Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 401/13
vom
23. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. Oktober 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 16. Mai 2013 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten Mordes in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung und mit schwerer Brandstiftung sowie der Brandstiftung in vier Fällen schuldig ist. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung und wegen Brandstiftung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von einem Jahr und neun Monaten der Freiheitsstrafe angeordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs im Fall II. 5 der Urteilsgründe, im Übrigen ist es unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen zu Fall II. 5 der Urteilsgründe verließ der Angeklagte am 24. Oktober 2012 gegen 23.00 Uhr angetrunken und in aggressiver Stimmung seinen Arbeitsplatz in einem Getränkezelt auf der H. - Kirmes in P. und begab sich zu Fuß über den hell erleuchteten M. zu der Jugendherberge, in der er übernachtete. Er entschloss sich, ein in einem speziell für Wohnmobile gekennzeichneten Bereich des Parkplatzes abgestelltes Wohnmobil anzuzünden, um seine Aggressionen abzubauen, wobei er damit rechnete, dass in dem Wohnmobil Menschen schliefen, die durch Rauchgase oder Flammen zu Tode kommen könnten. Er hielt mindestens 30 Sekunden lang eine offene Feuerquelle an eine Stelle im Bereich des hinteren rechten Radkastens nahe der links oberhalb gelegenen Schlafkabine, bis die Kunststoffverkleidung des Radkastens in Brand geriet und selbständig weiterbrannte. Im Schlafbereich des Wohnmobils schliefen zu dieser Zeit der Besitzer des Wohnmobils, H. und seine Lebensgefährtin L. . Aufgrund der Rauchentwicklung und des penetranten Geruchs erwachte H. gegen 1.30 Uhr. Weil sich der unangenehme Geruch intensivierte, stand er auf und öffnete die Eingangstür, um dessen Ursache zu ergründen. Dabei stellte er fest, dass die Außenverkleidung des Wohnmobils brannte und die Flammen schon bis zum Dach schlugen. H. weckte seine Lebensgefährtin; beiden gelang es, mit einer Decke und Wasser aus dem Kühlschrank die Flammen nach etwa fünf Minuten zu ersticken. Ohne das Löschen des Feuers wäre es in einer viertel bis einer halben Stunde zu einem Vollbrand des Wohnmobils gekommen.
3
2. Die Feststellungen belegen die Vollendung einer besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht.
4
a) § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt die konkrete Gefahr des Todes eines anderen Menschen voraus. Wann eine solche Gefahr gegeben ist, entzieht sich exakter wissenschaftlicher Umschreibung (BGH, Beschluss vom 15. Februar 1963 – 4 StR 404/62, BGHSt 18, 271, 272). Die Tathandlung muss aber jedenfalls über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus im Hinblick auf einen bestimmten Vorgang in eine kritische Situation für das geschützte Rechtsgut geführt haben; in dieser Situation muss – was nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person so stark beeinträchtigt worden sein, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (BGH, Urteile vom 25. Oktober 1984 – 4 StR 567/84, NStZ 1985, 263 mit Anm. Geppert und vom 15. September 1998 – 1 StR 290/98, NStZ 1999, 32, 33; Wolff in LK-StGB, 12. Aufl., § 306a Rn. 29; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., Vorbem. §§ 306 ff. Rn. 5/6). Allein der Umstand, dass sich Menschen in enger räumlicher Nähe zur Gefahrenquelle befinden, genügt noch nicht zur Annahme einer konkreten Gefahr. Umgekehrt wird die Annahme einer Gefahr aber auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Schaden ausgeblieben ist, weil sich der Gefährdete noch in Sicherheit bringen konnte. Erforderlich ist ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, dass "das noch einmal gut gegangen sei".
5
b) Dass das in Brand setzen des Wohnmobils bereits zu einer konkreten Gefahr in diesem Sinne geführt hat, lässt sich den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht hinreichend entnehmen. Der Geschädigte H. ist durch den Brandgeruch frühzeitig erwacht. Beide Geschädigten konnten den Brand der Außenverkleidung mit 1,5 Liter Wasser und einer Decke innerhalb von fünf Minuten löschen. Zu einem Vollbrand des Wohnmobils wäre es erst nach einer viertel bis einer halben Stunde gekommen. Zwar lag der Brandherd zwischen der Schlafkabine und der Außentür des Wohnmobils, so dass den Insassen bei einer Fortentwicklung der Flammen der Fluchtweg abgeschnitten gewesen wäre, doch hat das Landgericht zum Zeitpunkt des zu erwartenden Wegfalls der Fluchtmöglichkeit keine näheren Feststellungen getroffen. Solche sind auch nicht in einer neuen Hauptverhandlung zu erwarten. Angesichts dieser Umstände bestand zwar eine abstrakte, aber noch keine konkrete Todesgefahr für die Geschädigten.
6
c) Nach den Feststellungen liegt aber ein Versuch der besonders schweren Brandstiftung vor. Der Angeklagte rechnete damit, dass in dem Wohnmobil Menschen schliefen, die durch die sich entwickelnden Rauchgase und Flammen zu Tode kommen könnten. Den Eintritt der Todesgefahr hatte er billigend in Kauf genommen. In Tateinheit mit dem Versuch der besonders schweren Brandstiftung steht die vollendete schwere Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2000 – 1 StR 438/00, NJW 2001, 765, 766; Urteil vom 12. Juni 2008 – 4 StR 78/08, NStZ-RR 2008, 309; vgl. auch BGH, Beschluss vom 31. August 2004 – 1 StR 347/04, NStZ-RR 2004, 367 zum Konkurrenzverhältnis von §§ 306c und 306a; Wolff, aaO, § 306b Rn. 34).
7
Der Senat hat den Schuldspruch aus verfahrensökonomischen Gründen selbst geändert. Er hat außerdem im Schuldspruch zum Ausdruck gebracht, dass sich der – rechtsfehlerfrei festgestellte – versuchte Mord gegen zwei Tatopfer gerichtet hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 260 Rn. 26).
8
d) Der Senat schließt aus, dass der Tatrichter bei zutreffendem Schuldspruch auf eine mildere Strafe erkannt hätte. Die Strafkammer hat die Strafe im Fall II. 5 der Urteilsgründe dem doppelt gemilderten Strafrahmen des § 211 StGB entnommen, der hinsichtlich der Strafuntergrenze derjenigen des doppelt gemilderten Strafrahmens des § 306b Abs. 2 StGB entspricht. Der von der Strafkammer berücksichtigte Strafschärfungsgrund der tateinheitlichen Verwirklichung von zwei Straftatbeständen liegt auch nach der Schuldspruchänderung vor.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
RiBGH Dr. Quentin ist urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb an der Beifügung der Unterschrift gehindert. Mutzbauer Sost-Scheible

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Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 306a Schwere Brandstiftung


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,2. eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder3.

Strafgesetzbuch - StGB | § 306b Besonders schwere Brandstiftung


(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

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(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter in den Fällen des § 306a

1.
einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt,
2.
in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken oder
3.
das Löschen des Brandes verhindert oder erschwert.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
________________________
StGB §§ 306 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 13. November 1998, 306a
Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 13. November 1998
Beim Inbrandsetzen ein und desselben fremden Gebäudes wird der Tatbestand
der Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB (i.d.F. des 6. StrRG) durch
denjenigen der schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 (hier: Inbrandsetzen
eines Gebäudes, das der Wohnung von Menschen dient) verdrängt.
BGH, Beschl. vom 21. November 2000 - 1 StR 438/00 - LG Waldshut-Tiengen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 438/00
vom
21. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2000 gemäß
§ 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 30. März 2000 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß die tateinheitliche Verurteilung wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB) entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer und versuchter besonders schwerer Brandstiftung zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Ä nderung des Schuldspruchs , bleibt im übrigen aber ohne Erfolg. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts legte der Angeklagte nächtens im Gasthof "E. " in H. , wo er als Auszubildender tätig war, einen Brand. Im Gebäude, das im Eigentum seines Lehrherrn stand, befanden sich zu diesem Zeitpunkt 24 Personen, darunter 17 Übernachtungsgäste , die alle im ersten Obergeschoß und teilweise über dem in Brand gesetzten Raum schliefen. Der Angeklagte hielt für möglich, daß das Feuer auf das Obergeschoß und die anderen Stockwerke übergreifen und so die Gesundheit
dieser Menschen durch Brandverletzungen oder Rauchvergiftungen erheblich beeinträchtigen könne. Da eine junge Frau, deren Zimmer sich alsbald mit Rauch gefüllt hatte, aufwachte, kam es zu einem schnellen Eingreifen der Feuerwehr. Dadurch blieb der Brand im wesentlichen auf den Raum beschränkt, in welchem der Angeklagte ihn gelegt hatte. Dort hatte das Feuer bereits die hölzernen Deckenbalken ergriffen; u.a. hatte auch der fest mit dem Boden verklebte Teppichboden weiter gebrannt, nachdem das als Brandbeschleuniger eingesetzte Benzin verbraucht war. 2. Rechtlich hat das Landgericht dies als versuchte besonders schwere Brandstiftung (§ 306b Abs. 1, § 22 StGB) gewürdigt, weil der bedingte Vorsatz des Angeklagten sich auf eine Gesundheitsbeschädigung einer großen Zahl von Menschen bezogen habe. Darüber hinaus hat es die Tatbestände der (einfachen) Brandstiftung (in der Variante des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und der schweren Brandstiftung (in der Variante des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) als erfüllt angesehen. Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern (vgl. zur Auslegung des Merkmals einer "großen Zahl von Menschen" in § 306b Abs. 1 StGB: BGH NStZ 1999, 84 f.). 3. Indessen hält die Annahme von Tateinheit zwischen der (einfachen) Brandstiftung und der (hier vollendeten) schweren Brandstiftung rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Vielmehr wird bei der Inbrandsetzung ein und desselben fremden Gebäudes die Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Inbrandsetzen eines fremden Gebäudes) durch den Tatbestand der schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 (hier: Inbrandsetzen eines Gebäudes, das der Wohnung von Menschen dient) verdrängt. Für die Fassung der entsprechenden Tatbestände vor dem Inkrafttreten des 6. StrRG war dies in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt (siehe zum Verhältnis von
§ 308 Abs. 1 StGB aF zu § 306 Nr. 2 StGB aF: BGH StV 1984, 246; BGHR StGB § 308 Abs. 1 aF Konkurrenzen 1, 2; BGH, Urteil vom 30. November 1993 - 1 StR 637/93; Beschluß vom 22. Oktober 1997 - 2 StR 485/97; Beschluß vom 12. März 1998 - 1 StR 708/97). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch für die durch das 6. StrRG umgestalteten Tatbestände fest (wie hier Lackner /Kühl StGB 23. Aufl. § 306 Rdn. 6; a.A.: Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 306 Rdn. 20; SK Horn § 306 Rdn. 21). Während der Grundtatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB lediglich fremde Gebäude vor dem Inbrandsetzen schützen soll, erweitert der Tatbestand des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB diesen Schutz. Er erfaßt sowohl fremde wie eigene Gebäude und fügt ein weiteres Merkmal hinzu: das Gebäude muß der Wohnung von Menschen dienen. Liegen die Voraussetzungen dieses Tatbestandes (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) vor, wird - wenn es sich um ein fremdes Gebäude handelt - der Unrechtsgehalt des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB vollständig miterfaßt; alle seine Merkmale sind in § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB enthalten. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, beide Tatbestände schützten unterschiedliche Rechtsgüter: der erste das (fremde) Eigentum, der zweite Leben und Gesundheit (so aber SK Horn § 306 Rdn. 21; vgl. Tröndle/Fischer aaO § 306 Rdn. 20). Eine solche Betrachtung griffe zu kurz. Auch bei der Tatbestandsvariante des Inbrandsetzens eines der Wohnung von Menschen dienenden Gebäudes (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) wird dann, wenn dieses ein fremdes ist, zwangsläufig neben Leib und Leben auch das fremde Eigentum geschützt. Das ergibt sich schon aus der Fassung des Tatbestandes, der uneingeschränkt jedes Gebäude zum tauglichen Tatobjekt erhebt. Im übrigen ist auch der Grundtatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht etwa ausschließlich als "qualifiziertes Sachbeschädigungsdelikt" zu charakterisieren. Ihm haftet vielmehr auch ein Element der Gemeingefährlichkeit an (vgl. Gesetzentwurf BT-
Drucks. 13/8587 S. 87; Radtke ZStW 110 (1998), 848, 861). Das findet nicht zuletzt in seiner systematischen Stellung im Abschnitt über die gemeingefährlichen Straftaten seine Bestätigung. Hinzu kommt, daß der gerade in der Fremdheit des Gebäudes gründende Teil des Schuldgehalts bei einer Verurteilung wegen "Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung" im Schuldspruch selbst nur unvollkommen Ausdruck fände, weil er sich in der Deliktsbezeichnung nicht widerspiegeln würde. Eine solche Tenorierung wäre eher eigentümlich, weil ein Brandstiftungsakt ein und demselben Gebäude gilt. Die etwaige Fremdheit des in Brand gesetzten Gebäudes kann hingegen bei der Strafzumessung im Rahmen des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB im Blick auf die verschuldeten Auswirkungen der Tat (vgl. § 46 Abs. 2 StGB) angemessen berücksichtigt werden. Das wird regelmäßig im Zusammenhang mit der Höhe des angerichteten Schadens geschehen. Ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB) läge darin nicht, weil das in Rede stehende Merkmal (Gebäude) so weit gefaßt ist, daß es verschiedene Fallgestaltungen abdeckt, die voneinander unterschieden werden können. 4. Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend ändern und den Strafausspruch bestehen lassen. Der Unrechtsgehalt des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist in dem Schuldspruch nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB enthalten und die vom Landgericht angeführten Strafzumessungsgesichtspunkte sind ersichtlich nicht berührt. Der Senat schließt daher aus, daß die Schuldspruchänderung Einfluß auf die Strafbemessung haben könnte. 5. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO. Es erscheint nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den Kosten zu belasten, weil der Erfolg seines Rechtsmittels lediglich geringfügig ist. Schäfer Nack Wahl Schluckebier Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 78/08
vom
12. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 17. Juli 2007 werden verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, wobei er mit der Sachrüge geltend macht, lediglich fahrlässig gehandelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit der Sachrüge, dass der Angeklagte nicht auch wegen tateinheitlich begangenen vierfachen Mordversuchs verurteilt worden ist. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der Angeklagte nach einem Verkehrsunfall im Jahre 2002, durch den er u.a. ein schweres SchädelHirn -Trauma mit einer Schädigung des Stirnhirns erlitten hatte, an einer Beeinträchtigung im Bereich der Stimmungen und Affekte. Auch kam es - bedingt durch die Hirnschädigungen - zu einer Betonung zwanghafter Persönlichkeitsmerkmale mit einem Streben nach Dominanz und Kontrolle. Der Angeklagte versuchte nach dem Unfall bereits dreimal, sich das Leben zu nehmen, und befand sich in ständiger psychiatrischer Behandlung.
3
Nachdem seine knapp 20jährige Tochter M. , die ihm "besonders am Herzen (lag)", von zu Hause ausgezogen und in das Elternhaus ihres Freundes gezogen war und der Angeklagte ihr Auto verkauft hatte, kam es zwischen ihr und dem Angeklagten zu einem tiefgreifenden Zerwürfnis. Der Angeklagte beobachtete an den Abenden vor der hier abgeurteilten Tat jeweils für einige Stunden das Haus, in dem seine Tochter jetzt wohnte, um sie allein abzupassen und mit ihr zu sprechen. Dabei konnte er ihn Erfahrung bringen, dass M. ein Zimmer im Dachgeschoss des Hauses bewohnte. Zu einem Gespräch kam es jedoch nicht. Der Angeklagte schrieb seiner Tochter einen Brief, in dem er sich versöhnlich zeigte und sie bat, sich bei ihm zu melden. Als sie darauf nicht reagierte, verfiel er in eine depressive, verzweifelte Stimmung. Am Tatabend trank er Alkohol und versuchte Kontakt zu seiner Tochter aufzunehmen, was ihm jedoch nicht gelang. Dann beschloss er, sich durch Autoabgase, und als dies fehlschlug, sich mit dem Übergießen und Anzünden von Benzin das Leben zu nehmen. Hierzu füllte er den Kraftstoff in drei oder vier größere Beutel. Er wollte sich damit in sein Auto setzen, das sich in der Garage befand, die Beutel zerreißen und dann das Benzin entzünden. Als ihm bewusst wurde, dass seine im Haus schlafende Familie bei diesem Vorhaben ebenfalls getötet werden könnte, änderte er seinen Plan dahin, dass er sich vor M. s Augen anzünden und umbringen wollte. Er wollte ihr damit zeigen, “wie das ist, zu leiden“.
4
Der Angeklagte begab sich gegen 2 Uhr nachts zu dem Haus, in dem M. wohnte und versuchte, seine Tochter mit Steinwürfen gegen ein Dachgeschossfenster aufzuwecken. M. war jedoch - was der Angeklagte nicht wusste - nicht anwesend. In dem Haus schliefen vier Personen. Da seine Tochter ihn nicht bemerkt hatte, begann der Angeklagte aus Verzweiflung zu weinen. Er sah keinen Grund mehr, sich vor dem Haus umzubringen, und gab deshalb sein Vorhaben auf, sich selbst anzuzünden. Dennoch wollte er M. leiden sehen. Er warf daher einen der mit Benzin gefüllten Beutel in Richtung auf ein Dachgeschossfenster. Dann nahm er die anderen Beutel und verteilte das Benzin vor oder an der Hauseingangstür. Er entzündete das Benzin-Luft-Gemisch und als die Tür zu brennen begann, lief er weg.
5
Da der im Haus befindliche Hund den Brand bemerkte und lautstark zu bellen anfing und auch ein Rauch-Feuermelder ausgelöst wurde, konnten die schlafenden Hausbewohner die Gefahr erkennen. Die Hauseingangstür brannte zu diesem Zeitpunkt bereits selbständig. Flur und Treppenhaus waren verqualmt. Es gelang einem Hausbewohner, den Brand zu löschen, bevor die alarmierte Feuerwehr eintraf. In diesem Zeitpunkt hatte die Tür schon 20 bis 30 Minuten gebrannt, und die Flammen hatten u.a. bereits ein Stück Dachrinne und einen Teil des dahinter befindlichen Dachkastens beschädigt. Es entstand ein Sachschaden von ca. 3.000 Euro. Eine Hausbewohnerin erlitt eine leichte Rauchvergiftung, die anderen Bewohner blieben unverletzt.
6
Mit der Inbrandsetzung der Tür nahm der Angeklagte nach den Feststellungen die Ausbreitung des Feuers auf andere Gebäudeteile in Kauf. Er hatte auch erkannt, dass in dem Haus zur Tatzeit mindestens vier Hausbewohner schliefen, wobei er davon ausging, dass sich seine Tochter in dem Haus befand. Ihm war bekannt, dass er den einzigen Fluchtweg, nämlich durch die Eingangstür , durch deren Inbrandsetzung versperrte. Er wusste aber nicht, dass sich hinter der Tür ein Rauch-Feuermelder befand und konnte auch nicht davon ausgehen, dass der Hund die Hausbewohner auf den Brand aufmerksam machen würde.
7
Dass der Angeklagte erkannte und billigte, dass durch die Brandlegung Menschen zu Tode kommen, er also mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte, hat die Strafkammer nicht feststellen können.
8
Nach dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen, dem das Schwurgericht folgt, war der Angeklagte bei Begehung der Tat auf Grund seines chronischen hirnorganischen Psychosyndroms nach einem Schädel-HirnTrauma in Verbindung mit seiner Alkoholisierung (seine BAK zur Tatzeit betrug ca. 2,8 ‰) in seiner Fähigkeit, sein Verhalten entsprechend seiner vorhandenen Unrechtseinsicht zu steuern, erheblich eingeschränkt (§ 21 StGB).
9
2. Die Strafkammer wertet das Verhalten des Angeklagten als versuchte besonders schwere Brandstiftung (§§ 306 b Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 StGB) in Tateinheit (§ 52 StGB) mit schwerer Brandstiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
10
Der Tatbestand des § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB sei nicht vollendet, weil wegen der rechtzeitigen Warnung der Hausbewohner durch den Hund und den Rauch-Feuermelder objektiv keine konkrete Gefahr für das Leben der Hausbe- wohner bestanden habe. Dies sei dem Angeklagten bei der Inbrandsetzung aber nicht bekannt gewesen, so dass ein Versuch der besonders schweren Brandstiftung vorliege. Der Angeklagte habe nämlich durch den Brand vorsätzlich Menschen in die Gefahr des Todes bringen wollen. Die unbemerkte Ausbreitung des Feuers sei aus seiner Sicht wahrscheinlich und damit die Gefahr für das Leben der Hausbewohner auch konkret gewesen.
11
Ein - bedingter - Tötungsvorsatz sei dagegen nicht sicher feststellbar:
12
Zwar könnten für einen solchen die objektiven Umstände der Tat sprechen : Die Tat sei zur Nachtzeit begangen worden, als - wie der Angeklagte wusste - sämtliche Bewohner des Hauses schliefen; die zum Bau des Hauses verwendeten Materialien seien leicht brennbar gewesen; es habe im Wesentlichen nur eine Fluchtmöglichkeit, nämlich durch die Eingangstür, die in Brand gesetzt worden sei, gegeben; aus dem oberen Stockwerk sei die Flucht nur über die Treppe möglich gewesen, die sich in der Nähe des Brandherdes befunden habe; der Angeklagte habe die hölzerne Eingangstür mittels eines Brandbeschleunigers entzündet, wodurch ein Übergreifen des Feuers auf andere wesentliche Gebäudeteile sehr wahrscheinlich gewesen sei, und er habe einen weiteren Brandbeschleuniger auf dem Hausdach platziert.
13
Gegen diese gewichtigen Indizien für einen (bedingten) Tötungsvorsatz spräche aber, dass der Angeklagte kein nachvollziehbares Motiv für eine Tötung gehabt habe. Er habe die Verbindung zu seiner Tochter wieder herstellen wollen. Er habe sie nicht töten, sondern nur in psychischer Hinsicht leiden sehen wollen, möglicherweise, indem er ihr "das Heim" nehmen und sie zur Rückkehr nach Hause habe bewegen wollen. Hinzu komme, dass sich der Angeklagte , bedingt durch seine hirnorganische Störung in Verbindung mit seiner Alko- holisierung, in einem Zustand affektiver Labilität und kognitiver Einengung befunden habe. Eine Reflexion über mögliche Folgen der Brandstiftung - die sich als Spontantat darstelle - sei ihm daher nur eingeschränkt möglich gewesen.
14
Die Bejahung des Gefährdungsvorsatzes im Sinne des § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB stelle keinen Widerspruch zur Ablehnung des bedingten Tötungsvorsatzes dar; denn die vorsätzliche Herbeiführung einer Lebensgefahr sei nicht gleichbedeutend mit einem bedingten Tötungsvorsatz.

II.


15
Revision des Angeklagten
16
1. Die Verfahrensrüge (Aufklärungsrüge) ist schon nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die Revision die - für die Beantwortung der Frage weiteren Aufklärungsbedarfs (vgl. BGH NStZ 1999, 45; BGH bei Sander /Cirener NStZ-RR 2008, 1, 5) wesentlichen - Anlagen zu dem verlesenen Schreiben des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2007 (RB S. 14 – Bd. II Bl. 31/32 d.A.) und das zur Frage der Inbrandsetzung in der Sitzung vom 13. Juli 2007 ebenfalls (auszugsweise) verlesene Gutachten des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt vom 5. März 2007 (Bd. II Bl. 36 f., Bd. III Bl. 93 d.A.) nicht mitgeteilt hat. Die Rüge ist im Übrigen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 4. März 2008 genannten Gründen auch unbegründet.
17
2. Soweit der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift, ist die Revision ebenfalls unbegründet. Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte die Inbrandsetzung vorsätzlich - und nicht nur fahrlässig - begangen hat und dass er mit Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB handelte, in rechtsfehlerfreier Weise nachvollziehbar dargelegt. Auf ungeschickten Formulierungen im Zusammenhang mit der Verneinung eines Tötungsvorsatzes, die den Gefährdungsvorsatz scheinbar in Frage stellen (vgl. UA 14, 16), beruht das Urteil ersichtlich nicht.

III.


18
Revision der Staatsanwaltschaft
19
Der Staatsanwaltschaft ist zuzugeben, dass die Feststellungen des Landgerichts einen bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten nahe legen. Das Schwurgericht hat diese Frage aber umfassend geprüft und sich wegen der Motivlage des Angeklagten und insbesondere wegen seiner psychischen Verfassung nicht davon überzeugen können, dass er mit (bedingtem) Tötungsvorsatz handelte und den für möglich gehaltenen Tod der Hausbewohner gebilligt hat (vgl. zur Bejahung des Gefährdungsvorsatzes einerseits und zum Ausschluss des (bedingten) Tötungsvorsatzes andererseits: BGHSt 22, 67, 73 ff.; 26, 176, 182; BGH NStZ 2007, 150, 151 [bei einer psychischen Beeinträchtigung ]). Auch wenn eine andere Würdigung möglich gewesen wäre, weist diese Wertung - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift eingehend dargelegt hat - keinen Rechtsfehler auf. Sie ist daher vom Revisionsgericht hinzunehmen.
Tepperwien Maatz Kuckein
Athing Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 347/04
vom
31. August 2004
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2004 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 24. März 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Angeklagte ist nachts in einem Mehrfamilienhaus in eine Wohnung eingedrungen und hat dort Feuer gelegt, um sich an dem abwesenden Wohnungsinhaber zu rächen. Zur Tatzeit befanden sich insgesamt 16 Personen in dem Haus. Die Möglichkeit, daß diese durch die Tat zu Tode kommen könnten, hatte der Angeklagte billigend in Kauf genommen. Tatsächlich gerieten sie durch das sich rasch ausbreitende Feuer in äußerste Lebensgefahr, konnten aber gerettet werden; neun von ihnen erlitten Rauchvergiftungen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen versuchten Mordes in 16 Fällen in Tateinheit mit einer Reihe weiterer Delikte - gefährliche Körperverletzungen hinsichtlich der Rauchvergiftungen sowie Brandstiftungsdelikte - zu Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der näheren Ausführung bedarf nur folgendes:
a) Die Strafkammer bejaht sowohl versuchte Brandstiftung mit Todesfolge (§§ 306c, 23 StGB), als auch schwere Brandstiftung (§ 306a StGB). Unter Berufung auf BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 365/99 (= NStZ-RR 2000, 209 ) hat der Generalbundesanwalt vorgetragen, insoweit liege entgegen der Annahme der Strafkammer nicht Tateinheit vor, sondern § 306a StGB trete wegen Gesetzeseinheit hinter § 306c StGB zurück. Dem hat sich die Revision angeschlossen, die darüber hinaus, insoweit anders als der Generalbundesanwalt, der Meinung ist, daß sich diese fehlerhafte Beurteilung der Konkurrenzen im Strafausspruch zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben kann.
b) Die Strafkammer hat die Konkurrenzen jedoch zutreffend beurteilt. Der Schuldspruch soll den Unrechtsgehalt der Tat umfassend kennzeichnen. Dementsprechend liegt Gesetzeseinheit nur vor, wenn rechtsgutbezogen der Unrechtsgehalt einer Handlung schon durch einen von mehreren, dem Wortlaut nach anwendbaren Straftatbeständen erschöpfend erfaßt wird; ist dies nicht der Fall, liegt Tateinheit vor (BGHSt 44, 196, 198; 39, 100, 108 m.w.Nachw.) Dies kann dazu führen, daß zwar Gesetzeseinheit vorliegt, wenn die beiden in Rede stehenden Delikte vollendet sind, aber Tateinheit vorliegt, wenn das schwerere Delikt lediglich versucht und nur das minder schwere vollendet ist (vgl. generell Lackner in Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. vor § 52 Rdn. 24; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. vor §§ 52 ff. Rdn. 89 m.w.Nachw.). Diese Grundsätze, die etwa auch zur Annahme von Tateinheit zwischen einem versuchten Tötungsdelikt und einem vollendeten Körperverletzungsdelikt führen (vgl. BGHSt 44, 196 ff.), gelten auch im Verhältnis zwischen § 306c
StGB und § 306a StGB. Ein vollendetes Delikt gemäß § 306c StGB setzt voraus , daß es zu einem Brand kam und daß dadurch ein Mensch zu Tode kam. Dann tritt gegebenenfalls § 306a StGB hinter § 306c StGB im Hinblick auf Gesetzeseinheit zurück (BGH NStZ-RR 2000, 209). Anders verhält es sich, wenn nur ein Versuch von § 306c StGB vorliegt. Dies ist sowohl dann der Fall, wenn der Branderfolg nicht eingetreten ist, aber bereits die versuchte Brandstiftung den Tod zurechenbar verursacht hat, als auch dann, wenn der Täter, wie hier, mit dem Tod des Opfers rechnet, dieser jedoch ausbleibt, obwohl die (hier schwere) Brandstiftung vollendet ist (vgl. Heine in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 306c Rdn. 9 m.w.Nachw). Während also ein Schuldspruch wegen eines vollendeten Delikts gemäß § 306c StGB zum Ausdruck bringt, daß zwei Rechtsgüter - die in Brand gesetzte Sache und das Leben eines Brandopfers - verletzt sind, bringt ein Schuldspruch allein wegen eines versuchten Delikts gemäß § 306c StGB nicht zum Ausdruck, welches Rechtsgut letztlich verletzt wurde. Ist, wie hier, der Branderfolg eingetreten, so ist dies durch die Annahme von Tateinheit zwischen versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und vollendeter (hier: schwerer) Brandstiftung zum Ausdruck zu bringen.
2. Auch im übrigen hat die auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug, die auch durch die Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) vom 26. August 2004 nicht entkräftet werden. Nack Wahl Kolz Herr RiBGH Dr. Graf befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Elf Nack

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter in den Fällen des § 306a

1.
einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt,
2.
in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken oder
3.
das Löschen des Brandes verhindert oder erschwert.