Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 449/19
vom
19. November 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung
ECLI:DE:BGH:2019:191119B4STR449.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 19. November 2019 gemäß § 46 Abs. 1, § 349 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten S. , ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 30. April 2019 zu gewähren, wird als unzulässig verworfen. Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten S. die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen. 2. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorbezeichnete Urteil, auch soweit es den Angeklagten S. betrifft , mit den Feststellungen aufgehoben. 3. Auf die Revision des Angeklagten St. wird das vorbezeichnete Urteil im Ausspruch über die Einziehung, auch soweit sie die Aufrechterhaltung der mit Urteil des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen vom 25. April 2018 angeordneten Einziehung betrifft,
a) dahin abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 15.286,11 Euro angeordnet wird,
b) aufgehoben, soweit in Höhe von 70 Euro über eine gesamtschuldnerische Haftung nicht entschieden worden ist. Die weiter gehende Revision des Angeklagten St. wird verworfen. Der Angeklagte St. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten D. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten der besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig gesprochen und den Angeklagten S. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten D. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und den Angeklagten St. unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen vom 25. April 2018 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat hinsichtlich des Angeklagten St. die Einziehung „des Wertes des Taterlangten“ in Höhe von 15.216,11 Euro aus dem Urteil des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen aufrecht erhalten und hinsichtlich aller drei An- geklagten die Einziehung „des Wertes des Taterlangten“ in Höhe von 70 Euro angeordnet.
2
Gegen ihre Verurteilung wenden sich alle drei Angeklagte mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte S. hat zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt.
3
1. Der Wiedereinsetzungsantrag und die Revision des Angeklagten

S.

sind unzulässig, weil der Verteidiger den Schriftsatz vom 25. Juli 2019 nicht unterschrieben hat. Es fehlt mithin an der formgerechten Nachholung der versäumten Handlung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revisionsbegründung muss von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein, § 345 Abs. 2 StPO.
4
2. Das Rechtsmittel des Angeklagten D. hat, auch betreffend den Angeklagten S. , vollen Erfolg. Eine Mittäterschaft ist bei beiden Angeklagten nicht belegt.
5
a) Gegen 1.30 Uhr in der Nacht fuhr der später Geschädigte mit einem Fahrrad zu einer Tankstelle, um Zigaretten zu kaufen. Die drei Angeklagten bemerkten ihn und riefen ihm zu: „Hey“, „Hallo“, und “Hast du ein Feuerzeug?“ Sie liefen zu dem Geschädigten, um ihn zu berauben. Der Angeklagte St. , der in einer Hand eine Bierflasche hielt, holte mit der anderen Hand ein Messer aus der Hosentasche. Er packte den Geschädigten mit seinem Arm um den Hals und nahm ihn in den „Schwitzkasten“. Er hielt ihm das Messer an den Hals und zog ihn in Richtung eines Gebüschs. Dabei sagte er „Gib mir alles, was du hast, sonst steche ich dir in den Hals!“ Die Angeklagten D. und S. un- terstützten ihn, indem sie dem Geschädigten sagten, dass er keine Angst zu haben brauche, damit er sich beruhige und die Situation mit dem Messer nicht eskaliere. Der Geschädigte gab St. 70 Euro, mehr Geld führte er nicht mit sich. Der Angeklagte St. drückte ihn zu Boden und drohte, ihn „kalt zu ma- chen“, wenn er zur Polizei gehe. Die Angeklagten S. und D. standen dicht neben dem Angeklagten St. , um ihn abzuschirmen und eine eventuelle Flucht des Geschädigten zu verhindern. Auch sie sagten ihm, dass er auf dem Boden liegen bleiben solle. Der Angeklagte St. nahm nun auch das Fahrrad des Geschädigten an sich, und alle drei Angeklagten verließen den Tatort. Ob die Angeklagten S. und D. von der Tatbeute partizipierten, konnte die Strafkammer nicht klären; sie ist jedoch davon überzeugt, dass alle drei Angeklagten von vornherein ein Interesse an der Tatbeute hatten.
6
Die Angeklagten S. und D. haben bestritten, dass es zu einem Vorfall gekommen ist, bei dem dem Geschädigten Geld und Fahrrad abgenommen wurden. Der Angeklagte St. hat sich auf einen „Filmriss“ berufen.
7
b) Die getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um die Annahme des Landgerichts zu rechtfertigen, die Angeklagten S. und D. hätten sich in mittäterschaftlicher Begehung und unter Zurechnung der Tatbeiträge des Angeklagten St. der besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig gemacht.
8
aa) Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter dieses enge Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen. In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für diese Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (st.Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 25. März 2010 – 4 StR 522/09, NStZ-RR 2010, 236; vom 10. Dezember 2013 – 5 StR 387/13, juris Rn. 10 und vom 17. April 2019 – 5 StR 685/18, NStZ 2019, 514, Beschluss vom 6. August 2019 – 3 StR 190/19, juris Rn. 21).
9
bb) Gemessen daran ist eine Mittäterschaft der Angeklagten S. und D. nicht belegt: Die von den Angeklagten geleisteten Tatbeiträge, die Anhaltspunkte für den Grad ihres Tatinteresses sein könnten, waren gering. Die Angeklagten haben nicht unmittelbar aktiv in das Tatgeschehen eingegriffen, sondern sich darauf beschränkt, dabei zu stehen und auf den Geschädigten beruhigend einzureden. Dieses Verhalten stellt eher eine für Beihilfe typische Unterstützungshandlung dar, das für sich weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lässt. Die Tat beging der Angeklagte St. alleine ; ihre Ausführung und ihr Erfolg waren nach den Feststellungen dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten S. und D. entzogen. Eine der Tat vorangegangene Absprache aller drei Angeklagter, den Geschädigten zu berauben , wird in der Beweiswürdigung nicht hinreichend begründet. Dass die Angeklagten S. und D. einen Anteil an der Tatbeute erhielten, ist zudem nicht festgestellt.
10
cc) Die Sache muss hinsichtlich des Angeklagten D. neu verhandelt und entschieden werden. Die Aufhebung des Urteils ist auf den Angeklagten

S.

zu erstrecken (§ 357 StPO), weil er sich ebenso wie der Angeklagte D. verhalten hat, der Rechtsfehler mithin bei beiden Angeklagten in gleichem Umfang vorliegt.
11
3. Das Rechtsmittel des Angeklagten St. hat nur geringen Erfolg in Bezug auf die Einziehungsentscheidung.
12
a) Die Entscheidung des Landgerichts, die im Urteil vom 25. April 2018 angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen aufrecht zu erhalten, steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Einbeziehung früherer Entscheidungen gemäß § 55 Abs. 2 StGB nicht in Einklang (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2019 – 4 StR 477/18, juris Rn. 17). Die frühere Einziehungsentscheidung ist vielmehr in das neue Urteil einzubeziehen, indem die Beträge aus der früheren und der aktuellen Einziehungsentscheidung zusammengezählt werden. Der Senat hat danach den sich aus der rechtskräftigen Einziehungsentscheidung des Amtsgerichts Bitterfeld-Wolfen in Höhe von 15.216,11 Euro und dem Einziehungsbetrag aus der verfahrensgegenständlichen Tat in Höhe von 70 Euro gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog auf 15.286,11 Euro festgesetzt.
13
b) Das Landgericht hat es unterlassen, eine Entscheidung über eine gesamtschuldnerische Haftung für die aus der verfahrensgegenständlichen Tat erlangten 70 Euro zu treffen. Sollte der neue Tatrichter zu der Feststellung gelangen , dass die Angeklagten S. und D. faktische Mitverfügungsgewalt an den 70 Euro oder an Anteilen davon erlangten, wird er eine gesamtschuldnerische Haftung im Tenor auszusprechen haben.
14
c) Der nur geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels des Angeklagten St. gibt keine Veranlassung, den Angeklagten von der Pflicht zur Übernahme der durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen auch nur teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Quentin Roggenbuck Cierniak Bender Feilcke

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(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 522/09
vom
25. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. März
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
in Untervollmacht für Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. Mai 2009 im gesamten Strafausspruch aufgehoben. Die Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zu den Vorstrafen des Angeklagten bleiben aufrecht erhalten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung sowie den Strafausspruch ; sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die Verfahrensrüge zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs ; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


2
1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Dies gilt auch, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen der Beteiligung an den Misshandlungen des Geschädigten H. (lediglich) wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung verurteilt hat.
3
a) Nach den Feststellungen wollte der gesondert verfolgte S. G. den Zeugen M. A. für Misshandlungen, die dieser der Zeugin M. S. nach deren Schilderung in der Vergangenheit zugefügt hatte, zur Rede stellen und gegebenenfalls verprügeln. Zu diesem Zweck traf er sich mit fünf weiteren männlichen Personen, unter denen sich auch der Angeklagte sowie die Mitangeklagten P. M. und K. An. befanden. Alle fünf erklärten sich bereit, S. G. zur Wohnung des M. A. zu begleiten und bei seinem Vorhaben zu unterstützen. Nachdem die sechs Personen unter Führung des Mitangeklagten P. M. die Wohnung des Zeugen A. gestürmt hatten, stürzte sich M. auf den ihm unbekannten, in der Wohnung ebenfalls anwesenden Geschädigten R. H. und schlug unter Verwendung eines mitgebrachten Nothammers massiv auf diesen ein. Der Geschädigte ging bereits nach dem ersten Schlag zu Boden und verlor das Bewusstsein. Gleichwohl fuhr M. mit seinen Schlägen fort und trat auf den weiterhin am Boden Liegenden auch mit seinen Springerstiefeln ein. Entweder der Angeklagte oder der Mitangeklagte An. schlug mit einem Holzstück ebenfalls auf den Geschädigten ein. Dieser erlitt lebensgefährliche Verletzungen und trug bleibende gesundheitliche Schäden davon.
4
b) Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen liegt in der unterbliebenen Verurteilung wegen einer mittäterschaftlich mit dem Mitangeklagten M. begangenen gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB im Ergebnis kein Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten.
5
aa) Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Bei Beteiligung mehrerer Personen , von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.). Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH aaO). Dabei ist dem Tatrichter, vor allem in Grenzfällen, ein Beurteilungsspielraum eröffnet, der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Enthalten die Urteilsgründe eine hinreichende Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, ist die tatrichterliche Wertung vom Revisionsgericht auch dann hinzunehmen, wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre (Fischer StGB 57. Aufl. § 25 Rdn. 12 m. Nachw. zur Rspr.). Auch bei der gefährlichen Körperverletzung in der Tatvariante "mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich" sind die Tatbeiträge nach diesen allgemeinen Regeln abzugrenzen.
6
bb) Eine Verurteilung des Angeklagten als (Mit-)Täter der gefährlichen Körperverletzung kommt im vorliegenden Fall nicht schon deshalb in Betracht, weil der Mitangeklagte M. die Voraussetzungen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB als Täter erfüllt hat. Zwar ist gemeinschaftliches Handeln, wie es § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB voraussetzt, auch ein Kennzeichen der Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB, aber weder deren einzige Voraussetzung noch auf diese Beteiligungsform beschränkt (LK/Lilie StGB 11. Aufl. § 224 Rdn. 34). Dass das Zusammenwirken eines Täters mit einem Gehilfen zur Erfüllung des Qualifikationsmerkmals nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ausreichen kann (vgl. dazu BGHSt 47, 383, 386), führt nicht dazu, dass der Gehilfe schon deshalb als Mittäter zu bestrafen wäre (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2008 – 2 StR 286/08, NStZRR 2009, 10).
7
cc) Auch im Übrigen hält sich die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei lediglich Gehilfe gewesen, noch im Rahmen des dem Tatrichter insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums. Allerdings erweist sich die Erwägung der Strafkammer, Beihilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB liege schon deshalb vor, weil dem Angeklagten eine konkrete Verletzungshandlung nicht zweifelsfrei habe nachgewiesen werden können, für sich genommen als nicht tragfähig. Wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung kann vielmehr auch derjenige bestraft werden, der die Verletzung nicht mit eigener Hand ausführt, jedoch auf Grund eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses mit dem Willen zur Tatherrschaft zum Verletzungserfolg beiträgt (Senatsurteil vom 19. Januar 1984 – 4 StR 742/83, StV 1984, 190). Nach den vom Landgericht getroffenen weiteren Feststellungen wirkte der Angeklagte jedoch ohne eigenen Vorteil lediglich zur Unterstützung eines von dem gesondert verfolgten G. mit dem Mitangeklagten M. abgesprochenen Vorhabens mit, das ausschließlich auf dem persönlichen Motiv des G. beruhte, den Zeugen A. für die Misshandlung seiner Freundin M. S. zu bestrafen. Ein maßgebliches Tatinteresse des Angeklagten, etwa in Form einer für die Mitwirkung zugesagten Belohnung, ergibt sich aus den Urteilsgründen ebenso wenig wie ein auch nur ansatzweiser Einfluss auf Einzelheiten der Tatausführung. Auch wenn vor dem Hintergrund der zur konkreten Tatausführung getroffenen Feststellungen eine andere Entscheidung vertretbar gewesen wäre, nimmt der Senat den Schuldspruch daher hin.
8
2. Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) führt jedoch zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
9
a) Die Beschwerdeführerin sieht den Verfahrensverstoß darin, dass die Strafkammer bei der Straffestsetzung irrtümlich davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei. Dies beruhe darauf, dass der in der Hauptverhandlung verlesene Bundeszentralregisterauszug, der tatsächlich keine Eintragung enthielt, unter einem falschen Geburtsdatum (25.10.1985 statt 22.10.1985) angefordert worden sei. Angesichts des polizeilichen Vermerks vom 24. März 2009 sowie der Angaben des Angeklagten zur Person in der Hauptverhandlung, aus denen sich die Unrichtigkeit dieses auch in der Anklageschrift aufgeführten Geburtsdatums ergeben habe, hätte sich das Landgericht veranlasst sehen müssen, einen neuen Registerauszug unter Angabe des zutreffenden Geburtsdatums beizuziehen; aus diesem Auszug hätte sich ergeben , dass der Angeklagte mehrfach, u.a. auch wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Verstoßes gegen das Waffengesetz, zu Jugendstrafe verurteilt worden war und zum Tatzeitpunkt unter Bewährung stand.
10
b) Diese zulässig erhobene Rüge greift durch. Das gegen den Angeklagten im Wege der Abtrennung aus einem weiteren Verfahren eingeleitete Ermittlungsverfahren enthielt keinen Personalbogen, woraufhin der Bundeszentralregisterauszug versehentlich unter dem falschen Geburtsdatum "25.10.1985“ angefordert wurde, der keine Eintragung aufwies. Erst nach Anklageerhebung – ebenfalls unter diesem unzutreffenden Geburtsdatum – gelangte im Zuge einer von der Strafkammer angeordneten Aufenthaltsüberprüfung das zutreffende Geburtsdatum durch einen polizeilichen Vermerk zu den Sachakten und wurde vom Angeklagten in der Hauptverhandlung bei der Erörterung seiner persönlichen Verhältnisse bestätigt. Ein neuer Registerauszug unter dem richtigen Geburtsdatum wurde jedoch nicht angefordert.
11
c) Die Rüge scheitert im vorliegenden Fall nicht daran, dass auch der Staatsanwaltschaft anzulasten ist, sich mit der negativen Registerauskunft zufrieden gegeben zu haben. Denn das Aufklärungsgebot richtet sich an das Gericht ; das Verhalten der Verfahrensbeteiligten ist deshalb grundsätzlich ohne Einfluss auf die dem Gericht aus diesem Gebot erwachsenden Pflichten (Senatsurteil vom 11. März 1993 – 4 StR 70/93, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 5). Bei der gegebenen Sachlage bedurfte es auch nicht eines Antrags oder einer Anregung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung, um dem Gericht die Kenntnis derjenigen Umstände zu verschaffen, die zu weiterer Aufklärung Anlass gaben, zumal sich die Sachakten hier (nach Anklageerhebung) bereits beim Landgericht befanden, als der Irrtum bemerkt wurde (vgl. dazu Senat aaO).

III.


12
Auf dem dargelegten Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO beruht der gesamte Strafausspruch, denn zur Begründung der Höhe der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hat sich die Strafkammer ausschließlich auf den Umstand gestützt, dass der Angeklagte ausweislich des verlesenen Bundeszentralregisterauszugs nicht vorbestraft sei. Der Senat merkt in diesem Zusammenhang an, dass in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zwar nur die für die Zumessung der Strafe bestimmenden Erwägungen darzulegen sind. Wird jedoch – wie im vorliegenden Fall – zur Begründung des Rechtsfolgenausspruchs lediglich ein tragender Gesichtspunkt herangezogen, ist zu besorgen, dass der Tatrichter die durch § 46 Abs. 2 StGB gebotene Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Tatsachen nicht in der erforderlichen Weise rechtsfehlerfrei vorgenommen hat (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 1983 – 4 StR 667/82, NStZ 1983, 217).
Tepperwien Solin-Stojanović Ernemann
Franke Mutzbauer
10
Die tatgerichtliche Bewertung der Beteiligungsform ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich (BGH, Urteil vom 17. September 2009 – 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97). Die Zubilligung eines dem Tatgericht eingeräumten Beurteilungsspielraums mit der Konsequenz, dass die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft macht, setzt aber eine umfassende Würdigung des Beweisergebnisses voraus (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Das angefochtene Urteil erweist sich hingegen insofern als lückenhaft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 685/18
vom
17. April 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter schwerer Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:170419U5STR685.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. April 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt Ba. als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt M. als Verteidiger des Angeklagten U. ,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 5. Juli 2018, soweit es diesen betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er der Beihilfe zur versuchten schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Beihilfe zu Herstellung, Besitz und Führen eines Brandsatzes schuldig ist, und
b) im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil, soweit es den Angeklagten U. betrifft, im Schuld- und Strafausspruch dahingehend klargestellt, dass der Angeklagte wegen versuchter schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Herstellung, Besitz und Führen eines Brandsatzes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Die Kosten des den Angeklagten U. betreffenden Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die diesem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen (gemeinschaftlicher) versuchter schwerer Brandstiftung, den Angeklagten U. in Tateinheit mit „einem Verstoß gegen das Waffengesetz“ zu Freiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten (U. bzw. zwei Jahren – unter Aussetzung der Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung – (B. ) verurteilt. Gegen das Urteil richten sich die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft , die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, und des Angeklagten B. . Während die den Angeklagten B. betreffenden Rechtsmittel im tenorierten Umfang erfolgreich sind, ist die den Angeklagten U. betreffende Revision der Staatsanwaltschaft unbegründet. Insoweit bedürfen Schuld- und Strafausspruch lediglich der Klarstellung.

I.

2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
3
Die seit geraumer Zeit gut miteinander bekannten Angeklagten trafen sich regelmäßig in der Wohnung des Angeklagten U. in (Brandenburg ), um dort gemeinsam Alkohol zu konsumieren. Beide einte eine gefestigte fremdenfeindliche Einstellung, die regelmäßig Gesprächsthema zwischen ihnen war. Besonders der Angeklagte B. tat sich hierbei durch seine Forderung hervor, es müsse etwas gegen den Zuzug von Ausländern unternommen werden, und zwar notfalls mit Gewalt. Diese Auffassung teilte auch der Angeklagte U. , der „latent entschlossen“ war, tatsächlich mit Gewalt gegen Aus- länder vorzugehen, dies jedoch dem Angeklagten B. trotz dessen „voll- mundigen“ Ankündigungen nicht zutraute.
4
Am Abend des 14. April 2017 (Karfreitag) saßen beide Angeklagten in der Wohnung des Angeklagten U. zusammen und tranken Bier. Möglicherweise konsumierte der Angeklagte U. außerdem Amphetamin oder MDMA. Hierdurch waren die Angeklagten zwar enthemmt, aber nicht erheblich in ihrer Steuerungsfähigkeit vermindert. Zwischen ihnen kam es zu einer Diskussion, in der beide ihre ausländerfeindliche Haltung zum Ausdruck brachten. Besonders der Angeklagte B. äußerte, dass mit Gewalt gegen „Asylanten“ vorgegangen werden müsse.
5
Daraufhin entschloss sich der Angeklagte U. , der diese Äußerungen als „substanzloses Großsprechertum“ empfand, aktiv zu werden. Er eröffnete B. seinen Plan, noch in dieser Nacht Brandsätze auf das nahegelegene Asylbewerberheim zu werfen. Ziel dieser Aktion war es zumindest, den dortigen Bewohnern den größtmöglichen Schrecken einzujagen, wobei U. wenigstens billigend in Kauf nahm, dass die Unterkunft ganz oder teilweise in Brand geriet. Mit diesem Plan erklärte sich B. nach anfänglichem Zögern, das allein aus Angst vor Entdeckung und möglicher Bestrafung herrührte , einverstanden.
6
In Ausführung dieses Tatplans füllte der Angeklagte U. zwei leere gläserne Bierflaschen (Fassungsvermögen 0,33 l) jeweils zu etwa einem Viertel mit Benzin. Darüber hinaus schüttete er einen Benzinrest in ein mit einem Schraubdeckel versehenes leeres Gurkenglas. Die Flaschen verschloss er mit Stoffresten, die er vor Ort mit dem Inhalt des Gurkenglases tränken und vor dem Werfen anzünden wollte. Er verstaute die Flaschen und das verschlossene Gurkenglas vor den Augen des Angeklagten B. in seinem Rucksack und ließ sich von diesem ein Paar Einweg-Gummihandschuhe geben, um bei Tatbegehung keine Spuren zu hinterlassen.
7
So ausgerüstet verließen die zur Tat fest entschlossenen Angeklagten die Wohnung des Angeklagten U. . Bereits auf dem Weg zu der Asylbewerberunterkunft überkam B. erneut Angst vor der Entdeckung der geplanten Tat; er schlug U. daher vor, die Aktion lieber sein zu lassen. Da U. auf diesen Vorschlag nicht einging, setzten beide ihren Weg fort. Gleiches wiederholte sich bis zur Ankunft an dem Asylbewerberheim gegen 3 Uhr noch mehrere Male.
8
Bei dem als Sammelunterkunft für Flüchtlinge genutzten Heim handelt es sich um einen im Jahr 2016 eröffneten Gebäudekomplex am Stadtrand von . Die östliche Umzäunung des Geländes verläuft parallel zu einem etwa 30 m entfernten Bahndamm; zwischen Zaun und Damm befindet sich ein Ackerstreifen. Auf der anderen Seite des Bahndamms verläuft ein Weg. Der Wohnkomplex ist mit einem massiven Metallzaun umgeben und wurde von Mit- arbeitern eines Wachschutzdienstes rund um die Uhr bewacht. Zudem war eine Videoüberwachungsanlage installiert. Die in massiver Bauweise errichteten zweigeschossigen Häuser haben ziegelgedeckte Dächer und sind mit einer Außenfassade versehen, deren Materialien weder brenn- noch entflammbar sind. In jedem Haus befinden sich neben Gemeinschaftsanlagen sieben Doppelzim- mer, von denen „nominell“ sechs belegt waren. Alle Zimmer verfügten über Rauchmelder.
9
Bei Ankunft der Angeklagten war nur ein Fenster im Obergeschoss des Hauses D erleuchtet. Das Fenster gehörte zu einem Zimmer, in dem zum Tatzeitpunkt zwei Bewohner Fernsehen schauten. Das Fenster war in Kippstellung geöffnet, wobei aber nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte

U.

dies bemerkt hatte.
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Als der Angeklagte B. nach Überqueren der Bahngleise erkannte, dass die Tatausführung unmittelbar bevorstand, gewannen seine Ängste Überhand. Er erklärte dem Angeklagten U. , nicht mehr weiter mitmachen zu wollen. U. sagte daraufhin, dass er das jetzt „durchziehen“ werde; B. könne machen, was er wolle.
11
U. begab sich zu der Umzäunung, während B. zunächst auf dem Bahndamm stehen blieb und das weitere Geschehen beobachtete. In der Nähe des Zauns zog sich U. die von B. erhaltenen Gummihandschuhe an, tränkte die Lunte des ersten Brandsatzes mit Benzin, zündete sie an und warf den Brandsatz aus einer Entfernung von ca. 13,5 m auf das erleuchtete Fenster. Dieser verfehlte allerdings sein Ziel und fiel, ohne mit dem Haus in Kontakt zu kommen, auf den Rasen, wo das Benzin in der unbeschädigten Flasche langsam abbrannte. Nur einige Sekunden später warf U. den zweiten Brandsatz in Richtung des erleuchteten Fensters, wobei er diesmal eine höhere Flugkurve wählte. Tatsächlich traf dieser Brandsatz das anvisierte Ziel, prallte allerdings unversehrt – wahrscheinlich an der Fensterlaibung – ab und landete auf dem vor dem Eingang des Hauses befindlichen plattierten Gehweg. Dort zerschellte er und brannte ab, ohne dass hierdurch Teile des Hauses in Mitleidenschaft gezogen wurden. Einem Wachdienstmitarbeiter gelang es, die Flammen schnell zu löschen, ohne dass Schaden am Haus entstand.
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Der Angeklagte B. verweilte auf dem Bahndamm, bis U. die Lunte des ersten Brandsatzes gezündet hatte. Dann wandte er sich zur Flucht, wobei er noch das Fliegen des ersten Brandsatzes wahrnahm. U. flüchtete, nachdem er bemerkte hatte, dass sich ein durch den Knall und den Feuerschein aufmerksam gewordener Mitarbeiter des Wachschutzes näherte. Das Werfen der Brandsätze war – von U. unbemerkt – von der Videoüberwachungsanlage aufgezeichnet worden.
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2. Das Landgericht hat die Tat als mittäterschaftlich begangene versuchte schwere Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1, § 22 StGB) gewertet. Zugleich habe der Angeklagte U. mit der Herstellung, dem Besitz und dem Führen der beiden Brandsätze ein Vergehen nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 WaffG (i.V.m. Nr. 1.3.4 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG) begangen. Demgegenüber hätten sich die Angeklagten nicht einer versuchten besonders schweren Brandstiftung (§ 306b Abs. 1 StGB) oder eines versuchten Tötungsdeliktes schuldig gemacht. Denn es seien nicht zu überwindende Zweifel daran geblieben, dass die Ange- klagten eine „zumindest theoretisch“ mögliche erhebliche Ausweitung des Brandes mit weitreichenden Folgen für die potenziellen Opfer in ihr Wissen und Wollen aufgenommen hätten.
14
Der Angeklagte B. sei als Mittäter der begangenen schweren versuchten Brandstiftung anzusehen. Mit der Überlassung der Einweghandschuhe habe er bereits eine die Tatbestandsverwirklichung fördernde Handlung geleistet. Die Tat habe er auf der Grundlage seiner fremdenfeindlichen Einstellung als eigene gewollt. Lediglich die Angst vor Entdeckung und Bestrafung habe ihn von einer weiteren Mitwirkung abgehalten. Einen als Voraussetzung für einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 2 StGB von ihm zu fordernden aktiven Versuch der Verhinderung der Vollendung der Tat habe B. nicht unternommen.

II.

15
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung bzw. versuchter Brandstiftung mit Todesfolge sowie des Angeklagten U. wegen versuchten Mordes und des Angeklagtes B. wegen „Besitzes und Führens eines Gegenstandes im Sinne von Nr. 1.3.4 Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 Waf- fengesetz“ erstrebt, haben nur hinsichtlichdes Angeklagten B. im tenorierten Umfang Erfolg. Auch die Revision des Angeklagten B. ist teilweise begründet.
16
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft zu Lasten des Angeklagten

U.

ist unbegründet.
17
a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht hinsichtlich dieses Angeklagten einen über den Tatentschluss zu einer schweren Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) hinausgehenden Tötungsvorsatz sowie den Vorsatz einer besonders schweren Brandstiftung (§ 306b Abs. 1 StGB) verneint hat, unterlie- gen – angesichts des insoweit eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs – keinen durchgreifenden Rechtsbedenken.
18
aa) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes oder zumindest eines bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Herbeiführung einer schweren Gesundheitsbeschädigung naheliegt , wenn die Lebensgefährlichkeit einer Gewalthandlung, nämlich – wie hier – des Werfens von Brandsätzen, offen zu Tage tritt. Allerdings kann auch bei Brandanschlägen auf ein von Menschen bewohntes Gebäude die Entscheidung darüber, ob der vorgestellte Ablauf des Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe ist, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann, das Vertrauen auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolges mithin kaum vorstellbar ist, nicht allgemein getroffen werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BGH, Urteil vom 14. Juli 1994 – 4 StR 335/94, NStZ 1994, 584). Daher bedürfen der Grad der Gefahr, die Erkenntnismöglichkeitendes Täters und dessen Willensrichtung jeweils eingehender Erörterung. Von Bedeutung sind dabei insbesondere die Beschaffenheit des angegriffenen Gebäudes im Hinblick auf Fluchtmöglichkeiten und Brennbarkeit der beim Bau verwendeten Materialien, die Angriffszeit gegebenenfalls wegen der erhöhten Schutzlosigkeit der Bewohner zur Nachtzeit, die Belegungsdichte des angegriffenen Gebäudes sowie die konkrete Angriffsweise; ferner sind die psychische Verfassung des Täters bei der Tatbegehung und seine Motivation in die Beweiswürdigung einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1994 – 4 StR 105/94, StV 1994, 654 mwN).
19
bb) Diesen Maßstäben werden die beweiswürdigenden Abwägungen des Landgerichts zum Vorsatz des Angeklagten U. gerecht. Es hat bedacht, dass der Angriff zur Nachtzeit erfolgte und von ausländerfeindlichen Motiven getragen war. Die Verneinung eines Vorsatzes nach § 306b Abs. 1 StGB sowie eines Tötungsvorsatzes hat es zum einen auf die erkennbaren baulichen Gegebenheiten des Heimes gestützt. Der Angeklagte habe auch davon ausgehen können, dass, selbst „für den eher unwahrscheinlichen Fall“ eines Eindringens von Brandbeschleuniger durch das Fenster mit Inbrandsetzung des dahinterliegenden Raumes, die Bewohner durch die vorhandenen Brandmelder gewarnt und flüchten können würden. Mögliche Fluchtwege habe er nicht angegriffen oder blockiert. Gegen einen bedingten Vorsatz spreche zum andern auch die geringe Menge des in den Brandsätzen verwendeten Brandbeschleunigers. Zudem sei die Tat nicht von langer Hand vorbereitet gewesen, sondern eher spontan erfolgt. Im Hinblick auf diese Erwägungen ist revisionsgerichtlich nichts dagegen zu erinnern, dass der Schwurgerichtskammer nicht zu überwindende Zweifel daran geblieben sind, dass der Angeklagte eine „zumindest theoretisch mögliche erhebliche Ausweitung des Brandes mit weitreichenden Folgen für die potenziellen Tatopfer in sein Wissen und Wollen aufgenommen hatte“ (UA S. 21), und sie daher einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten verneint hat.
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b) Allerdings bedarf das angefochtene Urteil hinsichtlich des Angeklagten U. im Schuldspruch einer Klarstellung des konkreten „Verstoßes gegen das Waffengesetz“ deruntereinander in Tateinheit stehenden Herstellung, des Besitzes und des Führens eines Brandsatzes (zum Konkurrenzverhältnis zwischen waffenrechtlichem Führen und Besitz vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. August 2013 – 1 StR 378/13, NStZ-RR 2013, 387, und vom 15. Juni 2015 – 5 StR 197/15, NStZ 2015, 529), sowie der Richtigstellung, dass der Angeklagte nicht zu einer „Gesamtfreiheitsstrafe“, sondern – angesichts der vom Landgerichtzu Recht angenommenen tateinheitlichen Begehungsweise seiner Delikte – zu einer „Freiheitsstrafe“ von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.Beide Korrekturen nimmt der Senat vor.
21
2. Die Revision des Angeklagten B. und die ihn betreffende Revision der Staatsanwaltschaft sind teilweise begründet.
22
a) Das Landgericht hat eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten B. an dem Waffendelikt zwar zu Recht verneint; eine Beihilfe durch B. hierzu hat sie jedoch in rechtsfehlerhafter Weise nicht geprüft. Tatsächlich ergeben die Feststellungen, dass der Angeklagte B. zumindest psychische Beihilfe zu der Herstellung und dem Besitz der Brandsätze durchU. geleistet hat, indem er sich mit dessen Plan, diese gegen das Asylbewerberheim zu werfen, – wenn auch zögerlich – einverstanden erklärte. Zu deren Führen hat er insbesondere durch Überlassung der Gummihandschuhe an U. Hilfe geleistet.
23
b) Darüber hinaus ist – zu Lasten des Angeklagten B. – die Annahme seiner mittäterschaftlichen Beteiligung an der von U. begangenen schweren Brandstiftung rechtsfehlerhaft.
24
aa) Unbedenklich ist noch die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte B. habe durch Überlassung der Gummihandschuhe an U. eine die Tatbestandsverwirklichung fördernde Vorbereitungs- und Unterstützungshandlung geleistet, die ebenso wenig wie der in der Mitverabredung des Tatplans liegende „psychische Tatbeitrag“ ihre Bedeutung verloren habe, als sich B. entschlossen habe, an der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung nicht mehr teilzunehmen.
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bb) Jedoch nimmt das Landgericht die Abgrenzung zwischen (Mit )Täterschaft und Beihilfe in rechtsfehlerhafter Weise vor.
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(1) Gemeinschaftlich im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB handelt, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass dieser als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 1999 – 5 StR 155/99, NStZ 1999, 609 mwN). Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen. Maßgebend sind der Grad des Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2018 – 3 StR 130/18, Rn. 13 mwN). Das Tatgericht muss zur Abgrenzung der Täterschaft von der Teilnahme die Beweisergebnisse als Grundlage seiner Bewertung umfassend würdigen (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 3 StR 263/18, Rn. 16 mwN).
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(2) Gemessen hieran hat die Schwurgerichtskammer bereits einen verkürzten Maßstab angelegt, indem sie darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte B. die Tat als eigene gewollt habe und deshalb Mittäter der schweren Brandstiftung sei. Sie erwägt zwar, dass das Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung , die Durchführung und der Ausgang der Tat nicht mehr vom Willen des Angeklagten B. abhängig gewesen seien. Jedoch habe sich bis zur Ausführung der Tat an der fremdenfeindlichen Einstellung, mit der er seine Tatbeiträge erbracht habe, nichts geändert. Lediglich die Angst vor Entdeckung und Bestrafung habe ihn von der weiteren Tatbeteiligung abgehalten.
28
Damit hat sie nicht ausreichend bedacht, dass B. sein Einverständnis mit dem Tatplan nur zögerlich erklärte, lediglich einen geringen Tatbeitrag leistete, danach mehrfach erfolglos versuchte, den Angeklagten U. von der Tatbegehung abzuhalten, seine Bereitschaft zur Mitwirkung an ihr schließlich zurückzog und letztlich auf sie keinen Einfluss mehr hatte. All dies spricht gegen einen Täterwillen des Angeklagten B. . Auch die Tatherrschaft lag allein beim Angeklagten U. , der mit der Aufkündigung der Mitwirkungsbereitschaft des B. bereits gerechnet hatte (UA S. 8) und unabhängig von ihr zur Tat entschlossen war. Dass B. lediglich von der Angst vor Entdeckung und Bestrafung von der weiteren Beteiligung an der Tat abgehalten wurde, ist hier demgegenüber irrelevant. Mit dem Abstellen hierauf zur Begründung eines „Tä- terwillens“ des AngeklagtenB. hat die Strafkammer ihren tatgerichtlichen Beurteilungsspielraum überschritten.
29
(3) Da die Feststellungen indes eine Beihilfe des Angeklagten zur schweren Brandstiftung belegen, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend dem in der Revisionshauptverhandlung erteilten Hinweis geändert.
30
c) Die Schuldspruchänderungen ziehen zu Gunsten wie zu Lasten des Angeklagten B. die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Die zugrundeliegenden rechtsfehlerfreien Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

31
3. Da ein die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründender Vorwurf nicht mehr im Raum steht, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück (§ 354 Abs. 3 StPO).
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher
21
Die Frage, ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln eines von ihnen als Mittäterschaft im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16, NStZ 2017, 296, 297; vom 8. Juni 2017 - 1 StR 188/17, juris Rn. 3; vom 13. September 2017 - 2 StR 161/17, NStZ-RR 2018, 40; vom 27. November 2018 - 5 StR 604/18, NStZ-RR 2019, 73; vom 26. März 2019 - 4 StR 381/18, NStZ-RR 2019, 203, 204 jeweils mwN).

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

17
3. Die Entscheidung des Landgerichts, die im Urteil vom 16. Januar 2018 angeordnete „Einziehung“aufrecht zu erhalten, steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Einbeziehung früherer Entscheidungen gemäß § 55 Abs. 2 StGB nicht in Einklang.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.