Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Apr. 2019 - 4 StR 482/18

bei uns veröffentlicht am30.04.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 482/18
vom
30. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:300419B4STR482.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. April 2019 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten F. gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 9. Mai 2018 wird
a) das Verfahren im Fall II. D. 29. (Fall 28 der Anklageschrift, S. ) eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, des Betrugs in 35 Fällen, der Beihilfe zum Betrug und der Verabredung zur gewerblichen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Einziehung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Einziehung der in den Betriebsräumlichkeiten L. weg in D. sichergestellten „Lampen, Ventilatoren, Videoüberwachungssets, Steuerungsanlagen , PCs und das weitere Zubehör der Cannabisplantage“ sowie der in der Wohnung A. in M. sichergestellten „Handys, Spei- chermedien, Laptops, Kreditkarten, Prepaidkarten, EC-Karten und PCs“ angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen Betruges in 35 Fällen, versuchten Betruges und Beihilfe zum Betrug sowie wegen Verabredung zur gewerblichen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehunganstalt (§ 64 StGB) angeordnet , eine Entscheidung über den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe getroffen sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Schließlich hat das Landgericht eine umfangreiche Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren bezüglich des Vergehens des versuchten Betruges im Fall II. D. 29. der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen einge- stellt; die bisher getroffenen Feststellungen und Beweiserwägungen verhalten sich nicht zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung und tragen daher auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht die Annahme eines beendeten oder fehlgeschlagenen Versuchs. Die teilweise Einstellung des Verfahrens führt zur entsprechenden Schuldspruchänderung , die der Senat selbst vorgenommen hat.
3
Der Strafausspruch bleibt von der teilweisen Einstellung des Verfahrens unberührt. Im Hinblick auf die vom Landgericht rechtsfehlerfrei verhängte Einsatzstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten und die Höhe der 38 in die Gesamtstrafe einzubeziehenden Einzelstrafen schließt der Senat aus, dass sich der Wegfall der Einzelstrafe von einem Jahr auf die Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt hätte.
4
2. Die Einziehungsanordnung im Hinblick auf die in D. und in M. sichergestellten Gegenstände kann keinen Bestand haben, weil die einzuziehenden Gegenstände weder in der Urteilsformel noch in den Urteilsgründen hinreichend konkret bezeichnet werden. Nach ständiger Rechtsprechung müssen die einzuziehenden Gegenstände so genau bezeichnet werden, dass für alle Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 29. August 2018 – 4 StR 56/18,juris; Beschluss vom 9. Februar 2017 – 1 StR 490/16, juris; Beschluss vom 9. Juli 2004 – 2 StR 150/04, StraFo 2004, 394; Beschluss vom 12. Oktober 1999 – 4 StR 391/99, juris).
5
Darüber hinaus werden die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 StGB durch den in den Urteilsgründen enthaltenen pauschalen Hinweis, dass es sich um „Tatmittel“ handele, nicht tragfähig belegt. Schließlich lässt sich der knappen Begründung des Landgerichts auch nicht sicher entnehmen, dass sich das Landgericht des Umstands bewusst gewesen ist, eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Januar 1994 – 4 StR 718/93, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1; Beschluss vom 23. August 2011 – 4 StR 375/11).
6
Die Sache bedarf daher hinsichtlich der Einziehung – mit Ausnahme der eingezogenen Betäubungsmittel, die in der Urteilsformel hinreichend bestimmt bezeichnet sind – neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben, über die Einziehung in der gebotenen Form unter Beachtung der materiellen Voraussetzungen neu zu entscheiden. Dabei wird es auch zu prüfen haben, ob die einzuziehenden Gegenstände im Eigentum des Angeklagten stehen, wie dies von § 74 Abs. 3 StGB vorausgesetzt ist. Dies gilt insbesondere für die sichergestellten Kreditkarten, die im Falle ihrer Echtheit im Eigentum des ausgebenden Kreditinstituts stehen könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 1995 – 2 StR 739/94, BGHR StGB § 74 Abs. 2 Nr. 1 Eigentümer 2).
Sost-Scheible Bender Quentin
Feilcke Bartel

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 56/18
vom
29. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2018:290818B4STR56.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. August 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 13. November 2017, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Einziehung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und die Einziehung der bei ihm „sichergestellten fünf Handys“ sowie eines „Tablet-PC“ angeordnet. Die allgemeinauf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich zum Ausspruch über die Einziehung Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Unbeschadet des Umstands, dass dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden kann, auf welche Vorschrift das Landgericht die Einziehungsanordnung gestützt – der lediglich in der Liste der angewendeten Vorschriften genannte § 74 StGB ist nicht geeignet, die Begründung des Landgerichts zu tragen – und ob es die Anwendbarkeit des seit dem 1. Juli 2017 geltenden Rechts der Vermögensabschöpfung bei der Einziehung von Taterträgen beachtet hat (vgl. Art. 316h Satz 1 EGStGB), kann die Anordnung schon deshalb nicht bestehen bleiben, weil die Einziehungsgegenstände weder in der Urteilsformel noch in den Urteilsgründen ausreichend konkret bezeichnet sind. Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1994 – 1 StR 179/93, NJW 1994, 1421; Beschlüsse vom 9. Februar 2017 – 1 StR 490/16, juris; vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ-RR 2016, 313, 314; vom 25. August 2009 – 3 StR 291/09, juris; vom 28. November 2006 – 4 StR 404/06, StraFo 2008, 302).
3
Hinzu kommt, dass sich aus der knappen Begründung der Einziehungsentscheidung die Grundlagen für die Überzeugungsbildung des Landgerichts, es handele sich bei den sichergestellten Gegenständen um Beutestücke aus den „ihm zur Last gelegten Wohnungseinbruchdiebstählen“ (UA S. 21), nicht erschließen. Eine durch Tatsachen belegte Zuordnung der Gegenstände zu diesen Taten hat das Landgericht nicht vorgenommen.
4
Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben, über die Einziehung in der gebotenen Form unter Beachtung der materiellen Voraussetzungen neu zu entscheiden.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Feilcke Paul

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 490/16
vom
9. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
1.
alias:
2.
alias:
wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:090217B1STR490.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 9. Februar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. Februar 2016 im Ausspruch über die Einziehungsanordnung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. und die Revision des Angeklagten Aj. werden als unbegründet verworfen. 4. Der Beschwerdeführer Aj. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Aj. wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 39 Fällen, davon in zehn Fällen jeweils in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Betrug und in 29 Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchtem banden- und gewerbsmäßigem Betrug sowie wegen Urkundenfälschung in 39 Fällen, davon in 13 Fällen jeweils in Tateinheit mit Betrug, in einem Fall in Tateinheit mit Computerbetrug und in 25 Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchtem Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten A. hat es wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 15 Fällen, davon in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Betrug, in einem Fall in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Computerbetrug und in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchtem banden- und gewerbsmäßigem Betrug sowie wegen Urkundenfälschung in 23 Fällen, davon in neun Fällen jeweils in Tateinheit mit Betrug und in zehn Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchtem Betrug ebenfalls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es ihm zugeordnete, „sichergestellte Asservate“ eingezogen. Die hiergegen von den Angeklagten geführten Revisionen erweisen sich hinsichtlich der Schuld- und Strafaussprüche als unbegründet. Hingegen hat die den Angeklagten A. betreffende Einziehungsanordnung (§ 74 StGB) keinen Bestand.
2
Die einzuziehenden Gegenstände sind im Urteilstenor konkret zu bezeichnen , um Klarheit über den Umfang der Einziehung für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde zu schaffen und um die ordnungsgemäße Vollstreckung zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ-RR 2016, 313 [314] mwN). Dem genügt der Urteilstenor des Landgerichts nicht, weil er lediglich auf die Nummern der Asservatenliste verweist, nicht aber die einzuziehenden Gegenstände selbst bezeichnet. Soweit die Urteilsgründe die zur Konkretisierung der Gegenstände erforderlichen Angaben teilweise enthalten , ergänzt der Senat vorliegend den Urteilstenor des Landgerichts nicht selbst, weil – wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt – hinsichtlich einer Vielzahl weiterer Asservate aufgrund der Urteilsgründe eine Zuordnung zu einem bestimmten Gegenstand nicht möglich ist. Daher war insoweit ohnehin eine Zurückverweisung wegen der Einziehungsanordnung an das Tatgericht veranlasst, das nunmehr insgesamt die Einziehungsanordnung im Urteilstenor zu treffen hat.
Raum Jäger Bellay
Cirener Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 150/04
vom
9. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 9. Juli 2004 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten T. , Y. und Te. wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 1. Oktober 2003, soweit es sie betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, daß im Fall II, 2 die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung entfällt. 2. Auf die Revision des Angeklagten Y. wird das genannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben. 3. Auf die Revisionen der Angeklagten H. , T. , Y. und Te. wird das genannte Urteil, auch soweit es die Mitangeklagten Yi. und Yil. betrifft, im Ausspruch über die Einziehung und den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 5. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurtei lt: - Den Angeklagten H. wegen schweren Raubs in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten; - den Angeklagten T. wegen schweren Raubs in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, zu der (Einheits-)Jugendstrafe von fünf Jahren; - den Angeklagten Y. wegen schweren Raubs in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, in einem Fall tateinheitlich auch mit Körperverletzung , zu der (Einheits-)Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten ; - den Angeklagten Te. wegen schweren Raubs in vier Fällen und Raubs in einem Fall, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. Der Mitangeklagte Yil. wurde wegen schweren Raubs in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und der Mitangeklagte Yi. wegen schweren Raubs in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, zu der (Einheits-)Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im übrigen hat das Landgericht "die sichergestellten Geldbeträge" für verfallen erklärt und "die sichergestellten Waffen und gefährlichen Gegenstände" eingezogen.
Die Angeklagten rügen mit ihren Rechtsmitteln die Verletzung des sachlichen , die Angeklagten H. und Y. auch des formellen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen sind sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

II.

1. Im Fall II, 2 hat der Schuldspruch keinen Bestand, so weit die Angeklagten T. , Y. und Te. auch wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung verurteilt wurden. Nach den Feststellungen des Landgerichts war die Freiheitsberaubung, die der Zeuge L. dadurch erlitt, daß die Täter sich seiner bemächtigten, als er die Spielhalle verlassen hatte, das tatbestandliche Gewaltmittel zur Begehung des Raubs. Deshalb kommt § 239 StGB als der allgemeinere Tatbestand nicht zur Anwendung (BGHR StGB § 239 Abs. 1 Konkurrenzen 8). Anders als in den weiteren abgeurteilten Fällen wurden dem Tatopfer, nachdem ihn die Täter in die Spielhalle verbracht hatten, auch nicht die Beine, sondern nur die Arme (an den Oberkörper) gefesselt (UA S. 10), so daß L. , nachdem die Täter mit ihrer Beute die Spielhalle verlassen hatten, nicht an einer Ortsveränderung gehindert war. Der Wegfall des Schuldspruchs wegen tateinheitlich began gener Freiheitsberaubung im Fall II, 2 hat bei den Angeklagten T. und Te. keine Auswirkungen auf den Strafausspruch. Im Hinblick auf den verbleibenden erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat kann der Senat ausschließen, daß die beiden Angeklagten ohne die Verurteilung auch wegen Freiheitsberaubung im Fall II, 2 noch milder bestraft worden wären. Dem steht nicht entgegen , daß das Landgericht den Umstand der Freiheitsberaubung straferschwerend berücksichtigt hat.
Die Einheitsjugendstrafe für den Angeklagten Y. kann dagegen aus den nachfolgend zu erörternden Gründen nicht bestehen bleiben. 2. Die gegen den AngeklagtenY. verhängte Einheitsjugendstrafe hat keinen Bestand, weil das Landgericht § 31 Abs. 2 und 3 JGG nicht beachtet hat. Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Dieburg vom 7. August 2003 rechtskräftig wegen Körperverletzung zu der Jugendstrafe von einem Jahr mit Bewährung verurteilt (UA S. 5). Diese Vorverurteilung hätte der Jugendkammer Anlaß geben müssen zu prüfen, ob sie in die erneute Verurteilung einzubeziehen ist. Diese Prüfung ist rechtsfehlerhaft unterblieben. Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG ist bei der Ahndung von Straftaten nach Jugendstrafrecht , wenn eine anderweitig bereits rechtskräftig verhängte Jugendstrafe noch nicht erledigt ist, grundsätzlich auf eine einheitliche Rechtsfolge zu erkennen. Von der Einbeziehung der früheren Verurteilung darf nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn dies aus erzieherischen Gründen zweckmäßig ist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 JGG). Die Entscheidung hat sich ausschließlich am Erziehungszweck zu orientieren und ist nach den Umständen des konkreten Falls zu treffen (vgl. BGHSt 22, 21, 23; 36, 37, 42). Ein Absehen von der Einbeziehung erfordert Gründe, die unter dem Gesichtspunkt der Erziehung von ganz besonderem Gewicht sind und zur Verfolgung dieses Zwecks über die üblichen Strafzumessungspunkte hinaus das Nebeneinander zweier Jugendstrafen notwendig erscheinen lassen (vgl. BGHSt 36, 37, 42 ff.; BGH StV 1996, 273; BGHR JGG § 31 Abs. 3 Nichteinbeziehung 2). Das angefochtene Urteil enthält keinen Hinweis darauf, daß hier ein solcher Ausnahmefall gegeben sein könnte. Deshalb muß über die Frage der Einbeziehung und die Bildung einer Einheitsjugendstrafe neu entschieden werden.
3. Die Einziehungs- und Verfallanordnungen können schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie inhaltlich völlig unbestimmt sind und sich auch mit Hilfe der Urteilsgründe nicht näher konkretisieren lassen. Die einzuziehenden Gegenstände sind in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, daß für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH, Beschl. vom 12. Oktober 1999 - 4 StR 391/99 - m.w.N.). Das ist hier nicht geschehen. Ebensowenig ist die Verfallanordnung hinreichend besti mmt (vgl. hierzu BGH, Beschl. vom 27. Juni 2003 - 2 StR 197/03 - m.w.N.). Zudem liegt es unter den gegebenen Umständen nahe, daß es sich bei den sichergestellten Geldbeträgen um die Beute aus den abgeurteilten Taten handelt, so daß einer Verfallanordnung § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegensteht. Da die Rechtsfehler, die zur Aufhebung der Einziehungs - und Verfallanordnung führen, auch die Mitangeklagten Yil. und Yi. betreffen, die keine Revision eingelegt oder diese zurückgenommen haben, ist die Aufhebung gemäß § 357 StPO auch auf diese Angeklagten zu erstrecken (vgl. BGH, Beschl. vom 3. Juli 2003 - 2 StR 223/03). Über Einziehung und Verfall muß daher insgesamt neu e ntschieden werden.
4. Anzumerken bleibt, daß die Angeklagten nicht dadurch beschwert sind, daß sie die Jugendkammer in den Fällen II, 3 und 4 nicht auch nach § 239 a StGB wegen erpresserischen Menschenraubs verurteilt hat.
Bode Detter Otten Rothfuß Ri'in BGH Roggenbuck ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert. Bode

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 375/11
vom
23. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. August 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 19. April 2011 aufgehoben, soweit die Einziehung des Pkw Opel Astra, amtliches Kennzeichen , angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und die Einziehung des Pkw Opel Astra des Angeklagten angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der Einziehungsanordnung Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 21. Juli 2011 dargelegt hat, lassen die Ausführungen des Landgerichts ("Der Pkw Opel Astra des Angeklagten war gemäß den §§ 33 Abs. 2, 74 StGB als Tatwerkzeug einzuziehen." ) nicht erkennen, dass der Strafkammer bewusst war, dass es sich bei der Einziehung um eine Ermessensentscheidung handelt und dass sie von diesem Ermessen Gebrauch gemacht hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. Januar 1994 - 4 StR 718/93 mwN). Über die Einziehung des Pkws ist daher neu zu entscheiden. Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es dagegen nicht.
4
Auch eine Aufhebung der Strafaussprüche ist nicht geboten. Der Senat schließt aus, dass diese bei erneuter Anordnung der Einziehung für den Angeklagten günstiger ausfallen können, weil die Strafkammer die Einziehungsanordnung bei der Strafzumessung bereits ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt hat; sollte die Strafkammer von der Einziehung des Pkws absehen, wäre lediglich ein bereits mildernd berücksichtigter Umstand tatsächlich nicht gegeben.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.