Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 488/17
vom
21. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. November 2017 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Gießen vom 6. Juni 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der
Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2017:211117B4STR488.17.0

Ergänzend bemerkt der Senat:
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 26. Oktober 2017 begegnet die tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als das Landgericht diese auch auf § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gestützt hat. Zwar erfordert eine Verurteilung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist. Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, muss die körperliche Misshandlung also bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst worden sein. Erst infolge eines anschließenden Sturzes oder einer Ausweichbewegung erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen (Senatsbeschlüsse vom 14. Januar 2014 – 4 StR 453/13, VD 2014, 137; vom 25. April 2012 – 4 StR 30/12, NStZ 2012, 697, 698; vom 12. Februar 2015 – 4 StR 551/14; vom 16. Juli 2015 – 4 StR 117/15, NStZ 2016, 407, 408; vom 3. Februar 2016 – 4 StR 594/15, NStZ 2016, 724). So liegt es hier aber nicht: Die Verletzungen der Nebenklägerin wurden durch die „Einengung der Fahrgastzelle“ in dem von ihr gelenkten und mit etwa 72 km/h dem Angeklagten entgegenkommenden Pkw verursacht. Dies beruhte unmittelbar auf der vom Angeklagten vorsätzlich herbeigeführten Kollision mit seinem mit etwa 99 km/h entgegenkommenden Kraftfahrzeug.
Sost-Scheible Cierniak Franke Bender Quentin

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Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

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(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 453/13
vom
14. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu Ziff. 1. gefährlicher Körperverletzung u.a.
zu Ziff. 2. Urkundenfälschung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu 3. auf dessen Antrag - und der Beschwerdeführer am 14. Januar
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 4. Juli 2013
a) in Ziffer 2 der Urteilsformel dahin geändert, dass er des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Körperverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist und
b) in den Aussprüchen über die im Fall B.3. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe sowie die für die Taten B.3. und 4. verhängte Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten P. und die Revision des Angeklagten S. werden verworfen. 4. Der Angeklagte S. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung einer früher verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten sowie wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt ; ferner hat es eine Maßregel nach § 69a StGB angeordnet. Den Angeklagten S. hat es wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen ihre Verurteilung richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel des Angeklagten S. hat keinen Erfolg. Die Revision des Angeklagten P. führt zu einer Änderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung einer Einzel- und einer Gesamtstrafe.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten P. im Fall B.3. der Urteilsgründe (auch) wegen gefährlicher Körperverletzung hat keinen Bestand.
3
a) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw von hinten absichtlich auf das vom Zeugen Pö. gesteuerte Motorrad auf, wodurch dieser zu Sturz kam. "Durch" den Sturz erlitt der Zeuge einen Rippenbruch sowie weitere Verletzungen.
4
b) Diese Feststellungen belegen die vom Landgericht - ohne Subsumtion zu den in dieser Vorschrift genannten Tatalternativen - bejahte gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB nicht.
5
Einer Verurteilung nach dem in der Liste der angewendeten Vorschriften insofern allein aufgeführten § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB steht die Rechtsprechung des Senats entgegen, wonach in Fällen, in denen eine Person nach einem gezielten Anfahren mit einem Kraftfahrzeug stürzt, die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB voraussetzt, dass bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Misshandlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen, die nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen sind, können dagegen für sich allein die Beurteilung als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht tragen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 275/13 [juris Rn. 12] mwN).
6
Feststellungen, die eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB rechtfertigen könnten, hat das Landgericht weder zur objektiven noch zur subjektiven Tatseite getroffen.
7
c) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch den Tatbestand der Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB. Da weitere, eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung rechtfertigende Feststellungen nicht zu erwarten sind und sich der geständige Angeklagte gegen diesen Vorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können, ändert der Senat den Schuldspruch ent- sprechend ab. Das besondere öffentliche Interesse an der Verfolgung der Körperverletzung (§ 230 Abs. 1 StGB) hat der Generalbundesanwalt bejaht.
8
d) Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der im Fall B.3. verhängten Einzelstrafe. Dies hat zur Folge, dass die für die Taten B.3. und 4. verhängte Gesamtstrafe keinen Bestand haben kann. Einer Aufhebung der insofern getroffenen Feststellungen bedarf es dagegen nicht; sie sind von dem Rechtsfehler ebenso wenig beeinflusst wie die vom Landgericht angeordnete Maßregel nach § 69a StGB.
9
Für das neue Verfahren weist der Senat darauf hin, dass der vom Landgericht mehrfach angesprochene, erfolgreich durchgeführte "Täter-OpferAusgleich" die Erörterung des § 46a StGB und in der Folge gegebenenfalls die Prüfung eines minder schweren Falles bzw. einer Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB gebietet.
10
2. Im Übrigen weist das Urteil keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten P. auf. Die Revision des Angeklagten S. ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 16. Oktober 2013 dargelegten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 30/12
vom
25. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. April 2012 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 7. Oktober 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei rechtlich selbstständigen Fällen, einmal in Tateinheit mit Nötigung, Nötigung, vorsätzlicher Körperverletzung und Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2
Das Landgericht hat den Schuldspruch gegen den nicht geständigen Angeklagten auf die für glaubhaft erachteten Angaben der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung gestützt. Dabei hat es - wie der Angeklagte zulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) rügt - für seine Überzeugungsbildung auch den Inhalt einer ermittlungsrichterlichen Einvernahme der Nebenklägerin herangezogen, die nicht im Umfang ihrer Verwertung zum Inbegriff der Hauptverhandlung gehört hat. Der darin liegende Verstoß gegen § 261 StPO führt zur Aufhebung des Urteils.
3
1. Das Landgericht hat zu dem Aussageverhalten der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren das Folgende festgestellt:
4
a) Nachdem die Nebenklägerin am 1. Dezember 2010 mehrfach von dem Angeklagten telefonisch bedrängt worden war, erstattete sie in Begleitung einer Freundin Anzeige bei der Polizeiinspektion S. . Bei dieser Gelegenheit schilderte sie erstmalig die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Vorgänge. Ihre Angaben wichen dabei nur in wenigen - vom Landgericht für unbedeutend erachteten - Randdetails von ihrer Einlassung in der Hauptverhandlung ab (UA S. 10). Bei einer kriminalpolizeilichen Einvernahme am 3. Dezember 2010 äußerte sich die Nebenklägerin erneut zu den Tatvorwürfen, wobei ihre Angaben den Schilderungen bei der Anzeigeerstattung "sehr ähnelten". Außerdem fügte sie noch verschiedene Details hinzu, die in den Urteilsgründen im Einzelnen dargestellt werden (UA S. 11). Am 15. Februar 2011 wurde die Nebenklägerin von der Ermittlungsrichterin bei dem Amtsgericht Frankenthal vernommen. Ihre dortigen Angaben "entsprachen wiederum weitgehend der im Rahmen ihrer ursprünglichen polizeilichen Vernehmung gemachten Aussage". Ergänzend werden in den Urteilsgründen einzelne Passagen in wörtlicher Rede wiedergegeben (UA S. 11). Weiter wird angeführt, dass die Schilderung der Nebenklägerin zu Fall III. 4. "relativ knapp" ausgefallen und die einleitende Sequenz zu Fall III. 5. nur "oberflächlich beschrieben" worden sei (UA S. 12).
5
b) Bei der sehr ausführlichen Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung der Aussage im zeitlichen Verlauf für ihren Realitätsbezug spreche. Eine Gesamtschau der Bekundungen der Nebenklägerin lasse ein Ausmaß an Konstanz erkennen, wie es bei zuverlässigen, erlebnisgespeisten Berichten zu erwarten sei (UA S. 21). Die nochmals im Einzelnen dargestellten Abweichungen zwischen den jeweiligen Aussagen seien dem Zeitablauf geschuldet oder beträfen Randereignisse. Nennenswerte Auffälligkeiten hätten sich nur hinsichtlich zweier zum Kerngeschehen gehörender Details ergeben. Dabei seien Widersprüche in den Schilderungen zu Fall III. 3. bei Polizei und Ermittlungsrichterin von der Nebenklägerin schon vor dem Amtsgericht teilweise aufgeklärt (UA S. 22) und schließlich in der Hauptverhandlung auf Vorhalt früherer Aussageprotokolle umfassend erläutert worden (UA S. 23). Soweit die Nebenklägerin bei ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung zu einem zentralen Punkt (vaginaler Geschlechtsverkehr im Fall III. 5.) abweichend ausgesagt habe, liege darin kein ausreichender Hinweis auf einen allgemeinen Mangel an Glaubhaftigkeit , zumal die fragliche Unstimmigkeit erst gegen Ende der ausgedehnten und sicherlich erschöpfenden Vernehmung vor der Ermittlungsrichterin aufgetreten sei (UA S. 23 f.).
6
2. Die Aussage der Nebenklägerin vor der Ermittlungsrichterin bei dem Amtsgericht Frankenthal vom 15. Februar 2011 war nicht in dem Umfang ihrer Verwertung Gegenstand der Hauptverhandlung (§ 261 StPO).
7
Wie sich aus dem schon durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesenen Vortrag des Revisionsführers ergibt, wurde die Vernehmungsniederschrift nicht in der Hauptverhandlung verlesen und auch die vernehmende Ermittlungsrichterin nicht als Zeugin gehört. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht seine Überzeugung vom Inhalt der ermittlungsrichterlichen Vernehmung durch Vorhalte gewonnen hat, die der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung gemacht worden sind.
8
Durch seine Feststellung, dass die Angaben der Nebenklägerin bei ihrer ermittlungsrichterlichen Einvernahme weitgehend der im Rahmen ihrer ursprünglichen polizeilichen Vernehmung gemachten Aussage entsprachen (UA S. 11), die ihrerseits nur in Randdetails von den die Verurteilung tragenden Bekundungen der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung abwich (UA S. 10), hat das Landgericht zu erkennen gegeben, dass es den gesamten das Tatgeschehen betreffenden Vernehmungsinhalt zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat. Dies ergibt sich auch aus den wörtlichen Zitaten und der zusammenfassenden Bewertung ganzer Aussageabschnitte als "relativ knapp" oder "oberflächlich". Das Protokoll der ermittlungsrichterlichen Vernehmung vom 15. Februar 2011 besteht aus sieben eng beschriebenen Seiten. Wie sich aus den übereinstimmenden dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und der Berichterstatterin sowie der Gegenerklärung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft ergibt, wurden der Nebenklägerin nur von der Verteidigung Vorhalte aus diesem Protokoll gemacht. Dabei ging es vornehmlich darum, Widersprüche und Unstimmigkeiten aufzuzeigen. Der Umfang der Vernehmungsniederschrift und die Zielrichtung der Vorhalte schließen aus, dass sich das Landgericht auf diesem Wege die Überzeugung verschafft haben kann, die seine umfassenden Feststellungen zu dem Inhalt der ermittlungsrichterlichen Vernehmung und dessen Übereinstimmung mit früheren Aussagen tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 1991 - 5 StR 164/91, MDR 1991, 704 bei Holtz; Beschluss vom 11. August 1987 - 5 StR 162/87, StV 1987, 421).
9
3. Das Urteil beruht auch auf diesem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO), weil die nicht nur theoretische Möglichkeit besteht, dass es bei richtiger Anwendung des Gesetzes anders ausgefallen wäre (BGH, Urteil vom 6. August 1987 - 4 StR 333/87, NJW 1988, 1223, 1224). Das Landgericht hat in den Bekundungen der Nebenklägerin eine weitreichende Konstanz festgestellt und dabei auch die ermittlungsrichterliche Vernehmung in den Blick genommen. Diese Feststel- lung hat mit dazu beigetragen, dass sich das Landgericht schließlich von der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin und damit der Schuld des Angeklagten überzeugen konnte.

II.

10
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat das Folgende:
11
Sollte der neue Tatrichter wieder zu der Überzeugung gelangen, dass der Angeklagte die Nebenklägerin entsprechend den Feststellungen unter III. 3. der Urteilsgründe mit ihrem Pkw angefahren und dadurch zu Fall gebracht hat, stünde es der Annahme einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht grundsätzlich entgegen, dass die erlittenen Verletzungen (multiple Prellungen) erst durch den Sturz verursacht worden sind.
12
Eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 12. Januar 2010 - 4 StR 589/09, NStZ-RR 2010, 205, 206; Beschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405; Urteil vom 22. Dezember 2005 - 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572). Ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ist in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Wird eine Person durch ein gezieltes Anfahren zu Fall gebracht, kann darin eine gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen, wenn bereits durch den Anstoß eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens und damit eine körperliche Miss- handlung gemäß § 223 Abs. 1 StGB ausgelöst worden ist. Erst infolge des anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Kraftfahrzeug und Körper zurückzuführen, sodass eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB allein darauf nicht gestützt werden kann (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - 4 StR 266/11, Tz. 5; Beschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405).
13
Dessen ungeachtet wird der neue Tatrichter in diesem Fall auch zu prüfen haben, ob sich der Angeklagte eines vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 StGB schuldig gemacht hat. Ernemann Cierniak Franke Schmitt Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR551/14
vom
12. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. Februar 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 15. Juli 2014 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, und des Betruges in vier Fällen sowie des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in drei Fällen, der Sachbeschädigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, des Betruges in drei Fällen, des versuchten Betruges in zwei Fällen und des Vortäuschens einer Straftat schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, und wegen Betruges in vier Fällen unter Ein- beziehung der im Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 13. August 2010 verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten sowie wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in drei Fällen, Sachbeschädigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, Betruges in drei Fällen, versuchten Betruges in zwei Fällen und Vortäuschens einer Straftat zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Maßregel nach §§ 69, 69a StGB angeordnet und einen Bußgeldbescheid aufgehoben. Hiergegen richtet sich die auf die Sachund Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten. Sie führt zu einer Korrektur des Schuldspruchs; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.1.1. der Urteilsgründe wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung hat keinen Bestand. Jedoch ist der Angeklagte in diesem Fall des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig.
3
Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist, dass also in Fällen der vorliegenden Art der als gefährliches Werkzeug eingesetzte Pkw die Körperverletzung unmittelbar verursacht hat (vgl. zuletzt Beschluss vom 4. November 2014 – 4 StR 200/14 mwN). Daran fehlt es hier.
4
Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch den Tatbestand der Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB). Da die Staatsanwaltschaft mit der Anklageerhebung auch insofern das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht hat, stellt der Senat den Schuldspruch entsprechend um. Eines Hinweises hierzu bedurfte es nicht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 265 Rn. 9, 48 mwN).
5
Auch wenn die Änderung des Schuldspruchs den vom Landgericht zutreffend der Strafzumessung in diesem Fall zugrunde gelegten Strafrahmen des § 315b Abs. 3 StGB nicht berührt, ermäßigt der Senat – um jede Beschwer des Angeklagten auszuschließen – die für diese Tat verhängte Einzelfreiheitsstrafe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO von zwei Jahren auf ein Jahr und sechs Monate, mithin auf die in den Fällen II.5.1., 6.1. und 7.1. allein wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2014 – 2 StR 518/13; vom 5. Juni 2013 – 4 StR 77/13).
6
Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe(n) sowie die Anordnung der Maßregel nach §§ 69, 69a StGB werden davon nicht berührt. Angesichts der Summe der Einzelstrafen, der einbezogenen Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und der Vielzahl der Fälle kann der Senat ausschließen, dass diese bei zutreffender rechtlicher Würdigung anders ausgefallen wären.
7
2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 22. Dezember 2014 dargelegten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO), wobei dahinstehen kann, ob die jedenfalls unbegründeten ersten drei Verfahrensrügen auch unzulässig sind, weil die Gutachten des sachverständigen Zeugen und die verlesenen Atteste nicht vorgelegt wurden.
8
Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR117/15
vom
16. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
– zu Nr. 1 a) mit dessen Zustimmung – und des Beschwerdeführers
am 16. Juli 2015 gemäß § 154a Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 30. Oktober 2014 wird
a) die Strafverfolgung aa) in den Fällen unter B. 2. 1. der Urteilsgründe mit Ausnahme der Fälle „WÜ 18 [Fall „B. “]“ (UA 28/29), „M. “ (UA 39) und „G. “ (UA 45/46) jeweils auf den Vorwurf des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und bb) in den Fällen unter B. 2. 2. der Urteilsgründe mit Ausnahme des Falles „KO 26“ (UA 66/67) jeweils auf den Vorwurf des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, beschränkt,
b) das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben aa) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den oben unter Ziff. 1. a) aa) und 1. a) bb) bezeichneten Fällen, soweit die Strafverfolgung gem. § 154a Abs. 2 StPO beschränkt wird, bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen – versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe und Sachbeschädigung (Fall „WÜ 18 [Fall B. ]“), – versuchten Mordes in zwei tateinheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, vorsätzlichem unerlaubten Füh- ren einer Schusswaffe und Sachbeschädigung („Fall M. “), – versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe und Sachbeschädigung (Fall „G. “), – versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, vorsätzlichem unerlaubten Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition und Sachbeschädigung (Fall „KO 26“), – 87 tatmehrheitlichen Fällen des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe jeweils in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung, – 21 tatmehrheitlichen Fällen des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition jeweils in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung, sowie wegen – vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verfeuern von Patronenmunition, vorsätzlichem Besitz einer verbotenen Waffe und vorsätzlichem unerlaubtem Besitz von Munition zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.

I.


3
Nach den Feststellungen des Landgerichts schoss der Angeklagte in einer Vielzahl von Fällen aus dem von ihm auf Bundesautobahnen geführten Lkw heraus im fließenden Verkehr auf andere Fahrzeuge, insbesondere auf Autotransporter oder andere Lkws mit Auflieger, die sich zum Teil im Gegenverkehr , zum Teil im gleichgerichteten Verkehr bewegten. Dabei verwendete er zunächst (Zeitraum vom 2. September 2009 bis zum 4. Mai 2012, Fälle unter B. 2. 1. der Urteilsgründe) eine selbstgebaute Kipplaufpistole des Kalibers .22 und ab dem 13. Juni 2012 eine Pistole P 38 des Kalibers 9 mm (Fälle unter B. 2. 2. der Urteilsgründe). In vier Fällen (Fälle „WÜ 18 [Fall „B. “]“; „M. “ und „G. “ unter B. 2. 1. und Fall „KO 26“ unter B. 2. 2. der Urteilsgründe) verurteilte ihn das Landgericht u.a. wegen versuchten Mordes; in den verbleibenden 108 Fällen (87 Fälle unter B. 2. 1. sowie 21 Fälle unter B. 2. 2. der Urteilsgründe) konnte sich die Strafkammer vom Vorliegen eines zumindest bedingten Tötungsvorsatzes nicht überzeugen.

II.


4
1. Der Senat beschränkt die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang.
5
Die Beschränkung umfasst diejenigen 108 Fälle, in denen der Angeklagte auf die Ladung bzw. Aufbauten von Autotransportern, anderen Lkws oder auf Wohnanhänger schoss und diese auch traf, ohne dass die Strafkammer Feststellungen dazu getroffen hat, dass es nach der Vorstellung des Angeklagten durch die Schüsse zu einer kritischen Verkehrssituation kommen konnte. Eine Verurteilung wegen versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr setzt bei Schüssen auf Fahrzeuge im Straßenverkehr indes voraus, dass nach der Vorstellung des Täters die konkrete Gefahr für eines der in § 315b Abs. 1 StGB genannten Schutzobjekte jedenfalls auch auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte (Dynamik des Straßenverkehrs ) zurückzuführen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2008 – 4 StR 411/08, NStZ 2009, 100, 101). Daran fehlt es, wenn der Schaden – wie hier – ausschließlich auf der durch die Pistolenschüsse freigesetzten Dynamik der auftreffenden Projektile beruht (BGH aaO). Danach hätte der Angeklagte jeweils in seine Vorstellung aufnehmen und billigen müssen, dass es infolge der Schüsse zu einem Beinahe-Unfall kommen könnte; Feststellungen dazu hat das Landgericht aber nicht getroffen.
6
2. Die Beschränkung der Strafverfolgung, die aus prozessökonomischen Gründen erfolgt, führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung der Strafaussprüche über die Einzelstrafen in den genannten Fällen. Der Wegfall der vorgenannten Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.

III.


7
Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 10. April 2015 keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf hier nur Folgendes:
8
1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich im Fall „M. “ (UA 39) auch wegen gefährlicher Körperverletzung in der Variante „mittels einer Waffe“ gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar gemacht, wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen. Eine Körperverletzung „mittels einer Waffe“ begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes Tatmittel eine Körperverletzung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB beibringt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, NStZ 2006, 572; Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 292/12, StV 2013, 438 f., und vom 30. Juni 2011 – 4 StR 266/11).
9
Eine solche unmittelbare Einwirkung des vom Angeklagten abgeschossenen Projektils auf den Körper der beiden Opfer belegen die Feststellungen nicht. Der Geschädigte K. wurde lediglich durch Splitter der durch den Schuss geborstenen Glasscheibe verletzt. Ferner erlitten beide Geschädigte ein Knalltrauma. Die Körperverletzungserfolge sind daher erst durch das Zerbersten der Scheibe und damit durch eine Folge des Schusses eingetreten, nicht aber „mittels“ der eingesetzten Waffe.
10
Der Rechtsfehler wirkt sich jedoch weder auf den Schuld- noch auf den Strafausspruch aus, weil die Feststellungen den Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB tragen und das Landgericht den Umstand, dass nach seiner Auffassung zwei Tatvarianten des § 224 Abs. 1 StGB verwirklicht waren, nicht strafschärfend berücksichtigt hat.
11
2. Das Landgericht hat – erkennbar versehentlich – für den gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Fall „KO 31“ (PB Bl. 153 d.A.; UA 74, 86) trotz des aus der Einstellung folgenden Verfahrenshindernisses eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt (UA 175 unten). Der Angeklagte ist dadurch im Ergebnis aber unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beschwert. Weder der Schuld- noch der Strafausspruch werden von dem Versehen berührt. Denn die Fälle „KO 16“ und „KO 17“ stehen entgegen der konkurrenzrechtlichen Bewer- tung durch das Landgericht nicht in Tateinheit, sondern in Tatmehrheit zueinander , da der Angeklagte hier im Abstand von 15 Minuten unterschiedliche Fahr- zeuge beschoss. Die Strafkammer hat für alle „KO“-Fälle mit Ausnahme des Falles „KO 26“ Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren verhängt.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
RiBGH Dr. Mutzbauer ist urlaubsbedingt abwesend und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Sost-Scheible Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 594/15
vom
3. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:030216B4STR594.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 3. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 7. September 2015 im Schuldspruch dahin geändert, dass die jeweils tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung entfällt. 2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Diebstahls in Tateinheit mit Nötigung, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Den Angeklagten W. B. hat es zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die Angeklagte G. B. zu einer solchen von zehn Monaten (mit Strafaussetzung zur Bewährung) verurteilt. Ferner hat es Maßnahmen nach den §§ 69, 69a StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Sachrüge. Die Revisionen führen lediglich zu einer geringfügigen Änderung des jeweiligen Schuldspruchs; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit das Landgericht die Angeklagten jeweils wegen Diebstahls in Tateinheit mit Nötigung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr schuldig gesprochen hat, hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der jeweils erhobenen Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Der Senat nimmt insoweit auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. Januar 2016 Bezug.
3
2. Die (weitere) tateinheitliche Verurteilung beider Angeklagter wegen gefährlicher Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfordert eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist. Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, muss die körperliche Misshandlung also bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst worden sein. Erst infolge eines anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen (Senatsbeschlüsse vom 14. Januar 2014 – 4 StR 453/13, VD 2014, 137; vom 25. April 2012 – 4 StR 30/12, NStZ 2012, 697; vom 12. Februar 2015 – 4 StR 551/14).
5
b) Gemessen daran sind die Voraussetzungen einer gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB im vorliegenden Fall nicht hinreichend belegt.
6
Nach den Feststellungen setzte sich der Geschädigte auf die Motorhaube des Kraftfahrzeugs der Angeklagten, nachdem die Angeklagte ihn im Ein- vernehmen mit dem Mitangeklagten, ihrem Ehemann, zunächst mit dem Pkw langsam nach vorn rollend, etwa einen Meter zurückgedrängt hatte, um mit dem Diebesgut, zwei Kisten Mineralwasser, vom Parkplatz des Getränkemarktes unentdeckt zu entkommen. Dann fuhr sie auf entsprechende Aufforderung ihres Ehemannes mit dem weiterhin auf der Motorhaube sitzenden Geschädigten mit mittlerer Geschwindigkeit über den Parkplatz in Richtung Ausfahrt. Sie vermochte den Geschädigten jedoch nicht abzuschütteln, da sich dieser an dem Spalt zwischen Motorhaube und Windschutzscheibe festhielt. Während der Fahrt rutschte der Geschädigte aber einmal nach vorn, „so dass sein linker Fuß kurzzeitig vorne unter die Motorhaube geriet, wodurch [er] nicht unerhebliche Schmerzen am Fuß erlitt.“ Danach ist die Tatmodalität des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht dargelegt; es bleibt offen, ob die körperliche Misshandlung auf einen unmittelbaren Kontakt zwischen dem Körper des Geschädigten und dem Fahrzeug zurückzuführen ist.
7
c) Da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch mit der Maßgabe, dass die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung entfällt. Zwar erfüllt das Verhalten der Angeklagten den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 StGB; insoweit fehlt es aber sowohl an einem Strafantrag als auch an der Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft (§ 230 Abs. 1 StGB).
8
Das Fehlen der für die Verurteilung wegen Körperverletzung erforderlichen Strafverfolgungsvoraussetzung stellt die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten mit bedingtem Schädigungsvorsatz im Sinne von § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB gehandelt, nicht in Frage.
9
d) Einen Einfluss der vorgenommenen Schuldspruchänderung auf die Höhe der Strafe kann der Senat wegen des unverändert gebliebenen Unrechtsund Schuldgehalts der Tat ebenfalls sicher ausschließen.
10
3. Der geringfügige Erfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten von einem Teil der Kostenlast freizustellen (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin