Angeklagte sämtliche Taten vor dem 1. August 2013 begangen. Da ihm im Blick auf das in § 2 Abs. 3 StGB normierte „Meistbegünstigungsprinzip“ die Wohltaten des „alten“ Rechts erhalten bleiben müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2010 – 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524; vom 26. Oktober 2010 – 4 StR 495/10, BGHR StGB § 2 Abs. 3 Gesetzesänderung 17), hätte das Landgericht entsprechend der zur Tatzeit geltenden Fassung des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB die Strafmilderung ungeachtet eines Zusammenhangs hinsichtlich jeder der aus einem Strafrahmen mit erhöhtem Mindestmaß entnommenen Einzelstrafe prüfen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2010 – 5 StR 182/10, BGHSt 55, 153, 156 f.; Urteil vom 20. März 2014 – 3 StR 429/13, StV 2014, 619, 620 Rn. 15, jeweils mwN). Das ist rechtsfehlerhaft nicht geschehen.
- 7
- 3. Trotz der durchgehend überaus milden Strafbemessung vermag der Senat nicht völlig auszuschließen, dass das Landgericht in den relevanten Fällen zu dem Angeklagten noch günstigeren Einzelstrafen gelangt wäre, wenn es die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB aF insoweit erwogen und bejaht hätte. Die betroffenen Einzelstrafaussprüche können daher keinen Bestand haben, was zugleich dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage entzieht.
- 8
- 4. Die Feststellungen werden durch den Wertungsfehler nicht berührt und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisher getroffenen nicht widersprechen.
König Bellay